Documente des Ordens. Unter den letztgenannten ist die Original- Bulle des Papstes Paschalis II. aus dem Jahre 1113 enthalten, mittelst welcher derselbe dem Hospitale zum heiligen Johannes in Jerusalem seinen Schutz und Schirm gewährte.
Auch die berühmte Trompete, mit welcher die letzte Retraite beim Abzug der Ritter aus Rhodus (December 1522) geblasen wurde, ist als theures Vermächtniss der Grossmeister im Waffensaale auf- bewahrt.
Anschliessend an das Palais ist die 40.000 Bände enthaltende Bibliothek, in deren Gebäude auch Sculpturen aus phönikischer und römischer Zeit gesammelt wurden.
Unter den kirchlichen Bauten beansprucht die Kathedrale St. Giovanni als eigentliche Ordenskirche und als Bauwerk der berühmten Periode des Cinque Cento angehörend, eine hohe Beachtung.
Der Bau datirt aus dem Jahre 1576 und zeichnet sich durch reichen architektonischen und plastischen Schmuck aus. Dort hatten viele Grossmeister und Ordensritter, deren kunstvolle Denkmäler eine prächtige Zierde bilden, die letzte Ruhestätte gefunden. Die einzelnen Staaten und Provinzen (Bayern, Frankreich und die Provence, Italien, Oesterreich, Portugal, Spanien) haben in der Kathedrale besondere Seitencapellen, die mitunter auf das Kostbarste ausgestattet sind und herrliche Gemälde und Sculpturen oder Bronzegüsse enthalten.
Unter den sonstigen Grossbauten der Stadt zählen die Häuser der verschiedenen Nationen (auberges), die gegenwärtig grösstentheils baulich verändert meist für Clubzwecke Verwendung finden, zu den hervorragendsten. Das Clubwesen ist hier am Sitze einer starken eng- lischen Colonie natürlich sehr ausgebildet und beherrscht die ge- sammte Gesellschaft.
Im Norden von La Valetta mündet ebenfalls ein tief eingeschnit- tener Hafen, in welchem die Insel Jezirah mit dem starken Fort Manuel lagert und die Flanke der Hauptfestung deckt.
Die Malteser, eine Specialität von Racenkreuzung der ver- schiedenen Völker, welche nach einander die Felseninseln bewohnten, sind ein fleissiges Volk, sie scheuen nicht harte Arbeit, haben Talent für Mechanik und sind tüchtige Kaufleute und kühne Seefahrer. Malta gehört zu den dichtest bevölkerten Flecken der ganzen Erde, 500 auf den km2, und darum müssen viele Malteser, so gut auch die Insel bebaut ist, so viel auch durch den Handel verdient wird, dessen Entwicklung bedingt ist durch die wundervolle Handelsstellung der Maltagruppe im Mittelmeere und den Verkehr nach Indien, doch
Das Mittelmeerbecken.
Documente des Ordens. Unter den letztgenannten ist die Original- Bulle des Papstes Paschalis II. aus dem Jahre 1113 enthalten, mittelst welcher derselbe dem Hospitale zum heiligen Johannes in Jerusalem seinen Schutz und Schirm gewährte.
Auch die berühmte Trompete, mit welcher die letzte Retraite beim Abzug der Ritter aus Rhodus (December 1522) geblasen wurde, ist als theures Vermächtniss der Grossmeister im Waffensaale auf- bewahrt.
Anschliessend an das Palais ist die 40.000 Bände enthaltende Bibliothek, in deren Gebäude auch Sculpturen aus phönikischer und römischer Zeit gesammelt wurden.
Unter den kirchlichen Bauten beansprucht die Kathedrale St. Giovanni als eigentliche Ordenskirche und als Bauwerk der berühmten Periode des Cinque Cento angehörend, eine hohe Beachtung.
Der Bau datirt aus dem Jahre 1576 und zeichnet sich durch reichen architektonischen und plastischen Schmuck aus. Dort hatten viele Grossmeister und Ordensritter, deren kunstvolle Denkmäler eine prächtige Zierde bilden, die letzte Ruhestätte gefunden. Die einzelnen Staaten und Provinzen (Bayern, Frankreich und die Provence, Italien, Oesterreich, Portugal, Spanien) haben in der Kathedrale besondere Seitencapellen, die mitunter auf das Kostbarste ausgestattet sind und herrliche Gemälde und Sculpturen oder Bronzegüsse enthalten.
Unter den sonstigen Grossbauten der Stadt zählen die Häuser der verschiedenen Nationen (auberges), die gegenwärtig grösstentheils baulich verändert meist für Clubzwecke Verwendung finden, zu den hervorragendsten. Das Clubwesen ist hier am Sitze einer starken eng- lischen Colonie natürlich sehr ausgebildet und beherrscht die ge- sammte Gesellschaft.
Im Norden von La Valetta mündet ebenfalls ein tief eingeschnit- tener Hafen, in welchem die Insel Jezirah mit dem starken Fort Manuel lagert und die Flanke der Hauptfestung deckt.
Die Malteser, eine Specialität von Racenkreuzung der ver- schiedenen Völker, welche nach einander die Felseninseln bewohnten, sind ein fleissiges Volk, sie scheuen nicht harte Arbeit, haben Talent für Mechanik und sind tüchtige Kaufleute und kühne Seefahrer. Malta gehört zu den dichtest bevölkerten Flecken der ganzen Erde, 500 auf den km2, und darum müssen viele Malteser, so gut auch die Insel bebaut ist, so viel auch durch den Handel verdient wird, dessen Entwicklung bedingt ist durch die wundervolle Handelsstellung der Maltagruppe im Mittelmeere und den Verkehr nach Indien, doch
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Das Mittelmeerbecken.
Documente des Ordens. Unter den letztgenannten ist die Original-
Bulle des Papstes Paschalis II. aus dem Jahre 1113 enthalten,
mittelst welcher derselbe dem Hospitale zum heiligen Johannes in
Jerusalem seinen Schutz und Schirm gewährte.
Auch die berühmte Trompete, mit welcher die letzte Retraite
beim Abzug der Ritter aus Rhodus (December 1522) geblasen wurde,
ist als theures Vermächtniss der Grossmeister im Waffensaale auf-
bewahrt.
Anschliessend an das Palais ist die 40.000 Bände enthaltende
Bibliothek, in deren Gebäude auch Sculpturen aus phönikischer und
römischer Zeit gesammelt wurden.
Unter den kirchlichen Bauten beansprucht die Kathedrale St.
Giovanni als eigentliche Ordenskirche und als Bauwerk der berühmten
Periode des Cinque Cento angehörend, eine hohe Beachtung.
Der Bau datirt aus dem Jahre 1576 und zeichnet sich durch
reichen architektonischen und plastischen Schmuck aus. Dort hatten
viele Grossmeister und Ordensritter, deren kunstvolle Denkmäler eine
prächtige Zierde bilden, die letzte Ruhestätte gefunden. Die einzelnen
Staaten und Provinzen (Bayern, Frankreich und die Provence, Italien,
Oesterreich, Portugal, Spanien) haben in der Kathedrale besondere
Seitencapellen, die mitunter auf das Kostbarste ausgestattet sind und
herrliche Gemälde und Sculpturen oder Bronzegüsse enthalten.
Unter den sonstigen Grossbauten der Stadt zählen die Häuser
der verschiedenen Nationen (auberges), die gegenwärtig grösstentheils
baulich verändert meist für Clubzwecke Verwendung finden, zu den
hervorragendsten. Das Clubwesen ist hier am Sitze einer starken eng-
lischen Colonie natürlich sehr ausgebildet und beherrscht die ge-
sammte Gesellschaft.
Im Norden von La Valetta mündet ebenfalls ein tief eingeschnit-
tener Hafen, in welchem die Insel Jezirah mit dem starken Fort
Manuel lagert und die Flanke der Hauptfestung deckt.
Die Malteser, eine Specialität von Racenkreuzung der ver-
schiedenen Völker, welche nach einander die Felseninseln bewohnten,
sind ein fleissiges Volk, sie scheuen nicht harte Arbeit, haben Talent
für Mechanik und sind tüchtige Kaufleute und kühne Seefahrer.
Malta gehört zu den dichtest bevölkerten Flecken der ganzen Erde,
500 auf den km2, und darum müssen viele Malteser, so gut auch
die Insel bebaut ist, so viel auch durch den Handel verdient wird,
dessen Entwicklung bedingt ist durch die wundervolle Handelsstellung
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/338>, abgerufen am 24.11.2024.
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