hunderts weitergeführt wurde; doch ist von den beiden Westthürmen nur einer mit 57 m Höhe vollendet. Der Dom enthält sehenswerthe Alterthümer und viele Grabdenkmäler, darunter das durch seine Grösse ausgezeichnete des 1588 verstorbenen Herzogs Albrecht I. von Preussen.
In der Gruft ruhen die irdischen Ueberreste des Weisen von Königsberg; die Marmorbüste Kant's und die hehren Worte der In- schrift: "Der bestirnte Himmel über mir, das moralische Gesetz in mir" und dessen Werke "Kritik der praktischen Vernunft" erfüllen den Raum oberhalb der Gruft mit besonderer Weihe.
Oestlich des Domes liegt am alten Pregel das alte Universitäts- gebäude, worin gegenwärtig die Stadtbibliothek untergebracht ist.
Am linken Pregelufer zieht zwischen der Grünen- und der Köttelbrücke das 1875 vollendete Gebäude der Börse die Aufmerk- samkeit auf sich. Der stattliche, im Style der italienischen Renaissance von dem Bremer Architekten Müller errichtete, in Sandstein ausge- führte und mit allegorischen Figuren geschmückte Bau hat die Haupt- front gegen Westen gerichtet.
Der Pregel ist wegen seiner erheblichen Tiefe (5 - 6 m oberhalb -- östlich -- der Stadt, innerhalb der Stadt und unterhalb derselben bis zu 10 m) sowohl für den Verkehr von Flussfahrzeugen wie von Seeschiffen geeignet; doch herrscht oberhalb der Stadt der Verkehr mit Flussschiffen und Holzflössen vor. Innerhalb der Stadt gewinnt der Verkehr der von Pillau kommenden Seeschiffe die Oberhand. Dieselben können freilich wegen der Seichtigkeit des Frischen Haffs nur mit etwa 4 m Tauchtiefe in Königsberg ein- und auslaufen; tiefergehende Schiffe müssen demnach zur Fahrt von Königsberg nach Pillau und umgekehrt entsprechend leichtern. So lange nicht die Schiffahrt auf dem Haff durch Eis geschlossen ist -- und dies ist infolge des seit einigen Jahren thätigen Eisbrechers nur auf wenige strenge Wintermonate beschränkt -- kommen alle im Vorhafen Pillau seewärts einlaufenden Schiffe mit wenigen Ausnahmen nach Königsberg, weil trotz der durch die Leichterung entstehenden Kosten der Transport der Waare auf dem Wasserwege von Pillau durch das Haff nach Königsberg und umgekehrt sich billiger stellt als auf dem Bahnwege, und weil auch in Pillau infolge räumlicher Beschränkung die Errichtung ausreichender Handelsanlagen nicht möglich ist. Während des Schlusses der Schiffahrt ist der Seeverkehr auf den Vorhafen Pillau beschränkt, der während des ganzen Winters eisfrei gehalten wird. Mit Schiffahrtsanlagen ist Pillau, wie unser Plan zeigt, aus- reichend ausgestattet.
Der atlantische Ocean.
hunderts weitergeführt wurde; doch ist von den beiden Westthürmen nur einer mit 57 m Höhe vollendet. Der Dom enthält sehenswerthe Alterthümer und viele Grabdenkmäler, darunter das durch seine Grösse ausgezeichnete des 1588 verstorbenen Herzogs Albrecht I. von Preussen.
In der Gruft ruhen die irdischen Ueberreste des Weisen von Königsberg; die Marmorbüste Kant’s und die hehren Worte der In- schrift: „Der bestirnte Himmel über mir, das moralische Gesetz in mir“ und dessen Werke „Kritik der praktischen Vernunft“ erfüllen den Raum oberhalb der Gruft mit besonderer Weihe.
Oestlich des Domes liegt am alten Pregel das alte Universitäts- gebäude, worin gegenwärtig die Stadtbibliothek untergebracht ist.
Am linken Pregelufer zieht zwischen der Grünen- und der Köttelbrücke das 1875 vollendete Gebäude der Börse die Aufmerk- samkeit auf sich. Der stattliche, im Style der italienischen Renaissance von dem Bremer Architekten Müller errichtete, in Sandstein ausge- führte und mit allegorischen Figuren geschmückte Bau hat die Haupt- front gegen Westen gerichtet.
Der Pregel ist wegen seiner erheblichen Tiefe (5 ‒ 6 m oberhalb — östlich — der Stadt, innerhalb der Stadt und unterhalb derselben bis zu 10 m) sowohl für den Verkehr von Flussfahrzeugen wie von Seeschiffen geeignet; doch herrscht oberhalb der Stadt der Verkehr mit Flussschiffen und Holzflössen vor. Innerhalb der Stadt gewinnt der Verkehr der von Pillau kommenden Seeschiffe die Oberhand. Dieselben können freilich wegen der Seichtigkeit des Frischen Haffs nur mit etwa 4 m Tauchtiefe in Königsberg ein- und auslaufen; tiefergehende Schiffe müssen demnach zur Fahrt von Königsberg nach Pillau und umgekehrt entsprechend leichtern. So lange nicht die Schiffahrt auf dem Haff durch Eis geschlossen ist — und dies ist infolge des seit einigen Jahren thätigen Eisbrechers nur auf wenige strenge Wintermonate beschränkt — kommen alle im Vorhafen Pillau seewärts einlaufenden Schiffe mit wenigen Ausnahmen nach Königsberg, weil trotz der durch die Leichterung entstehenden Kosten der Transport der Waare auf dem Wasserwege von Pillau durch das Haff nach Königsberg und umgekehrt sich billiger stellt als auf dem Bahnwege, und weil auch in Pillau infolge räumlicher Beschränkung die Errichtung ausreichender Handelsanlagen nicht möglich ist. Während des Schlusses der Schiffahrt ist der Seeverkehr auf den Vorhafen Pillau beschränkt, der während des ganzen Winters eisfrei gehalten wird. Mit Schiffahrtsanlagen ist Pillau, wie unser Plan zeigt, aus- reichend ausgestattet.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0858"n="838"/><fwplace="top"type="header">Der atlantische Ocean.</fw><lb/>
hunderts weitergeführt wurde; doch ist von den beiden Westthürmen<lb/>
nur einer mit 57 <hirendition="#i">m</hi> Höhe vollendet. Der Dom enthält sehenswerthe<lb/>
Alterthümer und viele Grabdenkmäler, darunter das durch seine Grösse<lb/>
ausgezeichnete des 1588 verstorbenen Herzogs Albrecht I. von Preussen.</p><lb/><p>In der Gruft ruhen die irdischen Ueberreste des Weisen von<lb/>
Königsberg; die Marmorbüste Kant’s und die hehren Worte der In-<lb/>
schrift: „Der bestirnte Himmel über mir, das moralische Gesetz in<lb/>
mir“ und dessen Werke „Kritik der praktischen Vernunft“ erfüllen<lb/>
den Raum oberhalb der Gruft mit besonderer Weihe.</p><lb/><p>Oestlich des Domes liegt am alten Pregel das alte Universitäts-<lb/>
gebäude, worin gegenwärtig die Stadtbibliothek untergebracht ist.</p><lb/><p>Am linken Pregelufer zieht zwischen der Grünen- und der<lb/>
Köttelbrücke das 1875 vollendete Gebäude der Börse die Aufmerk-<lb/>
samkeit auf sich. Der stattliche, im Style der italienischen Renaissance<lb/>
von dem Bremer Architekten Müller errichtete, in Sandstein ausge-<lb/>
führte und mit allegorischen Figuren geschmückte Bau hat die Haupt-<lb/>
front gegen Westen gerichtet.</p><lb/><p>Der Pregel ist wegen seiner erheblichen Tiefe (5 ‒ 6 <hirendition="#i">m</hi> oberhalb<lb/>— östlich — der Stadt, innerhalb der Stadt und unterhalb derselben<lb/>
bis zu 10 <hirendition="#i">m</hi>) sowohl für den Verkehr von Flussfahrzeugen wie von<lb/>
Seeschiffen geeignet; doch herrscht oberhalb der Stadt der Verkehr<lb/>
mit Flussschiffen und Holzflössen vor. Innerhalb der Stadt gewinnt<lb/>
der Verkehr der von Pillau kommenden Seeschiffe die Oberhand.<lb/>
Dieselben können freilich wegen der Seichtigkeit des Frischen Haffs<lb/>
nur mit etwa 4 <hirendition="#i">m</hi> Tauchtiefe in Königsberg ein- und auslaufen;<lb/>
tiefergehende Schiffe müssen demnach zur Fahrt von Königsberg nach<lb/>
Pillau und umgekehrt entsprechend leichtern. So lange nicht die<lb/>
Schiffahrt auf dem Haff durch Eis geschlossen ist — und dies ist<lb/>
infolge des seit einigen Jahren thätigen Eisbrechers nur auf wenige<lb/>
strenge Wintermonate beschränkt — kommen alle im Vorhafen<lb/>
Pillau seewärts einlaufenden Schiffe mit wenigen Ausnahmen nach<lb/>
Königsberg, weil trotz der durch die Leichterung entstehenden Kosten<lb/>
der Transport der Waare auf dem Wasserwege von Pillau durch das<lb/>
Haff nach Königsberg und umgekehrt sich billiger stellt als auf dem<lb/>
Bahnwege, und weil auch in Pillau infolge räumlicher Beschränkung<lb/>
die Errichtung ausreichender Handelsanlagen nicht möglich ist. Während<lb/>
des Schlusses der Schiffahrt ist der Seeverkehr auf den Vorhafen<lb/>
Pillau beschränkt, der während des ganzen Winters eisfrei gehalten<lb/>
wird. Mit Schiffahrtsanlagen ist Pillau, wie unser Plan zeigt, aus-<lb/>
reichend ausgestattet.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[838/0858]
Der atlantische Ocean.
hunderts weitergeführt wurde; doch ist von den beiden Westthürmen
nur einer mit 57 m Höhe vollendet. Der Dom enthält sehenswerthe
Alterthümer und viele Grabdenkmäler, darunter das durch seine Grösse
ausgezeichnete des 1588 verstorbenen Herzogs Albrecht I. von Preussen.
In der Gruft ruhen die irdischen Ueberreste des Weisen von
Königsberg; die Marmorbüste Kant’s und die hehren Worte der In-
schrift: „Der bestirnte Himmel über mir, das moralische Gesetz in
mir“ und dessen Werke „Kritik der praktischen Vernunft“ erfüllen
den Raum oberhalb der Gruft mit besonderer Weihe.
Oestlich des Domes liegt am alten Pregel das alte Universitäts-
gebäude, worin gegenwärtig die Stadtbibliothek untergebracht ist.
Am linken Pregelufer zieht zwischen der Grünen- und der
Köttelbrücke das 1875 vollendete Gebäude der Börse die Aufmerk-
samkeit auf sich. Der stattliche, im Style der italienischen Renaissance
von dem Bremer Architekten Müller errichtete, in Sandstein ausge-
führte und mit allegorischen Figuren geschmückte Bau hat die Haupt-
front gegen Westen gerichtet.
Der Pregel ist wegen seiner erheblichen Tiefe (5 ‒ 6 m oberhalb
— östlich — der Stadt, innerhalb der Stadt und unterhalb derselben
bis zu 10 m) sowohl für den Verkehr von Flussfahrzeugen wie von
Seeschiffen geeignet; doch herrscht oberhalb der Stadt der Verkehr
mit Flussschiffen und Holzflössen vor. Innerhalb der Stadt gewinnt
der Verkehr der von Pillau kommenden Seeschiffe die Oberhand.
Dieselben können freilich wegen der Seichtigkeit des Frischen Haffs
nur mit etwa 4 m Tauchtiefe in Königsberg ein- und auslaufen;
tiefergehende Schiffe müssen demnach zur Fahrt von Königsberg nach
Pillau und umgekehrt entsprechend leichtern. So lange nicht die
Schiffahrt auf dem Haff durch Eis geschlossen ist — und dies ist
infolge des seit einigen Jahren thätigen Eisbrechers nur auf wenige
strenge Wintermonate beschränkt — kommen alle im Vorhafen
Pillau seewärts einlaufenden Schiffe mit wenigen Ausnahmen nach
Königsberg, weil trotz der durch die Leichterung entstehenden Kosten
der Transport der Waare auf dem Wasserwege von Pillau durch das
Haff nach Königsberg und umgekehrt sich billiger stellt als auf dem
Bahnwege, und weil auch in Pillau infolge räumlicher Beschränkung
die Errichtung ausreichender Handelsanlagen nicht möglich ist. Während
des Schlusses der Schiffahrt ist der Seeverkehr auf den Vorhafen
Pillau beschränkt, der während des ganzen Winters eisfrei gehalten
wird. Mit Schiffahrtsanlagen ist Pillau, wie unser Plan zeigt, aus-
reichend ausgestattet.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 838. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/858>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.