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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Der indische Ocean.
Berichten des berühmten Reisenden Marco Polo soll auch zu seiner Zeit daselbst
eine grosse Handelsstadt gestanden sein. Im XVI. Jahrhundert setzten sich die
Portugiesen dort fest, mussten jedoch bald den Türken weichen.

Die Türken haben im vorigen Jahrhunderte den Ort an arabische Scheicks
überlassen müssen. Die Plünderung eines 1837 daselbst gescheiterten Schiffes gab
den Engländern erwünschten Anlass zu einer Expedition dahin, deren Ergebniss
nach mancherlei Kämpfen die Eroberung Adens war. Die neuen Herren waren
sofort darauf bedacht, diese Station nicht nur militärisch sicher zu stellen, son-
dern auch für die Bedürfnisse des Handels entsprechend auszustatten, denn dreifachen
Zwecken muss der Platz dienen: als militärische Position zur Beherrschung der
Einfahrt in das Rothe Meer, als Kohlen- und Proviantstation für die Schiffe,
welche dort passiren, und endlich als Handelsplatz für die schon erwähnten
Seitengebiete.

Durch seine Lage entspricht Aden dieser dreifachen Aufgabe.
In jeder anderen Beziehung gehört es aber durchaus nicht zu den
Orten, die irgend welche Anziehung üben, denn heiss brennt die
Sonne auf das kahle, felsige Gelände, und vergebens sucht das Auge
nach einer Erquickung. Es gibt nahezu keine Vegetation, wohl
aber blendet die helle Farbe der Landschaft, welche noch durch
den weissen Anstrich aller Baulichkeiten erhöht wird, in höchst
lästiger Weise. In einer Beziehung erinnert Aden an Gibraltar. Es
steckt nämlich auch zwischen Felsen und ist stark befestigt. In
Aden West (auch Back) Bay, Bander Tauwahi, können Schiffe so-
wohl auf der sogenannten Aden Road, als auch im eigentlichen Hafen
vom Leuchtschiffe gegen die nur kleinen Fahrzeugen zugängliche
innere Bucht hin ankern. Während des Südwestmonsuns herrscht
jedoch todter Seegang auf dem äusseren Ankerplatz. Locallootsen
sind immer zu haben. Während der Monate Juni, Juli und August
bietet die Aden East Bay einen guten und der Stadt nahen Anker-
platz, welcher jedoch während des Nordostmonsuns starkem Seegange
ausgesetzt ist.

Aden zerfällt in zwei Theile, in Steamerpoint bei Ras Marbut
an der West Bay und in das eigentliche Aden. Steamerpoint liegt
am eigentlichen Hafen. Hier befinden sich die Agentien der ver-
schiedenen Aden berührenden Dampfergesellschaften, mehrere Hotels
und die Consularämter. Sämmtliche Häuser haben ganz flache Dächer
und sind möglichst luftig gebaut, um gute Ventilation zu erzielen.

Von Steamerpoint führt eine gute Strasse, theilweise durch
Felsentunnels, nach der eigentlichen Stadt. Diese ist sehr regelmässig
in meist rechtwinkelig sich schneidenden Strassen angelegt, bietet
aber nichts Bemerkenswerthes dar. Als Baumaterial ist fast aus-
schliesslich Korallenstein verwendet.


Der indische Ocean.
Berichten des berühmten Reisenden Marco Polo soll auch zu seiner Zeit daselbst
eine grosse Handelsstadt gestanden sein. Im XVI. Jahrhundert setzten sich die
Portugiesen dort fest, mussten jedoch bald den Türken weichen.

Die Türken haben im vorigen Jahrhunderte den Ort an arabische Scheicks
überlassen müssen. Die Plünderung eines 1837 daselbst gescheiterten Schiffes gab
den Engländern erwünschten Anlass zu einer Expedition dahin, deren Ergebniss
nach mancherlei Kämpfen die Eroberung Adens war. Die neuen Herren waren
sofort darauf bedacht, diese Station nicht nur militärisch sicher zu stellen, son-
dern auch für die Bedürfnisse des Handels entsprechend auszustatten, denn dreifachen
Zwecken muss der Platz dienen: als militärische Position zur Beherrschung der
Einfahrt in das Rothe Meer, als Kohlen- und Proviantstation für die Schiffe,
welche dort passiren, und endlich als Handelsplatz für die schon erwähnten
Seitengebiete.

Durch seine Lage entspricht Aden dieser dreifachen Aufgabe.
In jeder anderen Beziehung gehört es aber durchaus nicht zu den
Orten, die irgend welche Anziehung üben, denn heiss brennt die
Sonne auf das kahle, felsige Gelände, und vergebens sucht das Auge
nach einer Erquickung. Es gibt nahezu keine Vegetation, wohl
aber blendet die helle Farbe der Landschaft, welche noch durch
den weissen Anstrich aller Baulichkeiten erhöht wird, in höchst
lästiger Weise. In einer Beziehung erinnert Aden an Gibraltar. Es
steckt nämlich auch zwischen Felsen und ist stark befestigt. In
Aden West (auch Back) Bay, Bander Tauwahi, können Schiffe so-
wohl auf der sogenannten Aden Road, als auch im eigentlichen Hafen
vom Leuchtschiffe gegen die nur kleinen Fahrzeugen zugängliche
innere Bucht hin ankern. Während des Südwestmonsuns herrscht
jedoch todter Seegang auf dem äusseren Ankerplatz. Locallootsen
sind immer zu haben. Während der Monate Juni, Juli und August
bietet die Aden East Bay einen guten und der Stadt nahen Anker-
platz, welcher jedoch während des Nordostmonsuns starkem Seegange
ausgesetzt ist.

Aden zerfällt in zwei Theile, in Steamerpoint bei Ras Marbut
an der West Bay und in das eigentliche Aden. Steamerpoint liegt
am eigentlichen Hafen. Hier befinden sich die Agentien der ver-
schiedenen Aden berührenden Dampfergesellschaften, mehrere Hôtels
und die Consularämter. Sämmtliche Häuser haben ganz flache Dächer
und sind möglichst luftig gebaut, um gute Ventilation zu erzielen.

Von Steamerpoint führt eine gute Strasse, theilweise durch
Felsentunnels, nach der eigentlichen Stadt. Diese ist sehr regelmässig
in meist rechtwinkelig sich schneidenden Strassen angelegt, bietet
aber nichts Bemerkenswerthes dar. Als Baumaterial ist fast aus-
schliesslich Korallenstein verwendet.


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[626/0642] Der indische Ocean. Berichten des berühmten Reisenden Marco Polo soll auch zu seiner Zeit daselbst eine grosse Handelsstadt gestanden sein. Im XVI. Jahrhundert setzten sich die Portugiesen dort fest, mussten jedoch bald den Türken weichen. Die Türken haben im vorigen Jahrhunderte den Ort an arabische Scheicks überlassen müssen. Die Plünderung eines 1837 daselbst gescheiterten Schiffes gab den Engländern erwünschten Anlass zu einer Expedition dahin, deren Ergebniss nach mancherlei Kämpfen die Eroberung Adens war. Die neuen Herren waren sofort darauf bedacht, diese Station nicht nur militärisch sicher zu stellen, son- dern auch für die Bedürfnisse des Handels entsprechend auszustatten, denn dreifachen Zwecken muss der Platz dienen: als militärische Position zur Beherrschung der Einfahrt in das Rothe Meer, als Kohlen- und Proviantstation für die Schiffe, welche dort passiren, und endlich als Handelsplatz für die schon erwähnten Seitengebiete. Durch seine Lage entspricht Aden dieser dreifachen Aufgabe. In jeder anderen Beziehung gehört es aber durchaus nicht zu den Orten, die irgend welche Anziehung üben, denn heiss brennt die Sonne auf das kahle, felsige Gelände, und vergebens sucht das Auge nach einer Erquickung. Es gibt nahezu keine Vegetation, wohl aber blendet die helle Farbe der Landschaft, welche noch durch den weissen Anstrich aller Baulichkeiten erhöht wird, in höchst lästiger Weise. In einer Beziehung erinnert Aden an Gibraltar. Es steckt nämlich auch zwischen Felsen und ist stark befestigt. In Aden West (auch Back) Bay, Bander Tauwahi, können Schiffe so- wohl auf der sogenannten Aden Road, als auch im eigentlichen Hafen vom Leuchtschiffe gegen die nur kleinen Fahrzeugen zugängliche innere Bucht hin ankern. Während des Südwestmonsuns herrscht jedoch todter Seegang auf dem äusseren Ankerplatz. Locallootsen sind immer zu haben. Während der Monate Juni, Juli und August bietet die Aden East Bay einen guten und der Stadt nahen Anker- platz, welcher jedoch während des Nordostmonsuns starkem Seegange ausgesetzt ist. Aden zerfällt in zwei Theile, in Steamerpoint bei Ras Marbut an der West Bay und in das eigentliche Aden. Steamerpoint liegt am eigentlichen Hafen. Hier befinden sich die Agentien der ver- schiedenen Aden berührenden Dampfergesellschaften, mehrere Hôtels und die Consularämter. Sämmtliche Häuser haben ganz flache Dächer und sind möglichst luftig gebaut, um gute Ventilation zu erzielen. Von Steamerpoint führt eine gute Strasse, theilweise durch Felsentunnels, nach der eigentlichen Stadt. Diese ist sehr regelmässig in meist rechtwinkelig sich schneidenden Strassen angelegt, bietet aber nichts Bemerkenswerthes dar. Als Baumaterial ist fast aus- schliesslich Korallenstein verwendet.

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/642>, abgerufen am 25.11.2024.