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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Das Mittelmeerbecken.

Die Stadt ist Sitz eines Generalgouverneurs (Vali), einer Han-
delskammer, eines griechisch-orientalischen Bischofs, eines armenisch-
gregorianischen Erzbischofs, eines armenisch-katholischen Bischofs,
eines römisch-katholischen Präfecten und einer nordamerikanischen
protestantischen Mission. Hier bestehen ein Appellationsgerichtshof für
Civil- und Strafsachen sowie mehrere Tribunale erster Instanz. Neben
zahlreichen Moscheen besitzt die Stadt auch eine griechische Kathe-
drale und eine katholische Kirche.

Trapezunt zählt 45.000 Einwohner, von welchen 27.000 Tür-
ken und 18.000 griechische und armenische Christen sind. Hiezu
wären noch an fremden Elementen ungefähr 50 Europäer und eine
persische Colonie von Kaufleuten, Mäklern, Pferdevermiethern (unge-
fähr 200 Personen) beizufügen. Eine höchst auffallende Eigenthüm-
lichkeit ist hier das Fehlen der Juden.

Verkehrssprachen sind die türkische, armenische und grie-
chische. Das Italienische, vormals die Handelssprache, ist gegenwärtig
gänzlich dem Verkehre entrückt. Dagegen beginnt die französische
Sprache, welche 5 % der armenischen und griechischen Bevölkerung
verstehen, an Boden zu gewinnen.

Der Mangel eines geschützten Hafens ist für Trapezunt von
grossem commerziellen Nachtheile. Die eigenthümlichen Wetterverhält-
nisse des Schwarzen Meeres zwingen die ankommenden Dampfer, auf
der unsicheren Rhede mit stillem Dampf zu liegen, um bei einem
der plötzlich ohne frühere Anzeichen losbrechenden Stürme oder
überhaupt bei Zunahme des Windes nach dem westlich von Tra-
pezunt befindlichen Platana, wo die Quarantäneanstalt besteht, zu
flüchten.

An der pontischen Küste herrschen während des Winters häufig stürmische
WNW- und Nordwinde, die eine hohe See und häufig Schnee und Regen bringen,
aber meist von kurzer Dauer sind. Südwinde drehen gewöhnlich über West nach
Nord, von wo es dann stürmisch weht. Während des Sommers setzen veränderliche
Winde ein, allein der ONO-Wind mit hohem Seegang ist vorherrschend. Nebel-
wetter erscheinen im Frühjahre, am häufigsten im April (zwei bis drei Tage).

Die Jahreszeiten treten sehr unregelmässig ein; der Winter beginnt nicht
vor December und ist milde. Nach dem kalten regnerischen Frühling folgt der sehr
heisse und feuchte Sommer mit oft umwölktem Himmel. Der Herbst ist hier die
angenehmste Saison.

Die Hafenfront säumt ein flaches sandiges Ufer ein, und besteht
dort nur bei der Kalmekspitze ein Steinmolo, an welchen Boote anlegen
können. Die Waarenmanipulation geschieht mittelst Lastbooten von
30 bis 40 Tonnen Gehalt.


Das Mittelmeerbecken.

Die Stadt ist Sitz eines Generalgouverneurs (Vali), einer Han-
delskammer, eines griechisch-orientalischen Bischofs, eines armenisch-
gregorianischen Erzbischofs, eines armenisch-katholischen Bischofs,
eines römisch-katholischen Präfecten und einer nordamerikanischen
protestantischen Mission. Hier bestehen ein Appellationsgerichtshof für
Civil- und Strafsachen sowie mehrere Tribunale erster Instanz. Neben
zahlreichen Moscheen besitzt die Stadt auch eine griechische Kathe-
drale und eine katholische Kirche.

Trapezunt zählt 45.000 Einwohner, von welchen 27.000 Tür-
ken und 18.000 griechische und armenische Christen sind. Hiezu
wären noch an fremden Elementen ungefähr 50 Europäer und eine
persische Colonie von Kaufleuten, Mäklern, Pferdevermiethern (unge-
fähr 200 Personen) beizufügen. Eine höchst auffallende Eigenthüm-
lichkeit ist hier das Fehlen der Juden.

Verkehrssprachen sind die türkische, armenische und grie-
chische. Das Italienische, vormals die Handelssprache, ist gegenwärtig
gänzlich dem Verkehre entrückt. Dagegen beginnt die französische
Sprache, welche 5 % der armenischen und griechischen Bevölkerung
verstehen, an Boden zu gewinnen.

Der Mangel eines geschützten Hafens ist für Trapezunt von
grossem commerziellen Nachtheile. Die eigenthümlichen Wetterverhält-
nisse des Schwarzen Meeres zwingen die ankommenden Dampfer, auf
der unsicheren Rhede mit stillem Dampf zu liegen, um bei einem
der plötzlich ohne frühere Anzeichen losbrechenden Stürme oder
überhaupt bei Zunahme des Windes nach dem westlich von Tra-
pezunt befindlichen Platana, wo die Quarantäneanstalt besteht, zu
flüchten.

An der pontischen Küste herrschen während des Winters häufig stürmische
WNW- und Nordwinde, die eine hohe See und häufig Schnee und Regen bringen,
aber meist von kurzer Dauer sind. Südwinde drehen gewöhnlich über West nach
Nord, von wo es dann stürmisch weht. Während des Sommers setzen veränderliche
Winde ein, allein der ONO-Wind mit hohem Seegang ist vorherrschend. Nebel-
wetter erscheinen im Frühjahre, am häufigsten im April (zwei bis drei Tage).

Die Jahreszeiten treten sehr unregelmässig ein; der Winter beginnt nicht
vor December und ist milde. Nach dem kalten regnerischen Frühling folgt der sehr
heisse und feuchte Sommer mit oft umwölktem Himmel. Der Herbst ist hier die
angenehmste Saison.

Die Hafenfront säumt ein flaches sandiges Ufer ein, und besteht
dort nur bei der Kalmekspitze ein Steinmolo, an welchen Boote anlegen
können. Die Waarenmanipulation geschieht mittelst Lastbooten von
30 bis 40 Tonnen Gehalt.


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[194/0214] Das Mittelmeerbecken. Die Stadt ist Sitz eines Generalgouverneurs (Vali), einer Han- delskammer, eines griechisch-orientalischen Bischofs, eines armenisch- gregorianischen Erzbischofs, eines armenisch-katholischen Bischofs, eines römisch-katholischen Präfecten und einer nordamerikanischen protestantischen Mission. Hier bestehen ein Appellationsgerichtshof für Civil- und Strafsachen sowie mehrere Tribunale erster Instanz. Neben zahlreichen Moscheen besitzt die Stadt auch eine griechische Kathe- drale und eine katholische Kirche. Trapezunt zählt 45.000 Einwohner, von welchen 27.000 Tür- ken und 18.000 griechische und armenische Christen sind. Hiezu wären noch an fremden Elementen ungefähr 50 Europäer und eine persische Colonie von Kaufleuten, Mäklern, Pferdevermiethern (unge- fähr 200 Personen) beizufügen. Eine höchst auffallende Eigenthüm- lichkeit ist hier das Fehlen der Juden. Verkehrssprachen sind die türkische, armenische und grie- chische. Das Italienische, vormals die Handelssprache, ist gegenwärtig gänzlich dem Verkehre entrückt. Dagegen beginnt die französische Sprache, welche 5 % der armenischen und griechischen Bevölkerung verstehen, an Boden zu gewinnen. Der Mangel eines geschützten Hafens ist für Trapezunt von grossem commerziellen Nachtheile. Die eigenthümlichen Wetterverhält- nisse des Schwarzen Meeres zwingen die ankommenden Dampfer, auf der unsicheren Rhede mit stillem Dampf zu liegen, um bei einem der plötzlich ohne frühere Anzeichen losbrechenden Stürme oder überhaupt bei Zunahme des Windes nach dem westlich von Tra- pezunt befindlichen Platana, wo die Quarantäneanstalt besteht, zu flüchten. An der pontischen Küste herrschen während des Winters häufig stürmische WNW- und Nordwinde, die eine hohe See und häufig Schnee und Regen bringen, aber meist von kurzer Dauer sind. Südwinde drehen gewöhnlich über West nach Nord, von wo es dann stürmisch weht. Während des Sommers setzen veränderliche Winde ein, allein der ONO-Wind mit hohem Seegang ist vorherrschend. Nebel- wetter erscheinen im Frühjahre, am häufigsten im April (zwei bis drei Tage). Die Jahreszeiten treten sehr unregelmässig ein; der Winter beginnt nicht vor December und ist milde. Nach dem kalten regnerischen Frühling folgt der sehr heisse und feuchte Sommer mit oft umwölktem Himmel. Der Herbst ist hier die angenehmste Saison. Die Hafenfront säumt ein flaches sandiges Ufer ein, und besteht dort nur bei der Kalmekspitze ein Steinmolo, an welchen Boote anlegen können. Die Waarenmanipulation geschieht mittelst Lastbooten von 30 bis 40 Tonnen Gehalt.

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/214>, abgerufen am 26.11.2024.