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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Japanische Häfen.
japanischen Häuser vollständig niedergebrannt ist, bevor es zur Entwick-
lung hoher Gluthitze kommen kann. Bei Ausbruch eines Feuers werden
alle werthvollen Waaren und Gegenstände des Hausrathes mit mög-
lichster Raschheit aus den dem Feuerherde nächstliegenden Wohn-
häusern in das Feuerhaus gebracht, dieses verschlossen und sodann
der Ausgang des Brandes relativ angstlos abgewartet. Rauchgeschwärzt
und höchstens mit einigen Sprüngen durchzogen steht nach dem
Brande das Feuerhaus, welches in den meisten Fällen die darin auf-
bewahrte Habe der Abgebrannten unversehrt in sich birgt, inmitten
des rauchenden Trümmerhaufens, um kurze Zeit darauf als Stützpunkt
für den Wiederaufbau der zerstörten Häuser zu dienen.

Die als südöstliche Begrenzung Yokohamas ansteigenden Hügel,
welche sowohl durch die Vielgestaltigkeit ihrer Formen, als auch
durch das üppige Grün, das sie bedeckt, das Auge des Beschauers
von der Eintönigkeit des von der Stadt gebotenen Bildes ablenken, sind
an ihren Kuppen und Hängen von zahlreichen Villen besetzt. Jeder
Ansiedler, dessen Mittel es halbwegs zulassen, und der durch seinen
Beruf nicht unbedingt an die untere Stadt gefesselt ist, mithin alle
Consuln, Bankbeamte, Aerzte und Private (es gibt auch solche be-
reits unter den in Yokohama angesiedelten Fremden) hat hier sein Häus-
chen nach eigenem Geschmacke und Bedürfniss errichtet und haust
darin ungestört und unbehelligt von aller Welt. Die einzelnen Villen
stehen in grösseren oder kleineren wohlgepflegten Gärtencomplexen
die von natürlichen Hecken umsäumt sind.

Das geschäftliche Treiben der unteren Stadt erreicht nicht die
Höhen der Hills, wo der allgemein herrschende Friede und die Ruhe
höchstens durch das Gelächter auf den Rasenplätzen sich tummelnder
Kinder und durch das Knarren eines vereinzelt über die Kieswege
rollenden Jinriksha (Menschenkraftwagen, die aus Reisewerken wohl-
bekannten leichten Karren mit stuhlartigem Sitze für ein bis zwei
Personen und einer scheerenartigen Deichsel) gestört wird.

Am Grat der gegen die Stadt besonders steil abfallenden vor-
dersten Hügelreihe steht ein kleiner Tempel, der über eine in gerader
Linie ansteigende Treppe zugänglich ist, welche unter dem Namen
der "hundert Stufen" bekannt ist, wenngleich deren einige weniger
vorhanden sein mögen. In der Nachbarschaft dieser Treppe befinden
sich mehrere Theehäuser, die in ihrer exponirten, von der kühlenden
Seebrise bestrichenen Lage mit freiem Ausblick über Yokohama und
die ausgedehnte Bucht bis an die Grenzen des Dunstmeeres, das über

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Japanische Häfen.
japanischen Häuser vollständig niedergebrannt ist, bevor es zur Entwick-
lung hoher Gluthitze kommen kann. Bei Ausbruch eines Feuers werden
alle werthvollen Waaren und Gegenstände des Hausrathes mit mög-
lichster Raschheit aus den dem Feuerherde nächstliegenden Wohn-
häusern in das Feuerhaus gebracht, dieses verschlossen und sodann
der Ausgang des Brandes relativ angstlos abgewartet. Rauchgeschwärzt
und höchstens mit einigen Sprüngen durchzogen steht nach dem
Brande das Feuerhaus, welches in den meisten Fällen die darin auf-
bewahrte Habe der Abgebrannten unversehrt in sich birgt, inmitten
des rauchenden Trümmerhaufens, um kurze Zeit darauf als Stützpunkt
für den Wiederaufbau der zerstörten Häuser zu dienen.

Die als südöstliche Begrenzung Yokohamas ansteigenden Hügel,
welche sowohl durch die Vielgestaltigkeit ihrer Formen, als auch
durch das üppige Grün, das sie bedeckt, das Auge des Beschauers
von der Eintönigkeit des von der Stadt gebotenen Bildes ablenken, sind
an ihren Kuppen und Hängen von zahlreichen Villen besetzt. Jeder
Ansiedler, dessen Mittel es halbwegs zulassen, und der durch seinen
Beruf nicht unbedingt an die untere Stadt gefesselt ist, mithin alle
Consuln, Bankbeamte, Aerzte und Private (es gibt auch solche be-
reits unter den in Yokohama angesiedelten Fremden) hat hier sein Häus-
chen nach eigenem Geschmacke und Bedürfniss errichtet und haust
darin ungestört und unbehelligt von aller Welt. Die einzelnen Villen
stehen in grösseren oder kleineren wohlgepflegten Gärtencomplexen
die von natürlichen Hecken umsäumt sind.

Das geschäftliche Treiben der unteren Stadt erreicht nicht die
Höhen der Hills, wo der allgemein herrschende Friede und die Ruhe
höchstens durch das Gelächter auf den Rasenplätzen sich tummelnder
Kinder und durch das Knarren eines vereinzelt über die Kieswege
rollenden Jinriksha (Menschenkraftwagen, die aus Reisewerken wohl-
bekannten leichten Karren mit stuhlartigem Sitze für ein bis zwei
Personen und einer scheerenartigen Deichsel) gestört wird.

Am Grat der gegen die Stadt besonders steil abfallenden vor-
dersten Hügelreihe steht ein kleiner Tempel, der über eine in gerader
Linie ansteigende Treppe zugänglich ist, welche unter dem Namen
der „hundert Stufen“ bekannt ist, wenngleich deren einige weniger
vorhanden sein mögen. In der Nachbarschaft dieser Treppe befinden
sich mehrere Theehäuser, die in ihrer exponirten, von der kühlenden
Seebrise bestrichenen Lage mit freiem Ausblick über Yokohama und
die ausgedehnte Bucht bis an die Grenzen des Dunstmeeres, das über

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[355/0371] Japanische Häfen. japanischen Häuser vollständig niedergebrannt ist, bevor es zur Entwick- lung hoher Gluthitze kommen kann. Bei Ausbruch eines Feuers werden alle werthvollen Waaren und Gegenstände des Hausrathes mit mög- lichster Raschheit aus den dem Feuerherde nächstliegenden Wohn- häusern in das Feuerhaus gebracht, dieses verschlossen und sodann der Ausgang des Brandes relativ angstlos abgewartet. Rauchgeschwärzt und höchstens mit einigen Sprüngen durchzogen steht nach dem Brande das Feuerhaus, welches in den meisten Fällen die darin auf- bewahrte Habe der Abgebrannten unversehrt in sich birgt, inmitten des rauchenden Trümmerhaufens, um kurze Zeit darauf als Stützpunkt für den Wiederaufbau der zerstörten Häuser zu dienen. Die als südöstliche Begrenzung Yokohamas ansteigenden Hügel, welche sowohl durch die Vielgestaltigkeit ihrer Formen, als auch durch das üppige Grün, das sie bedeckt, das Auge des Beschauers von der Eintönigkeit des von der Stadt gebotenen Bildes ablenken, sind an ihren Kuppen und Hängen von zahlreichen Villen besetzt. Jeder Ansiedler, dessen Mittel es halbwegs zulassen, und der durch seinen Beruf nicht unbedingt an die untere Stadt gefesselt ist, mithin alle Consuln, Bankbeamte, Aerzte und Private (es gibt auch solche be- reits unter den in Yokohama angesiedelten Fremden) hat hier sein Häus- chen nach eigenem Geschmacke und Bedürfniss errichtet und haust darin ungestört und unbehelligt von aller Welt. Die einzelnen Villen stehen in grösseren oder kleineren wohlgepflegten Gärtencomplexen die von natürlichen Hecken umsäumt sind. Das geschäftliche Treiben der unteren Stadt erreicht nicht die Höhen der Hills, wo der allgemein herrschende Friede und die Ruhe höchstens durch das Gelächter auf den Rasenplätzen sich tummelnder Kinder und durch das Knarren eines vereinzelt über die Kieswege rollenden Jinriksha (Menschenkraftwagen, die aus Reisewerken wohl- bekannten leichten Karren mit stuhlartigem Sitze für ein bis zwei Personen und einer scheerenartigen Deichsel) gestört wird. Am Grat der gegen die Stadt besonders steil abfallenden vor- dersten Hügelreihe steht ein kleiner Tempel, der über eine in gerader Linie ansteigende Treppe zugänglich ist, welche unter dem Namen der „hundert Stufen“ bekannt ist, wenngleich deren einige weniger vorhanden sein mögen. In der Nachbarschaft dieser Treppe befinden sich mehrere Theehäuser, die in ihrer exponirten, von der kühlenden Seebrise bestrichenen Lage mit freiem Ausblick über Yokohama und die ausgedehnte Bucht bis an die Grenzen des Dunstmeeres, das über 45*

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/371>, abgerufen am 22.11.2024.