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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Die atlantische Küste von Amerika.
Reisende hieher. Von den Einwanderern stammten zwei Drittel aus
Deutschland, der Rest aus Oesterreich-Ungarn, aus Russland und Polen.
Die Eiwanderung aus England beträgt selten mehr als 1400 Menschen.

Diese Einwanderung wendet sich, wie in der ganzen Union zu-
meist, der Agricultur zu, ein guter Theil aber besteht aus energischen,
weil wohl gebildeten Handwerkern, auf deren Schultern sich die
amerikanische Industrie zu ihrer Europa drohenden Macht emporge-
arbeitet hat. Viele solche Arbeiter, welche in Baltimore den Boden
des Freistaates betreten, finden sofort in den Fabriken dieser Stadt
lohnende Arbeit. In der Industrie von Baltimore, welcher 1886
630 Fabriken, jede mit mehr als 25 Arbeitern, dienten, spielen daher die
Deutschen, von denen wenige im Lande geboren sind, eine grosse Rolle.
Die Tabakindustrie, die Piano- und Möbelindustrie, die Schuh- und Be-
kleidungsindustrie sind fast ausschliesslich in ihren Händen; auch die
Conservengeschäfte sind zu einem bedeutenden Grade deutsch. In den
kleineren Fabriken und im Kleingewerbe bilden die Deutschen ge-
radezu die Mehrheit. Und dazu muss man bedenken, dass hier Industrie
und Gewerbe viel mehr Gelegenheit zum Erwerbe geben, als in anderen
Städten.

Als Ausdruck des Wohlstandes erscheinen die Bankumsätze, die
1887 659,496.899 Dollars betrugen, der Verkehr, welcher durch die
Baltimore Corn and Flour Exchange vermittelt wird, und vor allem
der Umstand, dass in Baltimore die Bevölkerung bequemer wohnt als
in irgend einer der grossen Städte des Ostens. Hier kommen auf ein
Haus 6·54 Bewohner, in New-York 16.37, in Brooklyn 9·11.

Consulate: Argentinien, Belgien, Brasilien (G. C), Chile, Columbia,
Deutsches Reich, Griechenland, Grossbritannien, Niederlande, Nicaragua, Oester-
reich-Ungarn, Spanien, Türkei, Uruguay, Venezuela.



Eine Zahl aufstrebender Hafenplätze der atlantischen Küsten-
strecke zwischen Baltimore und der Floridastrasse mögen im Nach-
folgenden hier Erwähnung finden. Ihr Ausfuhrhandel hat sich auf
Kosten der Golfhäfen der Union entwickelt, ihr Einfuhrhandel ist von
New-York fast vollständig unterdrückt.

An der Mündung des Jamesflusses in der Chesapeak-Bai liegt an
einer tiefeingeschnittenen Bucht, in welcher der kleine Elizabethfluss
sich ergiesst, die aufstrebende Stadt Norfolk mit 26.000 Einwohnern.

Der geräumige, jedoch seichte Hafen empfängt die Abflüsse des
etwa 18 geographische Quadratmeilen umfassenden Küstensumpfes Dis-
mal Swamp, dessen mittlere Niederung der Drummond-See einnimmt.


Die atlantische Küste von Amerika.
Reisende hieher. Von den Einwanderern stammten zwei Drittel aus
Deutschland, der Rest aus Oesterreich-Ungarn, aus Russland und Polen.
Die Eiwanderung aus England beträgt selten mehr als 1400 Menschen.

Diese Einwanderung wendet sich, wie in der ganzen Union zu-
meist, der Agricultur zu, ein guter Theil aber besteht aus energischen,
weil wohl gebildeten Handwerkern, auf deren Schultern sich die
amerikanische Industrie zu ihrer Europa drohenden Macht emporge-
arbeitet hat. Viele solche Arbeiter, welche in Baltimore den Boden
des Freistaates betreten, finden sofort in den Fabriken dieser Stadt
lohnende Arbeit. In der Industrie von Baltimore, welcher 1886
630 Fabriken, jede mit mehr als 25 Arbeitern, dienten, spielen daher die
Deutschen, von denen wenige im Lande geboren sind, eine grosse Rolle.
Die Tabakindustrie, die Piano- und Möbelindustrie, die Schuh- und Be-
kleidungsindustrie sind fast ausschliesslich in ihren Händen; auch die
Conservengeschäfte sind zu einem bedeutenden Grade deutsch. In den
kleineren Fabriken und im Kleingewerbe bilden die Deutschen ge-
radezu die Mehrheit. Und dazu muss man bedenken, dass hier Industrie
und Gewerbe viel mehr Gelegenheit zum Erwerbe geben, als in anderen
Städten.

Als Ausdruck des Wohlstandes erscheinen die Bankumsätze, die
1887 659,496.899 Dollars betrugen, der Verkehr, welcher durch die
Baltimore Corn and Flour Exchange vermittelt wird, und vor allem
der Umstand, dass in Baltimore die Bevölkerung bequemer wohnt als
in irgend einer der grossen Städte des Ostens. Hier kommen auf ein
Haus 6·54 Bewohner, in New-York 16.37, in Brooklyn 9·11.

Consulate: Argentinien, Belgien, Brasilien (G. C), Chile, Columbia,
Deutsches Reich, Griechenland, Grossbritannien, Niederlande, Nicaragua, Oester-
reich-Ungarn, Spanien, Türkei, Uruguay, Venezuela.



Eine Zahl aufstrebender Hafenplätze der atlantischen Küsten-
strecke zwischen Baltimore und der Floridastrasse mögen im Nach-
folgenden hier Erwähnung finden. Ihr Ausfuhrhandel hat sich auf
Kosten der Golfhäfen der Union entwickelt, ihr Einfuhrhandel ist von
New-York fast vollständig unterdrückt.

An der Mündung des Jamesflusses in der Chesapeak-Bai liegt an
einer tiefeingeschnittenen Bucht, in welcher der kleine Elizabethfluss
sich ergiesst, die aufstrebende Stadt Norfolk mit 26.000 Einwohnern.

Der geräumige, jedoch seichte Hafen empfängt die Abflüsse des
etwa 18 geographische Quadratmeilen umfassenden Küstensumpfes Dis-
mal Swamp, dessen mittlere Niederung der Drummond-See einnimmt.


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[122/0138] Die atlantische Küste von Amerika. Reisende hieher. Von den Einwanderern stammten zwei Drittel aus Deutschland, der Rest aus Oesterreich-Ungarn, aus Russland und Polen. Die Eiwanderung aus England beträgt selten mehr als 1400 Menschen. Diese Einwanderung wendet sich, wie in der ganzen Union zu- meist, der Agricultur zu, ein guter Theil aber besteht aus energischen, weil wohl gebildeten Handwerkern, auf deren Schultern sich die amerikanische Industrie zu ihrer Europa drohenden Macht emporge- arbeitet hat. Viele solche Arbeiter, welche in Baltimore den Boden des Freistaates betreten, finden sofort in den Fabriken dieser Stadt lohnende Arbeit. In der Industrie von Baltimore, welcher 1886 630 Fabriken, jede mit mehr als 25 Arbeitern, dienten, spielen daher die Deutschen, von denen wenige im Lande geboren sind, eine grosse Rolle. Die Tabakindustrie, die Piano- und Möbelindustrie, die Schuh- und Be- kleidungsindustrie sind fast ausschliesslich in ihren Händen; auch die Conservengeschäfte sind zu einem bedeutenden Grade deutsch. In den kleineren Fabriken und im Kleingewerbe bilden die Deutschen ge- radezu die Mehrheit. Und dazu muss man bedenken, dass hier Industrie und Gewerbe viel mehr Gelegenheit zum Erwerbe geben, als in anderen Städten. Als Ausdruck des Wohlstandes erscheinen die Bankumsätze, die 1887 659,496.899 Dollars betrugen, der Verkehr, welcher durch die Baltimore Corn and Flour Exchange vermittelt wird, und vor allem der Umstand, dass in Baltimore die Bevölkerung bequemer wohnt als in irgend einer der grossen Städte des Ostens. Hier kommen auf ein Haus 6·54 Bewohner, in New-York 16.37, in Brooklyn 9·11. Consulate: Argentinien, Belgien, Brasilien (G. C), Chile, Columbia, Deutsches Reich, Griechenland, Grossbritannien, Niederlande, Nicaragua, Oester- reich-Ungarn, Spanien, Türkei, Uruguay, Venezuela. Eine Zahl aufstrebender Hafenplätze der atlantischen Küsten- strecke zwischen Baltimore und der Floridastrasse mögen im Nach- folgenden hier Erwähnung finden. Ihr Ausfuhrhandel hat sich auf Kosten der Golfhäfen der Union entwickelt, ihr Einfuhrhandel ist von New-York fast vollständig unterdrückt. An der Mündung des Jamesflusses in der Chesapeak-Bai liegt an einer tiefeingeschnittenen Bucht, in welcher der kleine Elizabethfluss sich ergiesst, die aufstrebende Stadt Norfolk mit 26.000 Einwohnern. Der geräumige, jedoch seichte Hafen empfängt die Abflüsse des etwa 18 geographische Quadratmeilen umfassenden Küstensumpfes Dis- mal Swamp, dessen mittlere Niederung der Drummond-See einnimmt.

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/138>, abgerufen am 22.11.2024.