etwas bemerkenswerther. Die Wände sind mit den Bildern der 80 Jünger Buddhas geziert; dieser selbst ist in schlafender Stellung aus bemaltem Steine in dreifacher Lebensgrösse dargestellt. Ein Zugeständniss für jene Glaubensgenossen, die gerne mit dem Brahma- ismus liebäugeln, ist der zur Seite des besonders heilig gehaltenen Buddha stehende, blau bemalte Wischnu. Ein zweites Tempelgemach enthält einen hockenden Buddha und ist gleich der Vorhalle mit wenig kunstvollen Wandmalereien bedeckt.
Die Masse der eingeborenen Bevölkerung besteht aus buddhisti- schen Singhalesen, einer den südindischen Stämmen verwandten Rasse mit malayischer Beimischung. Die Singhalesen sind zwar aber- gläubisch, doch immerhin intelligent; so können beispielsweise fast alle lesen und schreiben; ihre Tagesblätter haben eine grosse Ver- breitung. Die meisten englischen classischen Theaterstücke sind bereits ins Singhalesische übersetzt und im Volkstheater in Colombo aufgeführt worden. Von den einstigen kriegerischen Neigungen der Singhalesen (der "Löwen", wie sie sich selbst nannten) ist bei diesem nunmehr friedfertigsten Volke der Erde nichts zurückgeblieben, als die in der Ramayana bewahrte Erinnerung an die heldenmüthige Eroberung Ceylons. Von den dazumal besiegten Ureinwohnern, den Yakos, dürften die im Südosten der Insel wohnenden Veddas ab- stammen, doch sind auch diese dermalen schon im Aussterben be- griffen.
Seit einigen Jahren beherbergt Colombo eine historisch inter- essante Persönlichkeit, Arabi Pascha, der, hieher verbannt, eine eng- lische Pension von 12.000 Gulden verzehrt.
Eine Plage Colombos sind für jeden Reisenden die dortigen Hausierer, die ihre Waaren, von allen Gattungen Edelsteinen an bis zu Zündhölzchen, in möglichst zudringlicher, lästiger Weise anzu- bringen trachten und daher nur schwer vom Leibe zu halten sind.
Colombo besitzt grossartige Wasserwerke, die mit hohen Kosten errichtet wurden und das Trinkwasser von Gebirgsquellen dreissig englische Meilen weit herleiten.
Der Personentransport innerhalb der ausgedehnten Stadt ge- schieht mit Dschinrikshas, die seit 1884 hier eingeführt sind, und mit Miethwägen. Pferdebahnen sind projectirt.
Seinerzeit eine Rhede, auf der die Schiffe im Südwestmonsun sehr schlecht und unsicher lagen, hat Colombo durch den Bau eines langen, fast nordsüdlich verlaufenden Wellenbrechers einen geräumigen und im Allgemeinen auch gut geschützten Hafen erhalten. Der letztere
Der indische Ocean.
etwas bemerkenswerther. Die Wände sind mit den Bildern der 80 Jünger Buddhas geziert; dieser selbst ist in schlafender Stellung aus bemaltem Steine in dreifacher Lebensgrösse dargestellt. Ein Zugeständniss für jene Glaubensgenossen, die gerne mit dem Brahma- ismus liebäugeln, ist der zur Seite des besonders heilig gehaltenen Buddha stehende, blau bemalte Wischnu. Ein zweites Tempelgemach enthält einen hockenden Buddha und ist gleich der Vorhalle mit wenig kunstvollen Wandmalereien bedeckt.
Die Masse der eingeborenen Bevölkerung besteht aus buddhisti- schen Singhalesen, einer den südindischen Stämmen verwandten Rasse mit malayischer Beimischung. Die Singhalesen sind zwar aber- gläubisch, doch immerhin intelligent; so können beispielsweise fast alle lesen und schreiben; ihre Tagesblätter haben eine grosse Ver- breitung. Die meisten englischen classischen Theaterstücke sind bereits ins Singhalesische übersetzt und im Volkstheater in Colombo aufgeführt worden. Von den einstigen kriegerischen Neigungen der Singhalesen (der „Löwen“, wie sie sich selbst nannten) ist bei diesem nunmehr friedfertigsten Volke der Erde nichts zurückgeblieben, als die in der Ramayana bewahrte Erinnerung an die heldenmüthige Eroberung Ceylons. Von den dazumal besiegten Ureinwohnern, den Yakos, dürften die im Südosten der Insel wohnenden Veddas ab- stammen, doch sind auch diese dermalen schon im Aussterben be- griffen.
Seit einigen Jahren beherbergt Colombo eine historisch inter- essante Persönlichkeit, Arabi Pascha, der, hieher verbannt, eine eng- lische Pension von 12.000 Gulden verzehrt.
Eine Plage Colombos sind für jeden Reisenden die dortigen Hausierer, die ihre Waaren, von allen Gattungen Edelsteinen an bis zu Zündhölzchen, in möglichst zudringlicher, lästiger Weise anzu- bringen trachten und daher nur schwer vom Leibe zu halten sind.
Colombo besitzt grossartige Wasserwerke, die mit hohen Kosten errichtet wurden und das Trinkwasser von Gebirgsquellen dreissig englische Meilen weit herleiten.
Der Personentransport innerhalb der ausgedehnten Stadt ge- schieht mit Dschinrikshas, die seit 1884 hier eingeführt sind, und mit Miethwägen. Pferdebahnen sind projectirt.
Seinerzeit eine Rhede, auf der die Schiffe im Südwestmonsun sehr schlecht und unsicher lagen, hat Colombo durch den Bau eines langen, fast nordsüdlich verlaufenden Wellenbrechers einen geräumigen und im Allgemeinen auch gut geschützten Hafen erhalten. Der letztere
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Der indische Ocean.
etwas bemerkenswerther. Die Wände sind mit den Bildern der
80 Jünger Buddhas geziert; dieser selbst ist in schlafender Stellung
aus bemaltem Steine in dreifacher Lebensgrösse dargestellt. Ein
Zugeständniss für jene Glaubensgenossen, die gerne mit dem Brahma-
ismus liebäugeln, ist der zur Seite des besonders heilig gehaltenen
Buddha stehende, blau bemalte Wischnu. Ein zweites Tempelgemach
enthält einen hockenden Buddha und ist gleich der Vorhalle mit
wenig kunstvollen Wandmalereien bedeckt.
Die Masse der eingeborenen Bevölkerung besteht aus buddhisti-
schen Singhalesen, einer den südindischen Stämmen verwandten Rasse
mit malayischer Beimischung. Die Singhalesen sind zwar aber-
gläubisch, doch immerhin intelligent; so können beispielsweise fast
alle lesen und schreiben; ihre Tagesblätter haben eine grosse Ver-
breitung. Die meisten englischen classischen Theaterstücke sind
bereits ins Singhalesische übersetzt und im Volkstheater in Colombo
aufgeführt worden. Von den einstigen kriegerischen Neigungen der
Singhalesen (der „Löwen“, wie sie sich selbst nannten) ist bei diesem
nunmehr friedfertigsten Volke der Erde nichts zurückgeblieben, als
die in der Ramayana bewahrte Erinnerung an die heldenmüthige
Eroberung Ceylons. Von den dazumal besiegten Ureinwohnern, den
Yakos, dürften die im Südosten der Insel wohnenden Veddas ab-
stammen, doch sind auch diese dermalen schon im Aussterben be-
griffen.
Seit einigen Jahren beherbergt Colombo eine historisch inter-
essante Persönlichkeit, Arabi Pascha, der, hieher verbannt, eine eng-
lische Pension von 12.000 Gulden verzehrt.
Eine Plage Colombos sind für jeden Reisenden die dortigen
Hausierer, die ihre Waaren, von allen Gattungen Edelsteinen an bis
zu Zündhölzchen, in möglichst zudringlicher, lästiger Weise anzu-
bringen trachten und daher nur schwer vom Leibe zu halten sind.
Colombo besitzt grossartige Wasserwerke, die mit hohen Kosten
errichtet wurden und das Trinkwasser von Gebirgsquellen dreissig
englische Meilen weit herleiten.
Der Personentransport innerhalb der ausgedehnten Stadt ge-
schieht mit Dschinrikshas, die seit 1884 hier eingeführt sind, und mit
Miethwägen. Pferdebahnen sind projectirt.
Seinerzeit eine Rhede, auf der die Schiffe im Südwestmonsun
sehr schlecht und unsicher lagen, hat Colombo durch den Bau eines
langen, fast nordsüdlich verlaufenden Wellenbrechers einen geräumigen
und im Allgemeinen auch gut geschützten Hafen erhalten. Der letztere
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 582. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/598>, abgerufen am 22.11.2024.
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