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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Die atlantische Küste von Amerika.
wie man sie bei der Gründung 1880 und später auffasste, klar
werden.

Die Rentabilität des Canales hängt natürlich von der Bi-
lanzirung der Erträgnisse gegenüber den Anlagekosten ab. Der Rein-
ertrag ist wieder der Ausdruck des factischen Verkehres, respective
der Bedeutung des Canales für den Weltverkehr. Jede Voraussage,
in welchem Masse der Panama-Canal Träger des Weltverkehres sein
werde, ist doppelt schwer, weil jede Analogie fehlt. Denn bei dem
oft beliebten Vergleiche zwischen Suez- und Panama-Canal muss
sofort erwähnt werden, dass der letztere in erster Linie an menschen-
und culturarme Gestade führt, während der Suez-Canal in die am dich-
testen bevölkerten und reichsten Länder Asiens, nach Indien und China
führt, dass er also für diese Weltmärkte vom ersten Tage an Träger
eines schon bestehenden grossartigen Verkehres war.

Die Rentabilität des Panama-Canales liegt in letzter Linie,
wie die jedes Canales, in einer Wegabkürzung. Der Panama-Canal
wird die Umschiffung des gefährlichen, 54° südlich vom Aequator
gelegenen Cap Horn überflüssig machen, mithin für alle Schiffe, welche
von Europa oder den Oststaaten Amerikas nach den Westküsten
Amerikas, nach Oceanien, Australien, Nord-China, Japan steuern, ein
viel näherer Weg sein. Jetzt macht ein Schiff von New-York nach
San Francisco 13.700 Seemeilen, via Panama wird dasselbe nur 7700
Seemeilen zu machen haben. Von Liverpool nach Callao durchläuft
ein Schiff via Cap Horn 17.000 Seemeilen, via Panama 5800. Von
New-York nach Yokohama via Cap der guten Hoffnung 15.750 See-
meilen, via Panama 11.550

Die riesige Zeit- oder, was dasselbe ist, Geldersparniss wird
ausser allem Zweifel die Panamalinie zu einer fast ebenso frequen-
tirten Weltpassage machen, wie dieses der Suez-Canal bereits ist.
Die Frage ist nur: wann? Denn das können wir uns nicht verhehlen,
dass im Grossen Ocean, auf welchem die Panama-Unternehmung fusst,
wenn auch nicht Alles, so doch das Meiste, erst geschaffen werden
muss. Kaum vierzig Jahre sind vergangen, seit der Grosse Ocean aus
einem tausendjährigen Schlafe aufgerüttelt wurde. Seitdem ist unend-
lich viel geschehen, aber das Bestehende können wir doch nur als
Anfänge grossartiger Entwicklungen betrachten. Die reichen West-
staaten der Union sowie die herrlichen Hochebenen Mexicos und
Centralamerikas sind durch Eisenbahnen dem Einwanderstrome und
damit der Cultur erschlossen.

Durch diese Culturarbeit sind die Pacificbahnen nicht, wie viel-

Die atlantische Küste von Amerika.
wie man sie bei der Gründung 1880 und später auffasste, klar
werden.

Die Rentabilität des Canales hängt natürlich von der Bi-
lanzirung der Erträgnisse gegenüber den Anlagekosten ab. Der Rein-
ertrag ist wieder der Ausdruck des factischen Verkehres, respective
der Bedeutung des Canales für den Weltverkehr. Jede Voraussage,
in welchem Masse der Panama-Canal Träger des Weltverkehres sein
werde, ist doppelt schwer, weil jede Analogie fehlt. Denn bei dem
oft beliebten Vergleiche zwischen Suez- und Panama-Canal muss
sofort erwähnt werden, dass der letztere in erster Linie an menschen-
und culturarme Gestade führt, während der Suez-Canal in die am dich-
testen bevölkerten und reichsten Länder Asiens, nach Indien und China
führt, dass er also für diese Weltmärkte vom ersten Tage an Träger
eines schon bestehenden grossartigen Verkehres war.

Die Rentabilität des Panama-Canales liegt in letzter Linie,
wie die jedes Canales, in einer Wegabkürzung. Der Panama-Canal
wird die Umschiffung des gefährlichen, 54° südlich vom Aequator
gelegenen Cap Horn überflüssig machen, mithin für alle Schiffe, welche
von Europa oder den Oststaaten Amerikas nach den Westküsten
Amerikas, nach Oceanien, Australien, Nord-China, Japan steuern, ein
viel näherer Weg sein. Jetzt macht ein Schiff von New-York nach
San Francisco 13.700 Seemeilen, via Panama wird dasselbe nur 7700
Seemeilen zu machen haben. Von Liverpool nach Callao durchläuft
ein Schiff via Cap Horn 17.000 Seemeilen, via Panama 5800. Von
New-York nach Yokohama via Cap der guten Hoffnung 15.750 See-
meilen, via Panama 11.550

Die riesige Zeit- oder, was dasselbe ist, Geldersparniss wird
ausser allem Zweifel die Panamalinie zu einer fast ebenso frequen-
tirten Weltpassage machen, wie dieses der Suez-Canal bereits ist.
Die Frage ist nur: wann? Denn das können wir uns nicht verhehlen,
dass im Grossen Ocean, auf welchem die Panama-Unternehmung fusst,
wenn auch nicht Alles, so doch das Meiste, erst geschaffen werden
muss. Kaum vierzig Jahre sind vergangen, seit der Grosse Ocean aus
einem tausendjährigen Schlafe aufgerüttelt wurde. Seitdem ist unend-
lich viel geschehen, aber das Bestehende können wir doch nur als
Anfänge grossartiger Entwicklungen betrachten. Die reichen West-
staaten der Union sowie die herrlichen Hochebenen Mexicos und
Centralamerikas sind durch Eisenbahnen dem Einwanderstrome und
damit der Cultur erschlossen.

Durch diese Culturarbeit sind die Pacificbahnen nicht, wie viel-

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[230/0246] Die atlantische Küste von Amerika. wie man sie bei der Gründung 1880 und später auffasste, klar werden. Die Rentabilität des Canales hängt natürlich von der Bi- lanzirung der Erträgnisse gegenüber den Anlagekosten ab. Der Rein- ertrag ist wieder der Ausdruck des factischen Verkehres, respective der Bedeutung des Canales für den Weltverkehr. Jede Voraussage, in welchem Masse der Panama-Canal Träger des Weltverkehres sein werde, ist doppelt schwer, weil jede Analogie fehlt. Denn bei dem oft beliebten Vergleiche zwischen Suez- und Panama-Canal muss sofort erwähnt werden, dass der letztere in erster Linie an menschen- und culturarme Gestade führt, während der Suez-Canal in die am dich- testen bevölkerten und reichsten Länder Asiens, nach Indien und China führt, dass er also für diese Weltmärkte vom ersten Tage an Träger eines schon bestehenden grossartigen Verkehres war. Die Rentabilität des Panama-Canales liegt in letzter Linie, wie die jedes Canales, in einer Wegabkürzung. Der Panama-Canal wird die Umschiffung des gefährlichen, 54° südlich vom Aequator gelegenen Cap Horn überflüssig machen, mithin für alle Schiffe, welche von Europa oder den Oststaaten Amerikas nach den Westküsten Amerikas, nach Oceanien, Australien, Nord-China, Japan steuern, ein viel näherer Weg sein. Jetzt macht ein Schiff von New-York nach San Francisco 13.700 Seemeilen, via Panama wird dasselbe nur 7700 Seemeilen zu machen haben. Von Liverpool nach Callao durchläuft ein Schiff via Cap Horn 17.000 Seemeilen, via Panama 5800. Von New-York nach Yokohama via Cap der guten Hoffnung 15.750 See- meilen, via Panama 11.550 Die riesige Zeit- oder, was dasselbe ist, Geldersparniss wird ausser allem Zweifel die Panamalinie zu einer fast ebenso frequen- tirten Weltpassage machen, wie dieses der Suez-Canal bereits ist. Die Frage ist nur: wann? Denn das können wir uns nicht verhehlen, dass im Grossen Ocean, auf welchem die Panama-Unternehmung fusst, wenn auch nicht Alles, so doch das Meiste, erst geschaffen werden muss. Kaum vierzig Jahre sind vergangen, seit der Grosse Ocean aus einem tausendjährigen Schlafe aufgerüttelt wurde. Seitdem ist unend- lich viel geschehen, aber das Bestehende können wir doch nur als Anfänge grossartiger Entwicklungen betrachten. Die reichen West- staaten der Union sowie die herrlichen Hochebenen Mexicos und Centralamerikas sind durch Eisenbahnen dem Einwanderstrome und damit der Cultur erschlossen. Durch diese Culturarbeit sind die Pacificbahnen nicht, wie viel-

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/246>, abgerufen am 30.04.2024.