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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Die atlantische Küste von Amerika.
1,941.813 Einwohner. Hiezu kommen noch 100.000 ambulante Fremde.
Wird aber das ganze unmittelbare Abhängigkeitsgebiet von New-York
in Betracht gezogen, also die sogenannten Vorstädte, so müssen Newark
mit 136.508, Elizabeth mit 25.000 Einwohnern und andere Städte, die
nur als Wohnorte von New-Yorker Geschäftsleuten gelten, hinzugerechnet
werden. Allein auch ohne diese Addition darf der heutige Wohnplatz
von New-York schon durch die seit 1880 erfolgte Zunahme der
Bevölkerung auf eine Einwohnerzahl von rund zweiundeinhalb Millionen
geschätzt werden.

Die eigentliche Stadt New-York nimmt nicht nur die ganze
Fläche der Manhattan-Insel ein, sondern sie hat den Harlem-River im
Norden schon längst überschritten.

Immer zahlreicher werden die Brücken und Schienenstränge,
welche die Insel mit dem herrlichen Hinterlande Westchester ver-
binden, und von den 24 Bezirken, in welche die Stadt New-York
zerfällt, gehören 22 dem insularen, 2 dem Gebiete am Festlande an.

Der belebteste Stadtheil ist die untere Stadt (down-town) an der
südlichsten Spitze der Insel, wo das geschäftliche Leben concentrirt
ist. Dort liegt die prächtige, von granitenen Quais umrandete Park-
anlage Battery, von der aus die ganze Bai und die vorliegenden Inseln
übersehen werden.

In unmittelbarer Nähe steht Castle-Garden, das weltbekannte
Gebäude für die Einwanderer, das Eingangsthor in die neue Welt,
zum Glücke oder zum Verderben. Unter dem Schutzdache des Castle
Garden ist die erste Etappe auf dem Pfade des Erwerbes.

An Castle-Garden schliesst sich unmittelbar die untere Stadt mit
ihren engen und düsteren Strassen an. Hier herrscht das regste Leben,
denn die hier stehenden, meist 8, auch 10 Stockwerke hohen Gebäude
bergen alle nur erdenklichen geschäftlichen und politischen Bureaux,
die Consulate, Agenturen, Geschäftslocale u. dgl. Die gesammte Be-
völkerung New-Yorks scheint der Südspitze der Stadt zuzuströmen
oder sich von hier in die grossen Adern ihres Verkehres zu ergiessen.

Die Gestalt der Manhattan-Insel hat das räumliche Anwachsen
von New-York in der Längsrichtung bedingt. Gegenwärtig misst die
Stadt 29·6 km in der Länge, wovon 25 km auf den insularen Theil
entfallen, während die durchschnittliche Breite 4·4 km beträgt. Der
weitaus grössere, erst in diesem Jahrhundert entstandene Stadttheil
zeigt in seiner Anlage ein fast mathematisches Gepräge. Unüberseh-
bare Avenuen, die ganze Länge der Insel durchziehend, stellen ein
System von Abscissen und die sie schnurgerade und senkrecht durch-

Die atlantische Küste von Amerika.
1,941.813 Einwohner. Hiezu kommen noch 100.000 ambulante Fremde.
Wird aber das ganze unmittelbare Abhängigkeitsgebiet von New-York
in Betracht gezogen, also die sogenannten Vorstädte, so müssen Newark
mit 136.508, Elizabeth mit 25.000 Einwohnern und andere Städte, die
nur als Wohnorte von New-Yorker Geschäftsleuten gelten, hinzugerechnet
werden. Allein auch ohne diese Addition darf der heutige Wohnplatz
von New-York schon durch die seit 1880 erfolgte Zunahme der
Bevölkerung auf eine Einwohnerzahl von rund zweiundeinhalb Millionen
geschätzt werden.

Die eigentliche Stadt New-York nimmt nicht nur die ganze
Fläche der Manhattan-Insel ein, sondern sie hat den Harlem-River im
Norden schon längst überschritten.

Immer zahlreicher werden die Brücken und Schienenstränge,
welche die Insel mit dem herrlichen Hinterlande Westchester ver-
binden, und von den 24 Bezirken, in welche die Stadt New-York
zerfällt, gehören 22 dem insularen, 2 dem Gebiete am Festlande an.

Der belebteste Stadtheil ist die untere Stadt (down-town) an der
südlichsten Spitze der Insel, wo das geschäftliche Leben concentrirt
ist. Dort liegt die prächtige, von granitenen Quais umrandete Park-
anlage Battery, von der aus die ganze Bai und die vorliegenden Inseln
übersehen werden.

In unmittelbarer Nähe steht Castle-Garden, das weltbekannte
Gebäude für die Einwanderer, das Eingangsthor in die neue Welt,
zum Glücke oder zum Verderben. Unter dem Schutzdache des Castle
Garden ist die erste Etappe auf dem Pfade des Erwerbes.

An Castle-Garden schliesst sich unmittelbar die untere Stadt mit
ihren engen und düsteren Strassen an. Hier herrscht das regste Leben,
denn die hier stehenden, meist 8, auch 10 Stockwerke hohen Gebäude
bergen alle nur erdenklichen geschäftlichen und politischen Bureaux,
die Consulate, Agenturen, Geschäftslocale u. dgl. Die gesammte Be-
völkerung New-Yorks scheint der Südspitze der Stadt zuzuströmen
oder sich von hier in die grossen Adern ihres Verkehres zu ergiessen.

Die Gestalt der Manhattan-Insel hat das räumliche Anwachsen
von New-York in der Längsrichtung bedingt. Gegenwärtig misst die
Stadt 29·6 km in der Länge, wovon 25 km auf den insularen Theil
entfallen, während die durchschnittliche Breite 4·4 km beträgt. Der
weitaus grössere, erst in diesem Jahrhundert entstandene Stadttheil
zeigt in seiner Anlage ein fast mathematisches Gepräge. Unüberseh-
bare Avenuen, die ganze Länge der Insel durchziehend, stellen ein
System von Abscissen und die sie schnurgerade und senkrecht durch-

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[54/0070] Die atlantische Küste von Amerika. 1,941.813 Einwohner. Hiezu kommen noch 100.000 ambulante Fremde. Wird aber das ganze unmittelbare Abhängigkeitsgebiet von New-York in Betracht gezogen, also die sogenannten Vorstädte, so müssen Newark mit 136.508, Elizabeth mit 25.000 Einwohnern und andere Städte, die nur als Wohnorte von New-Yorker Geschäftsleuten gelten, hinzugerechnet werden. Allein auch ohne diese Addition darf der heutige Wohnplatz von New-York schon durch die seit 1880 erfolgte Zunahme der Bevölkerung auf eine Einwohnerzahl von rund zweiundeinhalb Millionen geschätzt werden. Die eigentliche Stadt New-York nimmt nicht nur die ganze Fläche der Manhattan-Insel ein, sondern sie hat den Harlem-River im Norden schon längst überschritten. Immer zahlreicher werden die Brücken und Schienenstränge, welche die Insel mit dem herrlichen Hinterlande Westchester ver- binden, und von den 24 Bezirken, in welche die Stadt New-York zerfällt, gehören 22 dem insularen, 2 dem Gebiete am Festlande an. Der belebteste Stadtheil ist die untere Stadt (down-town) an der südlichsten Spitze der Insel, wo das geschäftliche Leben concentrirt ist. Dort liegt die prächtige, von granitenen Quais umrandete Park- anlage Battery, von der aus die ganze Bai und die vorliegenden Inseln übersehen werden. In unmittelbarer Nähe steht Castle-Garden, das weltbekannte Gebäude für die Einwanderer, das Eingangsthor in die neue Welt, zum Glücke oder zum Verderben. Unter dem Schutzdache des Castle Garden ist die erste Etappe auf dem Pfade des Erwerbes. An Castle-Garden schliesst sich unmittelbar die untere Stadt mit ihren engen und düsteren Strassen an. Hier herrscht das regste Leben, denn die hier stehenden, meist 8, auch 10 Stockwerke hohen Gebäude bergen alle nur erdenklichen geschäftlichen und politischen Bureaux, die Consulate, Agenturen, Geschäftslocale u. dgl. Die gesammte Be- völkerung New-Yorks scheint der Südspitze der Stadt zuzuströmen oder sich von hier in die grossen Adern ihres Verkehres zu ergiessen. Die Gestalt der Manhattan-Insel hat das räumliche Anwachsen von New-York in der Längsrichtung bedingt. Gegenwärtig misst die Stadt 29·6 km in der Länge, wovon 25 km auf den insularen Theil entfallen, während die durchschnittliche Breite 4·4 km beträgt. Der weitaus grössere, erst in diesem Jahrhundert entstandene Stadttheil zeigt in seiner Anlage ein fast mathematisches Gepräge. Unüberseh- bare Avenuen, die ganze Länge der Insel durchziehend, stellen ein System von Abscissen und die sie schnurgerade und senkrecht durch-

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/70>, abgerufen am 28.04.2024.