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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Genua.
reichen und ausserordentlichen Schwierigkeiten zu überwinden, welche
sich der Ausführung eines Eisenbahnnetzes entgegenstellten.

Sie suchte sich mit grosser Beharrlichkeit der dreifachen Auf-
gabe eines Ueberganges über die Apenninen, über den Mont Cenis
und über die Alpen zu nähern und vollendete 1848--1859 ein ziem-
lich umfangreiches Eisenbahnnetz mit dem Hauptknotenpunkte Ales-
sandria, das am 18. December 1853 über den Pass von Giovi Genua
erreichte. Der Ausbau der Bahnen längs der Riviera nach Westen
(Ventimiglia) und nach Osten (Spezia-Livorno) erfolgte viel später.

Auch die Römer, deren Hauptstadt doch weit im Süden von
Genua lag, hatten zuerst die Strasse vom Po nach Genua vollendet.
Durch die Errichtung des Königreiches Italien erlangte Genua ein
ausgedehntes industrielles Hinterland, und beherrschte dieses sofort
mit Hilfe seiner vorzüglichen Land- und Seetransportwege, so dass es
jetzt mit Venedig im Venetianischen, mit Livorno in Toscana con-
currirt.

Das Jahr 1870, das ist das Jahr, als durch die Vollendung des
Suez-Canals eine neue Zeit für alle Gestadeländer des Mittelmeeres
hereingebrochen war, bedeutet auch für Genua eine Zeit, wo alle
Keime neu zu sprossen begannen, um neuer ungeahnter Blüthe zuge-
führt zu werden. Es soll auch nicht verschwiegen werden, die Ge-
nuesen nicht nur, alle Italiener waren den Aufgaben, welche die ver-
änderte Zeit und Weltlage an sie stellte, gewachsen. Das grosse
kaufmännische Talent, welches im italienischen Volke schlummerte,
zeigt sich heute wieder im selben Glanze wie vor 400 Jahren.

Eisenbahnen, welche über die Alpen führten, sollten zunächst das
Handelsgebiet Genuas erweitern, es zu einem Transitohafen für die
Nachbarstaaten machen.

Am 17. September 1871 wurde die Bahn durch den Mont Cenis
eröffnet, die Aufgabe, einen 12 km langen Tunnel zu bauen, war
glänzend gelöst. Aber wir müssen gleich bemerken, dass auf diesem
Wege Havre und Boulogne beispielsweise in Schafwolle mit Genua
erfolgreich in Oberitalien concurriren. Dafür ist die Eröffnung der
Gotthardbahn 1882 ein wichtiger Markstein in der Entwicklung Genuas,
das durch dieses internationale Werk ein Transitohafen für die Schweiz
und zum Theile auch für Deutschland wurde.

In der Versorgung der Schweiz mit Getreide konnte Genua mit
Marseille den Kampf mit Glück aufnehmen.

Die Menge der Frachten, welche in Genua gelöscht wurden,
stieg seit Eröffnung der Gotthardbahn so gewaltig, dass man die Be-

Genua.
reichen und ausserordentlichen Schwierigkeiten zu überwinden, welche
sich der Ausführung eines Eisenbahnnetzes entgegenstellten.

Sie suchte sich mit grosser Beharrlichkeit der dreifachen Auf-
gabe eines Ueberganges über die Apenninen, über den Mont Cenis
und über die Alpen zu nähern und vollendete 1848—1859 ein ziem-
lich umfangreiches Eisenbahnnetz mit dem Hauptknotenpunkte Ales-
sandria, das am 18. December 1853 über den Pass von Giovi Genua
erreichte. Der Ausbau der Bahnen längs der Riviera nach Westen
(Ventimiglia) und nach Osten (Spezia-Livorno) erfolgte viel später.

Auch die Römer, deren Hauptstadt doch weit im Süden von
Genua lag, hatten zuerst die Strasse vom Po nach Genua vollendet.
Durch die Errichtung des Königreiches Italien erlangte Genua ein
ausgedehntes industrielles Hinterland, und beherrschte dieses sofort
mit Hilfe seiner vorzüglichen Land- und Seetransportwege, so dass es
jetzt mit Venedig im Venetianischen, mit Livorno in Toscana con-
currirt.

Das Jahr 1870, das ist das Jahr, als durch die Vollendung des
Suez-Canals eine neue Zeit für alle Gestadeländer des Mittelmeeres
hereingebrochen war, bedeutet auch für Genua eine Zeit, wo alle
Keime neu zu sprossen begannen, um neuer ungeahnter Blüthe zuge-
führt zu werden. Es soll auch nicht verschwiegen werden, die Ge-
nuesen nicht nur, alle Italiener waren den Aufgaben, welche die ver-
änderte Zeit und Weltlage an sie stellte, gewachsen. Das grosse
kaufmännische Talent, welches im italienischen Volke schlummerte,
zeigt sich heute wieder im selben Glanze wie vor 400 Jahren.

Eisenbahnen, welche über die Alpen führten, sollten zunächst das
Handelsgebiet Genuas erweitern, es zu einem Transitohafen für die
Nachbarstaaten machen.

Am 17. September 1871 wurde die Bahn durch den Mont Cenis
eröffnet, die Aufgabe, einen 12 km langen Tunnel zu bauen, war
glänzend gelöst. Aber wir müssen gleich bemerken, dass auf diesem
Wege Hâvre und Boulogne beispielsweise in Schafwolle mit Genua
erfolgreich in Oberitalien concurriren. Dafür ist die Eröffnung der
Gotthardbahn 1882 ein wichtiger Markstein in der Entwicklung Genuas,
das durch dieses internationale Werk ein Transitohafen für die Schweiz
und zum Theile auch für Deutschland wurde.

In der Versorgung der Schweiz mit Getreide konnte Genua mit
Marseille den Kampf mit Glück aufnehmen.

Die Menge der Frachten, welche in Genua gelöscht wurden,
stieg seit Eröffnung der Gotthardbahn so gewaltig, dass man die Be-

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[373/0393] Genua. reichen und ausserordentlichen Schwierigkeiten zu überwinden, welche sich der Ausführung eines Eisenbahnnetzes entgegenstellten. Sie suchte sich mit grosser Beharrlichkeit der dreifachen Auf- gabe eines Ueberganges über die Apenninen, über den Mont Cenis und über die Alpen zu nähern und vollendete 1848—1859 ein ziem- lich umfangreiches Eisenbahnnetz mit dem Hauptknotenpunkte Ales- sandria, das am 18. December 1853 über den Pass von Giovi Genua erreichte. Der Ausbau der Bahnen längs der Riviera nach Westen (Ventimiglia) und nach Osten (Spezia-Livorno) erfolgte viel später. Auch die Römer, deren Hauptstadt doch weit im Süden von Genua lag, hatten zuerst die Strasse vom Po nach Genua vollendet. Durch die Errichtung des Königreiches Italien erlangte Genua ein ausgedehntes industrielles Hinterland, und beherrschte dieses sofort mit Hilfe seiner vorzüglichen Land- und Seetransportwege, so dass es jetzt mit Venedig im Venetianischen, mit Livorno in Toscana con- currirt. Das Jahr 1870, das ist das Jahr, als durch die Vollendung des Suez-Canals eine neue Zeit für alle Gestadeländer des Mittelmeeres hereingebrochen war, bedeutet auch für Genua eine Zeit, wo alle Keime neu zu sprossen begannen, um neuer ungeahnter Blüthe zuge- führt zu werden. Es soll auch nicht verschwiegen werden, die Ge- nuesen nicht nur, alle Italiener waren den Aufgaben, welche die ver- änderte Zeit und Weltlage an sie stellte, gewachsen. Das grosse kaufmännische Talent, welches im italienischen Volke schlummerte, zeigt sich heute wieder im selben Glanze wie vor 400 Jahren. Eisenbahnen, welche über die Alpen führten, sollten zunächst das Handelsgebiet Genuas erweitern, es zu einem Transitohafen für die Nachbarstaaten machen. Am 17. September 1871 wurde die Bahn durch den Mont Cenis eröffnet, die Aufgabe, einen 12 km langen Tunnel zu bauen, war glänzend gelöst. Aber wir müssen gleich bemerken, dass auf diesem Wege Hâvre und Boulogne beispielsweise in Schafwolle mit Genua erfolgreich in Oberitalien concurriren. Dafür ist die Eröffnung der Gotthardbahn 1882 ein wichtiger Markstein in der Entwicklung Genuas, das durch dieses internationale Werk ein Transitohafen für die Schweiz und zum Theile auch für Deutschland wurde. In der Versorgung der Schweiz mit Getreide konnte Genua mit Marseille den Kampf mit Glück aufnehmen. Die Menge der Frachten, welche in Genua gelöscht wurden, stieg seit Eröffnung der Gotthardbahn so gewaltig, dass man die Be-

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/393>, abgerufen am 23.11.2024.