beschloss die Stadt, die neue Kathedrale "La Nueva" zu erbauen; der Bau wurde indes 1769 eingestellt und erst 1832 wieder aufgenommen. Die innere Einrichtung ist prächtig und soll über drei Millionen Gulden gekostet haben. Der Hochaltar wurde 1866 aus weissem Marmor auf Kosten der Königin Isabella II. errichtet. Ihre Krypta birgt den ein- zigen Brunnen guten Wassers, den die Stadt aufzuweisen hat.
Die Kirche Santa Catalina (h. Katharina), gewöhnlich Capuchi- nos genannt, welche zu dem seither aufgehobenem Kloster San Fran- cisco gehörte, enthält das letzte Werk des grossen Meisters Murillo, welches den Hauptaltar schmückt und die Vermählung der h. Katha- rina mit dem Jesuskinde darstellt. Das Werk war nahezu vollendet, als Murillo von der Höhe der Staffelei hinabstürzte und so schwere Verletzungen erlitt, dass er, in seine Vaterstadt Sevilla zurückgekehrt, daselbst am 3. April 1682 starb.
Es wird erzählt, dass einer der grössten Wohlthäter des Klosters der Jude Pierre Isaac gewesen sei, welcher, um der Verfolgung durch die Inquisition zu entgehen, die Hälfte seiner Einnahmen dem Kloster gewidmet hatte.
Im Kloster Capuchinos schlug Lord Essex sein Hauptquartier auf. Auch die Kirche San Felipe Neri enthält neben anderen Meistern einen Murillo.
Die Calle Aucha ist die einzige Strasse der Stadt und zugleich die Hauptverkehrsader derselben. Dort befinden sich die besten und elegantesten Verkaufsgeschäfte.
Cadiz besitzt keinen jener grossartigen Gärten, die man in an- deren Städten, wo mehr Raum hiefür vorhanden ist, vorfindet, aber seine schöne Alameda, welche sich längs des äussersten Absturzes der Felsplatte hinzieht, entschädigt die lebensfrohen Gaditaner durch den herrlichen Fernblick auf den unendlichen Ocean, für den Mangel eines schattigen Bosquets. An derselben Alameda mag Christobal Colon oft geweilt haben, sinnend über den grossen Plan, dessen Verwirklichung seinen Namen mit unvergänglichem Ruhm bedeckte.
Auf der Alameda erhebt sich das Standbild des mit zwei Löwen kämpfenden Hercules. Beachtenswerth ist an der Alameda de Apodaca die Kirche Nostra Sra. del Carmen, in welcher der unglückliche Ad- miral Gravina begraben liegt, der bei Trafalgar 1805 die spanische Flotte befehligte und in dieser Seeschlacht tödtlich verwundet wurde.
Im Centrum der Stadt erhebt sich der Signalthurm (Torre de Vegia) 34 m über das Strassenpflaster. Der Thurm ist auch unter dem Namen Tavira bekannt. Von hier aus werden die in Sicht kommenden
Der atlantische Ocean.
beschloss die Stadt, die neue Kathedrale „La Nueva“ zu erbauen; der Bau wurde indes 1769 eingestellt und erst 1832 wieder aufgenommen. Die innere Einrichtung ist prächtig und soll über drei Millionen Gulden gekostet haben. Der Hochaltar wurde 1866 aus weissem Marmor auf Kosten der Königin Isabella II. errichtet. Ihre Krypta birgt den ein- zigen Brunnen guten Wassers, den die Stadt aufzuweisen hat.
Die Kirche Santa Catalina (h. Katharina), gewöhnlich Capuchi- nos genannt, welche zu dem seither aufgehobenem Kloster San Fran- cisco gehörte, enthält das letzte Werk des grossen Meisters Murillo, welches den Hauptaltar schmückt und die Vermählung der h. Katha- rina mit dem Jesuskinde darstellt. Das Werk war nahezu vollendet, als Murillo von der Höhe der Staffelei hinabstürzte und so schwere Verletzungen erlitt, dass er, in seine Vaterstadt Sevilla zurückgekehrt, daselbst am 3. April 1682 starb.
Es wird erzählt, dass einer der grössten Wohlthäter des Klosters der Jude Pierre Isaac gewesen sei, welcher, um der Verfolgung durch die Inquisition zu entgehen, die Hälfte seiner Einnahmen dem Kloster gewidmet hatte.
Im Kloster Capuchinos schlug Lord Essex sein Hauptquartier auf. Auch die Kirche San Felipe Neri enthält neben anderen Meistern einen Murillo.
Die Calle Aucha ist die einzige Strasse der Stadt und zugleich die Hauptverkehrsader derselben. Dort befinden sich die besten und elegantesten Verkaufsgeschäfte.
Cádiz besitzt keinen jener grossartigen Gärten, die man in an- deren Städten, wo mehr Raum hiefür vorhanden ist, vorfindet, aber seine schöne Alameda, welche sich längs des äussersten Absturzes der Felsplatte hinzieht, entschädigt die lebensfrohen Gaditaner durch den herrlichen Fernblick auf den unendlichen Ocean, für den Mangel eines schattigen Bosquets. An derselben Alameda mag Christobal Colon oft geweilt haben, sinnend über den grossen Plan, dessen Verwirklichung seinen Namen mit unvergänglichem Ruhm bedeckte.
Auf der Alameda erhebt sich das Standbild des mit zwei Löwen kämpfenden Hercules. Beachtenswerth ist an der Alameda de Apodaca die Kirche Nostra Sra. del Carmen, in welcher der unglückliche Ad- miral Gravina begraben liegt, der bei Trafalgar 1805 die spanische Flotte befehligte und in dieser Seeschlacht tödtlich verwundet wurde.
Im Centrum der Stadt erhebt sich der Signalthurm (Torre de Vegia) 34 m über das Strassenpflaster. Der Thurm ist auch unter dem Namen Tavira bekannt. Von hier aus werden die in Sicht kommenden
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0520"n="500"/><fwplace="top"type="header">Der atlantische Ocean.</fw><lb/>
beschloss die Stadt, die neue Kathedrale „La Nueva“ zu erbauen; der<lb/>
Bau wurde indes 1769 eingestellt und erst 1832 wieder aufgenommen.<lb/>
Die innere Einrichtung ist prächtig und soll über drei Millionen Gulden<lb/>
gekostet haben. Der Hochaltar wurde 1866 aus weissem Marmor auf<lb/>
Kosten der Königin Isabella II. errichtet. Ihre Krypta birgt den ein-<lb/>
zigen Brunnen guten Wassers, den die Stadt aufzuweisen hat.</p><lb/><p>Die Kirche Santa Catalina (h. Katharina), gewöhnlich Capuchi-<lb/>
nos genannt, welche zu dem seither aufgehobenem Kloster San Fran-<lb/>
cisco gehörte, enthält das letzte Werk des grossen Meisters Murillo,<lb/>
welches den Hauptaltar schmückt und die Vermählung der h. Katha-<lb/>
rina mit dem Jesuskinde darstellt. Das Werk war nahezu vollendet,<lb/>
als Murillo von der Höhe der Staffelei hinabstürzte und so schwere<lb/>
Verletzungen erlitt, dass er, in seine Vaterstadt Sevilla zurückgekehrt,<lb/>
daselbst am 3. April 1682 starb.</p><lb/><p>Es wird erzählt, dass einer der grössten Wohlthäter des Klosters<lb/>
der Jude Pierre Isaac gewesen sei, welcher, um der Verfolgung durch<lb/>
die Inquisition zu entgehen, die Hälfte seiner Einnahmen dem Kloster<lb/>
gewidmet hatte.</p><lb/><p>Im Kloster Capuchinos schlug Lord Essex sein Hauptquartier<lb/>
auf. Auch die Kirche San Felipe Neri enthält neben anderen Meistern<lb/>
einen Murillo.</p><lb/><p>Die Calle Aucha ist die einzige Strasse der Stadt und zugleich<lb/>
die Hauptverkehrsader derselben. Dort befinden sich die besten und<lb/>
elegantesten Verkaufsgeschäfte.</p><lb/><p>Cádiz besitzt keinen jener grossartigen Gärten, die man in an-<lb/>
deren Städten, wo mehr Raum hiefür vorhanden ist, vorfindet, aber<lb/>
seine schöne Alameda, welche sich längs des äussersten Absturzes der<lb/>
Felsplatte hinzieht, entschädigt die lebensfrohen Gaditaner durch den<lb/>
herrlichen Fernblick auf den unendlichen Ocean, für den Mangel eines<lb/>
schattigen Bosquets. An derselben Alameda mag Christobal Colon oft<lb/>
geweilt haben, sinnend über den grossen Plan, dessen Verwirklichung<lb/>
seinen Namen mit unvergänglichem Ruhm bedeckte.</p><lb/><p>Auf der Alameda erhebt sich das Standbild des mit zwei Löwen<lb/>
kämpfenden Hercules. Beachtenswerth ist an der Alameda de Apodaca<lb/>
die Kirche Nostra Sra. del Carmen, in welcher der unglückliche Ad-<lb/>
miral Gravina begraben liegt, der bei Trafalgar 1805 die spanische<lb/>
Flotte befehligte und in dieser Seeschlacht tödtlich verwundet wurde.</p><lb/><p>Im Centrum der Stadt erhebt sich der Signalthurm (Torre de<lb/>
Vegia) 34 <hirendition="#i">m</hi> über das Strassenpflaster. Der Thurm ist auch unter dem<lb/>
Namen Tavira bekannt. Von hier aus werden die in Sicht kommenden<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[500/0520]
Der atlantische Ocean.
beschloss die Stadt, die neue Kathedrale „La Nueva“ zu erbauen; der
Bau wurde indes 1769 eingestellt und erst 1832 wieder aufgenommen.
Die innere Einrichtung ist prächtig und soll über drei Millionen Gulden
gekostet haben. Der Hochaltar wurde 1866 aus weissem Marmor auf
Kosten der Königin Isabella II. errichtet. Ihre Krypta birgt den ein-
zigen Brunnen guten Wassers, den die Stadt aufzuweisen hat.
Die Kirche Santa Catalina (h. Katharina), gewöhnlich Capuchi-
nos genannt, welche zu dem seither aufgehobenem Kloster San Fran-
cisco gehörte, enthält das letzte Werk des grossen Meisters Murillo,
welches den Hauptaltar schmückt und die Vermählung der h. Katha-
rina mit dem Jesuskinde darstellt. Das Werk war nahezu vollendet,
als Murillo von der Höhe der Staffelei hinabstürzte und so schwere
Verletzungen erlitt, dass er, in seine Vaterstadt Sevilla zurückgekehrt,
daselbst am 3. April 1682 starb.
Es wird erzählt, dass einer der grössten Wohlthäter des Klosters
der Jude Pierre Isaac gewesen sei, welcher, um der Verfolgung durch
die Inquisition zu entgehen, die Hälfte seiner Einnahmen dem Kloster
gewidmet hatte.
Im Kloster Capuchinos schlug Lord Essex sein Hauptquartier
auf. Auch die Kirche San Felipe Neri enthält neben anderen Meistern
einen Murillo.
Die Calle Aucha ist die einzige Strasse der Stadt und zugleich
die Hauptverkehrsader derselben. Dort befinden sich die besten und
elegantesten Verkaufsgeschäfte.
Cádiz besitzt keinen jener grossartigen Gärten, die man in an-
deren Städten, wo mehr Raum hiefür vorhanden ist, vorfindet, aber
seine schöne Alameda, welche sich längs des äussersten Absturzes der
Felsplatte hinzieht, entschädigt die lebensfrohen Gaditaner durch den
herrlichen Fernblick auf den unendlichen Ocean, für den Mangel eines
schattigen Bosquets. An derselben Alameda mag Christobal Colon oft
geweilt haben, sinnend über den grossen Plan, dessen Verwirklichung
seinen Namen mit unvergänglichem Ruhm bedeckte.
Auf der Alameda erhebt sich das Standbild des mit zwei Löwen
kämpfenden Hercules. Beachtenswerth ist an der Alameda de Apodaca
die Kirche Nostra Sra. del Carmen, in welcher der unglückliche Ad-
miral Gravina begraben liegt, der bei Trafalgar 1805 die spanische
Flotte befehligte und in dieser Seeschlacht tödtlich verwundet wurde.
Im Centrum der Stadt erhebt sich der Signalthurm (Torre de
Vegia) 34 m über das Strassenpflaster. Der Thurm ist auch unter dem
Namen Tavira bekannt. Von hier aus werden die in Sicht kommenden
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/520>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.