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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Das Mittelmeerbecken.
lich nach Oesterreich-Ungarn und Deutschland gerichtet ist, was bis zu
einem hohen Grade die Lieferung von Gegenwerthen aus diesen Län-
dern erleichtert. Russland rüstet mit allen Mitteln, Serbien auf dem
Wege über Odessa-Sulina zu einem Absatzgebiete für seine erstarkte
Industrie zu machen. Auch die Concurrenzfähigkeit Fiumes für den
Norden Serbiens ist seit Eröffnung der Eisenbahn Sunja-Brod mächtig
gestiegen. Die Tarife auf der Bahn Salonich-Belgrad müssten unge-
wöhnlich erniedrigt werden, wenn sich Salonich als Transitoplatz für
den Import nach den Donaugebieten entwickeln sollte. Ueberdies
müsste die türkische Regierung vorher in Salonich einen Zollausschluss
errichten und einen Quai bauen, der den Schiffen gestatten würde,
unmittelbar am Ufer anzulegen und die Benützung der Lichterfahr-
zeuge zu ersparen. Das letztere ist in Salonich nothwendiger als in
einem anderen Hafen, weil sich namentlich in den Sommermonaten
täglich der Imbatto, ein Südwind, erhebt, der das Ausladen oft durch
Stunden unmöglich macht. Dadurch erleiden auch die Waaren wäh-
rend des kurzen Transportes von den Schiffen in das hiesige Zollamt
viel grössere Gefahr, havarirt zu werden, als während der ganzen
übrigen Dauer der Reise. Es scheint, dass dieses vielleicht in ab-
messbarer Zeit geändert werden wird, weil der Civilliste des Sultans
eine Concession für den Bau des Hafens und eines Quais ertheilt
wurde. In den ottomanischen Häfen wird ferner den nach Sonnenunter-
gang eintreffenden Schiffen erst am nächsten Morgen die Libera pratica
ertheilt, und speciell in Salonich müssen Schiffe, welche am Freitag
Abends anlangen, 36 Stunden lang vor der Rhede liegen bleiben.
Keine Hand rührt sich, um die Ladung ans Land zu bringen, die
Bootsleute sind Juden und halten ihren Sabbath.

Gross also ist die Zahl der Schwierigkeiten, die beseitigt werden
müssen, bevor Salonich ein bedeutender Hafen werden kann.

In einem Theile der europäischen Presse, vor allem in der
deutschen, wird mit Vorliebe der Plan besprochen, an Stelle Brin-
disis Salonich zum Umschiffungshafen der europäischen Post nach
dem Süden und Osten Asiens und nach Australien zu machen. Man
lässt sich dabei von der Erwägung leiten, dass die Entfernung Salo-
nich-Port-Said um 205 Seemeilen kürzer sei als die Linie Brindisi-
Port-Said. Es wäre entschieden ein grosser Triumph der Verkehrs-
politik des Deutschen Reiches, wenn es dieser gelänge, wenigstens
einen Theil des Brief- und Personenverkehrs, der nach dem äussersten
Osten geht, von Brindisi abzudrängen und über Salonich zu leiten.
Aber die oben aufgeführten Hindernisse fallen bei dem Postverkehre, wo

Das Mittelmeerbecken.
lich nach Oesterreich-Ungarn und Deutschland gerichtet ist, was bis zu
einem hohen Grade die Lieferung von Gegenwerthen aus diesen Län-
dern erleichtert. Russland rüstet mit allen Mitteln, Serbien auf dem
Wege über Odessa-Sulina zu einem Absatzgebiete für seine erstarkte
Industrie zu machen. Auch die Concurrenzfähigkeit Fiumes für den
Norden Serbiens ist seit Eröffnung der Eisenbahn Sunja-Brod mächtig
gestiegen. Die Tarife auf der Bahn Salonich-Belgrad müssten unge-
wöhnlich erniedrigt werden, wenn sich Salonich als Transitoplatz für
den Import nach den Donaugebieten entwickeln sollte. Ueberdies
müsste die türkische Regierung vorher in Salonich einen Zollausschluss
errichten und einen Quai bauen, der den Schiffen gestatten würde,
unmittelbar am Ufer anzulegen und die Benützung der Lichterfahr-
zeuge zu ersparen. Das letztere ist in Salonich nothwendiger als in
einem anderen Hafen, weil sich namentlich in den Sommermonaten
täglich der Imbatto, ein Südwind, erhebt, der das Ausladen oft durch
Stunden unmöglich macht. Dadurch erleiden auch die Waaren wäh-
rend des kurzen Transportes von den Schiffen in das hiesige Zollamt
viel grössere Gefahr, havarirt zu werden, als während der ganzen
übrigen Dauer der Reise. Es scheint, dass dieses vielleicht in ab-
messbarer Zeit geändert werden wird, weil der Civilliste des Sultans
eine Concession für den Bau des Hafens und eines Quais ertheilt
wurde. In den ottomanischen Häfen wird ferner den nach Sonnenunter-
gang eintreffenden Schiffen erst am nächsten Morgen die Libera pratica
ertheilt, und speciell in Salonich müssen Schiffe, welche am Freitag
Abends anlangen, 36 Stunden lang vor der Rhede liegen bleiben.
Keine Hand rührt sich, um die Ladung ans Land zu bringen, die
Bootsleute sind Juden und halten ihren Sabbath.

Gross also ist die Zahl der Schwierigkeiten, die beseitigt werden
müssen, bevor Salonich ein bedeutender Hafen werden kann.

In einem Theile der europäischen Presse, vor allem in der
deutschen, wird mit Vorliebe der Plan besprochen, an Stelle Brin-
disis Salonich zum Umschiffungshafen der europäischen Post nach
dem Süden und Osten Asiens und nach Australien zu machen. Man
lässt sich dabei von der Erwägung leiten, dass die Entfernung Salo-
nich-Port-Saïd um 205 Seemeilen kürzer sei als die Linie Brindisi-
Port-Saïd. Es wäre entschieden ein grosser Triumph der Verkehrs-
politik des Deutschen Reiches, wenn es dieser gelänge, wenigstens
einen Theil des Brief- und Personenverkehrs, der nach dem äussersten
Osten geht, von Brindisi abzudrängen und über Salonich zu leiten.
Aber die oben aufgeführten Hindernisse fallen bei dem Postverkehre, wo

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[106/0126] Das Mittelmeerbecken. lich nach Oesterreich-Ungarn und Deutschland gerichtet ist, was bis zu einem hohen Grade die Lieferung von Gegenwerthen aus diesen Län- dern erleichtert. Russland rüstet mit allen Mitteln, Serbien auf dem Wege über Odessa-Sulina zu einem Absatzgebiete für seine erstarkte Industrie zu machen. Auch die Concurrenzfähigkeit Fiumes für den Norden Serbiens ist seit Eröffnung der Eisenbahn Sunja-Brod mächtig gestiegen. Die Tarife auf der Bahn Salonich-Belgrad müssten unge- wöhnlich erniedrigt werden, wenn sich Salonich als Transitoplatz für den Import nach den Donaugebieten entwickeln sollte. Ueberdies müsste die türkische Regierung vorher in Salonich einen Zollausschluss errichten und einen Quai bauen, der den Schiffen gestatten würde, unmittelbar am Ufer anzulegen und die Benützung der Lichterfahr- zeuge zu ersparen. Das letztere ist in Salonich nothwendiger als in einem anderen Hafen, weil sich namentlich in den Sommermonaten täglich der Imbatto, ein Südwind, erhebt, der das Ausladen oft durch Stunden unmöglich macht. Dadurch erleiden auch die Waaren wäh- rend des kurzen Transportes von den Schiffen in das hiesige Zollamt viel grössere Gefahr, havarirt zu werden, als während der ganzen übrigen Dauer der Reise. Es scheint, dass dieses vielleicht in ab- messbarer Zeit geändert werden wird, weil der Civilliste des Sultans eine Concession für den Bau des Hafens und eines Quais ertheilt wurde. In den ottomanischen Häfen wird ferner den nach Sonnenunter- gang eintreffenden Schiffen erst am nächsten Morgen die Libera pratica ertheilt, und speciell in Salonich müssen Schiffe, welche am Freitag Abends anlangen, 36 Stunden lang vor der Rhede liegen bleiben. Keine Hand rührt sich, um die Ladung ans Land zu bringen, die Bootsleute sind Juden und halten ihren Sabbath. Gross also ist die Zahl der Schwierigkeiten, die beseitigt werden müssen, bevor Salonich ein bedeutender Hafen werden kann. In einem Theile der europäischen Presse, vor allem in der deutschen, wird mit Vorliebe der Plan besprochen, an Stelle Brin- disis Salonich zum Umschiffungshafen der europäischen Post nach dem Süden und Osten Asiens und nach Australien zu machen. Man lässt sich dabei von der Erwägung leiten, dass die Entfernung Salo- nich-Port-Saïd um 205 Seemeilen kürzer sei als die Linie Brindisi- Port-Saïd. Es wäre entschieden ein grosser Triumph der Verkehrs- politik des Deutschen Reiches, wenn es dieser gelänge, wenigstens einen Theil des Brief- und Personenverkehrs, der nach dem äussersten Osten geht, von Brindisi abzudrängen und über Salonich zu leiten. Aber die oben aufgeführten Hindernisse fallen bei dem Postverkehre, wo

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/126>, abgerufen am 26.11.2024.