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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Chinesische Häfen.
fremdem Boden steht; bei Nacht aber, wenn die Häuser geschlossen
und die Strassen menschenleer sind, wobei dennoch das Licht elek-
trischer Bogenlampen als Stadtbeleuchtung erstrahlt, bietet sich kaum
ein Anhaltspunkt, der an den fernen Osten mahnt.

Die Bewohner der drei Fremden-Settlements sind vorwiegend
Chinesen, im Juni 1890 207.000 an der Zahl, während man zur selben
Zeit von Fremden 4265 zählte, von denen nur 444 auf die fran-
zösische Niederlassung kamen. Die Bevölkerungszahl ist ständig im
Zunehmen begriffen, was den sichersten Beweis dafür gibt, dass es
noch gute Weile hat, bis Schanghai zur höchsten Stufe der Ent-
wicklung gelangt sein wird.

Die Europäer stehen unter der Gerichtsbarkeit ihrer Consuln,
die Chinesen der europäischen Settlements werden von gemischten
Gerichtshöfen nach ihren einheimischen Gesetzen gerichtet.

Die öffentlichen Einrichtungen Schanghais gehen weit über das
Mass jener anderer Fremdenniederlassungen, denn auf Grund der so-
genannten "Land Regulations", das heisst der Gründungsurkunden der
Fremdenniederlassungen verwalten diese ihre Localangelegenheiten in
mustergiltiger Weise selbst. Dabei sind seit 1863 das britische und
das amerikanische Settlement zu einer Gemeinde vereinigt, welche das
alljährlich von den grösseren Haus- und Grundbesitzern gewählte
"Municipal Council" leitet, in dem alle Nationalitäten vertreten sein
können. Die Municipalität der französischen Concession bilden 4 Fran-
zosen und 4 Nichtfranzosen.

Diese Behörden haben nach jahrelangem Arbeiten die Canali-
sirung der Stadt durchgeführt, ein schwieriges Werk auf diesem
niedrig gelegenen Terrain, das kein Gefälle besitzt. Eine Compagnie
versorgt die Bewohner gegen eine billige Entschädigung mit filtrirtem
Wasser.

So ist Schanghai im Ganzen eine gesunde Stadt, deren mittlere
Jahrestemperatur ungefähr der von Rom gleich ist. Doch zeigen,
wie in ganz Ostasien, die Wintermonate constant heiteren Himmel und
das Thermometer sinkt hier tiefer als an irgend einem Orte West-
europas unter der gleichen Breite; die regenreichen Sommer sind
sehr heiss.

Abgesehen ferner von den mit dem Handel in Verbindung
stehenden Anstalten verfügt die Stadt über ein Freiwilligencorps für
ihre Vertheidigung gegen einen plötzlichen Handstreich, über ein
eigenes Polizeicorps von 440 Mann, das die Eingeborenen stramm
in Ordnung hält, über vorzüglich organisirte Feuerwehren, grosse

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Chinesische Häfen.
fremdem Boden steht; bei Nacht aber, wenn die Häuser geschlossen
und die Strassen menschenleer sind, wobei dennoch das Licht elek-
trischer Bogenlampen als Stadtbeleuchtung erstrahlt, bietet sich kaum
ein Anhaltspunkt, der an den fernen Osten mahnt.

Die Bewohner der drei Fremden-Settlements sind vorwiegend
Chinesen, im Juni 1890 207.000 an der Zahl, während man zur selben
Zeit von Fremden 4265 zählte, von denen nur 444 auf die fran-
zösische Niederlassung kamen. Die Bevölkerungszahl ist ständig im
Zunehmen begriffen, was den sichersten Beweis dafür gibt, dass es
noch gute Weile hat, bis Schanghai zur höchsten Stufe der Ent-
wicklung gelangt sein wird.

Die Europäer stehen unter der Gerichtsbarkeit ihrer Consuln,
die Chinesen der europäischen Settlements werden von gemischten
Gerichtshöfen nach ihren einheimischen Gesetzen gerichtet.

Die öffentlichen Einrichtungen Schanghais gehen weit über das
Mass jener anderer Fremdenniederlassungen, denn auf Grund der so-
genannten „Land Regulations“, das heisst der Gründungsurkunden der
Fremdenniederlassungen verwalten diese ihre Localangelegenheiten in
mustergiltiger Weise selbst. Dabei sind seit 1863 das britische und
das amerikanische Settlement zu einer Gemeinde vereinigt, welche das
alljährlich von den grösseren Haus- und Grundbesitzern gewählte
„Municipal Council“ leitet, in dem alle Nationalitäten vertreten sein
können. Die Municipalität der französischen Concession bilden 4 Fran-
zosen und 4 Nichtfranzosen.

Diese Behörden haben nach jahrelangem Arbeiten die Canali-
sirung der Stadt durchgeführt, ein schwieriges Werk auf diesem
niedrig gelegenen Terrain, das kein Gefälle besitzt. Eine Compagnie
versorgt die Bewohner gegen eine billige Entschädigung mit filtrirtem
Wasser.

So ist Schanghai im Ganzen eine gesunde Stadt, deren mittlere
Jahrestemperatur ungefähr der von Rom gleich ist. Doch zeigen,
wie in ganz Ostasien, die Wintermonate constant heiteren Himmel und
das Thermometer sinkt hier tiefer als an irgend einem Orte West-
europas unter der gleichen Breite; die regenreichen Sommer sind
sehr heiss.

Abgesehen ferner von den mit dem Handel in Verbindung
stehenden Anstalten verfügt die Stadt über ein Freiwilligencorps für
ihre Vertheidigung gegen einen plötzlichen Handstreich, über ein
eigenes Polizeicorps von 440 Mann, das die Eingeborenen stramm
in Ordnung hält, über vorzüglich organisirte Feuerwehren, grosse

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[403/0419] Chinesische Häfen. fremdem Boden steht; bei Nacht aber, wenn die Häuser geschlossen und die Strassen menschenleer sind, wobei dennoch das Licht elek- trischer Bogenlampen als Stadtbeleuchtung erstrahlt, bietet sich kaum ein Anhaltspunkt, der an den fernen Osten mahnt. Die Bewohner der drei Fremden-Settlements sind vorwiegend Chinesen, im Juni 1890 207.000 an der Zahl, während man zur selben Zeit von Fremden 4265 zählte, von denen nur 444 auf die fran- zösische Niederlassung kamen. Die Bevölkerungszahl ist ständig im Zunehmen begriffen, was den sichersten Beweis dafür gibt, dass es noch gute Weile hat, bis Schanghai zur höchsten Stufe der Ent- wicklung gelangt sein wird. Die Europäer stehen unter der Gerichtsbarkeit ihrer Consuln, die Chinesen der europäischen Settlements werden von gemischten Gerichtshöfen nach ihren einheimischen Gesetzen gerichtet. Die öffentlichen Einrichtungen Schanghais gehen weit über das Mass jener anderer Fremdenniederlassungen, denn auf Grund der so- genannten „Land Regulations“, das heisst der Gründungsurkunden der Fremdenniederlassungen verwalten diese ihre Localangelegenheiten in mustergiltiger Weise selbst. Dabei sind seit 1863 das britische und das amerikanische Settlement zu einer Gemeinde vereinigt, welche das alljährlich von den grösseren Haus- und Grundbesitzern gewählte „Municipal Council“ leitet, in dem alle Nationalitäten vertreten sein können. Die Municipalität der französischen Concession bilden 4 Fran- zosen und 4 Nichtfranzosen. Diese Behörden haben nach jahrelangem Arbeiten die Canali- sirung der Stadt durchgeführt, ein schwieriges Werk auf diesem niedrig gelegenen Terrain, das kein Gefälle besitzt. Eine Compagnie versorgt die Bewohner gegen eine billige Entschädigung mit filtrirtem Wasser. So ist Schanghai im Ganzen eine gesunde Stadt, deren mittlere Jahrestemperatur ungefähr der von Rom gleich ist. Doch zeigen, wie in ganz Ostasien, die Wintermonate constant heiteren Himmel und das Thermometer sinkt hier tiefer als an irgend einem Orte West- europas unter der gleichen Breite; die regenreichen Sommer sind sehr heiss. Abgesehen ferner von den mit dem Handel in Verbindung stehenden Anstalten verfügt die Stadt über ein Freiwilligencorps für ihre Vertheidigung gegen einen plötzlichen Handstreich, über ein eigenes Polizeicorps von 440 Mann, das die Eingeborenen stramm in Ordnung hält, über vorzüglich organisirte Feuerwehren, grosse 51*

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/419>, abgerufen am 22.11.2024.