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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Der atlantische Ocean.
jetzige Schloss wurde mit vielen Unterbrechungen, die durch Kriege
und Geldmangel herbeigeführt waren, gebaut. Erst im Jahre 1754
konnte der Hof einziehen, und auch seitdem sind viele Veränderungen
und Neubauten vorgenommen worden. Das Schloss ist aus Back-
steinen aufgeführt und aussen mit Sandstein verkleidet, es bildet ein
fast quadratisches Viereck von 116 m von Osten gegen Westen und
124 m von Süden nach Norden. Im Osten und Westen befinden sich
je zwei Flügel gegen Norden und Süden, die in der Höhe bis zum
Mezzanin reichen. An der Westseite sind auch noch zwei freistehende,
halbrunde Flügelgebäude, welche den kleinen, äusseren Schlosshof
einschliessen, wo die Hauptwache sich befindet. Der grosse Hof in
der Mitte des Schlosses dient zur Abhaltung der Truppenrevuen
durch den König. Das Hauptgebäude besteht nach aussen aus einem
hohen Erdgeschosse, einem Mezzanin und zwei hohen Stockwerken.
Am imposantesten erscheint das Schloss von der Nordbrücke. Zur
nördlichen Facade führt eine aus Granitquadern im Zickzack aus-
geführte Rampe bis zum Eingangsthore des Schlosses. Die Rampe
hat von zwei in gleicher Höhe auf Piedestalen aufgestellten
kolossalen Löwen den Namen Lejonbacken (Löwenterrasse). Die
Aussicht von dieser Rampe ist wunderbar: zur Rechten hat man
das unabsehbar weite Labyrinth der Schären, welches hier die Ost-
seeküste umsäumt; zahlreiche Segel- und Dampfschiffe steuern durch
die engen Fahrstrassen. Jenseits des Stromes erheben sich majestä-
tisch das Nationalmuseum und das Grand Hotel; auf der Nordbrücke
wogt ein beständiger Strom von Fuhrwerken aller Art und Fuss-
gängern; zur Linken sieht man einen blauen Streifen des Mälarsees
mit der Eisenbahnbrücke und den übrigen Palästen. In dem nörd-
lichen Flügel des Schlosses wohnt das Königspaar und dort sind
auch die grossen Festsäle. Auf der Westseite führt eine pracht-
volle Marmortreppe mit Säulen, Perspectivgemälden, Medaillons und
bronzene Laternen tragenden Genien in die königlichen Gemächer.
Auf der Südseite führen schöne Treppen von schwedischem Marmor
in die Schlosscapelle und den sogenannten Reichssaal (Rikssalen);
letzterer wird bei Eröffnung des Reichstages und grossen Hoffest-
lichkeiten benützt. Auf der Ostseite befindet sich der Treppe ge-
genüber eine kolossale Gypsgruppe, Axel Oxenstjerna darstellend,
wie er der Muse der Geschichte die Thaten Gustav Adolf's die-
tirt. Im nordöstlichen Flügel des Schlosses ist die Nationalbib-
liothek untergebracht.

An der Südseite des königlichen Schlosses ist ein grosser,

Der atlantische Ocean.
jetzige Schloss wurde mit vielen Unterbrechungen, die durch Kriege
und Geldmangel herbeigeführt waren, gebaut. Erst im Jahre 1754
konnte der Hof einziehen, und auch seitdem sind viele Veränderungen
und Neubauten vorgenommen worden. Das Schloss ist aus Back-
steinen aufgeführt und aussen mit Sandstein verkleidet, es bildet ein
fast quadratisches Viereck von 116 m von Osten gegen Westen und
124 m von Süden nach Norden. Im Osten und Westen befinden sich
je zwei Flügel gegen Norden und Süden, die in der Höhe bis zum
Mezzanin reichen. An der Westseite sind auch noch zwei freistehende,
halbrunde Flügelgebäude, welche den kleinen, äusseren Schlosshof
einschliessen, wo die Hauptwache sich befindet. Der grosse Hof in
der Mitte des Schlosses dient zur Abhaltung der Truppenrevuen
durch den König. Das Hauptgebäude besteht nach aussen aus einem
hohen Erdgeschosse, einem Mezzanin und zwei hohen Stockwerken.
Am imposantesten erscheint das Schloss von der Nordbrücke. Zur
nördlichen Façade führt eine aus Granitquadern im Zickzack aus-
geführte Rampe bis zum Eingangsthore des Schlosses. Die Rampe
hat von zwei in gleicher Höhe auf Piedestalen aufgestellten
kolossalen Löwen den Namen Lejonbacken (Löwenterrasse). Die
Aussicht von dieser Rampe ist wunderbar: zur Rechten hat man
das unabsehbar weite Labyrinth der Schären, welches hier die Ost-
seeküste umsäumt; zahlreiche Segel- und Dampfschiffe steuern durch
die engen Fahrstrassen. Jenseits des Stromes erheben sich majestä-
tisch das Nationalmuseum und das Grand Hôtel; auf der Nordbrücke
wogt ein beständiger Strom von Fuhrwerken aller Art und Fuss-
gängern; zur Linken sieht man einen blauen Streifen des Mälarsees
mit der Eisenbahnbrücke und den übrigen Palästen. In dem nörd-
lichen Flügel des Schlosses wohnt das Königspaar und dort sind
auch die grossen Festsäle. Auf der Westseite führt eine pracht-
volle Marmortreppe mit Säulen, Perspectivgemälden, Medaillons und
bronzene Laternen tragenden Genien in die königlichen Gemächer.
Auf der Südseite führen schöne Treppen von schwedischem Marmor
in die Schlosscapelle und den sogenannten Reichssaal (Rikssalen);
letzterer wird bei Eröffnung des Reichstages und grossen Hoffest-
lichkeiten benützt. Auf der Ostseite befindet sich der Treppe ge-
genüber eine kolossale Gypsgruppe, Axel Oxenstjerna darstellend,
wie er der Muse der Geschichte die Thaten Gustav Adolf’s die-
tirt. Im nordöstlichen Flügel des Schlosses ist die Nationalbib-
liothek untergebracht.

An der Südseite des königlichen Schlosses ist ein grosser,

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[884/0904] Der atlantische Ocean. jetzige Schloss wurde mit vielen Unterbrechungen, die durch Kriege und Geldmangel herbeigeführt waren, gebaut. Erst im Jahre 1754 konnte der Hof einziehen, und auch seitdem sind viele Veränderungen und Neubauten vorgenommen worden. Das Schloss ist aus Back- steinen aufgeführt und aussen mit Sandstein verkleidet, es bildet ein fast quadratisches Viereck von 116 m von Osten gegen Westen und 124 m von Süden nach Norden. Im Osten und Westen befinden sich je zwei Flügel gegen Norden und Süden, die in der Höhe bis zum Mezzanin reichen. An der Westseite sind auch noch zwei freistehende, halbrunde Flügelgebäude, welche den kleinen, äusseren Schlosshof einschliessen, wo die Hauptwache sich befindet. Der grosse Hof in der Mitte des Schlosses dient zur Abhaltung der Truppenrevuen durch den König. Das Hauptgebäude besteht nach aussen aus einem hohen Erdgeschosse, einem Mezzanin und zwei hohen Stockwerken. Am imposantesten erscheint das Schloss von der Nordbrücke. Zur nördlichen Façade führt eine aus Granitquadern im Zickzack aus- geführte Rampe bis zum Eingangsthore des Schlosses. Die Rampe hat von zwei in gleicher Höhe auf Piedestalen aufgestellten kolossalen Löwen den Namen Lejonbacken (Löwenterrasse). Die Aussicht von dieser Rampe ist wunderbar: zur Rechten hat man das unabsehbar weite Labyrinth der Schären, welches hier die Ost- seeküste umsäumt; zahlreiche Segel- und Dampfschiffe steuern durch die engen Fahrstrassen. Jenseits des Stromes erheben sich majestä- tisch das Nationalmuseum und das Grand Hôtel; auf der Nordbrücke wogt ein beständiger Strom von Fuhrwerken aller Art und Fuss- gängern; zur Linken sieht man einen blauen Streifen des Mälarsees mit der Eisenbahnbrücke und den übrigen Palästen. In dem nörd- lichen Flügel des Schlosses wohnt das Königspaar und dort sind auch die grossen Festsäle. Auf der Westseite führt eine pracht- volle Marmortreppe mit Säulen, Perspectivgemälden, Medaillons und bronzene Laternen tragenden Genien in die königlichen Gemächer. Auf der Südseite führen schöne Treppen von schwedischem Marmor in die Schlosscapelle und den sogenannten Reichssaal (Rikssalen); letzterer wird bei Eröffnung des Reichstages und grossen Hoffest- lichkeiten benützt. Auf der Ostseite befindet sich der Treppe ge- genüber eine kolossale Gypsgruppe, Axel Oxenstjerna darstellend, wie er der Muse der Geschichte die Thaten Gustav Adolf’s die- tirt. Im nordöstlichen Flügel des Schlosses ist die Nationalbib- liothek untergebracht. An der Südseite des königlichen Schlosses ist ein grosser,

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 884. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/904>, abgerufen am 18.05.2024.