Ein zweites Lustschloss der königlichen Familie, die Quinta de Cima, liegt nördlich von Baixo.
Zwischen Belem und Lissabon hat an den Ufern des Flüsschens Alcantara die gleichnamige Vorstadt Raum gefunden. Das königliche Palais, "das Necessidades", die ständige Residenz der königlichen Familie, erhebt sich dort auf stolzer Höhe und blickt herab auf den von Schiffen und Fahrzeugen belebten Tejo und auf dessen linkes Ufer, hier Outra Banda (andere Seite) genannt, wo über den see- artig erweiterten Strom hinweg die Städtchen Almada und Trafaria und zahlreiche Villen auf grünen Höhen schimmern, ohne im Detail erkennbar zu erscheinen.
Das von Dom Joao V. erbaute Palais verdankt seine Entstehung einem wunderthätigen Madonnenbilde und war ursprünglich der Annex eines Nonnenklosters, das dieser Regent zur Ehre des Gnadenbildes gegründet hatte. Nach Aufhebung des Klosters wurde letzteres um- gebaut und dem Schlosse einverleibt.
Längs der ganzen Küste zwischen Belem bis ostwärts der vorne erwähnten Praca de Commercio sind ausgedehnte Hafenbauten im Zuge, die wir auf unserem Plane angedeutet haben. Den Handels- operationen werden hier alle Bequemlichkeiten und Erleichterungen geboten werden, welche der moderne Verkehr erfordert. Geräumige Bassins, Docks und Schleusenwerke werden die Schiffe vor den vielen Unannehmlichkeiten schützen, welche die Ankerplätze im Strome mit sich bringen.
Die Tiefe des Tejo, welcher, wie erwähnt, östlich von Lissabon eine seeartige Ausweitung bildet, variirt, wie unser Plan zeigt, sehr bedeutend. Zwischen Belem und Trafaria liegt eine Einsenkung des Bodens bis zu 47 m Tiefe und ost- und westwärts derselben nimmt die Wassertiefe ab, ohne dass sie jedoch dem Anlaufen des Hafens irgend welche Schwierigkeit bieten würde.
Selbst an der äussersten Mündung des Tejo, wo bedeutende Ablagerungsbänke an beiden Flussseiten sich gebildet haben, ist eine breite Fahrstrasse offen, welche bei jedem Wetter die Zufahrt ge- stattet.
So erscheint Lissabon vom rein maritimem Standpunkte als einer der geräumigsten, sichersten und bequemsten Häfen von ganz Europa, aber auch hinsichtlich seiner landschaftlichen Schönheit und der Ueppigkeit des Pflanzenwuchses wetteifert die Stadt in jeder Weise mit den herrlichsten Punkten Europas und darf ohne weiteres an die Seite Constantinopels und Neapels gestellt werden.
Der atlantische Ocean.
Ein zweites Lustschloss der königlichen Familie, die Quinta de Cima, liegt nördlich von Baixo.
Zwischen Belem und Lissabon hat an den Ufern des Flüsschens Alcantara die gleichnamige Vorstadt Raum gefunden. Das königliche Palais, „das Necessidades“, die ständige Residenz der königlichen Familie, erhebt sich dort auf stolzer Höhe und blickt herab auf den von Schiffen und Fahrzeugen belebten Tejo und auf dessen linkes Ufer, hier Outra Banda (andere Seite) genannt, wo über den see- artig erweiterten Strom hinweg die Städtchen Almada und Trafaria und zahlreiche Villen auf grünen Höhen schimmern, ohne im Detail erkennbar zu erscheinen.
Das von Dom Joao V. erbaute Palais verdankt seine Entstehung einem wunderthätigen Madonnenbilde und war ursprünglich der Annex eines Nonnenklosters, das dieser Regent zur Ehre des Gnadenbildes gegründet hatte. Nach Aufhebung des Klosters wurde letzteres um- gebaut und dem Schlosse einverleibt.
Längs der ganzen Küste zwischen Belem bis ostwärts der vorne erwähnten Praça de Commercio sind ausgedehnte Hafenbauten im Zuge, die wir auf unserem Plane angedeutet haben. Den Handels- operationen werden hier alle Bequemlichkeiten und Erleichterungen geboten werden, welche der moderne Verkehr erfordert. Geräumige Bassins, Docks und Schleusenwerke werden die Schiffe vor den vielen Unannehmlichkeiten schützen, welche die Ankerplätze im Strome mit sich bringen.
Die Tiefe des Tejo, welcher, wie erwähnt, östlich von Lissabon eine seeartige Ausweitung bildet, variirt, wie unser Plan zeigt, sehr bedeutend. Zwischen Belem und Trafaria liegt eine Einsenkung des Bodens bis zu 47 m Tiefe und ost- und westwärts derselben nimmt die Wassertiefe ab, ohne dass sie jedoch dem Anlaufen des Hafens irgend welche Schwierigkeit bieten würde.
Selbst an der äussersten Mündung des Tejo, wo bedeutende Ablagerungsbänke an beiden Flussseiten sich gebildet haben, ist eine breite Fahrstrasse offen, welche bei jedem Wetter die Zufahrt ge- stattet.
So erscheint Lissabon vom rein maritimem Standpunkte als einer der geräumigsten, sichersten und bequemsten Häfen von ganz Europa, aber auch hinsichtlich seiner landschaftlichen Schönheit und der Ueppigkeit des Pflanzenwuchses wetteifert die Stadt in jeder Weise mit den herrlichsten Punkten Europas und darf ohne weiteres an die Seite Constantinopels und Neapels gestellt werden.
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Der atlantische Ocean.
Ein zweites Lustschloss der königlichen Familie, die Quinta de
Cima, liegt nördlich von Baixo.
Zwischen Belem und Lissabon hat an den Ufern des Flüsschens
Alcantara die gleichnamige Vorstadt Raum gefunden. Das königliche
Palais, „das Necessidades“, die ständige Residenz der königlichen
Familie, erhebt sich dort auf stolzer Höhe und blickt herab auf den
von Schiffen und Fahrzeugen belebten Tejo und auf dessen linkes
Ufer, hier Outra Banda (andere Seite) genannt, wo über den see-
artig erweiterten Strom hinweg die Städtchen Almada und Trafaria
und zahlreiche Villen auf grünen Höhen schimmern, ohne im Detail
erkennbar zu erscheinen.
Das von Dom Joao V. erbaute Palais verdankt seine Entstehung
einem wunderthätigen Madonnenbilde und war ursprünglich der Annex
eines Nonnenklosters, das dieser Regent zur Ehre des Gnadenbildes
gegründet hatte. Nach Aufhebung des Klosters wurde letzteres um-
gebaut und dem Schlosse einverleibt.
Längs der ganzen Küste zwischen Belem bis ostwärts der vorne
erwähnten Praça de Commercio sind ausgedehnte Hafenbauten im
Zuge, die wir auf unserem Plane angedeutet haben. Den Handels-
operationen werden hier alle Bequemlichkeiten und Erleichterungen
geboten werden, welche der moderne Verkehr erfordert. Geräumige
Bassins, Docks und Schleusenwerke werden die Schiffe vor den vielen
Unannehmlichkeiten schützen, welche die Ankerplätze im Strome mit
sich bringen.
Die Tiefe des Tejo, welcher, wie erwähnt, östlich von Lissabon
eine seeartige Ausweitung bildet, variirt, wie unser Plan zeigt, sehr
bedeutend. Zwischen Belem und Trafaria liegt eine Einsenkung des
Bodens bis zu 47 m Tiefe und ost- und westwärts derselben nimmt
die Wassertiefe ab, ohne dass sie jedoch dem Anlaufen des Hafens
irgend welche Schwierigkeit bieten würde.
Selbst an der äussersten Mündung des Tejo, wo bedeutende
Ablagerungsbänke an beiden Flussseiten sich gebildet haben, ist eine
breite Fahrstrasse offen, welche bei jedem Wetter die Zufahrt ge-
stattet.
So erscheint Lissabon vom rein maritimem Standpunkte als einer
der geräumigsten, sichersten und bequemsten Häfen von ganz Europa,
aber auch hinsichtlich seiner landschaftlichen Schönheit und der
Ueppigkeit des Pflanzenwuchses wetteifert die Stadt in jeder Weise
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 530. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/550>, abgerufen am 23.11.2024.
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