und Reichthums entgegen, nachdem sie Jahrtausende hindurch eine mehr bescheidene Rolle gespielt hatte. Die Legende nennt Herakles ihren Gründer und verlegt die erste Ansiedlung auf 400 Jahre vor die Gründung Roms. Jedenfalls haben wir es hier mit einer der ältesten griechischen Schöpfungen auf hispanischem Boden zu thun, zu deren Entstehung die günstigen orographischen Verhältnisse der dortigen Küste (Hafenbucht und isolirter Berg) frühzeitig eingeladen haben mochten.
Erst als die Karthager auch hieher vorgedrungen waren, wird der Name Barcino genannt. Barca, Hannibal's Vater soll die Stadt 225 v. Chr. umgebaut und zu seinen Ehren ihr den erwähnten Namen gegeben haben; sie wurde, obgleich nicht ausgedehnt, das Neukarthago der nördlichen Küste. Damals lag die Stadt auf der flachen Erhöhung Taber, dort wo gegenwärtig die Kathedrale steht.
Die Römer besetzen sie 206 v. Chr. und nannten sie "Favienta Julia Augusta Pio Barcino", doch war die Stadt von Tarraco, ja selbst von der heute verschwundenen massilianischen Colonie Emporiae (Golf von Rosas nächst der französischen Grenze) verdunkelt.
Unter den Alanen, welche um das Jahr 409 Barcino besetzten, begann der Wohlstand der Stadt sich zu heben, noch mehr aber, als die Westgothen Barcino zur Hauptstadt erhoben. Diese durfte Münzen prägen, welche die Legende Barcinona trugen.
In der Folge wurde Toletum die Königsstadt. Das Christenthum fand in Barcino bald eine gesicherte Stätte, Zeuge dessen sind die zwei in den Jahren 540 und 599 dort abgehaltenen Kirchenconcilien.
Spanien war aber nicht das Land, die Eigenart der Westgothen auf die Dauer der Zeit zu erhalten. Nicht nur die Einflüsse des heissen Klimas und der angesessenen Bevölkerung, sondern auch innere Zwistigkeiten zehrten am Marke der Gothen, so dass die Araber, welche bereits die ganze Nordküste Afrikas be- völkert hatten, zum Einfall in das blühende Spanien ermuthigt wurden.
Unter ihrem Heerführer Tarek Abu Zara, dem Begründer der Feste Gi- braltar, überfluteten sie alsbald die Halbinsel. In der siebentägigen Schlacht bei Jeres de la Frontera 711 sank das Reich der Westgothen in Trümmer, und es erhob sich die Glanzperiode des unabhängigen Khalifats von Cordoba, dessen prunk- volles Hofleben mit der Prachtentfaltung der römischen Imperatoren wetteiferte. Wohlstand, ja Reichthum erfüllte das Land, und Kunst und Wissenschaft fanden unablässige Pflege.
Aber auch das machtbewusste Khalifat unterlag schon im X. Jahrhundert der zersetzenden Thätigkeit einzelner kriegerischer Vezire, und beim Erlöschen des omajadischen Khalifengeschlechtes (1038) zersplitterte das Reich in kleine Emirate, wie Toledo, Granada, Sevilla, Lisboa, Murcia und Valencia, welche rivalisirend nebeneinander standen. Nachdem der Versuch der Sarazenen, den Halbmond auch nördlich von den Pyrenäen aufzupflanzen, von den Merovingern blutig abgewiesen
Das Mittelmeerbecken.
und Reichthums entgegen, nachdem sie Jahrtausende hindurch eine mehr bescheidene Rolle gespielt hatte. Die Legende nennt Herakles ihren Gründer und verlegt die erste Ansiedlung auf 400 Jahre vor die Gründung Roms. Jedenfalls haben wir es hier mit einer der ältesten griechischen Schöpfungen auf hispanischem Boden zu thun, zu deren Entstehung die günstigen orographischen Verhältnisse der dortigen Küste (Hafenbucht und isolirter Berg) frühzeitig eingeladen haben mochten.
Erst als die Karthager auch hieher vorgedrungen waren, wird der Name Barcino genannt. Barca, Hannibal’s Vater soll die Stadt 225 v. Chr. umgebaut und zu seinen Ehren ihr den erwähnten Namen gegeben haben; sie wurde, obgleich nicht ausgedehnt, das Neukarthago der nördlichen Küste. Damals lag die Stadt auf der flachen Erhöhung Taber, dort wo gegenwärtig die Kathedrale steht.
Die Römer besetzen sie 206 v. Chr. und nannten sie „Favienta Julia Augusta Pio Barcino“, doch war die Stadt von Tarraco, ja selbst von der heute verschwundenen massilianischen Colonie Emporiae (Golf von Rosas nächst der französischen Grenze) verdunkelt.
Unter den Alanen, welche um das Jahr 409 Barcino besetzten, begann der Wohlstand der Stadt sich zu heben, noch mehr aber, als die Westgothen Barcino zur Hauptstadt erhoben. Diese durfte Münzen prägen, welche die Legende Barcinona trugen.
In der Folge wurde Toletum die Königsstadt. Das Christenthum fand in Barcino bald eine gesicherte Stätte, Zeuge dessen sind die zwei in den Jahren 540 und 599 dort abgehaltenen Kirchenconcilien.
Spanien war aber nicht das Land, die Eigenart der Westgothen auf die Dauer der Zeit zu erhalten. Nicht nur die Einflüsse des heissen Klimas und der angesessenen Bevölkerung, sondern auch innere Zwistigkeiten zehrten am Marke der Gothen, so dass die Araber, welche bereits die ganze Nordküste Afrikas be- völkert hatten, zum Einfall in das blühende Spanien ermuthigt wurden.
Unter ihrem Heerführer Tarek Abu Zara, dem Begründer der Feste Gi- braltar, überfluteten sie alsbald die Halbinsel. In der siebentägigen Schlacht bei Jeres de la Frontera 711 sank das Reich der Westgothen in Trümmer, und es erhob sich die Glanzperiode des unabhängigen Khalifats von Cordoba, dessen prunk- volles Hofleben mit der Prachtentfaltung der römischen Imperatoren wetteiferte. Wohlstand, ja Reichthum erfüllte das Land, und Kunst und Wissenschaft fanden unablässige Pflege.
Aber auch das machtbewusste Khalifat unterlag schon im X. Jahrhundert der zersetzenden Thätigkeit einzelner kriegerischer Vezire, und beim Erlöschen des omajadischen Khalifengeschlechtes (1038) zersplitterte das Reich in kleine Emirate, wie Toledo, Granada, Sevilla, Lisboa, Murcia und Valencia, welche rivalisirend nebeneinander standen. Nachdem der Versuch der Sarazenen, den Halbmond auch nördlich von den Pyrenäen aufzupflanzen, von den Merovingern blutig abgewiesen
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mehr bescheidene Rolle gespielt hatte. Die Legende nennt Herakles
ihren Gründer und verlegt die erste Ansiedlung auf 400 Jahre vor
die Gründung Roms. Jedenfalls haben wir es hier mit einer der
ältesten griechischen Schöpfungen auf hispanischem Boden zu thun,
zu deren Entstehung die günstigen orographischen Verhältnisse der
dortigen Küste (Hafenbucht und isolirter Berg) frühzeitig eingeladen
haben mochten.
Erst als die Karthager auch hieher vorgedrungen waren, wird
der Name Barcino genannt. Barca, Hannibal’s Vater soll die Stadt
225 v. Chr. umgebaut und zu seinen Ehren ihr den erwähnten Namen
gegeben haben; sie wurde, obgleich nicht ausgedehnt, das Neukarthago
der nördlichen Küste. Damals lag die Stadt auf der flachen Erhöhung
Taber, dort wo gegenwärtig die Kathedrale steht.
Die Römer besetzen sie 206 v. Chr. und nannten sie „Favienta
Julia Augusta Pio Barcino“, doch war die Stadt von Tarraco, ja
selbst von der heute verschwundenen massilianischen Colonie Emporiae
(Golf von Rosas nächst der französischen Grenze) verdunkelt.
Unter den Alanen, welche um das Jahr 409 Barcino besetzten,
begann der Wohlstand der Stadt sich zu heben, noch mehr aber, als
die Westgothen Barcino zur Hauptstadt erhoben. Diese durfte Münzen
prägen, welche die Legende Barcinona trugen.
In der Folge wurde Toletum die Königsstadt. Das Christenthum
fand in Barcino bald eine gesicherte Stätte, Zeuge dessen sind die
zwei in den Jahren 540 und 599 dort abgehaltenen Kirchenconcilien.
Spanien war aber nicht das Land, die Eigenart der Westgothen auf die
Dauer der Zeit zu erhalten. Nicht nur die Einflüsse des heissen Klimas und der
angesessenen Bevölkerung, sondern auch innere Zwistigkeiten zehrten am Marke
der Gothen, so dass die Araber, welche bereits die ganze Nordküste Afrikas be-
völkert hatten, zum Einfall in das blühende Spanien ermuthigt wurden.
Unter ihrem Heerführer Tarek Abu Zara, dem Begründer der Feste Gi-
braltar, überfluteten sie alsbald die Halbinsel. In der siebentägigen Schlacht bei
Jeres de la Frontera 711 sank das Reich der Westgothen in Trümmer, und es
erhob sich die Glanzperiode des unabhängigen Khalifats von Cordoba, dessen prunk-
volles Hofleben mit der Prachtentfaltung der römischen Imperatoren wetteiferte.
Wohlstand, ja Reichthum erfüllte das Land, und Kunst und Wissenschaft fanden
unablässige Pflege.
Aber auch das machtbewusste Khalifat unterlag schon im X. Jahrhundert
der zersetzenden Thätigkeit einzelner kriegerischer Vezire, und beim Erlöschen des
omajadischen Khalifengeschlechtes (1038) zersplitterte das Reich in kleine Emirate,
wie Toledo, Granada, Sevilla, Lisboa, Murcia und Valencia, welche rivalisirend
nebeneinander standen. Nachdem der Versuch der Sarazenen, den Halbmond auch
nördlich von den Pyrenäen aufzupflanzen, von den Merovingern blutig abgewiesen
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/460>, abgerufen am 22.11.2024.
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