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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Der grosse Ocean.
Japaner, seit durch die Nordamerikaner (1854) das Land Fremden
eröffnet wurde. Von diesem Jahre an herrscht in dem nebeligen
"England Ostasiens" eine ununterbrochene Culturrevolution, welche
den Volksgeist der liebenswürdigen Japaner zu einem ganz neuen
Leben erweckt. Die Geschichte weist kein anderes Beispiel einer so
raschen und gründlichen Aufnahme einer fremden Cultur auf, als sie
sich in Japan vollzogen hat; denn nicht bloss das Fahrzeug des bri-
tischen oder nordamerikanischen Kaufmannes hat in Yokohama oder
Nagasaki Zugang erhalten, sondern auch die höchsten Culturgüter des
europäischen und speciell germanischen Gesittungskreises hat das
hochbegabte Volk sich mit bewunderungswürdiger Raschheit ange-
eignet.

Während sich diese Umwandlungen in den uralten Culturländern
Ostasiens vollzogen, bildeten sich an der pacifischen Küste Nord- und
Südamerikas, in Australien und Polynesien neue Staaten, ja neue Popu-
lationen. Auch für die Geschichte der Wirthschaft ist der Abfall des
spanischen Amerikas vom Mutterlande in den zwei ersten Decennien
des XIX. Jahrhunderts ein epochemachendes Ereigniss. Die neuen
Staaten wurden seitdem erst dem internationalen Verkehre erschlossen.
Indessen, sowie der Handel mit China, Japan, Australien und Poly-
nesien noch immer bloss eine Fortsetzung und ein Bestandtheil des
europäisch-indischen Handels ist, so ist auch noch immer der Handel
mit dem pacifischen Südamerika grossentheils nur eine Fortsetzung
des transatlantischen Handels.

Vom atlantischen zum pacifischen Ocean führt aber heute nicht
bloss, wie ehemals, der Seeweg um Südamerika herum, es führen auch
sechs Schienenstränge von Meer zu Meer: die hochbedeutsame Panama-
bahn, die vier Pacificbahnen des Uniongebietes, die Bahn von Canada
nach British Columbia. Alle sechs Bahnen verdanken dem Golde
ihren Ursprung, dem Golde Californiens in erster Reihe. Die näm-
liche Zaubermacht hat San Francisco über Nacht zum wichtigsten
Hafen des stillen Meeres emporgehoben. Hier hat der im engeren
Sinne transpacifische Handel seinen Ausgangspunkt, hier haben die
nach Asien strebenden, der britischen Vorherrschaft nicht ungefähr-
lichen Yankees den Stützpunkt für alle Unternehmungen auf der
Südsee in grossartiger Weise aufgerichtet.

Dem Golde seines Bodens hat Australien seinen Aufschwung in
den vier letzten Jahrzehnten zu verdanken, nebstbei ein wenig der
Wolle seiner 120 Millionen Schafe. In der mit tropischen Producten
gesegneten Inselflur der Südsee hat auch die jüngste unter den Colonial-

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Der grosse Ocean.
Japaner, seit durch die Nordamerikaner (1854) das Land Fremden
eröffnet wurde. Von diesem Jahre an herrscht in dem nebeligen
„England Ostasiens“ eine ununterbrochene Culturrevolution, welche
den Volksgeist der liebenswürdigen Japaner zu einem ganz neuen
Leben erweckt. Die Geschichte weist kein anderes Beispiel einer so
raschen und gründlichen Aufnahme einer fremden Cultur auf, als sie
sich in Japan vollzogen hat; denn nicht bloss das Fahrzeug des bri-
tischen oder nordamerikanischen Kaufmannes hat in Yokohama oder
Nagasaki Zugang erhalten, sondern auch die höchsten Culturgüter des
europäischen und speciell germanischen Gesittungskreises hat das
hochbegabte Volk sich mit bewunderungswürdiger Raschheit ange-
eignet.

Während sich diese Umwandlungen in den uralten Culturländern
Ostasiens vollzogen, bildeten sich an der pacifischen Küste Nord- und
Südamerikas, in Australien und Polynesien neue Staaten, ja neue Popu-
lationen. Auch für die Geschichte der Wirthschaft ist der Abfall des
spanischen Amerikas vom Mutterlande in den zwei ersten Decennien
des XIX. Jahrhunderts ein epochemachendes Ereigniss. Die neuen
Staaten wurden seitdem erst dem internationalen Verkehre erschlossen.
Indessen, sowie der Handel mit China, Japan, Australien und Poly-
nesien noch immer bloss eine Fortsetzung und ein Bestandtheil des
europäisch-indischen Handels ist, so ist auch noch immer der Handel
mit dem pacifischen Südamerika grossentheils nur eine Fortsetzung
des transatlantischen Handels.

Vom atlantischen zum pacifischen Ocean führt aber heute nicht
bloss, wie ehemals, der Seeweg um Südamerika herum, es führen auch
sechs Schienenstränge von Meer zu Meer: die hochbedeutsame Panama-
bahn, die vier Pacificbahnen des Uniongebietes, die Bahn von Canada
nach British Columbia. Alle sechs Bahnen verdanken dem Golde
ihren Ursprung, dem Golde Californiens in erster Reihe. Die näm-
liche Zaubermacht hat San Francisco über Nacht zum wichtigsten
Hafen des stillen Meeres emporgehoben. Hier hat der im engeren
Sinne transpacifische Handel seinen Ausgangspunkt, hier haben die
nach Asien strebenden, der britischen Vorherrschaft nicht ungefähr-
lichen Yankees den Stützpunkt für alle Unternehmungen auf der
Südsee in grossartiger Weise aufgerichtet.

Dem Golde seines Bodens hat Australien seinen Aufschwung in
den vier letzten Jahrzehnten zu verdanken, nebstbei ein wenig der
Wolle seiner 120 Millionen Schafe. In der mit tropischen Producten
gesegneten Inselflur der Südsee hat auch die jüngste unter den Colonial-

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[307/0323] Der grosse Ocean. Japaner, seit durch die Nordamerikaner (1854) das Land Fremden eröffnet wurde. Von diesem Jahre an herrscht in dem nebeligen „England Ostasiens“ eine ununterbrochene Culturrevolution, welche den Volksgeist der liebenswürdigen Japaner zu einem ganz neuen Leben erweckt. Die Geschichte weist kein anderes Beispiel einer so raschen und gründlichen Aufnahme einer fremden Cultur auf, als sie sich in Japan vollzogen hat; denn nicht bloss das Fahrzeug des bri- tischen oder nordamerikanischen Kaufmannes hat in Yokohama oder Nagasaki Zugang erhalten, sondern auch die höchsten Culturgüter des europäischen und speciell germanischen Gesittungskreises hat das hochbegabte Volk sich mit bewunderungswürdiger Raschheit ange- eignet. Während sich diese Umwandlungen in den uralten Culturländern Ostasiens vollzogen, bildeten sich an der pacifischen Küste Nord- und Südamerikas, in Australien und Polynesien neue Staaten, ja neue Popu- lationen. Auch für die Geschichte der Wirthschaft ist der Abfall des spanischen Amerikas vom Mutterlande in den zwei ersten Decennien des XIX. Jahrhunderts ein epochemachendes Ereigniss. Die neuen Staaten wurden seitdem erst dem internationalen Verkehre erschlossen. Indessen, sowie der Handel mit China, Japan, Australien und Poly- nesien noch immer bloss eine Fortsetzung und ein Bestandtheil des europäisch-indischen Handels ist, so ist auch noch immer der Handel mit dem pacifischen Südamerika grossentheils nur eine Fortsetzung des transatlantischen Handels. Vom atlantischen zum pacifischen Ocean führt aber heute nicht bloss, wie ehemals, der Seeweg um Südamerika herum, es führen auch sechs Schienenstränge von Meer zu Meer: die hochbedeutsame Panama- bahn, die vier Pacificbahnen des Uniongebietes, die Bahn von Canada nach British Columbia. Alle sechs Bahnen verdanken dem Golde ihren Ursprung, dem Golde Californiens in erster Reihe. Die näm- liche Zaubermacht hat San Francisco über Nacht zum wichtigsten Hafen des stillen Meeres emporgehoben. Hier hat der im engeren Sinne transpacifische Handel seinen Ausgangspunkt, hier haben die nach Asien strebenden, der britischen Vorherrschaft nicht ungefähr- lichen Yankees den Stützpunkt für alle Unternehmungen auf der Südsee in grossartiger Weise aufgerichtet. Dem Golde seines Bodens hat Australien seinen Aufschwung in den vier letzten Jahrzehnten zu verdanken, nebstbei ein wenig der Wolle seiner 120 Millionen Schafe. In der mit tropischen Producten gesegneten Inselflur der Südsee hat auch die jüngste unter den Colonial- 39*

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/323>, abgerufen am 24.11.2024.