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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Der atlantische Ocean.

Wie so viele Seeplätze hat auch Southampton neben Zeiten
grosser Blüthe Tage des Rückganges gesehen. Die commerzielle Be-
deutung Southamptons sank, als der Handel nach Amerika sich ent-
wickelte, diesen Liverpool und Bristol an sich rissen und so das
maritime Schwergewicht im englischen Handel vom Canale an die
Westküste verlegt wurde. Aber die Entwicklung der Dampfschiffahrt
und des Eisenbahnwesens hoben Southampton doch wieder zu einer
günstigen Stellung empor, weil es am Canal einen guten, mit dem
Inlande nach allen Richtungen hin verbundenen Hafen besass und
weil von dort aus für viele Schiffahrtslinien sich ein günstiger Aus-
gangspunkt eröffnete. Für den Verkehr nach Westen war es immerhin
ein Vortheil an Zeit und Sicherheit, wenn man einen Theil der
Passage durch den Canal in Ersparung brachte und bei Southampton
die See erreichte, beziehungsweise schon das Land gewinnen konnte.
Und darum hat sich Southampton zu einem sehr bedeutenden Durch-
gangspunkt für die grossen überseeischen Linien entwickelt.

Jene Bucht des Southampton Water, deren wir vorher Er-
wähnung gethan haben, theilt sich in ihrem Hintergrunde in zwei
Theile, in welche die Stadtanlage scharf vorspringt; der eine östliche
wird durch den Ausfluss des Itchen-Flusses, der andere westliche durch
jenen des Test-Flusses gebildet. Dadurch gewinnt die ganze Stadt eine
halbinselförmige Gestalt, deren südlichster Theil die eigentlichen und
wichtigsten Hafenanlagen enthält.

Betrachten wir nun diese Anlagen, so finden wir auf der Test-
Seite zunächst den Royal Victoria Pier und dann, mit diesem eine
Art von Bassin bildend, den Town Pier; an der Wurzel des letzteren
ist das Hafenamt gelegen, und zwischen beiden zieht sich der schon
aus alter Zeit her bestehende Town-Quai hin, welcher durch das
Prinz Albert-Monument geziert ist. Geht man diesen Quai entlang,
so erreicht man die Dockanlagen, welche durch die Canal Road
von der Stadt geschieden sind. Verfolgt man die oben erwähnte
Strecke weiter, so erreicht man die Bai des Itchen. Die Docks,
welche von einer eigenen Gesellschaft verwaltet werden, liegen auf
einer Landzunge, deren Basis ungefähr durch eine vom erwähnten
Quai und der Canal Road gezogene Linie gebildet wird. Westlich
an der Einfahrt von Itchen her ist das sogenannte offene Dock (Open
Dock) mit einer Wasserfläche von 6·5 ha und mit 5·6 m Tiefe bei
Ebbe und 9·5 m bei Flut in einer ziemlich regelmässigen Form. Das-
selbe ist von verschiedenen Schuppen und Magazinen umgeben und
mit Krahnen gut ausgestattet. An der Südseite dieses Docks sind

Der atlantische Ocean.

Wie so viele Seeplätze hat auch Southampton neben Zeiten
grosser Blüthe Tage des Rückganges gesehen. Die commerzielle Be-
deutung Southamptons sank, als der Handel nach Amerika sich ent-
wickelte, diesen Liverpool und Bristol an sich rissen und so das
maritime Schwergewicht im englischen Handel vom Canale an die
Westküste verlegt wurde. Aber die Entwicklung der Dampfschiffahrt
und des Eisenbahnwesens hoben Southampton doch wieder zu einer
günstigen Stellung empor, weil es am Canal einen guten, mit dem
Inlande nach allen Richtungen hin verbundenen Hafen besass und
weil von dort aus für viele Schiffahrtslinien sich ein günstiger Aus-
gangspunkt eröffnete. Für den Verkehr nach Westen war es immerhin
ein Vortheil an Zeit und Sicherheit, wenn man einen Theil der
Passage durch den Canal in Ersparung brachte und bei Southampton
die See erreichte, beziehungsweise schon das Land gewinnen konnte.
Und darum hat sich Southampton zu einem sehr bedeutenden Durch-
gangspunkt für die grossen überseeischen Linien entwickelt.

Jene Bucht des Southampton Water, deren wir vorher Er-
wähnung gethan haben, theilt sich in ihrem Hintergrunde in zwei
Theile, in welche die Stadtanlage scharf vorspringt; der eine östliche
wird durch den Ausfluss des Itchen-Flusses, der andere westliche durch
jenen des Test-Flusses gebildet. Dadurch gewinnt die ganze Stadt eine
halbinselförmige Gestalt, deren südlichster Theil die eigentlichen und
wichtigsten Hafenanlagen enthält.

Betrachten wir nun diese Anlagen, so finden wir auf der Test-
Seite zunächst den Royal Victoria Pier und dann, mit diesem eine
Art von Bassin bildend, den Town Pier; an der Wurzel des letzteren
ist das Hafenamt gelegen, und zwischen beiden zieht sich der schon
aus alter Zeit her bestehende Town-Quai hin, welcher durch das
Prinz Albert-Monument geziert ist. Geht man diesen Quai entlang,
so erreicht man die Dockanlagen, welche durch die Canal Road
von der Stadt geschieden sind. Verfolgt man die oben erwähnte
Strecke weiter, so erreicht man die Bai des Itchen. Die Docks,
welche von einer eigenen Gesellschaft verwaltet werden, liegen auf
einer Landzunge, deren Basis ungefähr durch eine vom erwähnten
Quai und der Canal Road gezogene Linie gebildet wird. Westlich
an der Einfahrt von Itchen her ist das sogenannte offene Dock (Open
Dock) mit einer Wasserfläche von 6·5 ha und mit 5·6 m Tiefe bei
Ebbe und 9·5 m bei Flut in einer ziemlich regelmässigen Form. Das-
selbe ist von verschiedenen Schuppen und Magazinen umgeben und
mit Krahnen gut ausgestattet. An der Südseite dieses Docks sind

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[1064/1084] Der atlantische Ocean. Wie so viele Seeplätze hat auch Southampton neben Zeiten grosser Blüthe Tage des Rückganges gesehen. Die commerzielle Be- deutung Southamptons sank, als der Handel nach Amerika sich ent- wickelte, diesen Liverpool und Bristol an sich rissen und so das maritime Schwergewicht im englischen Handel vom Canale an die Westküste verlegt wurde. Aber die Entwicklung der Dampfschiffahrt und des Eisenbahnwesens hoben Southampton doch wieder zu einer günstigen Stellung empor, weil es am Canal einen guten, mit dem Inlande nach allen Richtungen hin verbundenen Hafen besass und weil von dort aus für viele Schiffahrtslinien sich ein günstiger Aus- gangspunkt eröffnete. Für den Verkehr nach Westen war es immerhin ein Vortheil an Zeit und Sicherheit, wenn man einen Theil der Passage durch den Canal in Ersparung brachte und bei Southampton die See erreichte, beziehungsweise schon das Land gewinnen konnte. Und darum hat sich Southampton zu einem sehr bedeutenden Durch- gangspunkt für die grossen überseeischen Linien entwickelt. Jene Bucht des Southampton Water, deren wir vorher Er- wähnung gethan haben, theilt sich in ihrem Hintergrunde in zwei Theile, in welche die Stadtanlage scharf vorspringt; der eine östliche wird durch den Ausfluss des Itchen-Flusses, der andere westliche durch jenen des Test-Flusses gebildet. Dadurch gewinnt die ganze Stadt eine halbinselförmige Gestalt, deren südlichster Theil die eigentlichen und wichtigsten Hafenanlagen enthält. Betrachten wir nun diese Anlagen, so finden wir auf der Test- Seite zunächst den Royal Victoria Pier und dann, mit diesem eine Art von Bassin bildend, den Town Pier; an der Wurzel des letzteren ist das Hafenamt gelegen, und zwischen beiden zieht sich der schon aus alter Zeit her bestehende Town-Quai hin, welcher durch das Prinz Albert-Monument geziert ist. Geht man diesen Quai entlang, so erreicht man die Dockanlagen, welche durch die Canal Road von der Stadt geschieden sind. Verfolgt man die oben erwähnte Strecke weiter, so erreicht man die Bai des Itchen. Die Docks, welche von einer eigenen Gesellschaft verwaltet werden, liegen auf einer Landzunge, deren Basis ungefähr durch eine vom erwähnten Quai und der Canal Road gezogene Linie gebildet wird. Westlich an der Einfahrt von Itchen her ist das sogenannte offene Dock (Open Dock) mit einer Wasserfläche von 6·5 ha und mit 5·6 m Tiefe bei Ebbe und 9·5 m bei Flut in einer ziemlich regelmässigen Form. Das- selbe ist von verschiedenen Schuppen und Magazinen umgeben und mit Krahnen gut ausgestattet. An der Südseite dieses Docks sind

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 1064. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/1084>, abgerufen am 16.07.2024.