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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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derole verschlossen sind. Jedenfalls müssen vor allem Lagerhäuser,
insbesondere Elevatoren gebaut werden. Die Entwicklung des War-
rantsystems muss sich nothgedrungen anreihen und schon sind die
Vorbereitungen energisch getroffen. Durch ein Gesetz vom 30. März
1888 wurde die rechtliche Basis für die Lagerhäuser geschaffen. Der
russischen Südwestbahn, auf welcher sich der grösste Theil der
Getreidefrachten nach dem Hafen Odessas bewegt, wurde von der
Regierung gestattet, aus dem Pensionsfonde ihrer Angestellten die
nothwendigen Gelder für die Errichtung von Elevatoren zu entnehmen.
Der grösste wird 3 km ausserhalb Odessa errichtet und soll 262.000 q
fassen. Auf dem Quai von Odessa soll ebenfalls ein grosser Elevator
erbaut werden und kleinere, ausreichend für die Ladung von
50 Waggons, werden in allen grösseren Orten Südrusslands entstehen.
Dass Odessa schon 1888 solche Mengen von Getreide an das Ausland
abgeben konnte, ist nur durch die Magazine längs der Südwestbahn
und durch die ausgedehnten Lagerhäuser Odessas selbst ermöglicht
worden, welche durch Geleise mit dem Hafen verbunden sind. Seit
1888 sind die russischen Bahnen auch ermächtigt, das bei ihnen ein-
gelagerte Getreide zu belehnen, und im October 1889 hat die russische
Reichsbank die russische Südwestbahn durch die Bewilligung eines Cre-
dits von 2 Millionen Rubeln in den Stand gesetzt, eine Erweiterung ihres
Belehnungsgeschäftes vorzunehmen. Gegenwärtig erhält der Producent
bereits an den Verladestationen gegen die Frachtbriefe über das
verladene Getreide einen angemessenen Vorschuss, und zwar zu dem
niedrigen Zinsfusse von 5 % für das Jahr. In Odessa selbst wird das
in solcher Weise belehnte Getreide von einem eigens zu diesem Zwecke
errichteten Bureau der Südwestbahn in Empfang genommen, welches
sich mit dem Verkaufe des Getreides zu einem von dem Eigenthümer
vorher festgesetzten Preise oder nach freiem Ermessen gegen die Pro-
vision von 1 % beschäftigt oder dasselbe gegen eine Gebühr von
1/2 Kopeke per Pud und Monat für Rechnung des Eigenthümers
lagert. Dieses neu errichtete Bureau steht unter der Controle der
russischen Regierung. Auch die Odessaer Filiale der russischen Reichs-
bank belehnt Getreide. Was in Amerika die Energie der Yankees
selbstthätig geschaffen, muss hier die Regierung durchführen; dort
arbeiten Kaufleute, hier Beamte.

Es ist unzweifelhaft, dass Russland als Getreideproducent noch
eine grosse Zukunft vor sich hat, von der Odessa in erster Linie
Nutzen ziehen wird; aber mancher Uebelstand muss vorher noch
beseitigt werden. Wir wollen hier nicht von dem Wirtschafts-

Odessa.
derole verschlossen sind. Jedenfalls müssen vor allem Lagerhäuser,
insbesondere Elevatoren gebaut werden. Die Entwicklung des War-
rantsystems muss sich nothgedrungen anreihen und schon sind die
Vorbereitungen energisch getroffen. Durch ein Gesetz vom 30. März
1888 wurde die rechtliche Basis für die Lagerhäuser geschaffen. Der
russischen Südwestbahn, auf welcher sich der grösste Theil der
Getreidefrachten nach dem Hafen Odessas bewegt, wurde von der
Regierung gestattet, aus dem Pensionsfonde ihrer Angestellten die
nothwendigen Gelder für die Errichtung von Elevatoren zu entnehmen.
Der grösste wird 3 km ausserhalb Odessa errichtet und soll 262.000 q
fassen. Auf dem Quai von Odessa soll ebenfalls ein grosser Elevator
erbaut werden und kleinere, ausreichend für die Ladung von
50 Waggons, werden in allen grösseren Orten Südrusslands entstehen.
Dass Odessa schon 1888 solche Mengen von Getreide an das Ausland
abgeben konnte, ist nur durch die Magazine längs der Südwestbahn
und durch die ausgedehnten Lagerhäuser Odessas selbst ermöglicht
worden, welche durch Geleise mit dem Hafen verbunden sind. Seit
1888 sind die russischen Bahnen auch ermächtigt, das bei ihnen ein-
gelagerte Getreide zu belehnen, und im October 1889 hat die russische
Reichsbank die russische Südwestbahn durch die Bewilligung eines Cre-
dits von 2 Millionen Rubeln in den Stand gesetzt, eine Erweiterung ihres
Belehnungsgeschäftes vorzunehmen. Gegenwärtig erhält der Producent
bereits an den Verladestationen gegen die Frachtbriefe über das
verladene Getreide einen angemessenen Vorschuss, und zwar zu dem
niedrigen Zinsfusse von 5 % für das Jahr. In Odessa selbst wird das
in solcher Weise belehnte Getreide von einem eigens zu diesem Zwecke
errichteten Bureau der Südwestbahn in Empfang genommen, welches
sich mit dem Verkaufe des Getreides zu einem von dem Eigenthümer
vorher festgesetzten Preise oder nach freiem Ermessen gegen die Pro-
vision von 1 % beschäftigt oder dasselbe gegen eine Gebühr von
½ Kopeke per Pud und Monat für Rechnung des Eigenthümers
lagert. Dieses neu errichtete Bureau steht unter der Controle der
russischen Regierung. Auch die Odessaer Filiale der russischen Reichs-
bank belehnt Getreide. Was in Amerika die Energie der Yankees
selbstthätig geschaffen, muss hier die Regierung durchführen; dort
arbeiten Kaufleute, hier Beamte.

Es ist unzweifelhaft, dass Russland als Getreideproducent noch
eine grosse Zukunft vor sich hat, von der Odessa in erster Linie
Nutzen ziehen wird; aber mancher Uebelstand muss vorher noch
beseitigt werden. Wir wollen hier nicht von dem Wirtschafts-

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[173/0193] Odessa. derole verschlossen sind. Jedenfalls müssen vor allem Lagerhäuser, insbesondere Elevatoren gebaut werden. Die Entwicklung des War- rantsystems muss sich nothgedrungen anreihen und schon sind die Vorbereitungen energisch getroffen. Durch ein Gesetz vom 30. März 1888 wurde die rechtliche Basis für die Lagerhäuser geschaffen. Der russischen Südwestbahn, auf welcher sich der grösste Theil der Getreidefrachten nach dem Hafen Odessas bewegt, wurde von der Regierung gestattet, aus dem Pensionsfonde ihrer Angestellten die nothwendigen Gelder für die Errichtung von Elevatoren zu entnehmen. Der grösste wird 3 km ausserhalb Odessa errichtet und soll 262.000 q fassen. Auf dem Quai von Odessa soll ebenfalls ein grosser Elevator erbaut werden und kleinere, ausreichend für die Ladung von 50 Waggons, werden in allen grösseren Orten Südrusslands entstehen. Dass Odessa schon 1888 solche Mengen von Getreide an das Ausland abgeben konnte, ist nur durch die Magazine längs der Südwestbahn und durch die ausgedehnten Lagerhäuser Odessas selbst ermöglicht worden, welche durch Geleise mit dem Hafen verbunden sind. Seit 1888 sind die russischen Bahnen auch ermächtigt, das bei ihnen ein- gelagerte Getreide zu belehnen, und im October 1889 hat die russische Reichsbank die russische Südwestbahn durch die Bewilligung eines Cre- dits von 2 Millionen Rubeln in den Stand gesetzt, eine Erweiterung ihres Belehnungsgeschäftes vorzunehmen. Gegenwärtig erhält der Producent bereits an den Verladestationen gegen die Frachtbriefe über das verladene Getreide einen angemessenen Vorschuss, und zwar zu dem niedrigen Zinsfusse von 5 % für das Jahr. In Odessa selbst wird das in solcher Weise belehnte Getreide von einem eigens zu diesem Zwecke errichteten Bureau der Südwestbahn in Empfang genommen, welches sich mit dem Verkaufe des Getreides zu einem von dem Eigenthümer vorher festgesetzten Preise oder nach freiem Ermessen gegen die Pro- vision von 1 % beschäftigt oder dasselbe gegen eine Gebühr von ½ Kopeke per Pud und Monat für Rechnung des Eigenthümers lagert. Dieses neu errichtete Bureau steht unter der Controle der russischen Regierung. Auch die Odessaer Filiale der russischen Reichs- bank belehnt Getreide. Was in Amerika die Energie der Yankees selbstthätig geschaffen, muss hier die Regierung durchführen; dort arbeiten Kaufleute, hier Beamte. Es ist unzweifelhaft, dass Russland als Getreideproducent noch eine grosse Zukunft vor sich hat, von der Odessa in erster Linie Nutzen ziehen wird; aber mancher Uebelstand muss vorher noch beseitigt werden. Wir wollen hier nicht von dem Wirtschafts-

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/193>, abgerufen am 22.11.2024.