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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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New-Orleans.
Sümpfe, wie solche in den Niederungen des Mississippi überall vor-
kommen, bedeckte einstens diesen Plan, welchen nur eine leichte
Bodenwelle von etwa 2/3 m Höhe, die Metairie Ridge, kaum wahr-
nehmbar überragt. Jenseits dieser folgt nordwärts endloses Marsch-
land, das die Stürme des Sees alljährlich überfluten.

Ein ungünstigerer Baugrund für eine Stadt, besonders aber
für eine im Aufblühen und in der Erweiterung begriffene, lässt sich
kaum denken. Dennoch wurden die vielfachen und völlig ungeahnten
Hindernisse grösstentheils überwunden.

Um die Stadt gegen die alljährlichen Hochwässer des Mississippi zu
schützen, mussten 3 m hohe Dämme, die Levee, aufgeführt werden, und da das
Niveau der Stadt mehr als einen Meter unter der normalen Wasserhöhe des Stro-
mes liegt und gegen Norden zu bis zu den Metairie Ridge sich senkt, war eine
unterirdische Canalisirung, die schon wegen des hohen Grundwasserniveaus hätte
unterbleiben müssen, nicht ausführbar. An deren Stelle setzte man eine allerdings
kostspielige Oberflächendrainage für Niederschlags- und Abfallwässer mit Ausschluss
der Fäcalstoffe, die selbständig abtransportirt werden müssen.

Bei dem erwähnten Drainagesysteme führen offene Strassenrinnsale die
Wässer einem weiten die Stadt durchziehenden Netze ebenfalls offener Canäle
zu, an deren Endpunkten der Inhalt durch mächtige Dampfpumpen in den Pont-
chartrain-See befördert wird. Das mit dem See verbundene Bayou St. John ist in das
Canalsystem aufgenommen worden.

Für normale Verhältnisse genügt das System hinlänglich, allein wenn bei
anhaltenden Ostwinden das Niveau des genannten Sees durch die Wasserstauung
im mexikanischen Golfe beträchtlich steigt, dann überfliessen die Canäle und der
nördliche Theil der Stadt wird einige Tage hindurch überschwemmt.

Weit später als im nördlichen Theile der Union verdichtete sich
in den Südstaaten derselben die Verkehrsthätigkeit, denn während im
Norden der Andrang der regsamen germanischen und anglosächsischen
Einwanderung zum hervorragendsten Factor der Entwicklung wurde,
verblieben die Südstaaten nur spärlich bevölkert, bis in den letzten
Jahrzehnten mit dem Aufhören der Sclavenarbeit auch dorthin der
befruchtende Strom der Völkerwanderung sich wendete.

Allerdings lagen die Verhältnisse in den Süd- oder Golfstaaten
nicht besonders günstig, denn neben den natürlichen Hindernissen,
welche die Colonisation erschwert haben mochten, machte sich auch
die geringe politische Stabilität durch häufig wechselnde Regierungen
geltend.

Dessenungeachtet dürfte doch ein wesentlicher Schuldtheil an
dem Zurückbleiben der genannten Staaten auf Rechnung der ur-
sprünglich romanischen Bevölkerung gesetzt werden können.

Ebenso wichtig ist aber der Umstand, dass die wahre Blüthe
New-Orleans' als Handelsstadt mit der Blüthe seines Hinterlandes

New-Orleans.
Sümpfe, wie solche in den Niederungen des Mississippi überall vor-
kommen, bedeckte einstens diesen Plan, welchen nur eine leichte
Bodenwelle von etwa ⅔ m Höhe, die Metairie Ridge, kaum wahr-
nehmbar überragt. Jenseits dieser folgt nordwärts endloses Marsch-
land, das die Stürme des Sees alljährlich überfluten.

Ein ungünstigerer Baugrund für eine Stadt, besonders aber
für eine im Aufblühen und in der Erweiterung begriffene, lässt sich
kaum denken. Dennoch wurden die vielfachen und völlig ungeahnten
Hindernisse grösstentheils überwunden.

Um die Stadt gegen die alljährlichen Hochwässer des Mississippi zu
schützen, mussten 3 m hohe Dämme, die Levée, aufgeführt werden, und da das
Niveau der Stadt mehr als einen Meter unter der normalen Wasserhöhe des Stro-
mes liegt und gegen Norden zu bis zu den Metairie Ridge sich senkt, war eine
unterirdische Canalisirung, die schon wegen des hohen Grundwasserniveaus hätte
unterbleiben müssen, nicht ausführbar. An deren Stelle setzte man eine allerdings
kostspielige Oberflächendrainage für Niederschlags- und Abfallwässer mit Ausschluss
der Fäcalstoffe, die selbständig abtransportirt werden müssen.

Bei dem erwähnten Drainagesysteme führen offene Strassenrinnsale die
Wässer einem weiten die Stadt durchziehenden Netze ebenfalls offener Canäle
zu, an deren Endpunkten der Inhalt durch mächtige Dampfpumpen in den Pont-
chartrain-See befördert wird. Das mit dem See verbundene Bayou St. John ist in das
Canalsystem aufgenommen worden.

Für normale Verhältnisse genügt das System hinlänglich, allein wenn bei
anhaltenden Ostwinden das Niveau des genannten Sees durch die Wasserstauung
im mexikanischen Golfe beträchtlich steigt, dann überfliessen die Canäle und der
nördliche Theil der Stadt wird einige Tage hindurch überschwemmt.

Weit später als im nördlichen Theile der Union verdichtete sich
in den Südstaaten derselben die Verkehrsthätigkeit, denn während im
Norden der Andrang der regsamen germanischen und anglosächsischen
Einwanderung zum hervorragendsten Factor der Entwicklung wurde,
verblieben die Südstaaten nur spärlich bevölkert, bis in den letzten
Jahrzehnten mit dem Aufhören der Sclavenarbeit auch dorthin der
befruchtende Strom der Völkerwanderung sich wendete.

Allerdings lagen die Verhältnisse in den Süd- oder Golfstaaten
nicht besonders günstig, denn neben den natürlichen Hindernissen,
welche die Colonisation erschwert haben mochten, machte sich auch
die geringe politische Stabilität durch häufig wechselnde Regierungen
geltend.

Dessenungeachtet dürfte doch ein wesentlicher Schuldtheil an
dem Zurückbleiben der genannten Staaten auf Rechnung der ur-
sprünglich romanischen Bevölkerung gesetzt werden können.

Ebenso wichtig ist aber der Umstand, dass die wahre Blüthe
New-Orleans’ als Handelsstadt mit der Blüthe seines Hinterlandes

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[135/0151] New-Orleans. Sümpfe, wie solche in den Niederungen des Mississippi überall vor- kommen, bedeckte einstens diesen Plan, welchen nur eine leichte Bodenwelle von etwa ⅔ m Höhe, die Metairie Ridge, kaum wahr- nehmbar überragt. Jenseits dieser folgt nordwärts endloses Marsch- land, das die Stürme des Sees alljährlich überfluten. Ein ungünstigerer Baugrund für eine Stadt, besonders aber für eine im Aufblühen und in der Erweiterung begriffene, lässt sich kaum denken. Dennoch wurden die vielfachen und völlig ungeahnten Hindernisse grösstentheils überwunden. Um die Stadt gegen die alljährlichen Hochwässer des Mississippi zu schützen, mussten 3 m hohe Dämme, die Levée, aufgeführt werden, und da das Niveau der Stadt mehr als einen Meter unter der normalen Wasserhöhe des Stro- mes liegt und gegen Norden zu bis zu den Metairie Ridge sich senkt, war eine unterirdische Canalisirung, die schon wegen des hohen Grundwasserniveaus hätte unterbleiben müssen, nicht ausführbar. An deren Stelle setzte man eine allerdings kostspielige Oberflächendrainage für Niederschlags- und Abfallwässer mit Ausschluss der Fäcalstoffe, die selbständig abtransportirt werden müssen. Bei dem erwähnten Drainagesysteme führen offene Strassenrinnsale die Wässer einem weiten die Stadt durchziehenden Netze ebenfalls offener Canäle zu, an deren Endpunkten der Inhalt durch mächtige Dampfpumpen in den Pont- chartrain-See befördert wird. Das mit dem See verbundene Bayou St. John ist in das Canalsystem aufgenommen worden. Für normale Verhältnisse genügt das System hinlänglich, allein wenn bei anhaltenden Ostwinden das Niveau des genannten Sees durch die Wasserstauung im mexikanischen Golfe beträchtlich steigt, dann überfliessen die Canäle und der nördliche Theil der Stadt wird einige Tage hindurch überschwemmt. Weit später als im nördlichen Theile der Union verdichtete sich in den Südstaaten derselben die Verkehrsthätigkeit, denn während im Norden der Andrang der regsamen germanischen und anglosächsischen Einwanderung zum hervorragendsten Factor der Entwicklung wurde, verblieben die Südstaaten nur spärlich bevölkert, bis in den letzten Jahrzehnten mit dem Aufhören der Sclavenarbeit auch dorthin der befruchtende Strom der Völkerwanderung sich wendete. Allerdings lagen die Verhältnisse in den Süd- oder Golfstaaten nicht besonders günstig, denn neben den natürlichen Hindernissen, welche die Colonisation erschwert haben mochten, machte sich auch die geringe politische Stabilität durch häufig wechselnde Regierungen geltend. Dessenungeachtet dürfte doch ein wesentlicher Schuldtheil an dem Zurückbleiben der genannten Staaten auf Rechnung der ur- sprünglich romanischen Bevölkerung gesetzt werden können. Ebenso wichtig ist aber der Umstand, dass die wahre Blüthe New-Orleans’ als Handelsstadt mit der Blüthe seines Hinterlandes

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/151>, abgerufen am 27.11.2024.