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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Singapore.

Sir Stamford Raffles, der während der napoleonischen Kriege Statthalter
von Java gewesen, gebührt das Verdienst, nach der durch die Bestimmungen des
Wiener Congresses vom Jahre 1814 erfolgten Zurückgabe der Sunda-Inseln seitens
Englands an die Niederlande in richtiger Erkenntniss der Bedeutung des da-
maligen Piratennestes Singapore, die Einverleibung desselben unter das Banner
Grossbritanniens angeregt zu haben. Politische Verhältnisse des dazumal noch
unabhängigen Sultanats Djohore, in welchem eben das legitime Herrscherhaus
ausgestorben war, erleichterten die Abschliessung eines Kaufvertrages, der die
Insel Singapore an England brachte.

Das alte Singapura wurde in der zweiten Hälfte des XII. Jahrhunderts von
dem Rajah Sang Nila Utama gegründet, welcher von der Ostküste Sumatras
hieher ausgewandert war. Allein schon unter dem Nachfolger des Gründers, dem
Rajah Sikander, fiel Singapura in die Gewalt der Javanen von Majapabit. Letztere
waren durch Sang Rajana Tapa, den Schatzmeister des Königs, aus Rache für die
Hinrichtung seiner Tochter herbeigerufen und kamen mit 300 Schiffen an, worauf
sie in einer hartnäckigen Schlacht den Rajah besiegten, der sich an den Seletar-
Fluss und dann nach dem Festlande von Malakka flüchtete, woselbst er die Stadt
Malakka und ein neues Reich gründete.

Der Rajah Ketschil Besar, welcher später den Titel Mohammed Schah an-
nahm, trat mit der gesammten Bevölkerung seines Reiches zum Islam über, der
seither die vorherrschende Religion der Malayen geblieben ist.

Als Capitän Hamilton im Jahre 1703 Djohore besuchte, bot ihm der
damalige Sultan dieses Staates die Insel Singapore als Geschenk an, doch lehnte
Ersterer dieselbe ab, weil er sie nicht wirklich in Besitz nehmen konnte.

Im Jahre 1810 starb der letzte Sultan von Djohore, Mohammed, ohne einen
rechtmässigen Erben zu hinterlassen. Seine Räthe, der Tumangong (Oberrichter)
und der Bandahara (Schatzmeister) theilten sich nun in die Herrschaft über das
Sultanat, wobei dem Ersteren das eigentliche Djohore und die Insel Singapore
zufielen. Der Tumangong gestattete hierauf den Engländern, auf der Insel
Niederlassungen zu gründen.

Am 6. Februar 1819 wurde daselbst zum ersten Male die Flagge Gross-
britanniens gehisst und 1824 wurde Singapore durch die Britisch-Ostindische
Compagnie dem Sultan von Djohore gegen Zahlung von 60.000 Dollars und eine
Leibrente von 24.000 Dollars abgekauft; 1867 ging die Insel endgiltig in den
Besitz der britischen Krone über.

Bei der Besitznahme der Insel durch die Engländer war die Insel nur von
20 malayischen Fischerfamilien bewohnt und ein übel berüchtigtes Seeräubernest;
der Scharfblick des Sir Thomas Raffles hatte aber richtig vorausgesehen, denn
wenngleich der jungen Colonie noch manches Jahr von Seite der malayischen
Seeräuber Unheil drohte, so blühte dieselbe dennoch mit staunenswerther Rasch-
heit auf und gelangte Dank der Schaffung eines Freihafens in kurzer Zeit zu be-
deutender Wichtigkeit.

Singapore hatte durch lange Zeit das Monopol des Handels
zwischen Indien und dem östlichen Asien; die Häfen von China,
Japan, Cochinchina und Siam waren dem europäischen Handel ver-
sperrt, Batavia, ohne von letzterem ganz abgeschlossen zu sein, bot nur
den holländischen Schiffen besondere Vortheile, die übrigen Häfen

Singapore.

Sir Stamford Raffles, der während der napoleonischen Kriege Statthalter
von Java gewesen, gebührt das Verdienst, nach der durch die Bestimmungen des
Wiener Congresses vom Jahre 1814 erfolgten Zurückgabe der Sunda-Inseln seitens
Englands an die Niederlande in richtiger Erkenntniss der Bedeutung des da-
maligen Piratennestes Singapore, die Einverleibung desselben unter das Banner
Grossbritanniens angeregt zu haben. Politische Verhältnisse des dazumal noch
unabhängigen Sultanats Djohore, in welchem eben das legitime Herrscherhaus
ausgestorben war, erleichterten die Abschliessung eines Kaufvertrages, der die
Insel Singapore an England brachte.

Das alte Singapura wurde in der zweiten Hälfte des XII. Jahrhunderts von
dem Rajah Sang Nila Utama gegründet, welcher von der Ostküste Sumatras
hieher ausgewandert war. Allein schon unter dem Nachfolger des Gründers, dem
Rajah Sikander, fiel Singapura in die Gewalt der Javanen von Majapabit. Letztere
waren durch Sang Rajana Tapa, den Schatzmeister des Königs, aus Rache für die
Hinrichtung seiner Tochter herbeigerufen und kamen mit 300 Schiffen an, worauf
sie in einer hartnäckigen Schlacht den Rajah besiegten, der sich an den Seletar-
Fluss und dann nach dem Festlande von Malakka flüchtete, woselbst er die Stadt
Malakka und ein neues Reich gründete.

Der Rajah Ketschil Besar, welcher später den Titel Mohammed Schah an-
nahm, trat mit der gesammten Bevölkerung seines Reiches zum Islam über, der
seither die vorherrschende Religion der Malayen geblieben ist.

Als Capitän Hamilton im Jahre 1703 Djohore besuchte, bot ihm der
damalige Sultan dieses Staates die Insel Singapore als Geschenk an, doch lehnte
Ersterer dieselbe ab, weil er sie nicht wirklich in Besitz nehmen konnte.

Im Jahre 1810 starb der letzte Sultan von Djohore, Mohammed, ohne einen
rechtmässigen Erben zu hinterlassen. Seine Räthe, der Tumangong (Oberrichter)
und der Bandahara (Schatzmeister) theilten sich nun in die Herrschaft über das
Sultanat, wobei dem Ersteren das eigentliche Djohore und die Insel Singapore
zufielen. Der Tumangong gestattete hierauf den Engländern, auf der Insel
Niederlassungen zu gründen.

Am 6. Februar 1819 wurde daselbst zum ersten Male die Flagge Gross-
britanniens gehisst und 1824 wurde Singapore durch die Britisch-Ostindische
Compagnie dem Sultan von Djohore gegen Zahlung von 60.000 Dollars und eine
Leibrente von 24.000 Dollars abgekauft; 1867 ging die Insel endgiltig in den
Besitz der britischen Krone über.

Bei der Besitznahme der Insel durch die Engländer war die Insel nur von
20 malayischen Fischerfamilien bewohnt und ein übel berüchtigtes Seeräubernest;
der Scharfblick des Sir Thomas Raffles hatte aber richtig vorausgesehen, denn
wenngleich der jungen Colonie noch manches Jahr von Seite der malayischen
Seeräuber Unheil drohte, so blühte dieselbe dennoch mit staunenswerther Rasch-
heit auf und gelangte Dank der Schaffung eines Freihafens in kurzer Zeit zu be-
deutender Wichtigkeit.

Singapore hatte durch lange Zeit das Monopol des Handels
zwischen Indien und dem östlichen Asien; die Häfen von China,
Japan, Cochinchina und Siam waren dem europäischen Handel ver-
sperrt, Batavia, ohne von letzterem ganz abgeschlossen zu sein, bot nur
den holländischen Schiffen besondere Vortheile, die übrigen Häfen

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[517/0533] Singapore. Sir Stamford Raffles, der während der napoleonischen Kriege Statthalter von Java gewesen, gebührt das Verdienst, nach der durch die Bestimmungen des Wiener Congresses vom Jahre 1814 erfolgten Zurückgabe der Sunda-Inseln seitens Englands an die Niederlande in richtiger Erkenntniss der Bedeutung des da- maligen Piratennestes Singapore, die Einverleibung desselben unter das Banner Grossbritanniens angeregt zu haben. Politische Verhältnisse des dazumal noch unabhängigen Sultanats Djohore, in welchem eben das legitime Herrscherhaus ausgestorben war, erleichterten die Abschliessung eines Kaufvertrages, der die Insel Singapore an England brachte. Das alte Singapura wurde in der zweiten Hälfte des XII. Jahrhunderts von dem Rajah Sang Nila Utama gegründet, welcher von der Ostküste Sumatras hieher ausgewandert war. Allein schon unter dem Nachfolger des Gründers, dem Rajah Sikander, fiel Singapura in die Gewalt der Javanen von Majapabit. Letztere waren durch Sang Rajana Tapa, den Schatzmeister des Königs, aus Rache für die Hinrichtung seiner Tochter herbeigerufen und kamen mit 300 Schiffen an, worauf sie in einer hartnäckigen Schlacht den Rajah besiegten, der sich an den Seletar- Fluss und dann nach dem Festlande von Malakka flüchtete, woselbst er die Stadt Malakka und ein neues Reich gründete. Der Rajah Ketschil Besar, welcher später den Titel Mohammed Schah an- nahm, trat mit der gesammten Bevölkerung seines Reiches zum Islam über, der seither die vorherrschende Religion der Malayen geblieben ist. Als Capitän Hamilton im Jahre 1703 Djohore besuchte, bot ihm der damalige Sultan dieses Staates die Insel Singapore als Geschenk an, doch lehnte Ersterer dieselbe ab, weil er sie nicht wirklich in Besitz nehmen konnte. Im Jahre 1810 starb der letzte Sultan von Djohore, Mohammed, ohne einen rechtmässigen Erben zu hinterlassen. Seine Räthe, der Tumangong (Oberrichter) und der Bandahara (Schatzmeister) theilten sich nun in die Herrschaft über das Sultanat, wobei dem Ersteren das eigentliche Djohore und die Insel Singapore zufielen. Der Tumangong gestattete hierauf den Engländern, auf der Insel Niederlassungen zu gründen. Am 6. Februar 1819 wurde daselbst zum ersten Male die Flagge Gross- britanniens gehisst und 1824 wurde Singapore durch die Britisch-Ostindische Compagnie dem Sultan von Djohore gegen Zahlung von 60.000 Dollars und eine Leibrente von 24.000 Dollars abgekauft; 1867 ging die Insel endgiltig in den Besitz der britischen Krone über. Bei der Besitznahme der Insel durch die Engländer war die Insel nur von 20 malayischen Fischerfamilien bewohnt und ein übel berüchtigtes Seeräubernest; der Scharfblick des Sir Thomas Raffles hatte aber richtig vorausgesehen, denn wenngleich der jungen Colonie noch manches Jahr von Seite der malayischen Seeräuber Unheil drohte, so blühte dieselbe dennoch mit staunenswerther Rasch- heit auf und gelangte Dank der Schaffung eines Freihafens in kurzer Zeit zu be- deutender Wichtigkeit. Singapore hatte durch lange Zeit das Monopol des Handels zwischen Indien und dem östlichen Asien; die Häfen von China, Japan, Cochinchina und Siam waren dem europäischen Handel ver- sperrt, Batavia, ohne von letzterem ganz abgeschlossen zu sein, bot nur den holländischen Schiffen besondere Vortheile, die übrigen Häfen

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/533>, abgerufen am 22.11.2024.