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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Der atlantische Ocean.
ragender Eisenbahnknotenpunkt erfreut sich die Stadt der glücklichsten
Verkehrsverhältnisse, wie solche kaum ein anderes See-Emporium des
europäischen Festlandes aufzuweisen hat. Dazu tritt der höchst wichtige
Umstand, dass der ausserordentliche Wasserreichthum der unteren
Schelde und namentlich ihrer breiten Mündungen die Entwicklung des
Schiffahrtverkehres begünstigt, im Gegensatz zu vielen anderen an
Flüssen liegenden Seehäfen, wo die Schwierigkeit der Zufahrt dem
Aufblühen oft unüberwindliche Hindernisse entgegensetzt.

Das gewaltige Delta der Schelde (Escaut), welches mit dem
System der Rheinmündungen in natürlicher und künstlicher Verbindung
steht, setzt sich, wie unser Plan zeigt, aus zwei tief in das Land
gerissenen breiten Armen zusammen, die jeder für sich das Ansehen
und für die Schiffahrt auch die Bedeutung von Meerbusen haben.
Weist doch der südliche Arm, die West-Schelde, eine Mündungsbreite
von nahezu 14 km und an der Verengung bei Vlissingen von 4·6 km
auf. Der nördliche Arm, die Ost-Schelde, weitet sich an der Mündung
bis zu einer Breite von nahezu 8 km aus. Beide Scheldearme stehen
durch natürliche Wasserrisse in Verbindung, wodurch die drei be-
deutenden Flachinseln Walcheren, Nord- und Süd-Beveland gebildet
werden. Für die Schiffahrt günstig sind die Verhältnisse an der im-
posanten West-Schelde, in welche die drei Zufahrten: Ost-Gat (Galgen-
put) mit durchwegs mehr als 8 m Tiefe bei Ebbe; Beurloo mit 5 bis 8 m
und im Süden der 2 bis 4 km breite Wielingen-Canal mit Tiefen von
9 bis 30 m bei tiefster Ebbe für die Seeschiffahrt in Betracht kommen.

Innerhalb der Mündungsbarren senkt sich der Boden zu nicht
unbedeutenden Tiefen herab (45 m im Maximum).

Der Wielingen-Canal bildet die Hauptzufahrt in die Schelde und
nach Antwerpen (Anvers, spanisch Amberes), welches unter 51° 14'
nördl. Breite und 4° 24' östl. Länge von Greenwich (Kathedrale) liegend,
ungefähr 80 km flusseinwärts von Vlissingen entfernt ist Die Zufahrt
wird durch das 78 km westwärts der Mündung verankerte grosse
Leuchtschiff Westhinder markirt, welches ein auf 12 Seemeilen (22 km)
sichtbares Blinkfeuer zeigt; dann folgen gegen die Mündung zu noch
die beiden Leuchtschiffe Wandelaar und Wielingen, worauf die Leucht-
feuer von Vlissingen und des gegenüberliegenden Schelde-Ufers in Sicht
gelangen. Grosse Bojen markiren überdies an einzelnen Punkten die
Grenzen der Sandbänke.

Gegen Antwerpen zu beschreibt die Schelde mehrfache Windungen;
das Fahrwasser ist gut markirt und auf allen Punkten für die grössten
Oceandampfer navigabel. Eine Unterbrechung der Schiffahrt durch

Der atlantische Ocean.
ragender Eisenbahnknotenpunkt erfreut sich die Stadt der glücklichsten
Verkehrsverhältnisse, wie solche kaum ein anderes See-Emporium des
europäischen Festlandes aufzuweisen hat. Dazu tritt der höchst wichtige
Umstand, dass der ausserordentliche Wasserreichthum der unteren
Schelde und namentlich ihrer breiten Mündungen die Entwicklung des
Schiffahrtverkehres begünstigt, im Gegensatz zu vielen anderen an
Flüssen liegenden Seehäfen, wo die Schwierigkeit der Zufahrt dem
Aufblühen oft unüberwindliche Hindernisse entgegensetzt.

Das gewaltige Delta der Schelde (Escaut), welches mit dem
System der Rheinmündungen in natürlicher und künstlicher Verbindung
steht, setzt sich, wie unser Plan zeigt, aus zwei tief in das Land
gerissenen breiten Armen zusammen, die jeder für sich das Ansehen
und für die Schiffahrt auch die Bedeutung von Meerbusen haben.
Weist doch der südliche Arm, die West-Schelde, eine Mündungsbreite
von nahezu 14 km und an der Verengung bei Vlissingen von 4·6 km
auf. Der nördliche Arm, die Ost-Schelde, weitet sich an der Mündung
bis zu einer Breite von nahezu 8 km aus. Beide Scheldearme stehen
durch natürliche Wasserrisse in Verbindung, wodurch die drei be-
deutenden Flachinseln Walcheren, Nord- und Süd-Beveland gebildet
werden. Für die Schiffahrt günstig sind die Verhältnisse an der im-
posanten West-Schelde, in welche die drei Zufahrten: Ost-Gat (Galgen-
put) mit durchwegs mehr als 8 m Tiefe bei Ebbe; Beurloo mit 5 bis 8 m
und im Süden der 2 bis 4 km breite Wielingen-Canal mit Tiefen von
9 bis 30 m bei tiefster Ebbe für die Seeschiffahrt in Betracht kommen.

Innerhalb der Mündungsbarren senkt sich der Boden zu nicht
unbedeutenden Tiefen herab (45 m im Maximum).

Der Wielingen-Canal bildet die Hauptzufahrt in die Schelde und
nach Antwerpen (Anvers, spanisch Ambéres), welches unter 51° 14′
nördl. Breite und 4° 24′ östl. Länge von Greenwich (Kathedrale) liegend,
ungefähr 80 km flusseinwärts von Vlissingen entfernt ist Die Zufahrt
wird durch das 78 km westwärts der Mündung verankerte grosse
Leuchtschiff Westhinder markirt, welches ein auf 12 Seemeilen (22 km)
sichtbares Blinkfeuer zeigt; dann folgen gegen die Mündung zu noch
die beiden Leuchtschiffe Wandelaar und Wielingen, worauf die Leucht-
feuer von Vlissingen und des gegenüberliegenden Schelde-Ufers in Sicht
gelangen. Grosse Bojen markiren überdies an einzelnen Punkten die
Grenzen der Sandbänke.

Gegen Antwerpen zu beschreibt die Schelde mehrfache Windungen;
das Fahrwasser ist gut markirt und auf allen Punkten für die grössten
Oceandampfer navigabel. Eine Unterbrechung der Schiffahrt durch

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[648/0668] Der atlantische Ocean. ragender Eisenbahnknotenpunkt erfreut sich die Stadt der glücklichsten Verkehrsverhältnisse, wie solche kaum ein anderes See-Emporium des europäischen Festlandes aufzuweisen hat. Dazu tritt der höchst wichtige Umstand, dass der ausserordentliche Wasserreichthum der unteren Schelde und namentlich ihrer breiten Mündungen die Entwicklung des Schiffahrtverkehres begünstigt, im Gegensatz zu vielen anderen an Flüssen liegenden Seehäfen, wo die Schwierigkeit der Zufahrt dem Aufblühen oft unüberwindliche Hindernisse entgegensetzt. Das gewaltige Delta der Schelde (Escaut), welches mit dem System der Rheinmündungen in natürlicher und künstlicher Verbindung steht, setzt sich, wie unser Plan zeigt, aus zwei tief in das Land gerissenen breiten Armen zusammen, die jeder für sich das Ansehen und für die Schiffahrt auch die Bedeutung von Meerbusen haben. Weist doch der südliche Arm, die West-Schelde, eine Mündungsbreite von nahezu 14 km und an der Verengung bei Vlissingen von 4·6 km auf. Der nördliche Arm, die Ost-Schelde, weitet sich an der Mündung bis zu einer Breite von nahezu 8 km aus. Beide Scheldearme stehen durch natürliche Wasserrisse in Verbindung, wodurch die drei be- deutenden Flachinseln Walcheren, Nord- und Süd-Beveland gebildet werden. Für die Schiffahrt günstig sind die Verhältnisse an der im- posanten West-Schelde, in welche die drei Zufahrten: Ost-Gat (Galgen- put) mit durchwegs mehr als 8 m Tiefe bei Ebbe; Beurloo mit 5 bis 8 m und im Süden der 2 bis 4 km breite Wielingen-Canal mit Tiefen von 9 bis 30 m bei tiefster Ebbe für die Seeschiffahrt in Betracht kommen. Innerhalb der Mündungsbarren senkt sich der Boden zu nicht unbedeutenden Tiefen herab (45 m im Maximum). Der Wielingen-Canal bildet die Hauptzufahrt in die Schelde und nach Antwerpen (Anvers, spanisch Ambéres), welches unter 51° 14′ nördl. Breite und 4° 24′ östl. Länge von Greenwich (Kathedrale) liegend, ungefähr 80 km flusseinwärts von Vlissingen entfernt ist Die Zufahrt wird durch das 78 km westwärts der Mündung verankerte grosse Leuchtschiff Westhinder markirt, welches ein auf 12 Seemeilen (22 km) sichtbares Blinkfeuer zeigt; dann folgen gegen die Mündung zu noch die beiden Leuchtschiffe Wandelaar und Wielingen, worauf die Leucht- feuer von Vlissingen und des gegenüberliegenden Schelde-Ufers in Sicht gelangen. Grosse Bojen markiren überdies an einzelnen Punkten die Grenzen der Sandbänke. Gegen Antwerpen zu beschreibt die Schelde mehrfache Windungen; das Fahrwasser ist gut markirt und auf allen Punkten für die grössten Oceandampfer navigabel. Eine Unterbrechung der Schiffahrt durch

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 648. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/668>, abgerufen am 23.11.2024.