dem fünf Stockwerke hohen Thurm Kam Kule (der Blutthurm), der jetzt als Gefängniss dient.
Die von der Stadt isolirte Citadelle Jedi Kuleler Kalessi, d. i. Schloss der sieben Thürme, liegt unter 40° 37' nördl. Breite und 22° 58' östl. Länge von Greenwich und stammt in ihrer heutigen Gestalt wohl aus venetianischer Zeit, doch muss der Ursprung der Befestigung weit in die vorchristliche Aera versetzt werden. Jedenfalls war die Feste einstens die Akropolis von Thessalonike. Innerhalb der halbverfallenen Mauern, dort wo ehemals die Janitscharen Unterkunft hatten, haben sich arme türkische Familien angesiedelt.
Am westlichen Ende der bereits oben erwähnten Via Egnatia erhebt sich beim Vardar-Thor ein römischer Marmorbogen mit schönem Fries und figuralem Basrelief; im östlichen Theile derselben Strasse ist diese von dem 25 m hohen Triumphbogen des Constantin über- wölbt, einem mit Marmorplatten bekleidet gewesenen imposanten Bau- werke, das zur Verherrlichung des Sieges über Licinius (323 n. Chr.) errichtet worden war. Heute gähnt nur mehr der rohe Ziegelbau dem Besucher entgegen; nur einige hübsche Friese an der Bogenwölbung sind von der einstigen Herrlichkeit erhalten.
Nächst der Via Egnatia zwischen den Quartieren der Juden und Griechen stehen vier in die Facade eines Privathauses eingebaute, als Propyläen des Hippodroms bezeichnete antike korinthische Säulen.
Berühmt ist das grosse Gebäude des Karawanserai, das von Murad II. (1421--1451) gegründet sein soll, wahrscheinlich aber von den byzantinischen Kaisern stammt.
Noch wäre ein schöner antiker Porticus korinthischer Ordnung zu erwähnen, der in der Residenz des griechischen Metropoliten, einem Kloster nächst der unterhalb der Citadelle gelegenen griechischen Kirche, erhalten blieb.
Eine weit höhere Beachtung als die eben aufgezählten Bauwerke beanspruchen die kirchlichen Monumente der ersten Christenzeit, die allerdings gegenwärtig als Moscheen dem mohammedanischen Cultus dienen. Sie bilden eine Gruppe von Bauwerken, die jenen von Con- stantinopel an die Seite gestellt werden können, ja diese in gewisser Hinsicht sogar übertreffen, denn diese Kirchen weisen alle Stylvaria- tionen der damaligen Kunstperiode auf und besitzen selbst die Rotunde, die den Bauten in Stambul mangelt und nur in Italien vorgefunden wird.
Eine der ältesten Kirchen der Stadt ist der St. Georgios oder Rotunda genannte, in eine Moschee (Horta-Sultan Osman Dschami, gewöhnlich Hortadschi-Effendi) verwandelte interessante Rundbau, der
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Salonich.
dem fünf Stockwerke hohen Thurm Kam Kule (der Blutthurm), der jetzt als Gefängniss dient.
Die von der Stadt isolirte Citadelle Jedi Kuleler Kalessi, d. i. Schloss der sieben Thürme, liegt unter 40° 37′ nördl. Breite und 22° 58′ östl. Länge von Greenwich und stammt in ihrer heutigen Gestalt wohl aus venetianischer Zeit, doch muss der Ursprung der Befestigung weit in die vorchristliche Aera versetzt werden. Jedenfalls war die Feste einstens die Akropolis von Thessalonike. Innerhalb der halbverfallenen Mauern, dort wo ehemals die Janitscharen Unterkunft hatten, haben sich arme türkische Familien angesiedelt.
Am westlichen Ende der bereits oben erwähnten Via Egnatia erhebt sich beim Vardar-Thor ein römischer Marmorbogen mit schönem Fries und figuralem Basrelief; im östlichen Theile derselben Strasse ist diese von dem 25 m hohen Triumphbogen des Constantin über- wölbt, einem mit Marmorplatten bekleidet gewesenen imposanten Bau- werke, das zur Verherrlichung des Sieges über Licinius (323 n. Chr.) errichtet worden war. Heute gähnt nur mehr der rohe Ziegelbau dem Besucher entgegen; nur einige hübsche Friese an der Bogenwölbung sind von der einstigen Herrlichkeit erhalten.
Nächst der Via Egnatia zwischen den Quartieren der Juden und Griechen stehen vier in die Façade eines Privathauses eingebaute, als Propyläen des Hippodroms bezeichnete antike korinthische Säulen.
Berühmt ist das grosse Gebäude des Karawanserai, das von Murad II. (1421—1451) gegründet sein soll, wahrscheinlich aber von den byzantinischen Kaisern stammt.
Noch wäre ein schöner antiker Porticus korinthischer Ordnung zu erwähnen, der in der Residenz des griechischen Metropoliten, einem Kloster nächst der unterhalb der Citadelle gelegenen griechischen Kirche, erhalten blieb.
Eine weit höhere Beachtung als die eben aufgezählten Bauwerke beanspruchen die kirchlichen Monumente der ersten Christenzeit, die allerdings gegenwärtig als Moscheen dem mohammedanischen Cultus dienen. Sie bilden eine Gruppe von Bauwerken, die jenen von Con- stantinopel an die Seite gestellt werden können, ja diese in gewisser Hinsicht sogar übertreffen, denn diese Kirchen weisen alle Stylvaria- tionen der damaligen Kunstperiode auf und besitzen selbst die Rotunde, die den Bauten in Stambul mangelt und nur in Italien vorgefunden wird.
Eine der ältesten Kirchen der Stadt ist der St. Georgios oder Rotunda genannte, in eine Moschee (Horta-Sultan Osman Dschami, gewöhnlich Hortadschi-Effendi) verwandelte interessante Rundbau, der
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Salonich.
dem fünf Stockwerke hohen Thurm Kam Kule (der Blutthurm), der
jetzt als Gefängniss dient.
Die von der Stadt isolirte Citadelle Jedi Kuleler Kalessi, d. i.
Schloss der sieben Thürme, liegt unter 40° 37′ nördl. Breite und 22° 58′
östl. Länge von Greenwich und stammt in ihrer heutigen Gestalt wohl
aus venetianischer Zeit, doch muss der Ursprung der Befestigung weit
in die vorchristliche Aera versetzt werden. Jedenfalls war die Feste
einstens die Akropolis von Thessalonike. Innerhalb der halbverfallenen
Mauern, dort wo ehemals die Janitscharen Unterkunft hatten, haben
sich arme türkische Familien angesiedelt.
Am westlichen Ende der bereits oben erwähnten Via Egnatia
erhebt sich beim Vardar-Thor ein römischer Marmorbogen mit schönem
Fries und figuralem Basrelief; im östlichen Theile derselben Strasse
ist diese von dem 25 m hohen Triumphbogen des Constantin über-
wölbt, einem mit Marmorplatten bekleidet gewesenen imposanten Bau-
werke, das zur Verherrlichung des Sieges über Licinius (323 n. Chr.)
errichtet worden war. Heute gähnt nur mehr der rohe Ziegelbau dem
Besucher entgegen; nur einige hübsche Friese an der Bogenwölbung
sind von der einstigen Herrlichkeit erhalten.
Nächst der Via Egnatia zwischen den Quartieren der Juden und
Griechen stehen vier in die Façade eines Privathauses eingebaute,
als Propyläen des Hippodroms bezeichnete antike korinthische Säulen.
Berühmt ist das grosse Gebäude des Karawanserai, das von
Murad II. (1421—1451) gegründet sein soll, wahrscheinlich aber von
den byzantinischen Kaisern stammt.
Noch wäre ein schöner antiker Porticus korinthischer Ordnung
zu erwähnen, der in der Residenz des griechischen Metropoliten, einem
Kloster nächst der unterhalb der Citadelle gelegenen griechischen
Kirche, erhalten blieb.
Eine weit höhere Beachtung als die eben aufgezählten Bauwerke
beanspruchen die kirchlichen Monumente der ersten Christenzeit, die
allerdings gegenwärtig als Moscheen dem mohammedanischen Cultus
dienen. Sie bilden eine Gruppe von Bauwerken, die jenen von Con-
stantinopel an die Seite gestellt werden können, ja diese in gewisser
Hinsicht sogar übertreffen, denn diese Kirchen weisen alle Stylvaria-
tionen der damaligen Kunstperiode auf und besitzen selbst die Rotunde,
die den Bauten in Stambul mangelt und nur in Italien vorgefunden wird.
Eine der ältesten Kirchen der Stadt ist der St. Georgios oder
Rotunda genannte, in eine Moschee (Horta-Sultan Osman Dschami,
gewöhnlich Hortadschi-Effendi) verwandelte interessante Rundbau, der
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/119>, abgerufen am 26.11.2024.
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