uns eine solche Lichtfülle entgegen, dass wir ganz geblendet waren. Es lässt sich kaum etwas Anmuthigeres denken, als dieser Hof, der zugleich der lieblichste Garten ist. Unter dem lachenden tiefblauen Himmel blühten in marmorumrandeten Beeten die farbenreichsten Blu- men, beschatteten fruchtbeladene Citronen- und Orangenbäume munter plätschernde Fontainen und umrankten üppige Schlingpflanzen die lauschigsten Raheplätzchen. Uns Damen war es gestattet, in den Ha- rem einzutreten, in welchem zehn Frauen uns auf das liebenswür- digste empfingen. Das Zimmer, welches sie bewohnen, liegt etwas erhöht über dem Niveau des Hofes, bildet eine hohe geräumige Nische; längs den Wänden sind schwellende Divans angebracht. Wir liessen uns zu kurzer Rast nieder und wurden mit Kaffee, Limonade und Cigaretten, orientalischer Sitte gemäss, bewirthet. Für die Gastfreund- schaft dankend, gingen wir in einen Seitenflügel, dessen Räume leider verfallen sind. Prächtige alte persische Teppiche bedecken den Boden, hochgepolsterte Divans, vor welchen niedere Tische stehen, ziehen sich an den Wänden hin, welche mit arabischen Sprüchen in Marmor- mosaik geschmückt sind. Das Holzwerk der Möbel ist mit Perlmutter ausgelegt. Chinesisches Porzellan, das hier ein sehr beliebter Schmuck zu sein scheint, ziert die Ecken. Ein wundervolles Gemach wurde uns gezeigt, inmitten dessen ein kristallklarer Wasserstrahl in einer Marmorschale spielt. Die Wände sind theils mit bemalter, theils mit vergoldeter Boiserie versehen, der Plafond ist reich cassettirt, gleich- falls mit bunten Farben und Vergoldung geziert.
"Von hier aus durchwanderten wir verschiedene sehr belebte Bazarstrassen; an vielen Kaufläden vorüber, bemerken wir auf offenen Tischen die grünlich aussehende ,Henna', womit die arabischen Frauen ihre Fingernägel roth färben. Auch Rosenöl wird in kleinen Fläsch- chen den Vorübergehen feilgeboten. Besonders Nachmittags drängen sich viele Frauen heran, mysteriöse Gestalten, in weisse Tücher ein- gehüllt, den dünnen, geblümten Schleier vor dem Gesichte, aus dem manchmal ein paar grosse, schwarze, feurige Augen mit einem leisen Zug der Wehmuth neugierig hervorschauen. Durch das Getümmel bahnen sich Reiter und Reiterinnen, Träger mit Orangen, Citronen, Datteln, Rosinen, Aprikosen oder mit anderen Erfrischungen den Weg. Sie tragen einen zweihenkligen, weit- oder enghalsigen thönernen Krug oder ein Glasgefäss auf dem Rücken; in den Händen halten sie messingerne Tassen, mit denen sie klappern, dazu rufen sie ihre Waaren aus; zu diesem Lärm gesellt sich noch der näselnde Gesang der Bettler.
Das Mittelmeerbecken.
uns eine solche Lichtfülle entgegen, dass wir ganz geblendet waren. Es lässt sich kaum etwas Anmuthigeres denken, als dieser Hof, der zugleich der lieblichste Garten ist. Unter dem lachenden tiefblauen Himmel blühten in marmorumrandeten Beeten die farbenreichsten Blu- men, beschatteten fruchtbeladene Citronen- und Orangenbäume munter plätschernde Fontainen und umrankten üppige Schlingpflanzen die lauschigsten Raheplätzchen. Uns Damen war es gestattet, in den Ha- rem einzutreten, in welchem zehn Frauen uns auf das liebenswür- digste empfingen. Das Zimmer, welches sie bewohnen, liegt etwas erhöht über dem Niveau des Hofes, bildet eine hohe geräumige Nische; längs den Wänden sind schwellende Divans angebracht. Wir liessen uns zu kurzer Rast nieder und wurden mit Kaffee, Limonade und Cigaretten, orientalischer Sitte gemäss, bewirthet. Für die Gastfreund- schaft dankend, gingen wir in einen Seitenflügel, dessen Räume leider verfallen sind. Prächtige alte persische Teppiche bedecken den Boden, hochgepolsterte Divans, vor welchen niedere Tische stehen, ziehen sich an den Wänden hin, welche mit arabischen Sprüchen in Marmor- mosaik geschmückt sind. Das Holzwerk der Möbel ist mit Perlmutter ausgelegt. Chinesisches Porzellan, das hier ein sehr beliebter Schmuck zu sein scheint, ziert die Ecken. Ein wundervolles Gemach wurde uns gezeigt, inmitten dessen ein kristallklarer Wasserstrahl in einer Marmorschale spielt. Die Wände sind theils mit bemalter, theils mit vergoldeter Boiserie versehen, der Plafond ist reich cassettirt, gleich- falls mit bunten Farben und Vergoldung geziert.
„Von hier aus durchwanderten wir verschiedene sehr belebte Bazarstrassen; an vielen Kaufläden vorüber, bemerken wir auf offenen Tischen die grünlich aussehende ‚Henna‘, womit die arabischen Frauen ihre Fingernägel roth färben. Auch Rosenöl wird in kleinen Fläsch- chen den Vorübergehen feilgeboten. Besonders Nachmittags drängen sich viele Frauen heran, mysteriöse Gestalten, in weisse Tücher ein- gehüllt, den dünnen, geblümten Schleier vor dem Gesichte, aus dem manchmal ein paar grosse, schwarze, feurige Augen mit einem leisen Zug der Wehmuth neugierig hervorschauen. Durch das Getümmel bahnen sich Reiter und Reiterinnen, Träger mit Orangen, Citronen, Datteln, Rosinen, Aprikosen oder mit anderen Erfrischungen den Weg. Sie tragen einen zweihenkligen, weit- oder enghalsigen thönernen Krug oder ein Glasgefäss auf dem Rücken; in den Händen halten sie messingerne Tassen, mit denen sie klappern, dazu rufen sie ihre Waaren aus; zu diesem Lärm gesellt sich noch der näselnde Gesang der Bettler.
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Das Mittelmeerbecken.
uns eine solche Lichtfülle entgegen, dass wir ganz geblendet waren.
Es lässt sich kaum etwas Anmuthigeres denken, als dieser Hof, der
zugleich der lieblichste Garten ist. Unter dem lachenden tiefblauen
Himmel blühten in marmorumrandeten Beeten die farbenreichsten Blu-
men, beschatteten fruchtbeladene Citronen- und Orangenbäume munter
plätschernde Fontainen und umrankten üppige Schlingpflanzen die
lauschigsten Raheplätzchen. Uns Damen war es gestattet, in den Ha-
rem einzutreten, in welchem zehn Frauen uns auf das liebenswür-
digste empfingen. Das Zimmer, welches sie bewohnen, liegt etwas
erhöht über dem Niveau des Hofes, bildet eine hohe geräumige Nische;
längs den Wänden sind schwellende Divans angebracht. Wir liessen
uns zu kurzer Rast nieder und wurden mit Kaffee, Limonade und
Cigaretten, orientalischer Sitte gemäss, bewirthet. Für die Gastfreund-
schaft dankend, gingen wir in einen Seitenflügel, dessen Räume leider
verfallen sind. Prächtige alte persische Teppiche bedecken den Boden,
hochgepolsterte Divans, vor welchen niedere Tische stehen, ziehen sich
an den Wänden hin, welche mit arabischen Sprüchen in Marmor-
mosaik geschmückt sind. Das Holzwerk der Möbel ist mit Perlmutter
ausgelegt. Chinesisches Porzellan, das hier ein sehr beliebter Schmuck
zu sein scheint, ziert die Ecken. Ein wundervolles Gemach wurde
uns gezeigt, inmitten dessen ein kristallklarer Wasserstrahl in einer
Marmorschale spielt. Die Wände sind theils mit bemalter, theils mit
vergoldeter Boiserie versehen, der Plafond ist reich cassettirt, gleich-
falls mit bunten Farben und Vergoldung geziert.
„Von hier aus durchwanderten wir verschiedene sehr belebte
Bazarstrassen; an vielen Kaufläden vorüber, bemerken wir auf offenen
Tischen die grünlich aussehende ‚Henna‘, womit die arabischen Frauen
ihre Fingernägel roth färben. Auch Rosenöl wird in kleinen Fläsch-
chen den Vorübergehen feilgeboten. Besonders Nachmittags drängen
sich viele Frauen heran, mysteriöse Gestalten, in weisse Tücher ein-
gehüllt, den dünnen, geblümten Schleier vor dem Gesichte, aus dem
manchmal ein paar grosse, schwarze, feurige Augen mit einem leisen
Zug der Wehmuth neugierig hervorschauen. Durch das Getümmel
bahnen sich Reiter und Reiterinnen, Träger mit Orangen, Citronen,
Datteln, Rosinen, Aprikosen oder mit anderen Erfrischungen den Weg.
Sie tragen einen zweihenkligen, weit- oder enghalsigen thönernen
Krug oder ein Glasgefäss auf dem Rücken; in den Händen halten sie
messingerne Tassen, mit denen sie klappern, dazu rufen sie ihre
Waaren aus; zu diesem Lärm gesellt sich noch der näselnde Gesang
der Bettler.
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/266>, abgerufen am 22.11.2024.
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