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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Die atlantische Küste von Amerika.

Man vernichtete den Götzendienst mit seinen Menschenopfern und erfüllte
statt dessen die Luft mit dem brenzlichen Geruche, der den zahllosen qualmenden
Scheiterhaufen entstieg, mit welchen die Unduldsamkeit ihren Geist erschöpfte.

Das einst blühende und glückliche Land ward in den seiner Eroberung
folgenden drei Jahrhunderten von den Spaniern systematisch ausgebeutet, ohne
dass sie viel für die Hebung der Cultur gethan hätten, allein es ist nicht zu
läugnen, dass es unter den Spaniern besser um die öffentlichen Zustände stand, als
später unter der Republik. Im Jahre 1808 begann in Mexico die Unabhängigkeits-
bewegung und mit dieser der Bürger- und Guerillakrieg. General Iturbide versuchte,
ein Kaiserthum Mexico aufzurichten, ward aber, nachdem er die Kaiserwürde als
Augustin I. durch zehn Monate, 1822 bis 1823, bekleidet, gestürzt und verbannt.
Zwei Jahre später ward er bei dem Versuche einer Landung ergriffen und er-
schossen.

Mexico erklärte sich am 16. December 1823 zu einer bundesstaatlichen
Republik, die aber erst nachdem die Spanier ihr letztes Bollwerk, das Fort Ulloa
von Vera-Cruz, am 19. November 1825 durch Capitulation verloren, die volle Un-
abhängigkeit erlangte.

Blutige Bürgerkriege entkräfteten in den folgenden Jahrzehnten das Land
und zerrütteten seine Finanzen derartig, dass es seinen Verpflichtungen dem Aus-
lande gegenüber nicht nachkommen konnte. Dies war die Veranlassung zum Ein-
schreiten der europäischen Mächte, in der Folge zur Aufrichtung des zweiten
Kaiserthrones, den Erzherzog Ferdinand Maximilian einzunehmen vom Schicksale
bestimmt war.

Vielfache Ursachen, insbesondere aber die perfide Politik Napoleon's III.,
der seine Truppen aus Mexico zog und den Kaiser treulos verliess, drängten den
übelberathenen Prinzen in das Verhängniss. In Queretaro eingeschlossen, capitu-
lirte er im Mai 1867 und gerieth in die Gewalt der Republikaner.

Am 19. Juni ward er gemeinschaftlich mit zweien seiner Generale zu Que-
retaro erbarmungslos erschossen.

Juarez, seit 1861 mit der Dictatur bekleidet, wurde im Juli zum Präsidenten
der Republik gewählt, stellte die Ruhe im Lande wieder her, allein es wird einer
langen Zeitperiode bedürfen, bis in dem an Naturschätzen reichen Lande die
Wohlfahrt der Bewohner einzieht.

Aus der Geschichte Mexicos geht hervor, dass die verhältniss-
mässig spärliche Bevölkerung des Riesenreiches, durch Kriege und
Bürgerkriege an der Entwicklung verhindert und von jedem Wett-
bewerbe fast ausgeschlossen, nicht im Stande war, dem Lande
zu jenem Aufschwunge zu verhelfen und jenes Gedeihen zu sichern,
zu welchem es vermöge seiner natürlichen Reichthümer berufen wäre.

Aber seit Porfirio Diaz Präsident ist, hat sich vieles zum besseren
geändert. Mit Gewandtheit und Energie hält die Centralgewalt den
äusseren Frieden und die Ruhe und Ordnung im Innern aufrecht. Ein
weises System der Sparsamkeit in Verbindung mit der Convertirung
der früheren Staatsschuld und die Eröffnung neuer Hilfsquellen hat
Mexico ein geordnetes Finanzwesen gegeben. Man darf aber nie ver-

Die atlantische Küste von Amerika.

Man vernichtete den Götzendienst mit seinen Menschenopfern und erfüllte
statt dessen die Luft mit dem brenzlichen Geruche, der den zahllosen qualmenden
Scheiterhaufen entstieg, mit welchen die Unduldsamkeit ihren Geist erschöpfte.

Das einst blühende und glückliche Land ward in den seiner Eroberung
folgenden drei Jahrhunderten von den Spaniern systematisch ausgebeutet, ohne
dass sie viel für die Hebung der Cultur gethan hätten, allein es ist nicht zu
läugnen, dass es unter den Spaniern besser um die öffentlichen Zustände stand, als
später unter der Republik. Im Jahre 1808 begann in Mexico die Unabhängigkeits-
bewegung und mit dieser der Bürger- und Guerillakrieg. General Iturbide versuchte,
ein Kaiserthum Mexico aufzurichten, ward aber, nachdem er die Kaiserwürde als
Augustin I. durch zehn Monate, 1822 bis 1823, bekleidet, gestürzt und verbannt.
Zwei Jahre später ward er bei dem Versuche einer Landung ergriffen und er-
schossen.

Mexico erklärte sich am 16. December 1823 zu einer bundesstaatlichen
Republik, die aber erst nachdem die Spanier ihr letztes Bollwerk, das Fort Ulloa
von Vera-Cruz, am 19. November 1825 durch Capitulation verloren, die volle Un-
abhängigkeit erlangte.

Blutige Bürgerkriege entkräfteten in den folgenden Jahrzehnten das Land
und zerrütteten seine Finanzen derartig, dass es seinen Verpflichtungen dem Aus-
lande gegenüber nicht nachkommen konnte. Dies war die Veranlassung zum Ein-
schreiten der europäischen Mächte, in der Folge zur Aufrichtung des zweiten
Kaiserthrones, den Erzherzog Ferdinand Maximilian einzunehmen vom Schicksale
bestimmt war.

Vielfache Ursachen, insbesondere aber die perfide Politik Napoleon’s III.,
der seine Truppen aus Mexico zog und den Kaiser treulos verliess, drängten den
übelberathenen Prinzen in das Verhängniss. In Queretaro eingeschlossen, capitu-
lirte er im Mai 1867 und gerieth in die Gewalt der Republikaner.

Am 19. Juni ward er gemeinschaftlich mit zweien seiner Generale zu Que-
retaro erbarmungslos erschossen.

Juarez, seit 1861 mit der Dictatur bekleidet, wurde im Juli zum Präsidenten
der Republik gewählt, stellte die Ruhe im Lande wieder her, allein es wird einer
langen Zeitperiode bedürfen, bis in dem an Naturschätzen reichen Lande die
Wohlfahrt der Bewohner einzieht.

Aus der Geschichte Mexicos geht hervor, dass die verhältniss-
mässig spärliche Bevölkerung des Riesenreiches, durch Kriege und
Bürgerkriege an der Entwicklung verhindert und von jedem Wett-
bewerbe fast ausgeschlossen, nicht im Stande war, dem Lande
zu jenem Aufschwunge zu verhelfen und jenes Gedeihen zu sichern,
zu welchem es vermöge seiner natürlichen Reichthümer berufen wäre.

Aber seit Porfirio Diaz Präsident ist, hat sich vieles zum besseren
geändert. Mit Gewandtheit und Energie hält die Centralgewalt den
äusseren Frieden und die Ruhe und Ordnung im Innern aufrecht. Ein
weises System der Sparsamkeit in Verbindung mit der Convertirung
der früheren Staatsschuld und die Eröffnung neuer Hilfsquellen hat
Mexico ein geordnetes Finanzwesen gegeben. Man darf aber nie ver-

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[158/0174] Die atlantische Küste von Amerika. Man vernichtete den Götzendienst mit seinen Menschenopfern und erfüllte statt dessen die Luft mit dem brenzlichen Geruche, der den zahllosen qualmenden Scheiterhaufen entstieg, mit welchen die Unduldsamkeit ihren Geist erschöpfte. Das einst blühende und glückliche Land ward in den seiner Eroberung folgenden drei Jahrhunderten von den Spaniern systematisch ausgebeutet, ohne dass sie viel für die Hebung der Cultur gethan hätten, allein es ist nicht zu läugnen, dass es unter den Spaniern besser um die öffentlichen Zustände stand, als später unter der Republik. Im Jahre 1808 begann in Mexico die Unabhängigkeits- bewegung und mit dieser der Bürger- und Guerillakrieg. General Iturbide versuchte, ein Kaiserthum Mexico aufzurichten, ward aber, nachdem er die Kaiserwürde als Augustin I. durch zehn Monate, 1822 bis 1823, bekleidet, gestürzt und verbannt. Zwei Jahre später ward er bei dem Versuche einer Landung ergriffen und er- schossen. Mexico erklärte sich am 16. December 1823 zu einer bundesstaatlichen Republik, die aber erst nachdem die Spanier ihr letztes Bollwerk, das Fort Ulloa von Vera-Cruz, am 19. November 1825 durch Capitulation verloren, die volle Un- abhängigkeit erlangte. Blutige Bürgerkriege entkräfteten in den folgenden Jahrzehnten das Land und zerrütteten seine Finanzen derartig, dass es seinen Verpflichtungen dem Aus- lande gegenüber nicht nachkommen konnte. Dies war die Veranlassung zum Ein- schreiten der europäischen Mächte, in der Folge zur Aufrichtung des zweiten Kaiserthrones, den Erzherzog Ferdinand Maximilian einzunehmen vom Schicksale bestimmt war. Vielfache Ursachen, insbesondere aber die perfide Politik Napoleon’s III., der seine Truppen aus Mexico zog und den Kaiser treulos verliess, drängten den übelberathenen Prinzen in das Verhängniss. In Queretaro eingeschlossen, capitu- lirte er im Mai 1867 und gerieth in die Gewalt der Republikaner. Am 19. Juni ward er gemeinschaftlich mit zweien seiner Generale zu Que- retaro erbarmungslos erschossen. Juarez, seit 1861 mit der Dictatur bekleidet, wurde im Juli zum Präsidenten der Republik gewählt, stellte die Ruhe im Lande wieder her, allein es wird einer langen Zeitperiode bedürfen, bis in dem an Naturschätzen reichen Lande die Wohlfahrt der Bewohner einzieht. Aus der Geschichte Mexicos geht hervor, dass die verhältniss- mässig spärliche Bevölkerung des Riesenreiches, durch Kriege und Bürgerkriege an der Entwicklung verhindert und von jedem Wett- bewerbe fast ausgeschlossen, nicht im Stande war, dem Lande zu jenem Aufschwunge zu verhelfen und jenes Gedeihen zu sichern, zu welchem es vermöge seiner natürlichen Reichthümer berufen wäre. Aber seit Porfirio Diaz Präsident ist, hat sich vieles zum besseren geändert. Mit Gewandtheit und Energie hält die Centralgewalt den äusseren Frieden und die Ruhe und Ordnung im Innern aufrecht. Ein weises System der Sparsamkeit in Verbindung mit der Convertirung der früheren Staatsschuld und die Eröffnung neuer Hilfsquellen hat Mexico ein geordnetes Finanzwesen gegeben. Man darf aber nie ver-

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/174>, abgerufen am 25.11.2024.