Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

Bild:
<< vorherige Seite

London.
auf London. Im Reexporte ausländischer Producte, der sich im selben Jahre auf
L 66,657.484 für das ganze Land belief, entfallen rund 60 % auf London, und nur
in der Ausfuhr englischer Fabricate und Erzeugnisse muss London die Führung
an Liverpool abtreten.

Den bedeutendsten Importartikel Londons bildet Wolle, welche aus
den australischen Colonien und dem Cap direct nach London, dem eigentlichen
Wollmarkte, verschifft wird, um hier auf Auctionen verkauft und nach den Ver-
arbeitungsplätzen dirigirt zu werden. Die Interessenten des Wollhandels finden
sich wohl durch das ganze Jahr in einem eigenen Gebäude, der "Wool exchange"
zusammen, woselbst die laufenden Transactionen von geringerem Umfange regel-
mässig ihren Abschluss finden. Das grosse Geschäft jedoch ist an bestimmte
Tage und Oertlichkeiten gebunden. Die aus den Colonien für den Londoner
Markt bestimmten Wollquantitäten werden nämlich dortigen Firmen zum Zwecke
öffentlicher Versteigerung consignirt. Die Consignatare nun publiciren je nach
Ankunft der Schiffe in der "Wool exchange" den Tag der Auction. Jeder von
ihnen besitzt ein eigenes Gebäude "Auctioneer Room", wohin einige hundert Ballen
Wolle, die als Muster eine bestimmte Ladung in ihrer Qualität repräsentiren,
gebracht werden. Nach diesen Mustern werden die Preise bestimmt und die
Verkäufe abgeschlossen. Oft kommt es natürlich vor, dass eine Partie unter
mehrere Käufer vertheilt wird, weil sich für die ganze Quantität kein Abnehmer
findet. Auf der Auction erfolgt gleichzeitig die Registrirung der Verkäufe, die
direct aus den Lagerhäusern in den Docks ausgeführt werden. Die Auctionen
finden beinahe regelmässig alle sechs Wochen statt. Einen Ueberblick über die
in den Auctionen umgesetzten Mengen geben folgende Ziffern: Im Jahre 1887
betrug der Gesammtimport an Wolle nach England 1,351.342 Ballen, hievon
kamen nach London 1,274.103 und aus erster Hand wurden auf den Auctionen
verkauft 1,180.000 Ballen. Im Jahre 1888 stieg der Import auf 1,533.520 Ballen,
hievon entfielen auf London 1,343.231, von denen 1,255.000 im Auctionswege ver-
kauft wurden. Von diesen gingen 900.000 Ballen nach dem Continent (Europa),
44.000 nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika, der Rest blieb zur Ver-
arbeitung im Lande. Nach der Gewichtsmenge betrug der Wollimport Londons
in den letzten drei Jahren:

[Tabelle]

Die Zahl der im vorigen Jahre eingeführten Schaf- und Lammfelle be-
lief sich auf 6,799.172 Stück gegen 5,304.428 im Vorjahre, und das Gewicht der
importirten rohen Häute wird mit 321.300 q als Durchschnittsziffer der letzten
drei Jahre angegeben.

In London gibt es einen eigenen En gros-Markt für rohe Häute und
Schaffelle.

Angesichts der Unzulänglichkeit der Bodenproduction Englands im Ver-
gleiche zu dem Bedarfe der Bevölkerung ist es natürlich, dass die Einfuhr von
Getreide, speciell von Brotfrüchten eine wichtige Rolle spielt. In der Einfuhr
dieser Producte rivalisirt Liverpool mit London, doch behauptet letzteres, wenn
auch nicht in bedeutendem Masse, noch immer den Vorrang. Nachstehende
Tabelle zeigt die Getreideeinfuhr Londons nach den verschiedenen Sorten:


120*

London.
auf London. Im Reexporte ausländischer Producte, der sich im selben Jahre auf
₤ 66,657.484 für das ganze Land belief, entfallen rund 60 % auf London, und nur
in der Ausfuhr englischer Fabricate und Erzeugnisse muss London die Führung
an Liverpool abtreten.

Den bedeutendsten Importartikel Londons bildet Wolle, welche aus
den australischen Colonien und dem Cap direct nach London, dem eigentlichen
Wollmarkte, verschifft wird, um hier auf Auctionen verkauft und nach den Ver-
arbeitungsplätzen dirigirt zu werden. Die Interessenten des Wollhandels finden
sich wohl durch das ganze Jahr in einem eigenen Gebäude, der „Wool exchange“
zusammen, woselbst die laufenden Transactionen von geringerem Umfange regel-
mässig ihren Abschluss finden. Das grosse Geschäft jedoch ist an bestimmte
Tage und Oertlichkeiten gebunden. Die aus den Colonien für den Londoner
Markt bestimmten Wollquantitäten werden nämlich dortigen Firmen zum Zwecke
öffentlicher Versteigerung consignirt. Die Consignatare nun publiciren je nach
Ankunft der Schiffe in der „Wool exchange“ den Tag der Auction. Jeder von
ihnen besitzt ein eigenes Gebäude „Auctioneer Room“, wohin einige hundert Ballen
Wolle, die als Muster eine bestimmte Ladung in ihrer Qualität repräsentiren,
gebracht werden. Nach diesen Mustern werden die Preise bestimmt und die
Verkäufe abgeschlossen. Oft kommt es natürlich vor, dass eine Partie unter
mehrere Käufer vertheilt wird, weil sich für die ganze Quantität kein Abnehmer
findet. Auf der Auction erfolgt gleichzeitig die Registrirung der Verkäufe, die
direct aus den Lagerhäusern in den Docks ausgeführt werden. Die Auctionen
finden beinahe regelmässig alle sechs Wochen statt. Einen Ueberblick über die
in den Auctionen umgesetzten Mengen geben folgende Ziffern: Im Jahre 1887
betrug der Gesammtimport an Wolle nach England 1,351.342 Ballen, hievon
kamen nach London 1,274.103 und aus erster Hand wurden auf den Auctionen
verkauft 1,180.000 Ballen. Im Jahre 1888 stieg der Import auf 1,533.520 Ballen,
hievon entfielen auf London 1,343.231, von denen 1,255.000 im Auctionswege ver-
kauft wurden. Von diesen gingen 900.000 Ballen nach dem Continent (Europa),
44.000 nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika, der Rest blieb zur Ver-
arbeitung im Lande. Nach der Gewichtsmenge betrug der Wollimport Londons
in den letzten drei Jahren:

[Tabelle]

Die Zahl der im vorigen Jahre eingeführten Schaf- und Lammfelle be-
lief sich auf 6,799.172 Stück gegen 5,304.428 im Vorjahre, und das Gewicht der
importirten rohen Häute wird mit 321.300 q als Durchschnittsziffer der letzten
drei Jahre angegeben.

In London gibt es einen eigenen En gros-Markt für rohe Häute und
Schaffelle.

Angesichts der Unzulänglichkeit der Bodenproduction Englands im Ver-
gleiche zu dem Bedarfe der Bevölkerung ist es natürlich, dass die Einfuhr von
Getreide, speciell von Brotfrüchten eine wichtige Rolle spielt. In der Einfuhr
dieser Producte rivalisirt Liverpool mit London, doch behauptet letzteres, wenn
auch nicht in bedeutendem Masse, noch immer den Vorrang. Nachstehende
Tabelle zeigt die Getreideeinfuhr Londons nach den verschiedenen Sorten:


120*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0975" n="955"/><fw place="top" type="header">London.</fw><lb/>
auf London. Im Reexporte ausländischer Producte, der sich im selben Jahre auf<lb/>
&#x20A4; 66,657.484 für das ganze Land belief, entfallen rund 60 % auf London, und nur<lb/>
in der Ausfuhr englischer Fabricate und Erzeugnisse muss London die Führung<lb/>
an Liverpool abtreten.</p><lb/>
          <p>Den bedeutendsten <hi rendition="#g">Importartikel</hi> Londons bildet <hi rendition="#g">Wolle</hi>, welche aus<lb/>
den australischen Colonien und dem Cap direct nach London, dem eigentlichen<lb/>
Wollmarkte, verschifft wird, um hier auf Auctionen verkauft und nach den Ver-<lb/>
arbeitungsplätzen dirigirt zu werden. Die Interessenten des Wollhandels finden<lb/>
sich wohl durch das ganze Jahr in einem eigenen Gebäude, der &#x201E;Wool exchange&#x201C;<lb/>
zusammen, woselbst die laufenden Transactionen von geringerem Umfange regel-<lb/>
mässig ihren Abschluss finden. Das grosse Geschäft jedoch ist an bestimmte<lb/>
Tage und Oertlichkeiten gebunden. Die aus den Colonien für den Londoner<lb/>
Markt bestimmten Wollquantitäten werden nämlich dortigen Firmen zum Zwecke<lb/>
öffentlicher Versteigerung consignirt. Die Consignatare nun publiciren je nach<lb/>
Ankunft der Schiffe in der &#x201E;Wool exchange&#x201C; den Tag der Auction. Jeder von<lb/>
ihnen besitzt ein eigenes Gebäude &#x201E;Auctioneer Room&#x201C;, wohin einige hundert Ballen<lb/>
Wolle, die als Muster eine bestimmte Ladung in ihrer Qualität repräsentiren,<lb/>
gebracht werden. Nach diesen Mustern werden die Preise bestimmt und die<lb/>
Verkäufe abgeschlossen. Oft kommt es natürlich vor, dass eine Partie unter<lb/>
mehrere Käufer vertheilt wird, weil sich für die ganze <choice><sic>Qnantität</sic><corr>Quantität</corr></choice> kein Abnehmer<lb/>
findet. Auf der Auction erfolgt gleichzeitig die Registrirung der Verkäufe, die<lb/>
direct aus den Lagerhäusern in den Docks ausgeführt werden. Die Auctionen<lb/>
finden beinahe regelmässig alle sechs Wochen statt. Einen Ueberblick über die<lb/>
in den Auctionen umgesetzten Mengen geben folgende Ziffern: Im Jahre 1887<lb/>
betrug der Gesammtimport an Wolle nach England 1,351.342 Ballen, hievon<lb/>
kamen nach London 1,274.103 und aus erster Hand wurden auf den Auctionen<lb/>
verkauft 1,180.000 Ballen. Im Jahre 1888 stieg der Import auf 1,533.520 Ballen,<lb/>
hievon entfielen auf London 1,343.231, von denen 1,255.000 im Auctionswege ver-<lb/>
kauft wurden. Von diesen gingen 900.000 Ballen nach dem Continent (Europa),<lb/>
44.000 nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika, der Rest blieb zur Ver-<lb/>
arbeitung im Lande. Nach der Gewichtsmenge betrug der Wollimport Londons<lb/>
in den letzten drei Jahren:</p><lb/>
          <table>
            <row>
              <cell>
                <gap reason="insignificant"/>
              </cell>
            </row>
          </table>
          <p>Die Zahl der im vorigen Jahre eingeführten <hi rendition="#g">Schaf-</hi> und <hi rendition="#g">Lammfelle</hi> be-<lb/>
lief sich auf 6,799.172 Stück gegen 5,304.428 im Vorjahre, und das Gewicht der<lb/>
importirten <hi rendition="#g">rohen Häute</hi> wird mit 321.300 <hi rendition="#i">q</hi> als Durchschnittsziffer der letzten<lb/>
drei Jahre angegeben.</p><lb/>
          <p>In London gibt es einen eigenen En gros-Markt für rohe Häute und<lb/>
Schaffelle.</p><lb/>
          <p>Angesichts der Unzulänglichkeit der Bodenproduction Englands im Ver-<lb/>
gleiche zu dem Bedarfe der Bevölkerung ist es natürlich, dass die Einfuhr von<lb/><hi rendition="#g">Getreide</hi>, speciell von Brotfrüchten eine wichtige Rolle spielt. In der Einfuhr<lb/>
dieser Producte rivalisirt Liverpool mit London, doch behauptet letzteres, wenn<lb/>
auch nicht in bedeutendem Masse, noch immer den Vorrang. Nachstehende<lb/>
Tabelle zeigt die Getreideeinfuhr Londons nach den verschiedenen Sorten:</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">120*</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[955/0975] London. auf London. Im Reexporte ausländischer Producte, der sich im selben Jahre auf ₤ 66,657.484 für das ganze Land belief, entfallen rund 60 % auf London, und nur in der Ausfuhr englischer Fabricate und Erzeugnisse muss London die Führung an Liverpool abtreten. Den bedeutendsten Importartikel Londons bildet Wolle, welche aus den australischen Colonien und dem Cap direct nach London, dem eigentlichen Wollmarkte, verschifft wird, um hier auf Auctionen verkauft und nach den Ver- arbeitungsplätzen dirigirt zu werden. Die Interessenten des Wollhandels finden sich wohl durch das ganze Jahr in einem eigenen Gebäude, der „Wool exchange“ zusammen, woselbst die laufenden Transactionen von geringerem Umfange regel- mässig ihren Abschluss finden. Das grosse Geschäft jedoch ist an bestimmte Tage und Oertlichkeiten gebunden. Die aus den Colonien für den Londoner Markt bestimmten Wollquantitäten werden nämlich dortigen Firmen zum Zwecke öffentlicher Versteigerung consignirt. Die Consignatare nun publiciren je nach Ankunft der Schiffe in der „Wool exchange“ den Tag der Auction. Jeder von ihnen besitzt ein eigenes Gebäude „Auctioneer Room“, wohin einige hundert Ballen Wolle, die als Muster eine bestimmte Ladung in ihrer Qualität repräsentiren, gebracht werden. Nach diesen Mustern werden die Preise bestimmt und die Verkäufe abgeschlossen. Oft kommt es natürlich vor, dass eine Partie unter mehrere Käufer vertheilt wird, weil sich für die ganze Quantität kein Abnehmer findet. Auf der Auction erfolgt gleichzeitig die Registrirung der Verkäufe, die direct aus den Lagerhäusern in den Docks ausgeführt werden. Die Auctionen finden beinahe regelmässig alle sechs Wochen statt. Einen Ueberblick über die in den Auctionen umgesetzten Mengen geben folgende Ziffern: Im Jahre 1887 betrug der Gesammtimport an Wolle nach England 1,351.342 Ballen, hievon kamen nach London 1,274.103 und aus erster Hand wurden auf den Auctionen verkauft 1,180.000 Ballen. Im Jahre 1888 stieg der Import auf 1,533.520 Ballen, hievon entfielen auf London 1,343.231, von denen 1,255.000 im Auctionswege ver- kauft wurden. Von diesen gingen 900.000 Ballen nach dem Continent (Europa), 44.000 nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika, der Rest blieb zur Ver- arbeitung im Lande. Nach der Gewichtsmenge betrug der Wollimport Londons in den letzten drei Jahren: _ Die Zahl der im vorigen Jahre eingeführten Schaf- und Lammfelle be- lief sich auf 6,799.172 Stück gegen 5,304.428 im Vorjahre, und das Gewicht der importirten rohen Häute wird mit 321.300 q als Durchschnittsziffer der letzten drei Jahre angegeben. In London gibt es einen eigenen En gros-Markt für rohe Häute und Schaffelle. Angesichts der Unzulänglichkeit der Bodenproduction Englands im Ver- gleiche zu dem Bedarfe der Bevölkerung ist es natürlich, dass die Einfuhr von Getreide, speciell von Brotfrüchten eine wichtige Rolle spielt. In der Einfuhr dieser Producte rivalisirt Liverpool mit London, doch behauptet letzteres, wenn auch nicht in bedeutendem Masse, noch immer den Vorrang. Nachstehende Tabelle zeigt die Getreideeinfuhr Londons nach den verschiedenen Sorten: 120*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/975
Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 955. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/975>, abgerufen am 23.11.2024.