Bei einer näheren Betrachtung der Seehäfen Chinas sehen wir, dass wir dieselben nach den klimatischen und Productionsverhältnissen der Gebiete, deren Verkehr sie vermitteln, und nach ihren Handels- beziehungen zum Auslande, in drei Gruppen eintheilen können: 1. die nördliche Gruppe; 2. die Yangtsekiang-Häfen, eingerechnet Ningpo, und 3. die südliche Gruppe.
Nördliche Häfen.
Der Vorhafen der nördlichen Gruppe ist Tientsin. Der directe Verkehr aller Häfen dieser Gruppe mit dem Auslande hat einen geringen Umfang, denn Schanghai ist für sie disponirender Platz. Minder fruchtbar, als die mittleren und südlichen Provinzen des Reiches, bei kalten, langandauernden Wintern meist auf Getreidegattungen an- gewiesen, die erst im Frühjahr gesäet werden, müssen die nördlichen Provinzen wegen ihrer dichten Bevölkerung Lebensmittel aus dem Süden einführen.
Um ihre friedlichen Unterthanen regelmässig verpflegen zu können, bauten die Kaiser vor Jahrhunderten den grossen Canal oder Kaisercanal von Tschin- kiang am Yangtsekiang, den Hwangho (Hoangho, gelber Fluss) kreuzend nach Norden bis Tientsin am Peiho, das der Hafen der Hauptstadt Peking ist. Zahl- reiche Piraten hatten die Zufuhren zur See nach dem Norden unsicher gemacht. Der grosse Monarch Kublai Khan, an dessen Hofe Marco Polo geweilt hatte, liess sich auf keinen aussichtslosen Seeräuberkrieg ein, sondern griff zu dem gewiss sehr kostspieligen Auskunftsmittel des Kaisercanals, auf welchem die Dschunken den sicheren Inlandsweg verfolgen konnten. Heute ist der Kaisercanal, dessen Dämme in den letzten Jahrzehnten von den Fluten des Hwangho wiederholt durch- rissen wurden, nur noch theilweise ein Verkehrsweg.
Der Verkehr hat wieder den bequemeren und rascheren Seeweg aufge- sucht, und dem Norden führen Küstendampfer seine Bedürfnisse zu statt der alten Canal-Dschunken.
Weil alle diese Plätze Jahrhunderte lang keinen Seeverkehr hatten, sind sie auch heute wirthschaftlich nicht selbständig, sondern abhängig von Schanghai.
Der nördlichste Platz dieser Gruppe ist das Dort Jintsekou, an einer trostlos öden und flachen Küste, 20 km oberhalb der Mündung des Liauho in den Meerbusen von Petschili gelegen, mit 60.000 Ein- wohnern. In den Handelsverträgen wird dieser Ort Niutschuan (Nech- wang) genannt, welchen Namen bei den Chinesen eine ärmliche und wenig bevölkerte Stadt ziemlich weit im Nordosten dieses Hafens führt.
Schingking, der südliche Theil der Mandschurei, des Stamm- landes der seit 1644 in China regierenden Dynastie, ist allein unter den nördlichen Provinzen Chinas im Stande, Lebensmittel zu ex- portiren, weil trotz einer zahlreichen Einwanderung von Chinesen das
Der grosse Ocean.
Bei einer näheren Betrachtung der Seehäfen Chinas sehen wir, dass wir dieselben nach den klimatischen und Productionsverhältnissen der Gebiete, deren Verkehr sie vermitteln, und nach ihren Handels- beziehungen zum Auslande, in drei Gruppen eintheilen können: 1. die nördliche Gruppe; 2. die Yangtsekiang-Häfen, eingerechnet Ningpo, und 3. die südliche Gruppe.
Nördliche Häfen.
Der Vorhafen der nördlichen Gruppe ist Tientsin. Der directe Verkehr aller Häfen dieser Gruppe mit dem Auslande hat einen geringen Umfang, denn Schanghai ist für sie disponirender Platz. Minder fruchtbar, als die mittleren und südlichen Provinzen des Reiches, bei kalten, langandauernden Wintern meist auf Getreidegattungen an- gewiesen, die erst im Frühjahr gesäet werden, müssen die nördlichen Provinzen wegen ihrer dichten Bevölkerung Lebensmittel aus dem Süden einführen.
Um ihre friedlichen Unterthanen regelmässig verpflegen zu können, bauten die Kaiser vor Jahrhunderten den grossen Canal oder Kaisercanal von Tschin- kiang am Yangtsekiang, den Hwangho (Hoangho, gelber Fluss) kreuzend nach Norden bis Tientsin am Peiho, das der Hafen der Hauptstadt Peking ist. Zahl- reiche Piraten hatten die Zufuhren zur See nach dem Norden unsicher gemacht. Der grosse Monarch Kublai Khan, an dessen Hofe Marco Polo geweilt hatte, liess sich auf keinen aussichtslosen Seeräuberkrieg ein, sondern griff zu dem gewiss sehr kostspieligen Auskunftsmittel des Kaisercanals, auf welchem die Dschunken den sicheren Inlandsweg verfolgen konnten. Heute ist der Kaisercanal, dessen Dämme in den letzten Jahrzehnten von den Fluten des Hwangho wiederholt durch- rissen wurden, nur noch theilweise ein Verkehrsweg.
Der Verkehr hat wieder den bequemeren und rascheren Seeweg aufge- sucht, und dem Norden führen Küstendampfer seine Bedürfnisse zu statt der alten Canal-Dschunken.
Weil alle diese Plätze Jahrhunderte lang keinen Seeverkehr hatten, sind sie auch heute wirthschaftlich nicht selbständig, sondern abhängig von Schanghai.
Der nördlichste Platz dieser Gruppe ist das Dort Jintsekou, an einer trostlos öden und flachen Küste, 20 km oberhalb der Mündung des Liauho in den Meerbusen von Petschili gelegen, mit 60.000 Ein- wohnern. In den Handelsverträgen wird dieser Ort Niutschuan (Nech- wang) genannt, welchen Namen bei den Chinesen eine ärmliche und wenig bevölkerte Stadt ziemlich weit im Nordosten dieses Hafens führt.
Schingking, der südliche Theil der Mandschurei, des Stamm- landes der seit 1644 in China regierenden Dynastie, ist allein unter den nördlichen Provinzen Chinas im Stande, Lebensmittel zu ex- portiren, weil trotz einer zahlreichen Einwanderung von Chinesen das
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Der grosse Ocean.
Bei einer näheren Betrachtung der Seehäfen Chinas sehen wir,
dass wir dieselben nach den klimatischen und Productionsverhältnissen
der Gebiete, deren Verkehr sie vermitteln, und nach ihren Handels-
beziehungen zum Auslande, in drei Gruppen eintheilen können: 1. die
nördliche Gruppe; 2. die Yangtsekiang-Häfen, eingerechnet Ningpo,
und 3. die südliche Gruppe.
Nördliche Häfen.
Der Vorhafen der nördlichen Gruppe ist Tientsin. Der directe
Verkehr aller Häfen dieser Gruppe mit dem Auslande hat einen
geringen Umfang, denn Schanghai ist für sie disponirender Platz.
Minder fruchtbar, als die mittleren und südlichen Provinzen des Reiches,
bei kalten, langandauernden Wintern meist auf Getreidegattungen an-
gewiesen, die erst im Frühjahr gesäet werden, müssen die nördlichen
Provinzen wegen ihrer dichten Bevölkerung Lebensmittel aus dem
Süden einführen.
Um ihre friedlichen Unterthanen regelmässig verpflegen zu können, bauten
die Kaiser vor Jahrhunderten den grossen Canal oder Kaisercanal von Tschin-
kiang am Yangtsekiang, den Hwangho (Hoangho, gelber Fluss) kreuzend nach
Norden bis Tientsin am Peiho, das der Hafen der Hauptstadt Peking ist. Zahl-
reiche Piraten hatten die Zufuhren zur See nach dem Norden unsicher gemacht.
Der grosse Monarch Kublai Khan, an dessen Hofe Marco Polo geweilt hatte, liess
sich auf keinen aussichtslosen Seeräuberkrieg ein, sondern griff zu dem gewiss
sehr kostspieligen Auskunftsmittel des Kaisercanals, auf welchem die Dschunken
den sicheren Inlandsweg verfolgen konnten. Heute ist der Kaisercanal, dessen
Dämme in den letzten Jahrzehnten von den Fluten des Hwangho wiederholt durch-
rissen wurden, nur noch theilweise ein Verkehrsweg.
Der Verkehr hat wieder den bequemeren und rascheren Seeweg aufge-
sucht, und dem Norden führen Küstendampfer seine Bedürfnisse zu statt der alten
Canal-Dschunken.
Weil alle diese Plätze Jahrhunderte lang keinen Seeverkehr hatten, sind
sie auch heute wirthschaftlich nicht selbständig, sondern abhängig von Schanghai.
Der nördlichste Platz dieser Gruppe ist das Dort Jintsekou,
an einer trostlos öden und flachen Küste, 20 km oberhalb der Mündung
des Liauho in den Meerbusen von Petschili gelegen, mit 60.000 Ein-
wohnern. In den Handelsverträgen wird dieser Ort Niutschuan (Nech-
wang) genannt, welchen Namen bei den Chinesen eine ärmliche und
wenig bevölkerte Stadt ziemlich weit im Nordosten dieses Hafens führt.
Schingking, der südliche Theil der Mandschurei, des Stamm-
landes der seit 1644 in China regierenden Dynastie, ist allein unter
den nördlichen Provinzen Chinas im Stande, Lebensmittel zu ex-
portiren, weil trotz einer zahlreichen Einwanderung von Chinesen das
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/410>, abgerufen am 21.11.2024.
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