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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Das Mittelmeerbecken.

Egypten, dieses "Geschenk des Nil", ist, soweit die Fluten des heiligen
Stromes sein schmales langgestrecktes Thal und das Delta, welches wie ein Fächer
sich ausbreitet, alljährlich überschwemmen und eine Schlammschichte zurücklassen,
welche dem Boden wieder zuführt, was ihm in den letzten neun Monaten durch
den Ackerbau entzogen worden ist, äusserst fruchtbar.

Im Monate Juli beginnt als Folge der Tropenregen, die im Quellgebiete des
Nil im März einsetzen, das langersehnte Steigen des Flusses, und gegen Ende
September erreicht er seinen höchsten Stand. Strassen und Ortschaften ragen nur
wenig aus der graugrünen Flut heraus, die Ende October so weit gesunken ist, dass
der Ackerbau beginnen kann. Niederwasser des Nil ist gleichbedeutend mit Miss-
ernte. Schon in den ältesten Zeiten suchte man solchem Unglücke möglichst vor-
zubeugen. Ein weit verzweigtes Canalsystem vertheilte das befruchtende Wasser
des Stromes, unzählige Schöpfwerke brachten es in die ein wenig höher gelegenen
Theile. Die Arbeit der Pharaonen haben die Ptolemäer, die muhammedanischen
Fürsten der verschiedenen Dynastien fortgesetzt, welche nacheinander Egypten
beherrschten. Mit den Hilfsmitteln der modernen Technik und den Erfahrungen,
welche sie in Indien gemacht hatten, suchen die Engländer das grosse Werk der
Bewässerung des Landes zum Abschlusse zu bringen, und sie hoffen, in absehbarer
Zeit das Unglück, das eine nicht ausreichende Ueberschwemmung des Nils bringt,
sehr bedeutend einzuschränken.

Die ganze Culturfläche Egyptens erreicht noch nicht 28.000 km2, also unge-
fähr die Fläche von Mähren und Schlesien. Wohl erhöht sich diese Ziffer für
Egypten noch um etwa drei Zehntel, weil auf vielen Feldern in einem Jahre
drei Ernten stattfinden, nämlich die Winterernte (Chitroi), die Sommerernte (Sefi)
und die Herbsternte (Nili). Doch auch dies eingerechnet, wie fruchtbar muss ein
Land sein, das überdies noch so grosse Mengen von Baumwolle, Getreide und
Zucker zur Ausfuhr bringen kann?

Baumwolle wird in Egypten erst seit dem nordamerikanischen Sclaven-
kriege (1860--64) in grossem Massstabe für die Zwecke des Exportes gebaut und
hat sich auch später, als Amerika wieder concurrenzfähig wurde, auf dem Welt-
markte behauptet, obwohl die egyptische Baumwolle theurer ist als die amerika-
nische. Sie geht zur Hälfte nach England (Liverpool), dann nach Russland (Odessa,
Kronstadt), Spanien (Barcelona), Frankreich (Marseille, Havre), Italien (Genua),
Oesterreich-Ungarn (Triest), in die Schweiz, ins Elsass, nach Sachsen und seit 1888
sogar in die Vereinigten Staaten, wo man mit der Erzeugung von Stoffen begonnen
hat, für welche sich nur die egyptische Baumwolle eignet. In allen Ländern macht
man mit Garnen, welche aus egyptischer Baumwolle gesponnen sind, gute Geschäfte.


[Abbildung]

Legende zum Hafen von Alexandria.
A Aussen-Hafen, B innerer Hafen (alter oder Westhafen, Eunostus der Alten), C Hafenbank, D neuer
oder Osthafen, der grosse Hafen der Alten, E Arsenalbassin mit Schwimmdock, F Leuchtfeuer,
G grosser Wellenbrecher, H See-Arsenal, J Palais des Khedive, K Harem, L Hospital, M schwimmende
Capelle für Seeleute, N Bassin für Reparaturen, O Fort Napoleon, P Feuer- und Zeitsignalstation,
Q Quarantäne, R Bauholz- und Baumwolle-Quai, R1 Bassin der Pen. u. Orient. Schiffahrts-Gesellschaft,
S Baumwolle-Börse, T Zollamt, T1 project. neues Zollamt, U Bauholz-Magazin, V arabische Dörfer,
W Palmengärten, X Consuls- oder Mohammed Ali-Platz, Y Eisenbahn-Station, Z Gabari-Palais. --
1 Directions-Marken für Schiffe, 2. Necropolis, 3. Palast-Ruinen, 4. Mareotis-See, 5. Wrack im Hafen,
6. Mahmudieh-Canal, 7. Nil-Thor, 8. Moharanbey-Thor, 9. Wasserwerke, 10. Standort des ptolemäischen
Palastes, 11. Rosetta-Thor, 12. Friedhöfe, 13. Mahmudieh-Strasse, 14. Ibrahim-Strasse, 15. Kaserne,
16. katholische Kirche, 17. Pompejus-Säule, 18. Gärten des Moharan-Bey, 19. Ras-el-Tin-Strasse,
[ - 1 Zeichen fehlt] Moschee, [ - 1 Zeichen fehlt] Windmühlen. -- Leuchtthurm Eunostos 31° 12' n. B. 29" 52' O. v. Gr.


Das Mittelmeerbecken.

Egypten, dieses „Geschenk des Nil“, ist, soweit die Fluten des heiligen
Stromes sein schmales langgestrecktes Thal und das Delta, welches wie ein Fächer
sich ausbreitet, alljährlich überschwemmen und eine Schlammschichte zurücklassen,
welche dem Boden wieder zuführt, was ihm in den letzten neun Monaten durch
den Ackerbau entzogen worden ist, äusserst fruchtbar.

Im Monate Juli beginnt als Folge der Tropenregen, die im Quellgebiete des
Nil im März einsetzen, das langersehnte Steigen des Flusses, und gegen Ende
September erreicht er seinen höchsten Stand. Strassen und Ortschaften ragen nur
wenig aus der graugrünen Flut heraus, die Ende October so weit gesunken ist, dass
der Ackerbau beginnen kann. Niederwasser des Nil ist gleichbedeutend mit Miss-
ernte. Schon in den ältesten Zeiten suchte man solchem Unglücke möglichst vor-
zubeugen. Ein weit verzweigtes Canalsystem vertheilte das befruchtende Wasser
des Stromes, unzählige Schöpfwerke brachten es in die ein wenig höher gelegenen
Theile. Die Arbeit der Pharaonen haben die Ptolemäer, die muhammedanischen
Fürsten der verschiedenen Dynastien fortgesetzt, welche nacheinander Egypten
beherrschten. Mit den Hilfsmitteln der modernen Technik und den Erfahrungen,
welche sie in Indien gemacht hatten, suchen die Engländer das grosse Werk der
Bewässerung des Landes zum Abschlusse zu bringen, und sie hoffen, in absehbarer
Zeit das Unglück, das eine nicht ausreichende Ueberschwemmung des Nils bringt,
sehr bedeutend einzuschränken.

Die ganze Culturfläche Egyptens erreicht noch nicht 28.000 km2, also unge-
fähr die Fläche von Mähren und Schlesien. Wohl erhöht sich diese Ziffer für
Egypten noch um etwa drei Zehntel, weil auf vielen Feldern in einem Jahre
drei Ernten stattfinden, nämlich die Winterernte (Chitroi), die Sommerernte (Sefi)
und die Herbsternte (Nili). Doch auch dies eingerechnet, wie fruchtbar muss ein
Land sein, das überdies noch so grosse Mengen von Baumwolle, Getreide und
Zucker zur Ausfuhr bringen kann?

Baumwolle wird in Egypten erst seit dem nordamerikanischen Sclaven-
kriege (1860—64) in grossem Massstabe für die Zwecke des Exportes gebaut und
hat sich auch später, als Amerika wieder concurrenzfähig wurde, auf dem Welt-
markte behauptet, obwohl die egyptische Baumwolle theurer ist als die amerika-
nische. Sie geht zur Hälfte nach England (Liverpool), dann nach Russland (Odessa,
Kronstadt), Spanien (Barcelona), Frankreich (Marseille, Havre), Italien (Genua),
Oesterreich-Ungarn (Triest), in die Schweiz, ins Elsass, nach Sachsen und seit 1888
sogar in die Vereinigten Staaten, wo man mit der Erzeugung von Stoffen begonnen
hat, für welche sich nur die egyptische Baumwolle eignet. In allen Ländern macht
man mit Garnen, welche aus egyptischer Baumwolle gesponnen sind, gute Geschäfte.


[Abbildung]

Legende zum Hafen von Alexandria.
A Aussen-Hafen, B innerer Hafen (alter oder Westhafen, Eunostus der Alten), C Hafenbank, D neuer
oder Osthafen, der grosse Hafen der Alten, E Arsenalbassin mit Schwimmdock, F Leuchtfeuer,
G grosser Wellenbrecher, H See-Arsenal, J Palais des Khedive, K Harem, L Hospital, M schwimmende
Capelle für Seeleute, N Bassin für Reparaturen, O Fort Napoleon, P Feuer- und Zeitsignalstation,
Q Quarantäne, R Bauholz- und Baumwolle-Quai, R1 Bassin der Pen. u. Orient. Schiffahrts-Gesellschaft,
S Baumwolle-Börse, T Zollamt, T1 project. neues Zollamt, U Bauholz-Magazin, V arabische Dörfer,
W Palmengärten, X Consuls- oder Mohammed Ali-Platz, Y Eisenbahn-Station, Z Gabari-Palais. —
1 Directions-Marken für Schiffe, 2. Necropolis, 3. Palast-Ruinen, 4. Mareotis-See, 5. Wrack im Hafen,
6. Mahmudieh-Canal, 7. Nil-Thor, 8. Moharanbey-Thor, 9. Wasserwerke, 10. Standort des ptolemäischen
Palastes, 11. Rosetta-Thor, 12. Friedhöfe, 13. Mahmudieh-Strasse, 14. Ibrahim-Strasse, 15. Kaserne,
16. katholische Kirche, 17. Pompejus-Säule, 18. Gärten des Moharan-Bey, 19. Ras-el-Tin-Strasse,
[ – 1 Zeichen fehlt] Moschee, [ – 1 Zeichen fehlt] Windmühlen. — Leuchtthurm Eunostos 31° 12′ n. B. 29″ 52′ O. v. Gr.


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[288/0308] Das Mittelmeerbecken. Egypten, dieses „Geschenk des Nil“, ist, soweit die Fluten des heiligen Stromes sein schmales langgestrecktes Thal und das Delta, welches wie ein Fächer sich ausbreitet, alljährlich überschwemmen und eine Schlammschichte zurücklassen, welche dem Boden wieder zuführt, was ihm in den letzten neun Monaten durch den Ackerbau entzogen worden ist, äusserst fruchtbar. Im Monate Juli beginnt als Folge der Tropenregen, die im Quellgebiete des Nil im März einsetzen, das langersehnte Steigen des Flusses, und gegen Ende September erreicht er seinen höchsten Stand. Strassen und Ortschaften ragen nur wenig aus der graugrünen Flut heraus, die Ende October so weit gesunken ist, dass der Ackerbau beginnen kann. Niederwasser des Nil ist gleichbedeutend mit Miss- ernte. Schon in den ältesten Zeiten suchte man solchem Unglücke möglichst vor- zubeugen. Ein weit verzweigtes Canalsystem vertheilte das befruchtende Wasser des Stromes, unzählige Schöpfwerke brachten es in die ein wenig höher gelegenen Theile. Die Arbeit der Pharaonen haben die Ptolemäer, die muhammedanischen Fürsten der verschiedenen Dynastien fortgesetzt, welche nacheinander Egypten beherrschten. Mit den Hilfsmitteln der modernen Technik und den Erfahrungen, welche sie in Indien gemacht hatten, suchen die Engländer das grosse Werk der Bewässerung des Landes zum Abschlusse zu bringen, und sie hoffen, in absehbarer Zeit das Unglück, das eine nicht ausreichende Ueberschwemmung des Nils bringt, sehr bedeutend einzuschränken. Die ganze Culturfläche Egyptens erreicht noch nicht 28.000 km2, also unge- fähr die Fläche von Mähren und Schlesien. Wohl erhöht sich diese Ziffer für Egypten noch um etwa drei Zehntel, weil auf vielen Feldern in einem Jahre drei Ernten stattfinden, nämlich die Winterernte (Chitroi), die Sommerernte (Sefi) und die Herbsternte (Nili). Doch auch dies eingerechnet, wie fruchtbar muss ein Land sein, das überdies noch so grosse Mengen von Baumwolle, Getreide und Zucker zur Ausfuhr bringen kann? Baumwolle wird in Egypten erst seit dem nordamerikanischen Sclaven- kriege (1860—64) in grossem Massstabe für die Zwecke des Exportes gebaut und hat sich auch später, als Amerika wieder concurrenzfähig wurde, auf dem Welt- markte behauptet, obwohl die egyptische Baumwolle theurer ist als die amerika- nische. Sie geht zur Hälfte nach England (Liverpool), dann nach Russland (Odessa, Kronstadt), Spanien (Barcelona), Frankreich (Marseille, Havre), Italien (Genua), Oesterreich-Ungarn (Triest), in die Schweiz, ins Elsass, nach Sachsen und seit 1888 sogar in die Vereinigten Staaten, wo man mit der Erzeugung von Stoffen begonnen hat, für welche sich nur die egyptische Baumwolle eignet. In allen Ländern macht man mit Garnen, welche aus egyptischer Baumwolle gesponnen sind, gute Geschäfte. [Abbildung Legende zum Hafen von Alexandria. A Aussen-Hafen, B innerer Hafen (alter oder Westhafen, Eunostus der Alten), C Hafenbank, D neuer oder Osthafen, der grosse Hafen der Alten, E Arsenalbassin mit Schwimmdock, F Leuchtfeuer, G grosser Wellenbrecher, H See-Arsenal, J Palais des Khedive, K Harem, L Hospital, M schwimmende Capelle für Seeleute, N Bassin für Reparaturen, O Fort Napoleon, P Feuer- und Zeitsignalstation, Q Quarantäne, R Bauholz- und Baumwolle-Quai, R1 Bassin der Pen. u. Orient. Schiffahrts-Gesellschaft, S Baumwolle-Börse, T Zollamt, T1 project. neues Zollamt, U Bauholz-Magazin, V arabische Dörfer, W Palmengärten, X Consuls- oder Mohammed Ali-Platz, Y Eisenbahn-Station, Z Gabari-Palais. — 1 Directions-Marken für Schiffe, 2. Necropolis, 3. Palast-Ruinen, 4. Mareotis-See, 5. Wrack im Hafen, 6. Mahmudieh-Canal, 7. Nil-Thor, 8. Moharanbey-Thor, 9. Wasserwerke, 10. Standort des ptolemäischen Palastes, 11. Rosetta-Thor, 12. Friedhöfe, 13. Mahmudieh-Strasse, 14. Ibrahim-Strasse, 15. Kaserne, 16. katholische Kirche, 17. Pompejus-Säule, 18. Gärten des Moharan-Bey, 19. Ras-el-Tin-Strasse, _ Moschee, _ Windmühlen. — Leuchtthurm Eunostos 31° 12′ n. B. 29″ 52′ O. v. Gr.]

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/308>, abgerufen am 18.06.2024.