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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Der grosse Ocean.
Hügelreihen, welche die Bucht umgeben, in ein tiefes Grün, das
durch die Mannigfaltigkeit der Terrainformation und durch die eigen-
artige Zusammenstellung einzelner Bäume in besonders hervortretenden
Gruppen seltsame Lichteffecte hervorbringt.

Geradezu malerisch ist die Vegetation auf den früher erwähnten
Inseln, unter denen insbesondere das Eiland Papenberg (Tababoko)
am Hafeneingang seiner Lieblichkeit wegen auffällt, die in argem
Gegensatze zur Bedeutung steht, welche dieser Insel in historischer
Beziehung als Richtstätte tausender von Christen zukam. Die Insel
zeigt sich als ein nahezu regelmässig kegelförmiger Hügel, der
augenscheinlich durch vulkanische Kräfte über das Meeresniveau ge-
hoben wurde und reich mit Kieferbäumen und Bambus besetzt ist.
Die Bäume treten stellenweise so hart an den Strand, dass ihre in den
bizarrsten Formen zerrissenen Kronen den Spiegel der See zu berühren
scheinen und sich von den durch die Brandung unterwaschenen
kahlen Bruchufern dennoch scharf abzeichnen.

Zierliche Villen der ansässigen Fremden lugen an vereinzelten
Stellen der Bucht aus der reichen Vegetation der Hügelhänge hervor
und winken dem Ankömmling ein freundliches Willkommen zu; im
südöstlichen Theile der Bucht rücken sie näher aneinander und bilden
das Fremden-Settlement, das sich in nahezu ununterbrochener Zeile
längs der Strandlinie bis zu den Ausläufern des japanischen Ortes
hinzieht. Dieser breitet sich im nordöstlichen Theile der Bucht aus
und zeigt im gleichartigen Grau der dicht aneinander gereihten
Häuser eine grosse Einförmigkeit. Die Reichhaltigkeit des Bildes der
hinter dem Orte ansteigenden Bergterrassen mit einer grossen Zahl
von niedlichen Tempelbauten und ausgedehnten Friedhöfen ent-
schädigt jedoch das Auge des Beschauers für den unansehnlichen
Anblick der Stadt umsomehr, als die Friedhöfe durch die sorgsame
Pflege, welche ihnen von den für Naturschönheiten begeisterten
Japanern zutheil wird, das Unheimliche ihrer Bestimmung ganz ver-
gessen lassen. Vom Chinesenviertel, das weiter rückwärts liegt, ist
vom Ankerplatz aus nichts zu sehen.

Der Stadt vorgelagert und mit dieser durch eine kurze,
steinerne Brücke verbunden, liegt die kleine Insel Desima, die
einstige sehr beschränkte Ansiedlung der Holländer. Die Ring-
mauer, welche in früheren Zeiten diese Insel umfasste, ist nun-
mehr längst gefallen, die Wohn- und Waarenhäuser der Hol-
länder sind verschwunden und durch einfache japanischen Styles
ersetzt; kein äusseres Kennzeichen mahnt an die frühere, fast kerker-

Der grosse Ocean.
Hügelreihen, welche die Bucht umgeben, in ein tiefes Grün, das
durch die Mannigfaltigkeit der Terrainformation und durch die eigen-
artige Zusammenstellung einzelner Bäume in besonders hervortretenden
Gruppen seltsame Lichteffecte hervorbringt.

Geradezu malerisch ist die Vegetation auf den früher erwähnten
Inseln, unter denen insbesondere das Eiland Papenberg (Tababoko)
am Hafeneingang seiner Lieblichkeit wegen auffällt, die in argem
Gegensatze zur Bedeutung steht, welche dieser Insel in historischer
Beziehung als Richtstätte tausender von Christen zukam. Die Insel
zeigt sich als ein nahezu regelmässig kegelförmiger Hügel, der
augenscheinlich durch vulkanische Kräfte über das Meeresniveau ge-
hoben wurde und reich mit Kieferbäumen und Bambus besetzt ist.
Die Bäume treten stellenweise so hart an den Strand, dass ihre in den
bizarrsten Formen zerrissenen Kronen den Spiegel der See zu berühren
scheinen und sich von den durch die Brandung unterwaschenen
kahlen Bruchufern dennoch scharf abzeichnen.

Zierliche Villen der ansässigen Fremden lugen an vereinzelten
Stellen der Bucht aus der reichen Vegetation der Hügelhänge hervor
und winken dem Ankömmling ein freundliches Willkommen zu; im
südöstlichen Theile der Bucht rücken sie näher aneinander und bilden
das Fremden-Settlement, das sich in nahezu ununterbrochener Zeile
längs der Strandlinie bis zu den Ausläufern des japanischen Ortes
hinzieht. Dieser breitet sich im nordöstlichen Theile der Bucht aus
und zeigt im gleichartigen Grau der dicht aneinander gereihten
Häuser eine grosse Einförmigkeit. Die Reichhaltigkeit des Bildes der
hinter dem Orte ansteigenden Bergterrassen mit einer grossen Zahl
von niedlichen Tempelbauten und ausgedehnten Friedhöfen ent-
schädigt jedoch das Auge des Beschauers für den unansehnlichen
Anblick der Stadt umsomehr, als die Friedhöfe durch die sorgsame
Pflege, welche ihnen von den für Naturschönheiten begeisterten
Japanern zutheil wird, das Unheimliche ihrer Bestimmung ganz ver-
gessen lassen. Vom Chinesenviertel, das weiter rückwärts liegt, ist
vom Ankerplatz aus nichts zu sehen.

Der Stadt vorgelagert und mit dieser durch eine kurze,
steinerne Brücke verbunden, liegt die kleine Insel Desima, die
einstige sehr beschränkte Ansiedlung der Holländer. Die Ring-
mauer, welche in früheren Zeiten diese Insel umfasste, ist nun-
mehr längst gefallen, die Wohn- und Waarenhäuser der Hol-
länder sind verschwunden und durch einfache japanischen Styles
ersetzt; kein äusseres Kennzeichen mahnt an die frühere, fast kerker-

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[370/0386] Der grosse Ocean. Hügelreihen, welche die Bucht umgeben, in ein tiefes Grün, das durch die Mannigfaltigkeit der Terrainformation und durch die eigen- artige Zusammenstellung einzelner Bäume in besonders hervortretenden Gruppen seltsame Lichteffecte hervorbringt. Geradezu malerisch ist die Vegetation auf den früher erwähnten Inseln, unter denen insbesondere das Eiland Papenberg (Tababoko) am Hafeneingang seiner Lieblichkeit wegen auffällt, die in argem Gegensatze zur Bedeutung steht, welche dieser Insel in historischer Beziehung als Richtstätte tausender von Christen zukam. Die Insel zeigt sich als ein nahezu regelmässig kegelförmiger Hügel, der augenscheinlich durch vulkanische Kräfte über das Meeresniveau ge- hoben wurde und reich mit Kieferbäumen und Bambus besetzt ist. Die Bäume treten stellenweise so hart an den Strand, dass ihre in den bizarrsten Formen zerrissenen Kronen den Spiegel der See zu berühren scheinen und sich von den durch die Brandung unterwaschenen kahlen Bruchufern dennoch scharf abzeichnen. Zierliche Villen der ansässigen Fremden lugen an vereinzelten Stellen der Bucht aus der reichen Vegetation der Hügelhänge hervor und winken dem Ankömmling ein freundliches Willkommen zu; im südöstlichen Theile der Bucht rücken sie näher aneinander und bilden das Fremden-Settlement, das sich in nahezu ununterbrochener Zeile längs der Strandlinie bis zu den Ausläufern des japanischen Ortes hinzieht. Dieser breitet sich im nordöstlichen Theile der Bucht aus und zeigt im gleichartigen Grau der dicht aneinander gereihten Häuser eine grosse Einförmigkeit. Die Reichhaltigkeit des Bildes der hinter dem Orte ansteigenden Bergterrassen mit einer grossen Zahl von niedlichen Tempelbauten und ausgedehnten Friedhöfen ent- schädigt jedoch das Auge des Beschauers für den unansehnlichen Anblick der Stadt umsomehr, als die Friedhöfe durch die sorgsame Pflege, welche ihnen von den für Naturschönheiten begeisterten Japanern zutheil wird, das Unheimliche ihrer Bestimmung ganz ver- gessen lassen. Vom Chinesenviertel, das weiter rückwärts liegt, ist vom Ankerplatz aus nichts zu sehen. Der Stadt vorgelagert und mit dieser durch eine kurze, steinerne Brücke verbunden, liegt die kleine Insel Desima, die einstige sehr beschränkte Ansiedlung der Holländer. Die Ring- mauer, welche in früheren Zeiten diese Insel umfasste, ist nun- mehr längst gefallen, die Wohn- und Waarenhäuser der Hol- länder sind verschwunden und durch einfache japanischen Styles ersetzt; kein äusseres Kennzeichen mahnt an die frühere, fast kerker-

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/386>, abgerufen am 22.11.2024.