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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Der atlantische Ocean.

An der Nordwestseite des Golfes springt die Halbinsel Hela mit
den Leuchtfeuern von Heisternest und Hela vor und bildet die gut
geschützte, durch das Leuchtfeuer von Oxhöft beleuchtete Putziger
Wiek.

Im östlichen Theile des Golfes mündet bei Pillau, dem Vor-
hafen der alten Königsstadt Königsberg, der Ausfluss des Frischen Haffs.

Danzigs Handelsstellung beruht auf seiner Lage an einer sehr
geschützten, auch im Winter meist eisfreien Rhede (innerhalb der
Hafengewässer wird in strengen Wintern die Fahrt durch Eisbrecher
offengehalten) und an der Mündung der schiffbaren Weichsel, die
etwa 200 km oberhalb bei Thorn aus dem russischen Gebiete in das
preussische eintritt und ihre grossen Nebenflüsse in Russland hat.

Das Hinterland Danzigs liegt also in weit grösserem Masse in
Russland als in Preussen, und so lange der Wasserweg für den Handel
dieser Gegenden entscheidend war, vermittelte Danzig auch den aus-
wärtigen Handel derselben. Der Ausbau des Eisenbahnnetzes gibt aber
der russischen Regierung das Mittel in die Hand, durch Tarifmass-
regeln die Ausfuhr aller werthvolleren Artikel, vom Getreide ange-
fangen, möglichst von den deutschen Häfen abzulenken und nach den
eigenen Häfen an der Ostsee und am Schwarzen Meere zu leiten.
Nur Holz, für welches die Wasserfracht unentbehrlich ist, bleibt Danzig
bisher noch ganz erhalten. Die Einfuhr mancher Waaren, wie der
Baumwolle, über Danzig wird durch Differentialzölle, die auf den
Transport über die Landesgrenze gelegt sind, unterbunden.

Durch diese Verkehrspolitik des russischen Nachbarreiches gehen
Danzig jene Einfuhrartikel grossentheils verloren, welche als Rück-
fracht der von Danzig mit Getreide, Holz, Zucker, Spiritus u. s. w.
ausgehenden Schiffe nicht nur für die Seeschiffahrt, den Stromschiff-
fahrtsbetrieb auf der Weichsel und den Verkehr auf den nach Danzig
führenden Eisenbahnen von erheblicher Bedeutung sind.

Durch diese Veränderungen im Verkehre der russischen Export-
artikel ist aber dem Danziger wie dem Königsberger Hafen sein
früheres Gepräge genommen worden. Wie ganz anders sah es da
vor dreissig Jahren aus, als Sommers über hunderte von ganz originell
gebauten russischen Schiffen kamen, auf denen alle Abende die
polnisch-russische Bemannung ihre melancholischen Lieder sang, end-
lich wenn Waaren und Schiffe verkaufte und ausbezahlt waren,
die verschiedensten Gegenstände einkaufte und schwer beladen längs
der Weichsel zu Fuss ihren Heimweg antrat, um nach Wochen die
Städte und Dörfer, aus denen sie gekommen waren, wieder zu erreichen.


Der atlantische Ocean.

An der Nordwestseite des Golfes springt die Halbinsel Hela mit
den Leuchtfeuern von Heisternest und Hela vor und bildet die gut
geschützte, durch das Leuchtfeuer von Oxhöft beleuchtete Putziger
Wiek.

Im östlichen Theile des Golfes mündet bei Pillau, dem Vor-
hafen der alten Königsstadt Königsberg, der Ausfluss des Frischen Haffs.

Danzigs Handelsstellung beruht auf seiner Lage an einer sehr
geschützten, auch im Winter meist eisfreien Rhede (innerhalb der
Hafengewässer wird in strengen Wintern die Fahrt durch Eisbrecher
offengehalten) und an der Mündung der schiffbaren Weichsel, die
etwa 200 km oberhalb bei Thorn aus dem russischen Gebiete in das
preussische eintritt und ihre grossen Nebenflüsse in Russland hat.

Das Hinterland Danzigs liegt also in weit grösserem Masse in
Russland als in Preussen, und so lange der Wasserweg für den Handel
dieser Gegenden entscheidend war, vermittelte Danzig auch den aus-
wärtigen Handel derselben. Der Ausbau des Eisenbahnnetzes gibt aber
der russischen Regierung das Mittel in die Hand, durch Tarifmass-
regeln die Ausfuhr aller werthvolleren Artikel, vom Getreide ange-
fangen, möglichst von den deutschen Häfen abzulenken und nach den
eigenen Häfen an der Ostsee und am Schwarzen Meere zu leiten.
Nur Holz, für welches die Wasserfracht unentbehrlich ist, bleibt Danzig
bisher noch ganz erhalten. Die Einfuhr mancher Waaren, wie der
Baumwolle, über Danzig wird durch Differentialzölle, die auf den
Transport über die Landesgrenze gelegt sind, unterbunden.

Durch diese Verkehrspolitik des russischen Nachbarreiches gehen
Danzig jene Einfuhrartikel grossentheils verloren, welche als Rück-
fracht der von Danzig mit Getreide, Holz, Zucker, Spiritus u. s. w.
ausgehenden Schiffe nicht nur für die Seeschiffahrt, den Stromschiff-
fahrtsbetrieb auf der Weichsel und den Verkehr auf den nach Danzig
führenden Eisenbahnen von erheblicher Bedeutung sind.

Durch diese Veränderungen im Verkehre der russischen Export-
artikel ist aber dem Danziger wie dem Königsberger Hafen sein
früheres Gepräge genommen worden. Wie ganz anders sah es da
vor dreissig Jahren aus, als Sommers über hunderte von ganz originell
gebauten russischen Schiffen kamen, auf denen alle Abende die
polnisch-russische Bemannung ihre melancholischen Lieder sang, end-
lich wenn Waaren und Schiffe verkaufte und ausbezahlt waren,
die verschiedensten Gegenstände einkaufte und schwer beladen längs
der Weichsel zu Fuss ihren Heimweg antrat, um nach Wochen die
Städte und Dörfer, aus denen sie gekommen waren, wieder zu erreichen.


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[830/0850] Der atlantische Ocean. An der Nordwestseite des Golfes springt die Halbinsel Hela mit den Leuchtfeuern von Heisternest und Hela vor und bildet die gut geschützte, durch das Leuchtfeuer von Oxhöft beleuchtete Putziger Wiek. Im östlichen Theile des Golfes mündet bei Pillau, dem Vor- hafen der alten Königsstadt Königsberg, der Ausfluss des Frischen Haffs. Danzigs Handelsstellung beruht auf seiner Lage an einer sehr geschützten, auch im Winter meist eisfreien Rhede (innerhalb der Hafengewässer wird in strengen Wintern die Fahrt durch Eisbrecher offengehalten) und an der Mündung der schiffbaren Weichsel, die etwa 200 km oberhalb bei Thorn aus dem russischen Gebiete in das preussische eintritt und ihre grossen Nebenflüsse in Russland hat. Das Hinterland Danzigs liegt also in weit grösserem Masse in Russland als in Preussen, und so lange der Wasserweg für den Handel dieser Gegenden entscheidend war, vermittelte Danzig auch den aus- wärtigen Handel derselben. Der Ausbau des Eisenbahnnetzes gibt aber der russischen Regierung das Mittel in die Hand, durch Tarifmass- regeln die Ausfuhr aller werthvolleren Artikel, vom Getreide ange- fangen, möglichst von den deutschen Häfen abzulenken und nach den eigenen Häfen an der Ostsee und am Schwarzen Meere zu leiten. Nur Holz, für welches die Wasserfracht unentbehrlich ist, bleibt Danzig bisher noch ganz erhalten. Die Einfuhr mancher Waaren, wie der Baumwolle, über Danzig wird durch Differentialzölle, die auf den Transport über die Landesgrenze gelegt sind, unterbunden. Durch diese Verkehrspolitik des russischen Nachbarreiches gehen Danzig jene Einfuhrartikel grossentheils verloren, welche als Rück- fracht der von Danzig mit Getreide, Holz, Zucker, Spiritus u. s. w. ausgehenden Schiffe nicht nur für die Seeschiffahrt, den Stromschiff- fahrtsbetrieb auf der Weichsel und den Verkehr auf den nach Danzig führenden Eisenbahnen von erheblicher Bedeutung sind. Durch diese Veränderungen im Verkehre der russischen Export- artikel ist aber dem Danziger wie dem Königsberger Hafen sein früheres Gepräge genommen worden. Wie ganz anders sah es da vor dreissig Jahren aus, als Sommers über hunderte von ganz originell gebauten russischen Schiffen kamen, auf denen alle Abende die polnisch-russische Bemannung ihre melancholischen Lieder sang, end- lich wenn Waaren und Schiffe verkaufte und ausbezahlt waren, die verschiedensten Gegenstände einkaufte und schwer beladen längs der Weichsel zu Fuss ihren Heimweg antrat, um nach Wochen die Städte und Dörfer, aus denen sie gekommen waren, wieder zu erreichen.

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 830. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/850>, abgerufen am 23.11.2024.