gegen den Hafen zu sich sanft senkender Berg, Slottsbacken (Schloss- berg). Auf demselben befindet sich eine Bronzestatue des Königs Gustav III. und ein zur Erinnerung an die im letzten russischen Kriege (1788--1790) bewiesene Treue der Bürger vom König ge- widmeter Obelisk.
Ebenfalls dem Südeingang des Schlosses gegenüber an dem Slottsbacken steht das Palais des Oberstatthalters von Stockholm, ursprünglich das Haus des berühmten Architekten Tessin. Hinter dem Obelisk steht die älteste Kirche Stockholms, die Nikolaikirche, ge- wöhnlich Storkyrkan (grosse Kirche) genannt; sie stammt aus der zweiten Hälfte des XIII. Jahrhunderts, wurde aber 1736--1743 gänzlich ungebaut und erhielt dabei den jetzigen zu ihrem Styl gar nicht passenden Thurm. Sie enthält zahlreiche werthvolle Alterthümer. In dieser Kirche werden die Könige gekrönt.
Mit dem Slottsbacken ist durch eine kleine Gasse der alte Markt- platz der Stadt, Stortorget, verbunden, auf dem das Stockholmer Blutbad stattfand, jene Massenhinrichtung am 10. und 11. November 1520, durch welche Christian II. von Dänemark die Vertreibung der Dänen herbeiführte. An der Stelle des alten Rathhauses, wo Christian II. dem Blutbade zusah, steht jetzt die Börse. Unweit des alten Markt- platzes befindet sich die deutsche oder Gertrudkirche und in deren Nähe die alte Synagoge der Juden. Weiter südlich erreicht man den Jantorg, an dem die schwedische Reichsbank, von Tessin erbaut, liegt. Durch eine kleine Strasse gelangt man von da zum Skeppsbrou (Schiffsbrücke), einer breiten Hafenstrasse, die gegen die See von einem Granitquai eingefasst ist, gegen die Stadt durch die Gross- handlungshäuser begrenzt wird. Mehrere Treppen führen zum Wasser hinab, wo Schiffe aller Nationen den Handelsverkehr Stockholms ver- mitteln. Hier herrscht das grösste Geschäftsleben, und die zahlreichen engen Gassen, in denen sich die Packhäuser der Kaufleute befinden, verleihen diesem Theile der Stadt einen eigenthümlichen und inter- essanten Charakter. Hier sind das Zollhaus und die beiden Häuser der Nationalbank.
Wenn man das Schloss zur Rechten lässt, gelangt man hinab zum Münzplatz -- Mynttorget -- das einstmalige Münzhaus, das hier steht, ist jetzt für die Bureaus der meisten Ministerien bestimmt und führt den Namen Kanzleihaus. Durch die Münzstrasse gelangt man zum Riddarhustorget (Ritterhausplatz), wo vor dem Ritterhaus das Standbild Gustav I. Erikson Wasa steht. Das Ritterhaus, eines der bedeutendsten Gebäude der Stadt, ist aus rothen Backsteinen erbaut
Der atlantische Ocean.
gegen den Hafen zu sich sanft senkender Berg, Slottsbacken (Schloss- berg). Auf demselben befindet sich eine Bronzestatue des Königs Gustav III. und ein zur Erinnerung an die im letzten russischen Kriege (1788—1790) bewiesene Treue der Bürger vom König ge- widmeter Obelisk.
Ebenfalls dem Südeingang des Schlosses gegenüber an dem Slottsbacken steht das Palais des Oberstatthalters von Stockholm, ursprünglich das Haus des berühmten Architekten Tessin. Hinter dem Obelisk steht die älteste Kirche Stockholms, die Nikolaikirche, ge- wöhnlich Storkyrkan (grosse Kirche) genannt; sie stammt aus der zweiten Hälfte des XIII. Jahrhunderts, wurde aber 1736—1743 gänzlich ungebaut und erhielt dabei den jetzigen zu ihrem Styl gar nicht passenden Thurm. Sie enthält zahlreiche werthvolle Alterthümer. In dieser Kirche werden die Könige gekrönt.
Mit dem Slottsbacken ist durch eine kleine Gasse der alte Markt- platz der Stadt, Stortorget, verbunden, auf dem das Stockholmer Blutbad stattfand, jene Massenhinrichtung am 10. und 11. November 1520, durch welche Christian II. von Dänemark die Vertreibung der Dänen herbeiführte. An der Stelle des alten Rathhauses, wo Christian II. dem Blutbade zusah, steht jetzt die Börse. Unweit des alten Markt- platzes befindet sich die deutsche oder Gertrudkirche und in deren Nähe die alte Synagoge der Juden. Weiter südlich erreicht man den Jantorg, an dem die schwedische Reichsbank, von Tessin erbaut, liegt. Durch eine kleine Strasse gelangt man von da zum Skeppsbrou (Schiffsbrücke), einer breiten Hafenstrasse, die gegen die See von einem Granitquai eingefasst ist, gegen die Stadt durch die Gross- handlungshäuser begrenzt wird. Mehrere Treppen führen zum Wasser hinab, wo Schiffe aller Nationen den Handelsverkehr Stockholms ver- mitteln. Hier herrscht das grösste Geschäftsleben, und die zahlreichen engen Gassen, in denen sich die Packhäuser der Kaufleute befinden, verleihen diesem Theile der Stadt einen eigenthümlichen und inter- essanten Charakter. Hier sind das Zollhaus und die beiden Häuser der Nationalbank.
Wenn man das Schloss zur Rechten lässt, gelangt man hinab zum Münzplatz — Mynttorget — das einstmalige Münzhaus, das hier steht, ist jetzt für die Bureaus der meisten Ministerien bestimmt und führt den Namen Kanzleihaus. Durch die Münzstrasse gelangt man zum Riddarhustorget (Ritterhausplatz), wo vor dem Ritterhaus das Standbild Gustav I. Erikson Wasa steht. Das Ritterhaus, eines der bedeutendsten Gebäude der Stadt, ist aus rothen Backsteinen erbaut
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Der atlantische Ocean.
gegen den Hafen zu sich sanft senkender Berg, Slottsbacken (Schloss-
berg). Auf demselben befindet sich eine Bronzestatue des Königs
Gustav III. und ein zur Erinnerung an die im letzten russischen
Kriege (1788—1790) bewiesene Treue der Bürger vom König ge-
widmeter Obelisk.
Ebenfalls dem Südeingang des Schlosses gegenüber an dem
Slottsbacken steht das Palais des Oberstatthalters von Stockholm,
ursprünglich das Haus des berühmten Architekten Tessin. Hinter dem
Obelisk steht die älteste Kirche Stockholms, die Nikolaikirche, ge-
wöhnlich Storkyrkan (grosse Kirche) genannt; sie stammt aus der
zweiten Hälfte des XIII. Jahrhunderts, wurde aber 1736—1743 gänzlich
ungebaut und erhielt dabei den jetzigen zu ihrem Styl gar nicht
passenden Thurm. Sie enthält zahlreiche werthvolle Alterthümer. In
dieser Kirche werden die Könige gekrönt.
Mit dem Slottsbacken ist durch eine kleine Gasse der alte Markt-
platz der Stadt, Stortorget, verbunden, auf dem das Stockholmer
Blutbad stattfand, jene Massenhinrichtung am 10. und 11. November
1520, durch welche Christian II. von Dänemark die Vertreibung der
Dänen herbeiführte. An der Stelle des alten Rathhauses, wo Christian II.
dem Blutbade zusah, steht jetzt die Börse. Unweit des alten Markt-
platzes befindet sich die deutsche oder Gertrudkirche und in deren
Nähe die alte Synagoge der Juden. Weiter südlich erreicht man den
Jantorg, an dem die schwedische Reichsbank, von Tessin erbaut,
liegt. Durch eine kleine Strasse gelangt man von da zum Skeppsbrou
(Schiffsbrücke), einer breiten Hafenstrasse, die gegen die See von
einem Granitquai eingefasst ist, gegen die Stadt durch die Gross-
handlungshäuser begrenzt wird. Mehrere Treppen führen zum Wasser
hinab, wo Schiffe aller Nationen den Handelsverkehr Stockholms ver-
mitteln. Hier herrscht das grösste Geschäftsleben, und die zahlreichen
engen Gassen, in denen sich die Packhäuser der Kaufleute befinden,
verleihen diesem Theile der Stadt einen eigenthümlichen und inter-
essanten Charakter. Hier sind das Zollhaus und die beiden Häuser
der Nationalbank.
Wenn man das Schloss zur Rechten lässt, gelangt man hinab
zum Münzplatz — Mynttorget — das einstmalige Münzhaus, das hier
steht, ist jetzt für die Bureaus der meisten Ministerien bestimmt und
führt den Namen Kanzleihaus. Durch die Münzstrasse gelangt man
zum Riddarhustorget (Ritterhausplatz), wo vor dem Ritterhaus das
Standbild Gustav I. Erikson Wasa steht. Das Ritterhaus, eines der
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 886. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/906>, abgerufen am 23.11.2024.
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