Die Erinnerung an die einstige Bedeutung der Stadt ist nur mehr im Stadtwappen erhalten, welches das classische Bild des mit zwei Löwen kämpfenden Hercules enthält, ihn als Gründer und Be- herrscher von Gades bezeichnet und so auf den erlauchten Ursprung der Stadt hinweist.
Die heutige Bewohnerschaft von Cadiz vergleicht die wohlge- baute, hübsch gepflasterte, reine und gut beleuchtete Stadt mit einer "taza de plata", einer Silbertasse.
Und doch, wie fordert schon die Lage der Stadt zu rühm- licheren Vergleichen völlig auf!
In der That ist ein grandioser Zug der Felsplatte eigen, auf welcher Cadiz, "die edelste, die loyalste und heldenmüthigste Stadt" -- diese Titel verlieh ihr Karl V. 1524 -- thront. Ueber senkrechten Klüften, an deren Fuss die Brandung tost, gewahrt man die von zahlreichen Thürmen und Hunderten von "miradores" oder Aussichts- thürmchen überragten, hellschimmernden Baulichkeiten der Stadt. Westwärts schiebt sich ein wildzerklüftetes Felsrevier weit hinaus in See. Darüber rast im ewigen Kampfe die wilde Jagd der oceanischen Wogen, die in weissen Schaum zerstoben die steilen Wände erklimmen, um mit furchtbarem Gedröhne wieder zurückzustürzen und neuer- dings aufzustürmen.
Aus den Schaummassen ragt von mächtigen Festungswerken umgeben 44 m hoch die gedrungene Säule des Leuchtthurmes von San Sebastian empor, dessen rothaufblitzendes Licht auf 20 Seemeilen in der Runde sichtbar ist.
Seit unvordenklichen Zeiten stand hier stets ein Leuchtthurm. Im Alterthum hiess das Felscap, welches heute das Castillo San Sebastian trägt, Promontorio Cronio, vermuthlich weil dort ein Sa- turnus-Tempel stand.
Fast gänzlich von der See umspült, geniesst die Stadt im Hoch- sommer die Wohlthat erfrischender Brisen, die regelmässig einsetzen, sobald die Sonne unter die Linie des Gesichtskreises taucht. Wie diese Erscheinung, so bietet auch der Wechsel der Gezeiten hier ein erwähnenswerthes Schauspiel, denn die Springflut erhebt das Meeres- niveau um fast 4 m. Ueberhaupt waren in alter Zeit die Sonne und die Gezeiten die Wunderobjecte der Stadt, und Philosophen wall- fahrteten hieher, die Phänomene zu studiren. Die Beobachtung des Sonnenunterganges, wie des zu- und abströmenden Gezeitenwassers er- schöpfte die Einbildungskraft der Weisesten jener Zeit. Apollonius vermuthete, dass die Gewässer bei Ebbe durch unterseeische Gewalten
Der atlantische Ocean.
Die Erinnerung an die einstige Bedeutung der Stadt ist nur mehr im Stadtwappen erhalten, welches das classische Bild des mit zwei Löwen kämpfenden Hercules enthält, ihn als Gründer und Be- herrscher von Gades bezeichnet und so auf den erlauchten Ursprung der Stadt hinweist.
Die heutige Bewohnerschaft von Cádiz vergleicht die wohlge- baute, hübsch gepflasterte, reine und gut beleuchtete Stadt mit einer „taza de plata“, einer Silbertasse.
Und doch, wie fordert schon die Lage der Stadt zu rühm- licheren Vergleichen völlig auf!
In der That ist ein grandioser Zug der Felsplatte eigen, auf welcher Cádiz, „die edelste, die loyalste und heldenmüthigste Stadt“ — diese Titel verlieh ihr Karl V. 1524 — thront. Ueber senkrechten Klüften, an deren Fuss die Brandung tost, gewahrt man die von zahlreichen Thürmen und Hunderten von „miradores“ oder Aussichts- thürmchen überragten, hellschimmernden Baulichkeiten der Stadt. Westwärts schiebt sich ein wildzerklüftetes Felsrevier weit hinaus in See. Darüber rast im ewigen Kampfe die wilde Jagd der oceanischen Wogen, die in weissen Schaum zerstoben die steilen Wände erklimmen, um mit furchtbarem Gedröhne wieder zurückzustürzen und neuer- dings aufzustürmen.
Aus den Schaummassen ragt von mächtigen Festungswerken umgeben 44 m hoch die gedrungene Säule des Leuchtthurmes von San Sebastian empor, dessen rothaufblitzendes Licht auf 20 Seemeilen in der Runde sichtbar ist.
Seit unvordenklichen Zeiten stand hier stets ein Leuchtthurm. Im Alterthum hiess das Felscap, welches heute das Castillo San Sebastian trägt, Promontorio Cronio, vermuthlich weil dort ein Sa- turnus-Tempel stand.
Fast gänzlich von der See umspült, geniesst die Stadt im Hoch- sommer die Wohlthat erfrischender Brisen, die regelmässig einsetzen, sobald die Sonne unter die Linie des Gesichtskreises taucht. Wie diese Erscheinung, so bietet auch der Wechsel der Gezeiten hier ein erwähnenswerthes Schauspiel, denn die Springflut erhebt das Meeres- niveau um fast 4 m. Ueberhaupt waren in alter Zeit die Sonne und die Gezeiten die Wunderobjecte der Stadt, und Philosophen wall- fahrteten hieher, die Phänomene zu studiren. Die Beobachtung des Sonnenunterganges, wie des zu- und abströmenden Gezeitenwassers er- schöpfte die Einbildungskraft der Weisesten jener Zeit. Apollonius vermuthete, dass die Gewässer bei Ebbe durch unterseeische Gewalten
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Der atlantische Ocean.
Die Erinnerung an die einstige Bedeutung der Stadt ist nur
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zwei Löwen kämpfenden Hercules enthält, ihn als Gründer und Be-
herrscher von Gades bezeichnet und so auf den erlauchten Ursprung
der Stadt hinweist.
Die heutige Bewohnerschaft von Cádiz vergleicht die wohlge-
baute, hübsch gepflasterte, reine und gut beleuchtete Stadt mit einer
„taza de plata“, einer Silbertasse.
Und doch, wie fordert schon die Lage der Stadt zu rühm-
licheren Vergleichen völlig auf!
In der That ist ein grandioser Zug der Felsplatte eigen, auf
welcher Cádiz, „die edelste, die loyalste und heldenmüthigste Stadt“
— diese Titel verlieh ihr Karl V. 1524 — thront. Ueber senkrechten
Klüften, an deren Fuss die Brandung tost, gewahrt man die von
zahlreichen Thürmen und Hunderten von „miradores“ oder Aussichts-
thürmchen überragten, hellschimmernden Baulichkeiten der Stadt.
Westwärts schiebt sich ein wildzerklüftetes Felsrevier weit hinaus in
See. Darüber rast im ewigen Kampfe die wilde Jagd der oceanischen
Wogen, die in weissen Schaum zerstoben die steilen Wände erklimmen,
um mit furchtbarem Gedröhne wieder zurückzustürzen und neuer-
dings aufzustürmen.
Aus den Schaummassen ragt von mächtigen Festungswerken
umgeben 44 m hoch die gedrungene Säule des Leuchtthurmes von
San Sebastian empor, dessen rothaufblitzendes Licht auf 20 Seemeilen
in der Runde sichtbar ist.
Seit unvordenklichen Zeiten stand hier stets ein Leuchtthurm.
Im Alterthum hiess das Felscap, welches heute das Castillo San
Sebastian trägt, Promontorio Cronio, vermuthlich weil dort ein Sa-
turnus-Tempel stand.
Fast gänzlich von der See umspült, geniesst die Stadt im Hoch-
sommer die Wohlthat erfrischender Brisen, die regelmässig einsetzen,
sobald die Sonne unter die Linie des Gesichtskreises taucht. Wie
diese Erscheinung, so bietet auch der Wechsel der Gezeiten hier ein
erwähnenswerthes Schauspiel, denn die Springflut erhebt das Meeres-
niveau um fast 4 m. Ueberhaupt waren in alter Zeit die Sonne und
die Gezeiten die Wunderobjecte der Stadt, und Philosophen wall-
fahrteten hieher, die Phänomene zu studiren. Die Beobachtung des
Sonnenunterganges, wie des zu- und abströmenden Gezeitenwassers er-
schöpfte die Einbildungskraft der Weisesten jener Zeit. Apollonius
vermuthete, dass die Gewässer bei Ebbe durch unterseeische Gewalten
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/516>, abgerufen am 23.11.2024.
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