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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Das Mittelmeerbecken.
Siciliens wird bei der Eigenart der Bevölkerung sich sehr langsam
ändern, und eine Fabriksthätigkeit, die ersetzen könnte, was an Ver-
dienst beim Ackerbau verloren gegangen ist, existirt auf dem schönen
Eilande schon deshalb nicht, weil der Sicilianer, wie der Neapolitaner
im Allgemeinen jede Fabriksarbeit hasst und lieber hungert, als acht
Stunden im engen Fabriksraum arbeitet. So tritt uns in Sicilien auf
Schritt und Tritt die Verarmung mit all' ihren traurigen Folgen
entgegen.

Wir mussten diese Einleitung voranschicken, um bei den folgenden
Hafenplätzen lästige Wiederholungen zu vermeiden und schildern nun
den Handel Palermos.

Palermo ist die grösste Stadt Siciliens und auch der wichtigste
Hafen und erste Handelsplatz der Insel, denn von hier gehen drei
Eisenbahnlinien ins Innere, und die Küstenbahn nach Messina, an der
man schon über 20 Jahre baut, wird doch endlich fertig werden.
Palermo hat durch diese Verbindungen unter allen Häfen der Insel
das ausgedehnteste Hinterland und ist namentlich wichtig für den
Import fremder Waaren. Sein Export beruht auf den bekannten
Erzeugnissen Siciliens, auf Orangen, Limonen, Olivenöl, Wein und
Weinstein, Sumach.

Palermo exportirt unter allen Häfen Siciliens die meisten Agrumen; es hat
aber nicht allein durch die Verminderung des Werthes der Früchte gelitten,
sondern auch durch den Rückgang der ausgeführten Mengen, was bei Messina
und Catania nicht der Fall ist.

Es wurden 1888 693.085 q, 1887 1,214.639 q (24,332.795 Lire) und 1886
500.941 q exportirt.

Die Ausfuhr von Essenzen und Pflanzensäften aus Palermo ist besonders
hoch, dagegen sinkt stark die von trockenen Früchten 1888 7869 q, 1887 10.752 q
im Werthe von 1 Million Lire; auch bei diesem Artikel macht sich der Preis-
rückgang geltend. Zu nennen sind noch Manna und Haselnüsse.

Auf Sicilien produciren die Provinzen Palermo und Messina das meiste
Olivenöl. Ausfuhr 1888 7127 q, 1887 9128 q (Werth 1·1 Millionen Lire)
1886 2114 q.

Von Wein wurden nur ausgeführt in Fässern 1888 13.429 hl, 1887 7250 hl,
Werth 261.000 Lire. Die Exportgebiete des Weines liegen im Osten und im Westen
der Insel. Flaschenweine werden dafür in steigender Menge eingeführt; 1888
123.931 Flaschen.

Weit wichtiger als Wein ist für Palermo Weinstein; 1887 wurden
21.542 q im Werthe von 3·2 Millionen Lire, 1886 10.645 q im Werthe von 1·3 Mil-
lionen Lire ausgeführt.

Sumach ist ein hervorragender Ausfuhrartikel Palermos; die eine Hälfte
geht nach der Union, die andere nach England. Ausgeführt wurden von Farb-
und Gerbstoffen 1888 296.912 q, 1887 334.129 q im Werthe von fast 9 Millionen
Lire; den Hauptantheil an dieser Ziffer hat Sumach, dessen Ernte 1887 nach

Das Mittelmeerbecken.
Siciliens wird bei der Eigenart der Bevölkerung sich sehr langsam
ändern, und eine Fabriksthätigkeit, die ersetzen könnte, was an Ver-
dienst beim Ackerbau verloren gegangen ist, existirt auf dem schönen
Eilande schon deshalb nicht, weil der Sicilianer, wie der Neapolitaner
im Allgemeinen jede Fabriksarbeit hasst und lieber hungert, als acht
Stunden im engen Fabriksraum arbeitet. So tritt uns in Sicilien auf
Schritt und Tritt die Verarmung mit all’ ihren traurigen Folgen
entgegen.

Wir mussten diese Einleitung voranschicken, um bei den folgenden
Hafenplätzen lästige Wiederholungen zu vermeiden und schildern nun
den Handel Palermos.

Palermo ist die grösste Stadt Siciliens und auch der wichtigste
Hafen und erste Handelsplatz der Insel, denn von hier gehen drei
Eisenbahnlinien ins Innere, und die Küstenbahn nach Messina, an der
man schon über 20 Jahre baut, wird doch endlich fertig werden.
Palermo hat durch diese Verbindungen unter allen Häfen der Insel
das ausgedehnteste Hinterland und ist namentlich wichtig für den
Import fremder Waaren. Sein Export beruht auf den bekannten
Erzeugnissen Siciliens, auf Orangen, Limonen, Olivenöl, Wein und
Weinstein, Sumach.

Palermo exportirt unter allen Häfen Siciliens die meisten Agrumen; es hat
aber nicht allein durch die Verminderung des Werthes der Früchte gelitten,
sondern auch durch den Rückgang der ausgeführten Mengen, was bei Messina
und Catania nicht der Fall ist.

Es wurden 1888 693.085 q, 1887 1,214.639 q (24,332.795 Lire) und 1886
500.941 q exportirt.

Die Ausfuhr von Essenzen und Pflanzensäften aus Palermo ist besonders
hoch, dagegen sinkt stark die von trockenen Früchten 1888 7869 q, 1887 10.752 q
im Werthe von 1 Million Lire; auch bei diesem Artikel macht sich der Preis-
rückgang geltend. Zu nennen sind noch Manna und Haselnüsse.

Auf Sicilien produciren die Provinzen Palermo und Messina das meiste
Olivenöl. Ausfuhr 1888 7127 q, 1887 9128 q (Werth 1·1 Millionen Lire)
1886 2114 q.

Von Wein wurden nur ausgeführt in Fässern 1888 13.429 hl, 1887 7250 hl,
Werth 261.000 Lire. Die Exportgebiete des Weines liegen im Osten und im Westen
der Insel. Flaschenweine werden dafür in steigender Menge eingeführt; 1888
123.931 Flaschen.

Weit wichtiger als Wein ist für Palermo Weinstein; 1887 wurden
21.542 q im Werthe von 3·2 Millionen Lire, 1886 10.645 q im Werthe von 1·3 Mil-
lionen Lire ausgeführt.

Sumach ist ein hervorragender Ausfuhrartikel Palermos; die eine Hälfte
geht nach der Union, die andere nach England. Ausgeführt wurden von Farb-
und Gerbstoffen 1888 296.912 q, 1887 334.129 q im Werthe von fast 9 Millionen
Lire; den Hauptantheil an dieser Ziffer hat Sumach, dessen Ernte 1887 nach

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[330/0350] Das Mittelmeerbecken. Siciliens wird bei der Eigenart der Bevölkerung sich sehr langsam ändern, und eine Fabriksthätigkeit, die ersetzen könnte, was an Ver- dienst beim Ackerbau verloren gegangen ist, existirt auf dem schönen Eilande schon deshalb nicht, weil der Sicilianer, wie der Neapolitaner im Allgemeinen jede Fabriksarbeit hasst und lieber hungert, als acht Stunden im engen Fabriksraum arbeitet. So tritt uns in Sicilien auf Schritt und Tritt die Verarmung mit all’ ihren traurigen Folgen entgegen. Wir mussten diese Einleitung voranschicken, um bei den folgenden Hafenplätzen lästige Wiederholungen zu vermeiden und schildern nun den Handel Palermos. Palermo ist die grösste Stadt Siciliens und auch der wichtigste Hafen und erste Handelsplatz der Insel, denn von hier gehen drei Eisenbahnlinien ins Innere, und die Küstenbahn nach Messina, an der man schon über 20 Jahre baut, wird doch endlich fertig werden. Palermo hat durch diese Verbindungen unter allen Häfen der Insel das ausgedehnteste Hinterland und ist namentlich wichtig für den Import fremder Waaren. Sein Export beruht auf den bekannten Erzeugnissen Siciliens, auf Orangen, Limonen, Olivenöl, Wein und Weinstein, Sumach. Palermo exportirt unter allen Häfen Siciliens die meisten Agrumen; es hat aber nicht allein durch die Verminderung des Werthes der Früchte gelitten, sondern auch durch den Rückgang der ausgeführten Mengen, was bei Messina und Catania nicht der Fall ist. Es wurden 1888 693.085 q, 1887 1,214.639 q (24,332.795 Lire) und 1886 500.941 q exportirt. Die Ausfuhr von Essenzen und Pflanzensäften aus Palermo ist besonders hoch, dagegen sinkt stark die von trockenen Früchten 1888 7869 q, 1887 10.752 q im Werthe von 1 Million Lire; auch bei diesem Artikel macht sich der Preis- rückgang geltend. Zu nennen sind noch Manna und Haselnüsse. Auf Sicilien produciren die Provinzen Palermo und Messina das meiste Olivenöl. Ausfuhr 1888 7127 q, 1887 9128 q (Werth 1·1 Millionen Lire) 1886 2114 q. Von Wein wurden nur ausgeführt in Fässern 1888 13.429 hl, 1887 7250 hl, Werth 261.000 Lire. Die Exportgebiete des Weines liegen im Osten und im Westen der Insel. Flaschenweine werden dafür in steigender Menge eingeführt; 1888 123.931 Flaschen. Weit wichtiger als Wein ist für Palermo Weinstein; 1887 wurden 21.542 q im Werthe von 3·2 Millionen Lire, 1886 10.645 q im Werthe von 1·3 Mil- lionen Lire ausgeführt. Sumach ist ein hervorragender Ausfuhrartikel Palermos; die eine Hälfte geht nach der Union, die andere nach England. Ausgeführt wurden von Farb- und Gerbstoffen 1888 296.912 q, 1887 334.129 q im Werthe von fast 9 Millionen Lire; den Hauptantheil an dieser Ziffer hat Sumach, dessen Ernte 1887 nach

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/350>, abgerufen am 18.05.2024.