Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

Bild:
<< vorherige Seite

Die atlantische Küste von Amerika.
Begabung, List und unerbittlicher Strenge, alle diese Eigenschaften bilden den
Schlüssel zur Erklärung seines grossartigen Erfolges.

Nach sechsmonatlichen Kreuzfahrten landete Cortez am 18 Februar 1519
am Flusse Tabasko.

Sein Geschwader bestand damals aus 11 Schiffen mit 617 Mann, darunter
16 Reiter und 13 mit Feuergewehr bewaffnete Arkebusieren. Die anderen Krieger
waren mit Armbrüsten, Lanzen und Schwertern bewehrt. Zehn Kanonen und vier
Feldschlangen bildeten die Artillerie.

Es würde zu weit führen, den Eroberungszug in allen seinen Phasen hier
darstellen zu wollen, weshalb nur die wichtigsten Resultate hier aufgenommen
werden.

Von Tabasko, wo die Indianer in blutiger Schlacht total geschlagen wurden,
segelte Cortez nordwärts, landete am 21. April an dem Punkte, wo heute Vera-
Cruz sich erhebt, und bezog hier ein Lager.

Von hier aus trat er mit Abgesandten des in Tenochtitlan regierenden, ihn
abweisenden Montezuma in Verkehr und beschloss den tollkühnen Vormarsch gegen
die Hauptstadt eines von tapferen Kriegern vertheidigten zahlreich bevölkerten
Reiches.

Zuvor gründete er die Stadt La Villa rica de la vera Cruz und befestigte
sie ansehnlich.

Cortez liess seine Flotte verbrennen und brach am 16. August mit 400 Mann
Fussvolk, 15 Reitern und 7 Geschützen nach Mexico auf. Nach blutigen Kämpfen
gelang es dem Eroberer des Bündnisses unzufriedener Völkerschaften sich zu ver-
sichern, worunter hauptsächlich die Tlaskalaner ihm zur Stütze wurden. Ungeheure
Leichenfelder bezeichneten den Weg der Spanier, die schliesslich am 8. November
in der herrlichen Hauptstadt eingezogen. Aber erst am 21. August 1521, nachdem
sie vorher die Hauptstadt unter schweren Verlusten hatten verlassen müssen und
sie dann neuerdings eroberten, waren sie unbeschränkte Herren des Landes.
Montezuma ward während dieser Zeit gefangen genommen und starb; der letzte
Herrscher des Reiches, der muthige und unversöhnliche Guatemozin gerieth auf
der Flucht aus seiner zu einem Trümmerhaufen zusammengesunkenen Residenz-
stadt in Gefangenschaft. Diesen Monarchen traf 1525 das traurige Schicksal, unter
Henkershand zu sterben.

Die Zahl der in dem Kampfe gegen Cortez gefallenen Azteken wird mit
120.000 bis 240.000 Mann angegeben. Die Spanier hatten indes Verstärkungen
erhalten, allein ihre Macht erreichte zu keiner Zeit die Stärke von 1000 Mann.
Sie verloren einige Hundert Mann, von welchen etliche 80 den Opfertod in den
Tempeln starben.

Die Verluste der Verbündeten werden dagegen auf 30.000 Mann geschätzt.

Am 15. October 1522 ward Cortez von Karl V. zum Statthalter und Ober-
befehlshaber von Neuspanien, dies der damalige Name des ganzen eroberten Rei-
ches, ernannt und trachtete nun die neue Herrschaft zu befestigen und beson-
ders die Hauptstadt zu möglichstem Glanz wieder aufzubauen.

Es ist zweifellos, dass damals sehr viel für das Land geleistet wurde,
allein ebenso gewiss ist es, dass bei aller Umsicht und Liebe des Cortez für seine
Erwerbung den Bewohnern kein mit ihren früheren Verhältnissen vergleichbarer
Zustand geboten worden war. Man hatte zerstört und gestürzt, ohne Ebenbürtiges
an die Stelle des Verschwundenen setzen zu können.


Die atlantische Küste von Amerika.
Begabung, List und unerbittlicher Strenge, alle diese Eigenschaften bilden den
Schlüssel zur Erklärung seines grossartigen Erfolges.

Nach sechsmonatlichen Kreuzfahrten landete Cortez am 18 Februar 1519
am Flusse Tabasko.

Sein Geschwader bestand damals aus 11 Schiffen mit 617 Mann, darunter
16 Reiter und 13 mit Feuergewehr bewaffnete Arkebusieren. Die anderen Krieger
waren mit Armbrüsten, Lanzen und Schwertern bewehrt. Zehn Kanonen und vier
Feldschlangen bildeten die Artillerie.

Es würde zu weit führen, den Eroberungszug in allen seinen Phasen hier
darstellen zu wollen, weshalb nur die wichtigsten Resultate hier aufgenommen
werden.

Von Tabasko, wo die Indianer in blutiger Schlacht total geschlagen wurden,
segelte Cortez nordwärts, landete am 21. April an dem Punkte, wo heute Vera-
Cruz sich erhebt, und bezog hier ein Lager.

Von hier aus trat er mit Abgesandten des in Tenochtitlan regierenden, ihn
abweisenden Montezuma in Verkehr und beschloss den tollkühnen Vormarsch gegen
die Hauptstadt eines von tapferen Kriegern vertheidigten zahlreich bevölkerten
Reiches.

Zuvor gründete er die Stadt La Villa rica de la vera Cruz und befestigte
sie ansehnlich.

Cortez liess seine Flotte verbrennen und brach am 16. August mit 400 Mann
Fussvolk, 15 Reitern und 7 Geschützen nach Mexico auf. Nach blutigen Kämpfen
gelang es dem Eroberer des Bündnisses unzufriedener Völkerschaften sich zu ver-
sichern, worunter hauptsächlich die Tlaskalaner ihm zur Stütze wurden. Ungeheure
Leichenfelder bezeichneten den Weg der Spanier, die schliesslich am 8. November
in der herrlichen Hauptstadt eingezogen. Aber erst am 21. August 1521, nachdem
sie vorher die Hauptstadt unter schweren Verlusten hatten verlassen müssen und
sie dann neuerdings eroberten, waren sie unbeschränkte Herren des Landes.
Montezuma ward während dieser Zeit gefangen genommen und starb; der letzte
Herrscher des Reiches, der muthige und unversöhnliche Guatemozin gerieth auf
der Flucht aus seiner zu einem Trümmerhaufen zusammengesunkenen Residenz-
stadt in Gefangenschaft. Diesen Monarchen traf 1525 das traurige Schicksal, unter
Henkershand zu sterben.

Die Zahl der in dem Kampfe gegen Cortez gefallenen Azteken wird mit
120.000 bis 240.000 Mann angegeben. Die Spanier hatten indes Verstärkungen
erhalten, allein ihre Macht erreichte zu keiner Zeit die Stärke von 1000 Mann.
Sie verloren einige Hundert Mann, von welchen etliche 80 den Opfertod in den
Tempeln starben.

Die Verluste der Verbündeten werden dagegen auf 30.000 Mann geschätzt.

Am 15. October 1522 ward Cortez von Karl V. zum Statthalter und Ober-
befehlshaber von Neuspanien, dies der damalige Name des ganzen eroberten Rei-
ches, ernannt und trachtete nun die neue Herrschaft zu befestigen und beson-
ders die Hauptstadt zu möglichstem Glanz wieder aufzubauen.

Es ist zweifellos, dass damals sehr viel für das Land geleistet wurde,
allein ebenso gewiss ist es, dass bei aller Umsicht und Liebe des Cortez für seine
Erwerbung den Bewohnern kein mit ihren früheren Verhältnissen vergleichbarer
Zustand geboten worden war. Man hatte zerstört und gestürzt, ohne Ebenbürtiges
an die Stelle des Verschwundenen setzen zu können.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0172" n="156"/><fw place="top" type="header">Die atlantische Küste von Amerika.</fw><lb/>
Begabung, List und unerbittlicher Strenge, alle diese Eigenschaften bilden den<lb/>
Schlüssel zur Erklärung seines grossartigen Erfolges.</p><lb/>
          <p>Nach sechsmonatlichen Kreuzfahrten landete Cortez am 18 Februar 1519<lb/>
am Flusse Tabasko.</p><lb/>
          <p>Sein Geschwader bestand damals aus 11 Schiffen mit 617 Mann, darunter<lb/>
16 Reiter und 13 mit Feuergewehr bewaffnete Arkebusieren. Die anderen Krieger<lb/>
waren mit Armbrüsten, Lanzen und Schwertern bewehrt. Zehn Kanonen und vier<lb/>
Feldschlangen bildeten die Artillerie.</p><lb/>
          <p>Es würde zu weit führen, den Eroberungszug in allen seinen Phasen hier<lb/>
darstellen zu wollen, weshalb nur die wichtigsten Resultate hier aufgenommen<lb/>
werden.</p><lb/>
          <p>Von Tabasko, wo die Indianer in blutiger Schlacht total geschlagen wurden,<lb/>
segelte Cortez nordwärts, landete am 21. April an dem Punkte, wo heute Vera-<lb/>
Cruz sich erhebt, und bezog hier ein Lager.</p><lb/>
          <p>Von hier aus trat er mit Abgesandten des in Tenochtitlan regierenden, ihn<lb/>
abweisenden Montezuma in Verkehr und beschloss den tollkühnen Vormarsch gegen<lb/>
die Hauptstadt eines von tapferen Kriegern vertheidigten zahlreich bevölkerten<lb/>
Reiches.</p><lb/>
          <p>Zuvor gründete er die Stadt La Villa rica de la vera Cruz und befestigte<lb/>
sie ansehnlich.</p><lb/>
          <p>Cortez liess seine Flotte verbrennen und brach am 16. August mit 400 Mann<lb/>
Fussvolk, 15 Reitern und 7 Geschützen nach Mexico auf. Nach blutigen Kämpfen<lb/>
gelang es dem Eroberer des Bündnisses unzufriedener Völkerschaften sich zu ver-<lb/>
sichern, worunter hauptsächlich die Tlaskalaner ihm zur Stütze wurden. Ungeheure<lb/>
Leichenfelder bezeichneten den Weg der Spanier, die schliesslich am 8. November<lb/>
in der herrlichen Hauptstadt eingezogen. Aber erst am 21. August 1521, nachdem<lb/>
sie vorher die Hauptstadt unter schweren Verlusten hatten verlassen müssen und<lb/>
sie dann neuerdings eroberten, waren sie unbeschränkte Herren des Landes.<lb/>
Montezuma ward während dieser Zeit gefangen genommen und starb; der letzte<lb/>
Herrscher des Reiches, der muthige und unversöhnliche Guatemozin gerieth auf<lb/>
der Flucht aus seiner zu einem Trümmerhaufen zusammengesunkenen Residenz-<lb/>
stadt in Gefangenschaft. Diesen Monarchen traf 1525 das traurige Schicksal, unter<lb/>
Henkershand zu sterben.</p><lb/>
          <p>Die Zahl der in dem Kampfe gegen Cortez gefallenen Azteken wird mit<lb/>
120.000 bis 240.000 Mann angegeben. Die Spanier hatten indes Verstärkungen<lb/>
erhalten, allein ihre Macht erreichte zu keiner Zeit die Stärke von 1000 Mann.<lb/>
Sie verloren einige Hundert Mann, von welchen etliche 80 den Opfertod in den<lb/>
Tempeln starben.</p><lb/>
          <p>Die Verluste der Verbündeten werden dagegen auf 30.000 Mann geschätzt.</p><lb/>
          <p>Am 15. October 1522 ward Cortez von Karl V. zum Statthalter und Ober-<lb/>
befehlshaber von Neuspanien, dies der damalige Name des ganzen eroberten Rei-<lb/>
ches, ernannt und trachtete nun die neue Herrschaft zu befestigen und beson-<lb/>
ders die Hauptstadt zu möglichstem Glanz wieder aufzubauen.</p><lb/>
          <p>Es ist zweifellos, dass damals sehr viel für das Land geleistet wurde,<lb/>
allein ebenso gewiss ist es, dass bei aller Umsicht und Liebe des Cortez für seine<lb/>
Erwerbung den Bewohnern kein mit ihren früheren Verhältnissen vergleichbarer<lb/>
Zustand geboten worden war. Man hatte zerstört und gestürzt, ohne Ebenbürtiges<lb/>
an die Stelle des Verschwundenen setzen zu können.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[156/0172] Die atlantische Küste von Amerika. Begabung, List und unerbittlicher Strenge, alle diese Eigenschaften bilden den Schlüssel zur Erklärung seines grossartigen Erfolges. Nach sechsmonatlichen Kreuzfahrten landete Cortez am 18 Februar 1519 am Flusse Tabasko. Sein Geschwader bestand damals aus 11 Schiffen mit 617 Mann, darunter 16 Reiter und 13 mit Feuergewehr bewaffnete Arkebusieren. Die anderen Krieger waren mit Armbrüsten, Lanzen und Schwertern bewehrt. Zehn Kanonen und vier Feldschlangen bildeten die Artillerie. Es würde zu weit führen, den Eroberungszug in allen seinen Phasen hier darstellen zu wollen, weshalb nur die wichtigsten Resultate hier aufgenommen werden. Von Tabasko, wo die Indianer in blutiger Schlacht total geschlagen wurden, segelte Cortez nordwärts, landete am 21. April an dem Punkte, wo heute Vera- Cruz sich erhebt, und bezog hier ein Lager. Von hier aus trat er mit Abgesandten des in Tenochtitlan regierenden, ihn abweisenden Montezuma in Verkehr und beschloss den tollkühnen Vormarsch gegen die Hauptstadt eines von tapferen Kriegern vertheidigten zahlreich bevölkerten Reiches. Zuvor gründete er die Stadt La Villa rica de la vera Cruz und befestigte sie ansehnlich. Cortez liess seine Flotte verbrennen und brach am 16. August mit 400 Mann Fussvolk, 15 Reitern und 7 Geschützen nach Mexico auf. Nach blutigen Kämpfen gelang es dem Eroberer des Bündnisses unzufriedener Völkerschaften sich zu ver- sichern, worunter hauptsächlich die Tlaskalaner ihm zur Stütze wurden. Ungeheure Leichenfelder bezeichneten den Weg der Spanier, die schliesslich am 8. November in der herrlichen Hauptstadt eingezogen. Aber erst am 21. August 1521, nachdem sie vorher die Hauptstadt unter schweren Verlusten hatten verlassen müssen und sie dann neuerdings eroberten, waren sie unbeschränkte Herren des Landes. Montezuma ward während dieser Zeit gefangen genommen und starb; der letzte Herrscher des Reiches, der muthige und unversöhnliche Guatemozin gerieth auf der Flucht aus seiner zu einem Trümmerhaufen zusammengesunkenen Residenz- stadt in Gefangenschaft. Diesen Monarchen traf 1525 das traurige Schicksal, unter Henkershand zu sterben. Die Zahl der in dem Kampfe gegen Cortez gefallenen Azteken wird mit 120.000 bis 240.000 Mann angegeben. Die Spanier hatten indes Verstärkungen erhalten, allein ihre Macht erreichte zu keiner Zeit die Stärke von 1000 Mann. Sie verloren einige Hundert Mann, von welchen etliche 80 den Opfertod in den Tempeln starben. Die Verluste der Verbündeten werden dagegen auf 30.000 Mann geschätzt. Am 15. October 1522 ward Cortez von Karl V. zum Statthalter und Ober- befehlshaber von Neuspanien, dies der damalige Name des ganzen eroberten Rei- ches, ernannt und trachtete nun die neue Herrschaft zu befestigen und beson- ders die Hauptstadt zu möglichstem Glanz wieder aufzubauen. Es ist zweifellos, dass damals sehr viel für das Land geleistet wurde, allein ebenso gewiss ist es, dass bei aller Umsicht und Liebe des Cortez für seine Erwerbung den Bewohnern kein mit ihren früheren Verhältnissen vergleichbarer Zustand geboten worden war. Man hatte zerstört und gestürzt, ohne Ebenbürtiges an die Stelle des Verschwundenen setzen zu können.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/172
Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/172>, abgerufen am 25.11.2024.