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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Barcelona.
ihres Sohnes des Königs Alphons XIII. mit weiser Kraft und seltener Ausdauer
zu befestigen trachtet.

Catalonien, gegenwärtig die reichste Provinz Spaniens, bildet ebenso die
Kraft wie die Schwäche dieses Königreiches; es ist der classische Boden der Re-
volten, Aufstände und republikanischen Erhebungen, wie kein anderes Land der
Erde in solcher Zahl sie aufzuweisen vermag. In seiner Bevölkerung scheinen die
Charaktereigenschaften der Keltiberer vererbt zu sein, vor allem Ehrgeiz, Tapfer-
keit und Kriegslust, aber auch List und Grausamkeit.

Barcelona spielte unter der Maurenherrschaft keine Rolle und gelangte
schon 878 unter einen unabhängigen christlichen Regenten, dessen zwölfter Nach-
folger den Titel eines Grafen von Barcelona und dann jenen eines Königs von
Aragon annahm.

Im Mittelalter theilte Barcelona mit den italienischen Emporien den ge-
winnbringenden Seehandel im Mittelmeere und gelangte zu grossen Reichthümern,
auf deren Bestand die kostbaren Kirchenbauten der Stadt hinweisen.

Barcelona ist auch mit den Schicksalen des grossen Colon verknüpft, denn
hier wurde der grosse Entdecker im April 1493 von dem Königspaare Ferdinand
und Isabella empfangen, nachdem er diesen die neue Welt geschenkt hatte. Be-
reits unter Karl V. trat infolge der allgemeinen Missherrschaft und der Gegen-
wehr der Catalonier der Verfall von Barcelona ein. In der Folge theilte die Stadt
die Schicksale Cataloniens. Im Erbfolgekrieg die Sache Habsburg verfechtend,
ward Barcelona von den Franzosen unter Berwick gestürmt und arg verwüstet.
Während der napoleonischen Invasion gelangten die Franzosen durch List in den
Besitz der Stadt.

Wie früherer Zeit war Barcelona auch im Laufe des gegenwärtigen Jahr-
hundertes der Schauplatz zahlreicher Aufstände, die in der sehr angewachsenen
Arbeiterbevölkerung eine stets bereitwillige Unterstützung fanden.

Barcelona liegt an einer Flachküste, an der nur hie und da
mässig hohe Hügel emporsteigen. Der bedeutendste derselben ist die
im Süden knapp an der Stadt auf 228 m Höhe ansteigende, ziemlich
steile und isolirte Kuppe des Montjuich, dessen Spitze das gleich-
namige starke Fort oder Castell krönt. Der Besitzer dieses Berges
ist der Beherrscher der Stadt. Montjuich war der Mons Jovis der
Römer; im Mittelalter hiess er Mons Judaicus, weil er die Behausungen
der Juden trug. Lord Peterborough erstürmte die scheinbar uner-
steigbare und tapfer vertheidigte Höhe am 14. September 1705
(Erbfolgekrieg) in einer höchst brillanten Affaire. Während des Auf-
standes im Jahre 1842 liess Espartero die Stadt aus den Batterien
der Castells bombardiren, ein Gleiches geschah anlässlich des Pro-
nunciamentos im darauffolgenden Jahre.

Montjuich, der starke Wächter von Barcelona, erwidert auch
die friedlichen Geschützsalute der ankommenden fremden Kriegsschiffe
und nimmt überhaupt an allen Festlichkeiten, die tief unten zu seinen
Füssen stattfinden, regen Antheil. Von seiner Höhe geniesst man ein

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Barcelona.
ihres Sohnes des Königs Alphons XIII. mit weiser Kraft und seltener Ausdauer
zu befestigen trachtet.

Catalonien, gegenwärtig die reichste Provinz Spaniens, bildet ebenso die
Kraft wie die Schwäche dieses Königreiches; es ist der classische Boden der Re-
volten, Aufstände und republikanischen Erhebungen, wie kein anderes Land der
Erde in solcher Zahl sie aufzuweisen vermag. In seiner Bevölkerung scheinen die
Charaktereigenschaften der Keltiberer vererbt zu sein, vor allem Ehrgeiz, Tapfer-
keit und Kriegslust, aber auch List und Grausamkeit.

Barcelona spielte unter der Maurenherrschaft keine Rolle und gelangte
schon 878 unter einen unabhängigen christlichen Regenten, dessen zwölfter Nach-
folger den Titel eines Grafen von Barcelona und dann jenen eines Königs von
Aragon annahm.

Im Mittelalter theilte Barcelona mit den italienischen Emporien den ge-
winnbringenden Seehandel im Mittelmeere und gelangte zu grossen Reichthümern,
auf deren Bestand die kostbaren Kirchenbauten der Stadt hinweisen.

Barcelona ist auch mit den Schicksalen des grossen Colon verknüpft, denn
hier wurde der grosse Entdecker im April 1493 von dem Königspaare Ferdinand
und Isabella empfangen, nachdem er diesen die neue Welt geschenkt hatte. Be-
reits unter Karl V. trat infolge der allgemeinen Missherrschaft und der Gegen-
wehr der Catalonier der Verfall von Barcelona ein. In der Folge theilte die Stadt
die Schicksale Cataloniens. Im Erbfolgekrieg die Sache Habsburg verfechtend,
ward Barcelona von den Franzosen unter Berwick gestürmt und arg verwüstet.
Während der napoleonischen Invasion gelangten die Franzosen durch List in den
Besitz der Stadt.

Wie früherer Zeit war Barcelona auch im Laufe des gegenwärtigen Jahr-
hundertes der Schauplatz zahlreicher Aufstände, die in der sehr angewachsenen
Arbeiterbevölkerung eine stets bereitwillige Unterstützung fanden.

Barcelona liegt an einer Flachküste, an der nur hie und da
mässig hohe Hügel emporsteigen. Der bedeutendste derselben ist die
im Süden knapp an der Stadt auf 228 m Höhe ansteigende, ziemlich
steile und isolirte Kuppe des Montjuich, dessen Spitze das gleich-
namige starke Fort oder Castell krönt. Der Besitzer dieses Berges
ist der Beherrscher der Stadt. Montjuich war der Mons Jovis der
Römer; im Mittelalter hiess er Mons Judaicus, weil er die Behausungen
der Juden trug. Lord Peterborough erstürmte die scheinbar uner-
steigbare und tapfer vertheidigte Höhe am 14. September 1705
(Erbfolgekrieg) in einer höchst brillanten Affaire. Während des Auf-
standes im Jahre 1842 liess Espartero die Stadt aus den Batterien
der Castells bombardiren, ein Gleiches geschah anlässlich des Pro-
nunciamentos im darauffolgenden Jahre.

Montjuich, der starke Wächter von Barcelona, erwidert auch
die friedlichen Geschützsalute der ankommenden fremden Kriegsschiffe
und nimmt überhaupt an allen Festlichkeiten, die tief unten zu seinen
Füssen stattfinden, regen Antheil. Von seiner Höhe geniesst man ein

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[443/0463] Barcelona. ihres Sohnes des Königs Alphons XIII. mit weiser Kraft und seltener Ausdauer zu befestigen trachtet. Catalonien, gegenwärtig die reichste Provinz Spaniens, bildet ebenso die Kraft wie die Schwäche dieses Königreiches; es ist der classische Boden der Re- volten, Aufstände und republikanischen Erhebungen, wie kein anderes Land der Erde in solcher Zahl sie aufzuweisen vermag. In seiner Bevölkerung scheinen die Charaktereigenschaften der Keltiberer vererbt zu sein, vor allem Ehrgeiz, Tapfer- keit und Kriegslust, aber auch List und Grausamkeit. Barcelona spielte unter der Maurenherrschaft keine Rolle und gelangte schon 878 unter einen unabhängigen christlichen Regenten, dessen zwölfter Nach- folger den Titel eines Grafen von Barcelona und dann jenen eines Königs von Aragon annahm. Im Mittelalter theilte Barcelona mit den italienischen Emporien den ge- winnbringenden Seehandel im Mittelmeere und gelangte zu grossen Reichthümern, auf deren Bestand die kostbaren Kirchenbauten der Stadt hinweisen. Barcelona ist auch mit den Schicksalen des grossen Colon verknüpft, denn hier wurde der grosse Entdecker im April 1493 von dem Königspaare Ferdinand und Isabella empfangen, nachdem er diesen die neue Welt geschenkt hatte. Be- reits unter Karl V. trat infolge der allgemeinen Missherrschaft und der Gegen- wehr der Catalonier der Verfall von Barcelona ein. In der Folge theilte die Stadt die Schicksale Cataloniens. Im Erbfolgekrieg die Sache Habsburg verfechtend, ward Barcelona von den Franzosen unter Berwick gestürmt und arg verwüstet. Während der napoleonischen Invasion gelangten die Franzosen durch List in den Besitz der Stadt. Wie früherer Zeit war Barcelona auch im Laufe des gegenwärtigen Jahr- hundertes der Schauplatz zahlreicher Aufstände, die in der sehr angewachsenen Arbeiterbevölkerung eine stets bereitwillige Unterstützung fanden. Barcelona liegt an einer Flachküste, an der nur hie und da mässig hohe Hügel emporsteigen. Der bedeutendste derselben ist die im Süden knapp an der Stadt auf 228 m Höhe ansteigende, ziemlich steile und isolirte Kuppe des Montjuich, dessen Spitze das gleich- namige starke Fort oder Castell krönt. Der Besitzer dieses Berges ist der Beherrscher der Stadt. Montjuich war der Mons Jovis der Römer; im Mittelalter hiess er Mons Judaicus, weil er die Behausungen der Juden trug. Lord Peterborough erstürmte die scheinbar uner- steigbare und tapfer vertheidigte Höhe am 14. September 1705 (Erbfolgekrieg) in einer höchst brillanten Affaire. Während des Auf- standes im Jahre 1842 liess Espartero die Stadt aus den Batterien der Castells bombardiren, ein Gleiches geschah anlässlich des Pro- nunciamentos im darauffolgenden Jahre. Montjuich, der starke Wächter von Barcelona, erwidert auch die friedlichen Geschützsalute der ankommenden fremden Kriegsschiffe und nimmt überhaupt an allen Festlichkeiten, die tief unten zu seinen Füssen stattfinden, regen Antheil. Von seiner Höhe geniesst man ein 56*

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/463>, abgerufen am 22.11.2024.