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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Rhodos.
geht jetzt nach Frankreich und England; bis 1887 wurde das Meiste in die Union
geschickt. Getreide (1888 119.000 q, Werth 1·6 Millionen Francs) wird nach
Frankreich und Italien ausgeführt, Rinder und Schafe (Werth 2 Millionen Francs)
gehen nach Malta, Egypten und Griechenland.

Wichtig sind ferner Galläpfel und Gelbbeeren, Butter und Oel. Eine ameri-
kanische Gesellschaft hat in Alexandrette eine mächtige Dampfpresse errichtet,
mit welcher die Süssholzwurzel, die im Inneren wild wächst, in Ballen von
geringem Umfange gepresst und so für die Ausfuhr hergerichtet wird. Diese
(1888 37.210 q, Werth 724.000 Francs) geht auf Seglern nach New-York; Lakritzen-
saft wird in der Union bei der Fabrication von Kautabak verwendet.

Wenn wir endlich lesen, dass mit Kameelen Kupfererze im Werthe von
1·8 Millionen Francs aus der Nähe von Diarbekir am Tigris kommen und auf
englischen Dampfern nach Liverpool gehen, und dass aus Aleppo, welches mit
Kameelen von hier in drei Tagen zu erreichen ist, Getreide nicht ausgeführt
werden kann, weil die Transportkosten 50 % des Werthes verschlingen, begreifen
wir die Trostlosigkeit der dortigen Verkehrsverhältnisse. Wie würden sich die
Verhältnisse ändern mit dem Ausbau der längst projectirten Bahn von Alexan-
drette an den Tigris und diesen abwärts bis Basra! Man käme von London um
10 Tage früher nach Indien als jetzt.

Die Schiffsbewegung umfasste 1888 323 Dampfer mit 301.555 t und
197 Segler mit 14.498 t, an denen die französische, die russische und die egypti-
sche Flagge den stärksten Antheil hatten.

An Latakieh vorbei, das berühmt ist durch seinen Tabak (Abu-
Riha, "Vater des Geruches"), gelangen wir an die Gestade Phöni-
kiens und laufen ein in die durch Klippen geschützte Rhede von El
Mina, der Hafenstadt von Tarabulus oder Tripoli di Soria
(Syrien).

Tripolis liegt inmitten der überaus fruchtbaren Alluvialebene,
am Ende einer Schlucht, des von der Natur gegebenen Verkehrs-
weges nach den Binnenstädten Horms und Hama, die durch eine
142 km lange Chaussee mit Tripolis verbunden sind. Diese trägt der
Gesellschaft, welcher der Betrieb ab 1882 auf 50 Jahre übertragen
ist, jährlich 10 % des aufgewendeten Capitals; auch eine Eisenbahn
würde auf diesem Wege nicht zu viele Hindernisse finden.

Von den 24.000 Einwohnern sucht ein grosser Theil Beschäfti-
gung bei der Schiffahrt.

Der Hafen hat einen bedeutenden directen Ausfuhrhandel, die Einfuhr euro-
päischer Artikel besorgt zum grossen Theile noch Beirut, doch kommen auch schon
Waaren direct aus Triest, Marseille und Liverpool. Beachtenswerth ist die Er-
zeugung von Seife und von Seidenwaaren.

Im Jahre 1888 wurden etwa 22.000 hl Mais nach Egypten, Dari nach
England, Malta und Egypten, 110.000 hl Gerste nach Smyrna und Frankreich,
Erbsen und Bohnen, die in der Umgebung gebaut werden, nach Malta, Marseille,
England und den einheimischen Küstenplätzen ausgeführt. Um Tripolis dehnen
sich grosse Haine von Oliven- und Orangenbäumen aus. Eine mittelmässige Oliven-

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Rhodos.
geht jetzt nach Frankreich und England; bis 1887 wurde das Meiste in die Union
geschickt. Getreide (1888 119.000 q, Werth 1·6 Millionen Francs) wird nach
Frankreich und Italien ausgeführt, Rinder und Schafe (Werth 2 Millionen Francs)
gehen nach Malta, Egypten und Griechenland.

Wichtig sind ferner Galläpfel und Gelbbeeren, Butter und Oel. Eine ameri-
kanische Gesellschaft hat in Alexandrette eine mächtige Dampfpresse errichtet,
mit welcher die Süssholzwurzel, die im Inneren wild wächst, in Ballen von
geringem Umfange gepresst und so für die Ausfuhr hergerichtet wird. Diese
(1888 37.210 q, Werth 724.000 Francs) geht auf Seglern nach New-York; Lakritzen-
saft wird in der Union bei der Fabrication von Kautabak verwendet.

Wenn wir endlich lesen, dass mit Kameelen Kupfererze im Werthe von
1·8 Millionen Francs aus der Nähe von Diarbekir am Tigris kommen und auf
englischen Dampfern nach Liverpool gehen, und dass aus Aleppo, welches mit
Kameelen von hier in drei Tagen zu erreichen ist, Getreide nicht ausgeführt
werden kann, weil die Transportkosten 50 % des Werthes verschlingen, begreifen
wir die Trostlosigkeit der dortigen Verkehrsverhältnisse. Wie würden sich die
Verhältnisse ändern mit dem Ausbau der längst projectirten Bahn von Alexan-
drette an den Tigris und diesen abwärts bis Basra! Man käme von London um
10 Tage früher nach Indien als jetzt.

Die Schiffsbewegung umfasste 1888 323 Dampfer mit 301.555 t und
197 Segler mit 14.498 t, an denen die französische, die russische und die egypti-
sche Flagge den stärksten Antheil hatten.

An Latakieh vorbei, das berühmt ist durch seinen Tabak (Abu-
Riha, „Vater des Geruches“), gelangen wir an die Gestade Phöni-
kiens und laufen ein in die durch Klippen geschützte Rhede von El
Mina, der Hafenstadt von Tarabulus oder Tripoli di Soria
(Syrien).

Tripolis liegt inmitten der überaus fruchtbaren Alluvialebene,
am Ende einer Schlucht, des von der Natur gegebenen Verkehrs-
weges nach den Binnenstädten Horms und Hama, die durch eine
142 km lange Chaussée mit Tripolis verbunden sind. Diese trägt der
Gesellschaft, welcher der Betrieb ab 1882 auf 50 Jahre übertragen
ist, jährlich 10 % des aufgewendeten Capitals; auch eine Eisenbahn
würde auf diesem Wege nicht zu viele Hindernisse finden.

Von den 24.000 Einwohnern sucht ein grosser Theil Beschäfti-
gung bei der Schiffahrt.

Der Hafen hat einen bedeutenden directen Ausfuhrhandel, die Einfuhr euro-
päischer Artikel besorgt zum grossen Theile noch Beirut, doch kommen auch schon
Waaren direct aus Triest, Marseille und Liverpool. Beachtenswerth ist die Er-
zeugung von Seife und von Seidenwaaren.

Im Jahre 1888 wurden etwa 22.000 hl Mais nach Egypten, Dari nach
England, Malta und Egypten, 110.000 hl Gerste nach Smyrna und Frankreich,
Erbsen und Bohnen, die in der Umgebung gebaut werden, nach Malta, Marseille,
England und den einheimischen Küstenplätzen ausgeführt. Um Tripolis dehnen
sich grosse Haine von Oliven- und Orangenbäumen aus. Eine mittelmässige Oliven-

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[227/0247] Rhodos. geht jetzt nach Frankreich und England; bis 1887 wurde das Meiste in die Union geschickt. Getreide (1888 119.000 q, Werth 1·6 Millionen Francs) wird nach Frankreich und Italien ausgeführt, Rinder und Schafe (Werth 2 Millionen Francs) gehen nach Malta, Egypten und Griechenland. Wichtig sind ferner Galläpfel und Gelbbeeren, Butter und Oel. Eine ameri- kanische Gesellschaft hat in Alexandrette eine mächtige Dampfpresse errichtet, mit welcher die Süssholzwurzel, die im Inneren wild wächst, in Ballen von geringem Umfange gepresst und so für die Ausfuhr hergerichtet wird. Diese (1888 37.210 q, Werth 724.000 Francs) geht auf Seglern nach New-York; Lakritzen- saft wird in der Union bei der Fabrication von Kautabak verwendet. Wenn wir endlich lesen, dass mit Kameelen Kupfererze im Werthe von 1·8 Millionen Francs aus der Nähe von Diarbekir am Tigris kommen und auf englischen Dampfern nach Liverpool gehen, und dass aus Aleppo, welches mit Kameelen von hier in drei Tagen zu erreichen ist, Getreide nicht ausgeführt werden kann, weil die Transportkosten 50 % des Werthes verschlingen, begreifen wir die Trostlosigkeit der dortigen Verkehrsverhältnisse. Wie würden sich die Verhältnisse ändern mit dem Ausbau der längst projectirten Bahn von Alexan- drette an den Tigris und diesen abwärts bis Basra! Man käme von London um 10 Tage früher nach Indien als jetzt. Die Schiffsbewegung umfasste 1888 323 Dampfer mit 301.555 t und 197 Segler mit 14.498 t, an denen die französische, die russische und die egypti- sche Flagge den stärksten Antheil hatten. An Latakieh vorbei, das berühmt ist durch seinen Tabak (Abu- Riha, „Vater des Geruches“), gelangen wir an die Gestade Phöni- kiens und laufen ein in die durch Klippen geschützte Rhede von El Mina, der Hafenstadt von Tarabulus oder Tripoli di Soria (Syrien). Tripolis liegt inmitten der überaus fruchtbaren Alluvialebene, am Ende einer Schlucht, des von der Natur gegebenen Verkehrs- weges nach den Binnenstädten Horms und Hama, die durch eine 142 km lange Chaussée mit Tripolis verbunden sind. Diese trägt der Gesellschaft, welcher der Betrieb ab 1882 auf 50 Jahre übertragen ist, jährlich 10 % des aufgewendeten Capitals; auch eine Eisenbahn würde auf diesem Wege nicht zu viele Hindernisse finden. Von den 24.000 Einwohnern sucht ein grosser Theil Beschäfti- gung bei der Schiffahrt. Der Hafen hat einen bedeutenden directen Ausfuhrhandel, die Einfuhr euro- päischer Artikel besorgt zum grossen Theile noch Beirut, doch kommen auch schon Waaren direct aus Triest, Marseille und Liverpool. Beachtenswerth ist die Er- zeugung von Seife und von Seidenwaaren. Im Jahre 1888 wurden etwa 22.000 hl Mais nach Egypten, Dari nach England, Malta und Egypten, 110.000 hl Gerste nach Smyrna und Frankreich, Erbsen und Bohnen, die in der Umgebung gebaut werden, nach Malta, Marseille, England und den einheimischen Küstenplätzen ausgeführt. Um Tripolis dehnen sich grosse Haine von Oliven- und Orangenbäumen aus. Eine mittelmässige Oliven- 29*

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/247>, abgerufen am 04.05.2024.