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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Die atlantische Küste von Amerika.
Den Gipfelpunkt erreicht dies Getriebe in der Höhe von Wallstreet,
der Strasse der Banken und Crösusse.

Vorüber an Trinity-Church, wo der blumengeschmückte Friedhof
und weiterhin auch das Prachtgebäude der Equitable-Life-Insurance-
Company ein seltsames Memento mori wachrufen, bis zu St. Pauls
Church-Yard, wo der Broadway über die Breite gewöhnlicher Strassen
sich erweitert, herrscht das dichteste Gedränge.

Das Ueberschreiten des Broadway ist hier mit Mühe und Gefahr
verbunden und erfordert grosse Geschicklichkeit.

Durch Union-Square, einen schönen Platz, welcher mit den
Statuen Washington's, Lincoln's und Lafaytte's geschmückt ist, erleidet
die gerade Linie des Broadway eine Unterbrechung und nochmals eine
solche bei dem Garten von Madison-Square. Hier ist das Centrum
der Vergnügungswelt, des Reichthumes und der Noblesse. Neben
Theatern und Musikhallen stehen hier die besten Hotels, die ele-
gantesten Clubhäuser, welche New-York aufzuweisen vermag.

Obwohl New-York herrliche, an Grösse einzig dastehende öffent-
liche Gebäude besitzt, nahe an 500 Kirchen zählt und die Palais in
Strassen und Avenuen in Pracht und Luxus förmlich wetteifern, kann
ein allgemein bevorzugter Baustyl nicht wahrgenommen werden. Am
Broadway, wie in den meisten fashionablen Avenuen und Strassen
herrscht eine bunte Abwechslung; dagegen ist das Gros der Häuser-
zeilen von einer so nüchternen Einförmigkeit, dass man annehmen
könnte, es ziehe sich meilenweit ein und dasselbe Gebäude dahin.

Der hervorragendste historische Platz New-Yorks ist Bowling-Green,
ein Platz der Down-Town, an welchem die Wiege New-Yorks ge-
standen, indem die sechs, derzeit die Südseite des Platzes einfassenden
Gebäude jene Stelle bedecken, auf welcher einst das alte holländische,
später englische Fort gestanden hat; das Washington-Gebäude, Broad-
way Nr. 1, war die Stätte des Hauptquartiers des General Washington.
City-Hall, das Stadthaus, mit der Statue Washington's, Sub-Treasury,
das Schatzamt, in dorischem Style aus weissem Marmor erbaut, die
Frucht- und Effectenbörse, das Zollamt, das Gebäude der Unionbank,
jenes der Manhattancompany, das Post-Office, Western-Union-Telegraph-
Comp., Court-House (Gerichtshof), das Palais der Staatszeitung, der
Equitable-Versicherungsgesellschaft gehören zu den weitaus bedeutendsten
Gebäuden der Stadt.

Unter der grossen Zahl von Kirchen in New-York, die insge-
sammt wegen der strengen Sonntagsheiligung ausserordentlich stark
besucht werden, und deren es für alle Religionen und Secten gibt,

Die atlantische Küste von Amerika.
Den Gipfelpunkt erreicht dies Getriebe in der Höhe von Wallstreet,
der Strasse der Banken und Crösusse.

Vorüber an Trinity-Church, wo der blumengeschmückte Friedhof
und weiterhin auch das Prachtgebäude der Equitable-Life-Insurance-
Company ein seltsames Memento mori wachrufen, bis zu St. Pauls
Church-Yard, wo der Broadway über die Breite gewöhnlicher Strassen
sich erweitert, herrscht das dichteste Gedränge.

Das Ueberschreiten des Broadway ist hier mit Mühe und Gefahr
verbunden und erfordert grosse Geschicklichkeit.

Durch Union-Square, einen schönen Platz, welcher mit den
Statuen Washington’s, Lincoln’s und Lafaytte’s geschmückt ist, erleidet
die gerade Linie des Broadway eine Unterbrechung und nochmals eine
solche bei dem Garten von Madison-Square. Hier ist das Centrum
der Vergnügungswelt, des Reichthumes und der Noblesse. Neben
Theatern und Musikhallen stehen hier die besten Hotels, die ele-
gantesten Clubhäuser, welche New-York aufzuweisen vermag.

Obwohl New-York herrliche, an Grösse einzig dastehende öffent-
liche Gebäude besitzt, nahe an 500 Kirchen zählt und die Palais in
Strassen und Avenuen in Pracht und Luxus förmlich wetteifern, kann
ein allgemein bevorzugter Baustyl nicht wahrgenommen werden. Am
Broadway, wie in den meisten fashionablen Avenuen und Strassen
herrscht eine bunte Abwechslung; dagegen ist das Gros der Häuser-
zeilen von einer so nüchternen Einförmigkeit, dass man annehmen
könnte, es ziehe sich meilenweit ein und dasselbe Gebäude dahin.

Der hervorragendste historische Platz New-Yorks ist Bowling-Green,
ein Platz der Down-Town, an welchem die Wiege New-Yorks ge-
standen, indem die sechs, derzeit die Südseite des Platzes einfassenden
Gebäude jene Stelle bedecken, auf welcher einst das alte holländische,
später englische Fort gestanden hat; das Washington-Gebäude, Broad-
way Nr. 1, war die Stätte des Hauptquartiers des General Washington.
City-Hall, das Stadthaus, mit der Statue Washington’s, Sub-Treasury,
das Schatzamt, in dorischem Style aus weissem Marmor erbaut, die
Frucht- und Effectenbörse, das Zollamt, das Gebäude der Unionbank,
jenes der Manhattancompany, das Post-Office, Western-Union-Telegraph-
Comp., Court-House (Gerichtshof), das Palais der Staatszeitung, der
Equitable-Versicherungsgesellschaft gehören zu den weitaus bedeutendsten
Gebäuden der Stadt.

Unter der grossen Zahl von Kirchen in New-York, die insge-
sammt wegen der strengen Sonntagsheiligung ausserordentlich stark
besucht werden, und deren es für alle Religionen und Secten gibt,

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[56/0072] Die atlantische Küste von Amerika. Den Gipfelpunkt erreicht dies Getriebe in der Höhe von Wallstreet, der Strasse der Banken und Crösusse. Vorüber an Trinity-Church, wo der blumengeschmückte Friedhof und weiterhin auch das Prachtgebäude der Equitable-Life-Insurance- Company ein seltsames Memento mori wachrufen, bis zu St. Pauls Church-Yard, wo der Broadway über die Breite gewöhnlicher Strassen sich erweitert, herrscht das dichteste Gedränge. Das Ueberschreiten des Broadway ist hier mit Mühe und Gefahr verbunden und erfordert grosse Geschicklichkeit. Durch Union-Square, einen schönen Platz, welcher mit den Statuen Washington’s, Lincoln’s und Lafaytte’s geschmückt ist, erleidet die gerade Linie des Broadway eine Unterbrechung und nochmals eine solche bei dem Garten von Madison-Square. Hier ist das Centrum der Vergnügungswelt, des Reichthumes und der Noblesse. Neben Theatern und Musikhallen stehen hier die besten Hotels, die ele- gantesten Clubhäuser, welche New-York aufzuweisen vermag. Obwohl New-York herrliche, an Grösse einzig dastehende öffent- liche Gebäude besitzt, nahe an 500 Kirchen zählt und die Palais in Strassen und Avenuen in Pracht und Luxus förmlich wetteifern, kann ein allgemein bevorzugter Baustyl nicht wahrgenommen werden. Am Broadway, wie in den meisten fashionablen Avenuen und Strassen herrscht eine bunte Abwechslung; dagegen ist das Gros der Häuser- zeilen von einer so nüchternen Einförmigkeit, dass man annehmen könnte, es ziehe sich meilenweit ein und dasselbe Gebäude dahin. Der hervorragendste historische Platz New-Yorks ist Bowling-Green, ein Platz der Down-Town, an welchem die Wiege New-Yorks ge- standen, indem die sechs, derzeit die Südseite des Platzes einfassenden Gebäude jene Stelle bedecken, auf welcher einst das alte holländische, später englische Fort gestanden hat; das Washington-Gebäude, Broad- way Nr. 1, war die Stätte des Hauptquartiers des General Washington. City-Hall, das Stadthaus, mit der Statue Washington’s, Sub-Treasury, das Schatzamt, in dorischem Style aus weissem Marmor erbaut, die Frucht- und Effectenbörse, das Zollamt, das Gebäude der Unionbank, jenes der Manhattancompany, das Post-Office, Western-Union-Telegraph- Comp., Court-House (Gerichtshof), das Palais der Staatszeitung, der Equitable-Versicherungsgesellschaft gehören zu den weitaus bedeutendsten Gebäuden der Stadt. Unter der grossen Zahl von Kirchen in New-York, die insge- sammt wegen der strengen Sonntagsheiligung ausserordentlich stark besucht werden, und deren es für alle Religionen und Secten gibt,

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/72>, abgerufen am 27.04.2024.