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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Venedig.
rohen, aufgehört. Der Reis, welcher über Venedig exportirt wird, stammt aus der
Romagna.

Bedeutend ist die Einfuhr von Kaffee, wobei man bemerkt, dass Venedig
sich bestrebt, in directen Verkehr mit den Ursprungsländern zu treten. Es ist
dies die einzige Lichtseite im Handel Venedigs. So bezieht man Kaffee aus Bra-
silien direct, aber mittelst Umladung in Liverpool und Marseille. Westindische
Sorten werden über die Kaffeeplätze Westeuropas und über New-York bezogen.

Der grösste Theil des eingeführten Zuckers, der in Italien raffinirt wird,
stammt aus Oesterreich-Ungarn.

Venedig ist ein Hauptort des Handels mit Oelen. Dem Werthe nach
nehmen sie in der Einfuhr die zweite (1887 16·8 Millionen Lire), in der Ausfuhr
die dritte Stelle (13·5 Millionen Lire) ein. Besonders gesucht sind hier die mittel-
feinen Gattungen des Olivenöls aus Bari. Viel Olivenöl kommt gemischt mit
Baumwollsamenöl aus Triest auf den hiesigen Markt. Oelsaaten werden aus Indien
eingeführt.

Wein wird aus Griechenland gebracht. Die Gattungen von Sta. Maura und
Corfu sind beliebt zum Mischen. Ungarische und dalmatinische erscheinen zumeist
nur dann auf diesem Markte, wenn die Ernte im Lande missrathen ist.

Branntwein ist in den Einfuhrlisten für 1887 mit 10·6 Millionen Lire
ausgewiesen, daneben findet ein rentabler Schmuggel statt.

Bekanntlich ist die Lederindustrie Italiens bedeutend, und der Hafen von
Venedig spielt in der Versorgung derselben mit Häuten eine wichtige Rolle. Man
bezieht diese vor allem aus Shanghai, dann auch aus Calcutta, Aegypten und Bahia.

Baumwolle wurde 1887 für 13·7 Millionen Lire, Rohseide für 6·1 Millionen
Lire und Schafwolle für 2 Millionen Lire eingeführt und in den Fabriken des
Inlandes verarbeitet.

Steinkohlen kommen aus England, Petroleum aus Amerika und Russ-
land. Das russische Petroleum verdrängt das amerikanische, obwohl dieses viel
beliebter ist, weil man gute Einrichtungen für das Ausladen und Lagern des
russischen getroffen hat.

Von Industrieartikeln werden Manufacturen (7·2 Millionen Lire) und ver-
arbeitete Metalle eingeführt.

Die Ausfuhr ist wie gesagt von untergeordneter Bedeutung und überdies
im Rückgange begriffen. In erster Linie stehen Manufacturen für etwa 13 Mil-
lionen Lire. Der Holzexport (1887 3 Millionen Lire), der noch vor kurzem sehr
bedeutend war, ist heute auf die Zufuhren aus Pieve di Cadore und der Romagna
angewiesen. Triest verdrängt Venedig aus einem Handelsplatze nach dem andern.
Anständigen Gewinn lässt die Ausfuhr des berühmten Hanfes der Romagna, des
besten der Welt, dessen Absatzgebiet übrigens durch den Verbrauch der Jute
sehr eingeschränkt ist, und der jetzt fast nur mehr für die Zwecke der Marine
Verwendung findet. Exportwerth 1887 6·9 Millionen Lire.

Die Ausfuhr des Papieres geht zurück, weil die Concurrenz der französi-
schen Waaren in der Levante zu mächtig ist. Die venezianische Specialität der
Glas- und Emailwaaren behauptet sich nur mit Opfern im Auslande. Das gilt
namentlich von den Emailglasperlen, deren Hauptmarkt Calcutta ist. Wie anders
stand die Glasindustrie Venedigs im Anfange des XVIII. Jahrunderts da, als Colbert
Arbeiter aus Murano entführen liess, um die Erzeugung der berühmten venetiani-
schen Spiegel in Frankreich einzuführen.


Die Seehäfen des Weltverkehrs. I. Band. 7

Venedig.
rohen, aufgehört. Der Reis, welcher über Venedig exportirt wird, stammt aus der
Romagna.

Bedeutend ist die Einfuhr von Kaffee, wobei man bemerkt, dass Venedig
sich bestrebt, in directen Verkehr mit den Ursprungsländern zu treten. Es ist
dies die einzige Lichtseite im Handel Venedigs. So bezieht man Kaffee aus Bra-
silien direct, aber mittelst Umladung in Liverpool und Marseille. Westindische
Sorten werden über die Kaffeeplätze Westeuropas und über New-York bezogen.

Der grösste Theil des eingeführten Zuckers, der in Italien raffinirt wird,
stammt aus Oesterreich-Ungarn.

Venedig ist ein Hauptort des Handels mit Oelen. Dem Werthe nach
nehmen sie in der Einfuhr die zweite (1887 16·8 Millionen Lire), in der Ausfuhr
die dritte Stelle (13·5 Millionen Lire) ein. Besonders gesucht sind hier die mittel-
feinen Gattungen des Olivenöls aus Bari. Viel Olivenöl kommt gemischt mit
Baumwollsamenöl aus Triest auf den hiesigen Markt. Oelsaaten werden aus Indien
eingeführt.

Wein wird aus Griechenland gebracht. Die Gattungen von Sta. Maura und
Corfù sind beliebt zum Mischen. Ungarische und dalmatinische erscheinen zumeist
nur dann auf diesem Markte, wenn die Ernte im Lande missrathen ist.

Branntwein ist in den Einfuhrlisten für 1887 mit 10·6 Millionen Lire
ausgewiesen, daneben findet ein rentabler Schmuggel statt.

Bekanntlich ist die Lederindustrie Italiens bedeutend, und der Hafen von
Venedig spielt in der Versorgung derselben mit Häuten eine wichtige Rolle. Man
bezieht diese vor allem aus Shanghai, dann auch aus Calcutta, Aegypten und Bahia.

Baumwolle wurde 1887 für 13·7 Millionen Lire, Rohseide für 6·1 Millionen
Lire und Schafwolle für 2 Millionen Lire eingeführt und in den Fabriken des
Inlandes verarbeitet.

Steinkohlen kommen aus England, Petroleum aus Amerika und Russ-
land. Das russische Petroleum verdrängt das amerikanische, obwohl dieses viel
beliebter ist, weil man gute Einrichtungen für das Ausladen und Lagern des
russischen getroffen hat.

Von Industrieartikeln werden Manufacturen (7·2 Millionen Lire) und ver-
arbeitete Metalle eingeführt.

Die Ausfuhr ist wie gesagt von untergeordneter Bedeutung und überdies
im Rückgange begriffen. In erster Linie stehen Manufacturen für etwa 13 Mil-
lionen Lire. Der Holzexport (1887 3 Millionen Lire), der noch vor kurzem sehr
bedeutend war, ist heute auf die Zufuhren aus Pieve di Cadore und der Romagna
angewiesen. Triest verdrängt Venedig aus einem Handelsplatze nach dem andern.
Anständigen Gewinn lässt die Ausfuhr des berühmten Hanfes der Romagna, des
besten der Welt, dessen Absatzgebiet übrigens durch den Verbrauch der Jute
sehr eingeschränkt ist, und der jetzt fast nur mehr für die Zwecke der Marine
Verwendung findet. Exportwerth 1887 6·9 Millionen Lire.

Die Ausfuhr des Papieres geht zurück, weil die Concurrenz der französi-
schen Waaren in der Levante zu mächtig ist. Die venezianische Specialität der
Glas- und Emailwaaren behauptet sich nur mit Opfern im Auslande. Das gilt
namentlich von den Emailglasperlen, deren Hauptmarkt Calcutta ist. Wie anders
stand die Glasindustrie Venedigs im Anfange des XVIII. Jahrunderts da, als Colbert
Arbeiter aus Murano entführen liess, um die Erzeugung der berühmten venetiani-
schen Spiegel in Frankreich einzuführen.


Die Seehäfen des Weltverkehrs. I. Band. 7
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[49/0069] Venedig. rohen, aufgehört. Der Reis, welcher über Venedig exportirt wird, stammt aus der Romagna. Bedeutend ist die Einfuhr von Kaffee, wobei man bemerkt, dass Venedig sich bestrebt, in directen Verkehr mit den Ursprungsländern zu treten. Es ist dies die einzige Lichtseite im Handel Venedigs. So bezieht man Kaffee aus Bra- silien direct, aber mittelst Umladung in Liverpool und Marseille. Westindische Sorten werden über die Kaffeeplätze Westeuropas und über New-York bezogen. Der grösste Theil des eingeführten Zuckers, der in Italien raffinirt wird, stammt aus Oesterreich-Ungarn. Venedig ist ein Hauptort des Handels mit Oelen. Dem Werthe nach nehmen sie in der Einfuhr die zweite (1887 16·8 Millionen Lire), in der Ausfuhr die dritte Stelle (13·5 Millionen Lire) ein. Besonders gesucht sind hier die mittel- feinen Gattungen des Olivenöls aus Bari. Viel Olivenöl kommt gemischt mit Baumwollsamenöl aus Triest auf den hiesigen Markt. Oelsaaten werden aus Indien eingeführt. Wein wird aus Griechenland gebracht. Die Gattungen von Sta. Maura und Corfù sind beliebt zum Mischen. Ungarische und dalmatinische erscheinen zumeist nur dann auf diesem Markte, wenn die Ernte im Lande missrathen ist. Branntwein ist in den Einfuhrlisten für 1887 mit 10·6 Millionen Lire ausgewiesen, daneben findet ein rentabler Schmuggel statt. Bekanntlich ist die Lederindustrie Italiens bedeutend, und der Hafen von Venedig spielt in der Versorgung derselben mit Häuten eine wichtige Rolle. Man bezieht diese vor allem aus Shanghai, dann auch aus Calcutta, Aegypten und Bahia. Baumwolle wurde 1887 für 13·7 Millionen Lire, Rohseide für 6·1 Millionen Lire und Schafwolle für 2 Millionen Lire eingeführt und in den Fabriken des Inlandes verarbeitet. Steinkohlen kommen aus England, Petroleum aus Amerika und Russ- land. Das russische Petroleum verdrängt das amerikanische, obwohl dieses viel beliebter ist, weil man gute Einrichtungen für das Ausladen und Lagern des russischen getroffen hat. Von Industrieartikeln werden Manufacturen (7·2 Millionen Lire) und ver- arbeitete Metalle eingeführt. Die Ausfuhr ist wie gesagt von untergeordneter Bedeutung und überdies im Rückgange begriffen. In erster Linie stehen Manufacturen für etwa 13 Mil- lionen Lire. Der Holzexport (1887 3 Millionen Lire), der noch vor kurzem sehr bedeutend war, ist heute auf die Zufuhren aus Pieve di Cadore und der Romagna angewiesen. Triest verdrängt Venedig aus einem Handelsplatze nach dem andern. Anständigen Gewinn lässt die Ausfuhr des berühmten Hanfes der Romagna, des besten der Welt, dessen Absatzgebiet übrigens durch den Verbrauch der Jute sehr eingeschränkt ist, und der jetzt fast nur mehr für die Zwecke der Marine Verwendung findet. Exportwerth 1887 6·9 Millionen Lire. Die Ausfuhr des Papieres geht zurück, weil die Concurrenz der französi- schen Waaren in der Levante zu mächtig ist. Die venezianische Specialität der Glas- und Emailwaaren behauptet sich nur mit Opfern im Auslande. Das gilt namentlich von den Emailglasperlen, deren Hauptmarkt Calcutta ist. Wie anders stand die Glasindustrie Venedigs im Anfange des XVIII. Jahrunderts da, als Colbert Arbeiter aus Murano entführen liess, um die Erzeugung der berühmten venetiani- schen Spiegel in Frankreich einzuführen. Die Seehäfen des Weltverkehrs. I. Band. 7

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/69>, abgerufen am 25.11.2024.