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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Baltimore.

Die Saison für das Einlegen beginnt im Mai und dauert bis September,
also rund 100 Tage. Nicht weniger als 18 Gattungen von Früchten, welche bis auf
Ananas und Reine-Claudes (Greengages) alle ausschliesslich aus diesem Staate
stammen, werden eingemacht, und ein grosser Theil der Arbeit wird von Einwanderern
aus Böhmen besorgt, die eine zwölfstündige Arbeitszeit haben und nach dem Stück
bezahlt werden. Die Packing-houses der Stadt können täglich 14.000 hl (40.000
Bushels) Erbsen und 35.000 hl (100.000 Bushels) Liebesäpfel einlegen; jedes Bu-
shel gibt 13 Büchsen von Weissblech. Im Jahre 1878 wurden aus Maryland
968.733 Kisten mit präservirten Liebesäpfeln ausgeschickt; jede Kiste enthält
zwei Dutzend Büchsen, das macht zusammen 23,249.592 Büchsen. Bei einem Ver-
kaufspreise von 1 Dollar für ein Dutzend Blechbüchsen gibt dies 1,937.466 Dol-
lars. Fürs Ausland ist auch der Export getrockneter Aepfel sehr wichtig. Doch
ist für Früchte und Austern New-York der Verschiffungshafen. Die Saison für
das Einlegen der Früchte dauert vom Mai bis September, die Austernsaison vom
September bis April. Durchschnittlich kommen in dieser Zeit 9000 Fahrzeuge mit
Austern beladen in Baltimore an; 1/2 Millionen Bushels (a 300 Stück) versendet
man, 800.000 consumirt die Stadt Baltimore. In neuerer Zeit werden die Schalen
der Austern mit leichtem Draht verschnürt, so dass sie sich nicht öffnen
können. Eine solche "muzzled"-Auster verträgt den weiten Transport bis St. Peters-
burg und Rom. Der Austernfang ist in den Händen grosser Unternehmer, welche
die Fischer, meist in Amerika neu angekommene Einwanderer, in unmenschlicher
Weise ausbeuten.

Baltimore ist gegen Süden hin der letzte Hafen, über den lebendes
Rindvieh
nach England ausgeführt wird, und zwar hier durch Vermittlung der
Calverton- und Claremont-Viehhöfe. 1887/88 waren 21.683 Stück Rindvieh im
Werthe von 1·8 Millionen Dollars, welche aus den hügeligen Theilen Marylands
und Virginias stammten, wo man auch die Erzeugung von Butter und Käse in
sogenannten "Creameries", Centralmolkereianstalten, betreibt.

Dafür hat die Ausfuhr von Provisions stark abgenommen, doch erreichte
sie 1887/88 noch immer den Werth von mehr als 4 Millionen Dollars. Die Haupt-
artikel waren Speck (104.670 q), Talg (76.000 q) und gesalzenes Rindfleisch
(16.600 q).

Die Zufuhren von Petroleum haben durch den grossen Einfluss, welchen
Standard Oil Cy auf diesen Geschäftszweig ausübt, abgenommen. 1886/87 wurden
413.800 hl, 1887/88 322.610 hl Petroleum exportirt.

Dagegen ist 1888 wegen der hohen Preise, welche Kupfer in Europa erlangt
hatte, die Ausfuhr von Kupfererzen aus der Region des oberen Sees über Balti-
more gestiegen.

Von Importartikeln ist in erster Linie Weissblech für die Zwecke der
Conservenindustrie zu nennen. Einfuhr 1887/88 401.500 q im Werthe von
2,624.599 Dollars, für welche mehr als 700.000 Dollars Zoll entrichtet wurden,
das ist der dritte Theil der Zolleinnahme Baltimores. In Baltimore wird der fünfte
Theil aller Blechbüchsen der Union erzeugt, Pläne, den Zoll auf Weissblech zu
verdoppeln, treffen also die Stadt sehr hart.

Nicht unbedeutend ist die Einfuhr von Eisenerz (1887/88 2,315.000 q
im Werthe von 404.094 Dollars). Verwendet wird dasselbe von den Pennsylvania-
Stahlwerken, welche 1887 400 ha Land nahe der Stadt und am Flusse gelegen
erworben haben. Hier mischt man die einheimischen und die fremden Erze und

Baltimore.

Die Saison für das Einlegen beginnt im Mai und dauert bis September,
also rund 100 Tage. Nicht weniger als 18 Gattungen von Früchten, welche bis auf
Ananas und Reine-Claudes (Greengages) alle ausschliesslich aus diesem Staate
stammen, werden eingemacht, und ein grosser Theil der Arbeit wird von Einwanderern
aus Böhmen besorgt, die eine zwölfstündige Arbeitszeit haben und nach dem Stück
bezahlt werden. Die Packing-houses der Stadt können täglich 14.000 hl (40.000
Bushels) Erbsen und 35.000 hl (100.000 Bushels) Liebesäpfel einlegen; jedes Bu-
shel gibt 13 Büchsen von Weissblech. Im Jahre 1878 wurden aus Maryland
968.733 Kisten mit präservirten Liebesäpfeln ausgeschickt; jede Kiste enthält
zwei Dutzend Büchsen, das macht zusammen 23,249.592 Büchsen. Bei einem Ver-
kaufspreise von 1 Dollar für ein Dutzend Blechbüchsen gibt dies 1,937.466 Dol-
lars. Fürs Ausland ist auch der Export getrockneter Aepfel sehr wichtig. Doch
ist für Früchte und Austern New-York der Verschiffungshafen. Die Saison für
das Einlegen der Früchte dauert vom Mai bis September, die Austernsaison vom
September bis April. Durchschnittlich kommen in dieser Zeit 9000 Fahrzeuge mit
Austern beladen in Baltimore an; ½ Millionen Bushels (à 300 Stück) versendet
man, 800.000 consumirt die Stadt Baltimore. In neuerer Zeit werden die Schalen
der Austern mit leichtem Draht verschnürt, so dass sie sich nicht öffnen
können. Eine solche „muzzled“-Auster verträgt den weiten Transport bis St. Peters-
burg und Rom. Der Austernfang ist in den Händen grosser Unternehmer, welche
die Fischer, meist in Amerika neu angekommene Einwanderer, in unmenschlicher
Weise ausbeuten.

Baltimore ist gegen Süden hin der letzte Hafen, über den lebendes
Rindvieh
nach England ausgeführt wird, und zwar hier durch Vermittlung der
Calverton- und Claremont-Viehhöfe. 1887/88 waren 21.683 Stück Rindvieh im
Werthe von 1·8 Millionen Dollars, welche aus den hügeligen Theilen Marylands
und Virginias stammten, wo man auch die Erzeugung von Butter und Käse in
sogenannten „Creameries“, Centralmolkereianstalten, betreibt.

Dafür hat die Ausfuhr von Provisions stark abgenommen, doch erreichte
sie 1887/88 noch immer den Werth von mehr als 4 Millionen Dollars. Die Haupt-
artikel waren Speck (104.670 q), Talg (76.000 q) und gesalzenes Rindfleisch
(16.600 q).

Die Zufuhren von Petroleum haben durch den grossen Einfluss, welchen
Standard Oil Cy auf diesen Geschäftszweig ausübt, abgenommen. 1886/87 wurden
413.800 hl, 1887/88 322.610 hl Petroleum exportirt.

Dagegen ist 1888 wegen der hohen Preise, welche Kupfer in Europa erlangt
hatte, die Ausfuhr von Kupfererzen aus der Region des oberen Sees über Balti-
more gestiegen.

Von Importartikeln ist in erster Linie Weissblech für die Zwecke der
Conservenindustrie zu nennen. Einfuhr 1887/88 401.500 q im Werthe von
2,624.599 Dollars, für welche mehr als 700.000 Dollars Zoll entrichtet wurden,
das ist der dritte Theil der Zolleinnahme Baltimores. In Baltimore wird der fünfte
Theil aller Blechbüchsen der Union erzeugt, Pläne, den Zoll auf Weissblech zu
verdoppeln, treffen also die Stadt sehr hart.

Nicht unbedeutend ist die Einfuhr von Eisenerz (1887/88 2,315.000 q
im Werthe von 404.094 Dollars). Verwendet wird dasselbe von den Pennsylvania-
Stahlwerken, welche 1887 400 ha Land nahe der Stadt und am Flusse gelegen
erworben haben. Hier mischt man die einheimischen und die fremden Erze und

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[119/0135] Baltimore. Die Saison für das Einlegen beginnt im Mai und dauert bis September, also rund 100 Tage. Nicht weniger als 18 Gattungen von Früchten, welche bis auf Ananas und Reine-Claudes (Greengages) alle ausschliesslich aus diesem Staate stammen, werden eingemacht, und ein grosser Theil der Arbeit wird von Einwanderern aus Böhmen besorgt, die eine zwölfstündige Arbeitszeit haben und nach dem Stück bezahlt werden. Die Packing-houses der Stadt können täglich 14.000 hl (40.000 Bushels) Erbsen und 35.000 hl (100.000 Bushels) Liebesäpfel einlegen; jedes Bu- shel gibt 13 Büchsen von Weissblech. Im Jahre 1878 wurden aus Maryland 968.733 Kisten mit präservirten Liebesäpfeln ausgeschickt; jede Kiste enthält zwei Dutzend Büchsen, das macht zusammen 23,249.592 Büchsen. Bei einem Ver- kaufspreise von 1 Dollar für ein Dutzend Blechbüchsen gibt dies 1,937.466 Dol- lars. Fürs Ausland ist auch der Export getrockneter Aepfel sehr wichtig. Doch ist für Früchte und Austern New-York der Verschiffungshafen. Die Saison für das Einlegen der Früchte dauert vom Mai bis September, die Austernsaison vom September bis April. Durchschnittlich kommen in dieser Zeit 9000 Fahrzeuge mit Austern beladen in Baltimore an; ½ Millionen Bushels (à 300 Stück) versendet man, 800.000 consumirt die Stadt Baltimore. In neuerer Zeit werden die Schalen der Austern mit leichtem Draht verschnürt, so dass sie sich nicht öffnen können. Eine solche „muzzled“-Auster verträgt den weiten Transport bis St. Peters- burg und Rom. Der Austernfang ist in den Händen grosser Unternehmer, welche die Fischer, meist in Amerika neu angekommene Einwanderer, in unmenschlicher Weise ausbeuten. Baltimore ist gegen Süden hin der letzte Hafen, über den lebendes Rindvieh nach England ausgeführt wird, und zwar hier durch Vermittlung der Calverton- und Claremont-Viehhöfe. 1887/88 waren 21.683 Stück Rindvieh im Werthe von 1·8 Millionen Dollars, welche aus den hügeligen Theilen Marylands und Virginias stammten, wo man auch die Erzeugung von Butter und Käse in sogenannten „Creameries“, Centralmolkereianstalten, betreibt. Dafür hat die Ausfuhr von Provisions stark abgenommen, doch erreichte sie 1887/88 noch immer den Werth von mehr als 4 Millionen Dollars. Die Haupt- artikel waren Speck (104.670 q), Talg (76.000 q) und gesalzenes Rindfleisch (16.600 q). Die Zufuhren von Petroleum haben durch den grossen Einfluss, welchen Standard Oil Cy auf diesen Geschäftszweig ausübt, abgenommen. 1886/87 wurden 413.800 hl, 1887/88 322.610 hl Petroleum exportirt. Dagegen ist 1888 wegen der hohen Preise, welche Kupfer in Europa erlangt hatte, die Ausfuhr von Kupfererzen aus der Region des oberen Sees über Balti- more gestiegen. Von Importartikeln ist in erster Linie Weissblech für die Zwecke der Conservenindustrie zu nennen. Einfuhr 1887/88 401.500 q im Werthe von 2,624.599 Dollars, für welche mehr als 700.000 Dollars Zoll entrichtet wurden, das ist der dritte Theil der Zolleinnahme Baltimores. In Baltimore wird der fünfte Theil aller Blechbüchsen der Union erzeugt, Pläne, den Zoll auf Weissblech zu verdoppeln, treffen also die Stadt sehr hart. Nicht unbedeutend ist die Einfuhr von Eisenerz (1887/88 2,315.000 q im Werthe von 404.094 Dollars). Verwendet wird dasselbe von den Pennsylvania- Stahlwerken, welche 1887 400 ha Land nahe der Stadt und am Flusse gelegen erworben haben. Hier mischt man die einheimischen und die fremden Erze und

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/135>, abgerufen am 29.11.2024.