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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Der Panama-Canal.

Diese Erträge werden sofort klar, wenn man die Tarife betrachtet. Ein
Fahrgast zahlte für diese vierstündige Fahrt ohne Unterschied 28 Dollars, denn es
gab nur eine Wagenclasse. Kinder bis 12 Jahre die Hälfte, bis 6 Jahre ein
Viertel. Ein Ochs, Pferd, Maulthier zahlte ebenfalls 28 Dollars, Schafe 12 Dollars.
Die Frachten wurden per Pfund mit 7 cents. berechnet.

Die Einnahme war in einem schlechten Jahre, z. B. 1856 1,459.000 Dollars
brutto und 929.000 Dollars netto.

Von 1856 bis 1869 (in welchem Jahre die Pacificbahn eröffnet wurde) hatte
die Panamabahn rund 500.000 Reisende, 600 Millionen Dollars Gold, 200 Millionen
Dollars Silber und 700.000 t Frachtgüter befördert.

Seit 1870 geht die Bahn in ihren Erträgnissen zurück, und zwar infolge
der neu entstandenen fünf Pacificbahnen und der Hebung der Dampferfahrten
durch die Magelhaensstrasse. Die Steamer haben heute, vergleichen mit 1856, ihre
Tarife auf den vierten Theil herabgesetzt.

So hatten denn wohl die viel beneideten Actionäre der Panamabahn auch
schlimmere Tage erlebt, doch sie können heute sagen: "Ende gut, Alles gut", da
1880 die Panama-Canal-Gesellschaft die Bahn, welche 71/2 Millionen Dollars ge-
kostet hat, für 171/2 Millionen Dollars kaufen musste.

Es wäre ganz falsch zu glauben, dass während der goldenen
Tage der Panamabahn Niemand daran dachte, die beiden Weltmeere
durch einen Canal zu verbinden. Seit Alexander v. Humboldt für den
Gedanken der ersten spanischen Entdecker in Europa mit Wärme ein-
getreten war, wurde derselbe nach den verschiedensten Seiten beleuchtet
und erwogen. Immer sind es drei Punkte, welche als geeignet für
einen interoceanischen Canal von den Projectanten mit einer grösseren
oder geringeren Hartnäckigkeit verfochten wurden: die Einsenkung
bei Tehuantepec, die Senkung am Nicaraguasee und die Panama-
landenge.

Mindestens zwanzig Projecte wurden vermessen, gezeichnet und
als durchführber in die Welt geschickt, ohne dass man über akade-
mische Erörterungen hinausgekommen wäre. Nur der Plan des Nica-
ragua-Weges nahm in den Fünfzigerjahren und neuestens wieder eine
praktische Gestalt an.

Die beiden grossen Seen, der Nicaragua- und Managuasee sowie
deren mächtiger östlicher Abfluss, der San Juan, bilden auf eine
grosse Strecke eine natürliche Wasserstrasse zwischen beiden Meeren,
nur im Westen zwischen dem Managuasee und dem Stillen Ocean
bleibt eine Wasserscheide von kaum 60 km Breite und einer Höhe
von mehr als 150 m zu überwinden.

1850 gründete der bekannte Eisenbahnkönig Vanderbilt eine
Compagnie, welche den Transito nach Californien via Nicaragua be-
sorgen und daselbst einen Canal bauen sollte. An das letztere dachte

Der Panama-Canal.

Diese Erträge werden sofort klar, wenn man die Tarife betrachtet. Ein
Fahrgast zahlte für diese vierstündige Fahrt ohne Unterschied 28 Dollars, denn es
gab nur eine Wagenclasse. Kinder bis 12 Jahre die Hälfte, bis 6 Jahre ein
Viertel. Ein Ochs, Pferd, Maulthier zahlte ebenfalls 28 Dollars, Schafe 12 Dollars.
Die Frachten wurden per Pfund mit 7 cents. berechnet.

Die Einnahme war in einem schlechten Jahre, z. B. 1856 1,459.000 Dollars
brutto und 929.000 Dollars netto.

Von 1856 bis 1869 (in welchem Jahre die Pacificbahn eröffnet wurde) hatte
die Panamabahn rund 500.000 Reisende, 600 Millionen Dollars Gold, 200 Millionen
Dollars Silber und 700.000 t Frachtgüter befördert.

Seit 1870 geht die Bahn in ihren Erträgnissen zurück, und zwar infolge
der neu entstandenen fünf Pacificbahnen und der Hebung der Dampferfahrten
durch die Magelhaensstrasse. Die Steamer haben heute, vergleichen mit 1856, ihre
Tarife auf den vierten Theil herabgesetzt.

So hatten denn wohl die viel beneideten Actionäre der Panamabahn auch
schlimmere Tage erlebt, doch sie können heute sagen: „Ende gut, Alles gut“, da
1880 die Panama-Canal-Gesellschaft die Bahn, welche 7½ Millionen Dollars ge-
kostet hat, für 17½ Millionen Dollars kaufen musste.

Es wäre ganz falsch zu glauben, dass während der goldenen
Tage der Panamabahn Niemand daran dachte, die beiden Weltmeere
durch einen Canal zu verbinden. Seit Alexander v. Humboldt für den
Gedanken der ersten spanischen Entdecker in Europa mit Wärme ein-
getreten war, wurde derselbe nach den verschiedensten Seiten beleuchtet
und erwogen. Immer sind es drei Punkte, welche als geeignet für
einen interoceanischen Canal von den Projectanten mit einer grösseren
oder geringeren Hartnäckigkeit verfochten wurden: die Einsenkung
bei Tehuantepec, die Senkung am Nicaraguasee und die Panama-
landenge.

Mindestens zwanzig Projecte wurden vermessen, gezeichnet und
als durchführber in die Welt geschickt, ohne dass man über akade-
mische Erörterungen hinausgekommen wäre. Nur der Plan des Nica-
ragua-Weges nahm in den Fünfzigerjahren und neuestens wieder eine
praktische Gestalt an.

Die beiden grossen Seen, der Nicaragua- und Managuasee sowie
deren mächtiger östlicher Abfluss, der San Juan, bilden auf eine
grosse Strecke eine natürliche Wasserstrasse zwischen beiden Meeren,
nur im Westen zwischen dem Managuasee und dem Stillen Ocean
bleibt eine Wasserscheide von kaum 60 km Breite und einer Höhe
von mehr als 150 m zu überwinden.

1850 gründete der bekannte Eisenbahnkönig Vanderbilt eine
Compagnie, welche den Transito nach Californien via Nicaragua be-
sorgen und daselbst einen Canal bauen sollte. An das letztere dachte

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[221/0237] Der Panama-Canal. Diese Erträge werden sofort klar, wenn man die Tarife betrachtet. Ein Fahrgast zahlte für diese vierstündige Fahrt ohne Unterschied 28 Dollars, denn es gab nur eine Wagenclasse. Kinder bis 12 Jahre die Hälfte, bis 6 Jahre ein Viertel. Ein Ochs, Pferd, Maulthier zahlte ebenfalls 28 Dollars, Schafe 12 Dollars. Die Frachten wurden per Pfund mit 7 cents. berechnet. Die Einnahme war in einem schlechten Jahre, z. B. 1856 1,459.000 Dollars brutto und 929.000 Dollars netto. Von 1856 bis 1869 (in welchem Jahre die Pacificbahn eröffnet wurde) hatte die Panamabahn rund 500.000 Reisende, 600 Millionen Dollars Gold, 200 Millionen Dollars Silber und 700.000 t Frachtgüter befördert. Seit 1870 geht die Bahn in ihren Erträgnissen zurück, und zwar infolge der neu entstandenen fünf Pacificbahnen und der Hebung der Dampferfahrten durch die Magelhaensstrasse. Die Steamer haben heute, vergleichen mit 1856, ihre Tarife auf den vierten Theil herabgesetzt. So hatten denn wohl die viel beneideten Actionäre der Panamabahn auch schlimmere Tage erlebt, doch sie können heute sagen: „Ende gut, Alles gut“, da 1880 die Panama-Canal-Gesellschaft die Bahn, welche 7½ Millionen Dollars ge- kostet hat, für 17½ Millionen Dollars kaufen musste. Es wäre ganz falsch zu glauben, dass während der goldenen Tage der Panamabahn Niemand daran dachte, die beiden Weltmeere durch einen Canal zu verbinden. Seit Alexander v. Humboldt für den Gedanken der ersten spanischen Entdecker in Europa mit Wärme ein- getreten war, wurde derselbe nach den verschiedensten Seiten beleuchtet und erwogen. Immer sind es drei Punkte, welche als geeignet für einen interoceanischen Canal von den Projectanten mit einer grösseren oder geringeren Hartnäckigkeit verfochten wurden: die Einsenkung bei Tehuantepec, die Senkung am Nicaraguasee und die Panama- landenge. Mindestens zwanzig Projecte wurden vermessen, gezeichnet und als durchführber in die Welt geschickt, ohne dass man über akade- mische Erörterungen hinausgekommen wäre. Nur der Plan des Nica- ragua-Weges nahm in den Fünfzigerjahren und neuestens wieder eine praktische Gestalt an. Die beiden grossen Seen, der Nicaragua- und Managuasee sowie deren mächtiger östlicher Abfluss, der San Juan, bilden auf eine grosse Strecke eine natürliche Wasserstrasse zwischen beiden Meeren, nur im Westen zwischen dem Managuasee und dem Stillen Ocean bleibt eine Wasserscheide von kaum 60 km Breite und einer Höhe von mehr als 150 m zu überwinden. 1850 gründete der bekannte Eisenbahnkönig Vanderbilt eine Compagnie, welche den Transito nach Californien via Nicaragua be- sorgen und daselbst einen Canal bauen sollte. An das letztere dachte

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/237>, abgerufen am 30.04.2024.