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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Der indische Ocean.
of good Hope Bank, Union Bank, Bank of Africa und die Saving
Bank. In Bezug auf humanitäre Anstalten muss vor Allem die grosse
Aufmerksamkeit hervorgehoben werden, welche man dem Unterrichts-
wesen widmet.

Die Capstadt ist zugleich die Hauptstadt der ganzen Colonie,
Sitz des Gouverneurs und der obersten Administrativbehörden, so-
wie auch des Parlamentes. Der Gouverneur wird wohl von der
britischen Regierung ernannt, aber von der Colonie besoldet. Die
Capcolonie ist, wie alle britischen Besitzungen, in welchen die
Weissen die Majorität bilden, also alle britischen Ackerbaucolo-
nieen, ganz auf autonomem Fusse organisirt und steht mehr unter
einer allgemeinen Ueberwachung, als unter eigentlich unmittelbarer
Verwaltung des Mutterlandes. Auch dieser Umstand hat nicht wenig
zu der befriedigenden Entwicklung der Colonie beigetragen. Dazu
kommt noch, dass die Stadt selbst sich eines sehr gesunden Klimas
erfreut, welches auch eine fortgesetzte Thätigkeit gestattet. Dies und
die unbestrittene Blüthe des ganzen Geschäftes tragen wohl wesentlich
dazu bei, dass in der Capstadt ein sehr frohes und frisches sociales
Leben pulsirt und man sich gerne den Stunden des Genusses hin-
gibt. Das steife englische Wesen hat sich dort etwas gemildert und
einer freieren Bewegung in den gesellschaftlichen Ansichten und
Formen Platz gemacht.

In dem gegen den Tafelberg zu gelegenen Theile der Stadt
stösst man auf viele elegante Villen und kann bei deren Besitzern
alle Annehmlichkeiten eines comfortablen Daseins geniessen. Ueber-
haupt gilt dieses höhere, am Mount Nelson befindliche Quartier als
das feinste.

Aber auch die weitere Umgebung der Capstadt -- denn die nahe
gelegene ist vielfach sandig und kahl -- bietet mancherlei Reiz und
verlockt zu Ausflügen, auf denen man Gelegenheit hat, den grossen
Fleiss kennen zu lernen, welchen man allwärts auf die Bebauung
und Ausnützung des Bodens verwendet hat.

Südlich von der Tafelbai liegt in der Falschen Bai die schon
erwähnte Simonsbai, welche namentlich von den Kriegsschiffen be-
nützt wird und der britischen Division in Südostafrika als Station dient.
Eigentlich ist die Simonsbai besser geschützt als die Tafelbai, und solange
nicht in letzterer die grossen Hafenbauten hergestellt waren, ankerten
die Schiffe insbesondere zur Winterszeit häufig hier. An der Bai liegt
das kleine Städtchen Simonstown von circa 600 Einwohnern, wel-
ches mit seinen netten, weissgetünchten Häusern, die zumeist an der

Der indische Ocean.
of good Hope Bank, Union Bank, Bank of Africa und die Saving
Bank. In Bezug auf humanitäre Anstalten muss vor Allem die grosse
Aufmerksamkeit hervorgehoben werden, welche man dem Unterrichts-
wesen widmet.

Die Capstadt ist zugleich die Hauptstadt der ganzen Colonie,
Sitz des Gouverneurs und der obersten Administrativbehörden, so-
wie auch des Parlamentes. Der Gouverneur wird wohl von der
britischen Regierung ernannt, aber von der Colonie besoldet. Die
Capcolonie ist, wie alle britischen Besitzungen, in welchen die
Weissen die Majorität bilden, also alle britischen Ackerbaucolo-
nieen, ganz auf autonomem Fusse organisirt und steht mehr unter
einer allgemeinen Ueberwachung, als unter eigentlich unmittelbarer
Verwaltung des Mutterlandes. Auch dieser Umstand hat nicht wenig
zu der befriedigenden Entwicklung der Colonie beigetragen. Dazu
kommt noch, dass die Stadt selbst sich eines sehr gesunden Klimas
erfreut, welches auch eine fortgesetzte Thätigkeit gestattet. Dies und
die unbestrittene Blüthe des ganzen Geschäftes tragen wohl wesentlich
dazu bei, dass in der Capstadt ein sehr frohes und frisches sociales
Leben pulsirt und man sich gerne den Stunden des Genusses hin-
gibt. Das steife englische Wesen hat sich dort etwas gemildert und
einer freieren Bewegung in den gesellschaftlichen Ansichten und
Formen Platz gemacht.

In dem gegen den Tafelberg zu gelegenen Theile der Stadt
stösst man auf viele elegante Villen und kann bei deren Besitzern
alle Annehmlichkeiten eines comfortablen Daseins geniessen. Ueber-
haupt gilt dieses höhere, am Mount Nelson befindliche Quartier als
das feinste.

Aber auch die weitere Umgebung der Capstadt — denn die nahe
gelegene ist vielfach sandig und kahl — bietet mancherlei Reiz und
verlockt zu Ausflügen, auf denen man Gelegenheit hat, den grossen
Fleiss kennen zu lernen, welchen man allwärts auf die Bebauung
und Ausnützung des Bodens verwendet hat.

Südlich von der Tafelbai liegt in der Falschen Bai die schon
erwähnte Simonsbai, welche namentlich von den Kriegsschiffen be-
nützt wird und der britischen Division in Südostafrika als Station dient.
Eigentlich ist die Simonsbai besser geschützt als die Tafelbai, und solange
nicht in letzterer die grossen Hafenbauten hergestellt waren, ankerten
die Schiffe insbesondere zur Winterszeit häufig hier. An der Bai liegt
das kleine Städtchen Simonstown von circa 600 Einwohnern, wel-
ches mit seinen netten, weissgetünchten Häusern, die zumeist an der

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[680/0696] Der indische Ocean. of good Hope Bank, Union Bank, Bank of Africa und die Saving Bank. In Bezug auf humanitäre Anstalten muss vor Allem die grosse Aufmerksamkeit hervorgehoben werden, welche man dem Unterrichts- wesen widmet. Die Capstadt ist zugleich die Hauptstadt der ganzen Colonie, Sitz des Gouverneurs und der obersten Administrativbehörden, so- wie auch des Parlamentes. Der Gouverneur wird wohl von der britischen Regierung ernannt, aber von der Colonie besoldet. Die Capcolonie ist, wie alle britischen Besitzungen, in welchen die Weissen die Majorität bilden, also alle britischen Ackerbaucolo- nieen, ganz auf autonomem Fusse organisirt und steht mehr unter einer allgemeinen Ueberwachung, als unter eigentlich unmittelbarer Verwaltung des Mutterlandes. Auch dieser Umstand hat nicht wenig zu der befriedigenden Entwicklung der Colonie beigetragen. Dazu kommt noch, dass die Stadt selbst sich eines sehr gesunden Klimas erfreut, welches auch eine fortgesetzte Thätigkeit gestattet. Dies und die unbestrittene Blüthe des ganzen Geschäftes tragen wohl wesentlich dazu bei, dass in der Capstadt ein sehr frohes und frisches sociales Leben pulsirt und man sich gerne den Stunden des Genusses hin- gibt. Das steife englische Wesen hat sich dort etwas gemildert und einer freieren Bewegung in den gesellschaftlichen Ansichten und Formen Platz gemacht. In dem gegen den Tafelberg zu gelegenen Theile der Stadt stösst man auf viele elegante Villen und kann bei deren Besitzern alle Annehmlichkeiten eines comfortablen Daseins geniessen. Ueber- haupt gilt dieses höhere, am Mount Nelson befindliche Quartier als das feinste. Aber auch die weitere Umgebung der Capstadt — denn die nahe gelegene ist vielfach sandig und kahl — bietet mancherlei Reiz und verlockt zu Ausflügen, auf denen man Gelegenheit hat, den grossen Fleiss kennen zu lernen, welchen man allwärts auf die Bebauung und Ausnützung des Bodens verwendet hat. Südlich von der Tafelbai liegt in der Falschen Bai die schon erwähnte Simonsbai, welche namentlich von den Kriegsschiffen be- nützt wird und der britischen Division in Südostafrika als Station dient. Eigentlich ist die Simonsbai besser geschützt als die Tafelbai, und solange nicht in letzterer die grossen Hafenbauten hergestellt waren, ankerten die Schiffe insbesondere zur Winterszeit häufig hier. An der Bai liegt das kleine Städtchen Simonstown von circa 600 Einwohnern, wel- ches mit seinen netten, weissgetünchten Häusern, die zumeist an der

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 680. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/696>, abgerufen am 09.05.2024.