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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Der atlantische Ocean.

Birkenhead bildet sonach, trotz seiner emancipirten Selbständig-
keit, eine Ergänzung von Liverpool, mit welchem es die gleichen
Interessen enge verbinden.

Aber heute droht den beiden Seeplätzen eine sehr ernstliche
Concurrenz von anderer Seite, und wir können nicht umhin, eines
wenn auch noch nicht vollendeten Unternehmens zu gedenken, welches
in sehr einschneidender Weise auf die Sachlage am Mersey zurück-
wirken wird, nämlich des grossen Canales, welcher im Bau und
bestimmt ist, die gewaltige Industriestadt Manchester und mehrere
andere gleichfalls bedeutsame industrielle Emporien von Lancashire
mit der See direct zu verbinden und derart von der Abhängigkeit
von Liverpool zu emancipiren. Den Anlass zu diesem Unternehmen
gab der Umstand, dass man in Liverpool mit theuren Platzspesen
arbeitet und doch wieder nicht im Stande ist, diese Spesen in erheb-
licher Weise zu erniedrigen. Da entstand nun in Manchester, welches
stark über Liverpool arbeitet, der Gedanke, sich einen directen
und unabhängigen Seeweg zu eröffnen, und zwar durch den Bau eines
Canales. Das Unternehmen fand Anklang, eine Parlamentsacte setzte,
ähnlich wie es in Liverpool der Fall, einen eigenen Board ein und
gab demselben das Recht zum Baue und Betriebe. Man veranschlagte
die Kosten auf 10 Millionen Pfund Sterling. Dieser Canal nimmt bei
Manchester seinen Anfang, wo drei grosse, mit allen modernen An-
forderungen ausgestattete Docks errichtet werden. Sodann benützt der
Canal zunächst den Fluss Irwell, den er jedoch zum Theil durch
Durchstiche abkürzt, um hierauf unter Benützung des Mersey weiter
zu gehen. Der Canal berührt die Städte Salford, Warrington, wo
auch ein Dock angelegt wird, Runcorn und mündet unterhalb des
letzteren bei Eastham in das grosse Becken des Mersey, also eine gute
Strecke oberhalb Liverpools. Die ganze Länge des Canals ist auf
56 km veranschlagt. Die Sohlenbreite wird 36 (zwischen Barton und
Manchester 52 m), die geringste Wassertiefe 8 m (die Schleussensohlen
8·8 m Tiefe) betragen. Am Ausgange des Canales sind auch Dock-
anlagen projectirt. Der grosse Bau wurde im Jahre 1886 begonnen,
und man hoffte in vier Jahren mit demselben zu Ende zu kommen. Doch
konnte diese Bauzeit nicht eingehalten werden, was bei der Gross-
artigkeit des Werkes nicht in Erstaunen setzen darf. Trotzdem ist Hoff-
nung vorhanden, dass keine wesentliche Ueberschreitung des Termines
stattfinden werde. Das Grossartige des Unternehmens erhellt aus der
Thatsache, dass die Herstellung des Canals und der Docks eine
Materialbewegurg von 38·5 Millionen Cubikmeter, worunter 8 Millionen

Der atlantische Ocean.

Birkenhead bildet sonach, trotz seiner emancipirten Selbständig-
keit, eine Ergänzung von Liverpool, mit welchem es die gleichen
Interessen enge verbinden.

Aber heute droht den beiden Seeplätzen eine sehr ernstliche
Concurrenz von anderer Seite, und wir können nicht umhin, eines
wenn auch noch nicht vollendeten Unternehmens zu gedenken, welches
in sehr einschneidender Weise auf die Sachlage am Mersey zurück-
wirken wird, nämlich des grossen Canales, welcher im Bau und
bestimmt ist, die gewaltige Industriestadt Manchester und mehrere
andere gleichfalls bedeutsame industrielle Emporien von Lancashire
mit der See direct zu verbinden und derart von der Abhängigkeit
von Liverpool zu emancipiren. Den Anlass zu diesem Unternehmen
gab der Umstand, dass man in Liverpool mit theuren Platzspesen
arbeitet und doch wieder nicht im Stande ist, diese Spesen in erheb-
licher Weise zu erniedrigen. Da entstand nun in Manchester, welches
stark über Liverpool arbeitet, der Gedanke, sich einen directen
und unabhängigen Seeweg zu eröffnen, und zwar durch den Bau eines
Canales. Das Unternehmen fand Anklang, eine Parlamentsacte setzte,
ähnlich wie es in Liverpool der Fall, einen eigenen Board ein und
gab demselben das Recht zum Baue und Betriebe. Man veranschlagte
die Kosten auf 10 Millionen Pfund Sterling. Dieser Canal nimmt bei
Manchester seinen Anfang, wo drei grosse, mit allen modernen An-
forderungen ausgestattete Docks errichtet werden. Sodann benützt der
Canal zunächst den Fluss Irwell, den er jedoch zum Theil durch
Durchstiche abkürzt, um hierauf unter Benützung des Mersey weiter
zu gehen. Der Canal berührt die Städte Salford, Warrington, wo
auch ein Dock angelegt wird, Runcorn und mündet unterhalb des
letzteren bei Eastham in das grosse Becken des Mersey, also eine gute
Strecke oberhalb Liverpools. Die ganze Länge des Canals ist auf
56 km veranschlagt. Die Sohlenbreite wird 36 (zwischen Barton und
Manchester 52 m), die geringste Wassertiefe 8 m (die Schleussensohlen
8·8 m Tiefe) betragen. Am Ausgange des Canales sind auch Dock-
anlagen projectirt. Der grosse Bau wurde im Jahre 1886 begonnen,
und man hoffte in vier Jahren mit demselben zu Ende zu kommen. Doch
konnte diese Bauzeit nicht eingehalten werden, was bei der Gross-
artigkeit des Werkes nicht in Erstaunen setzen darf. Trotzdem ist Hoff-
nung vorhanden, dass keine wesentliche Ueberschreitung des Termines
stattfinden werde. Das Grossartige des Unternehmens erhellt aus der
Thatsache, dass die Herstellung des Canals und der Docks eine
Materialbewegurg von 38·5 Millionen Cubikmeter, worunter 8 Millionen

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[1036/1056] Der atlantische Ocean. Birkenhead bildet sonach, trotz seiner emancipirten Selbständig- keit, eine Ergänzung von Liverpool, mit welchem es die gleichen Interessen enge verbinden. Aber heute droht den beiden Seeplätzen eine sehr ernstliche Concurrenz von anderer Seite, und wir können nicht umhin, eines wenn auch noch nicht vollendeten Unternehmens zu gedenken, welches in sehr einschneidender Weise auf die Sachlage am Mersey zurück- wirken wird, nämlich des grossen Canales, welcher im Bau und bestimmt ist, die gewaltige Industriestadt Manchester und mehrere andere gleichfalls bedeutsame industrielle Emporien von Lancashire mit der See direct zu verbinden und derart von der Abhängigkeit von Liverpool zu emancipiren. Den Anlass zu diesem Unternehmen gab der Umstand, dass man in Liverpool mit theuren Platzspesen arbeitet und doch wieder nicht im Stande ist, diese Spesen in erheb- licher Weise zu erniedrigen. Da entstand nun in Manchester, welches stark über Liverpool arbeitet, der Gedanke, sich einen directen und unabhängigen Seeweg zu eröffnen, und zwar durch den Bau eines Canales. Das Unternehmen fand Anklang, eine Parlamentsacte setzte, ähnlich wie es in Liverpool der Fall, einen eigenen Board ein und gab demselben das Recht zum Baue und Betriebe. Man veranschlagte die Kosten auf 10 Millionen Pfund Sterling. Dieser Canal nimmt bei Manchester seinen Anfang, wo drei grosse, mit allen modernen An- forderungen ausgestattete Docks errichtet werden. Sodann benützt der Canal zunächst den Fluss Irwell, den er jedoch zum Theil durch Durchstiche abkürzt, um hierauf unter Benützung des Mersey weiter zu gehen. Der Canal berührt die Städte Salford, Warrington, wo auch ein Dock angelegt wird, Runcorn und mündet unterhalb des letzteren bei Eastham in das grosse Becken des Mersey, also eine gute Strecke oberhalb Liverpools. Die ganze Länge des Canals ist auf 56 km veranschlagt. Die Sohlenbreite wird 36 (zwischen Barton und Manchester 52 m), die geringste Wassertiefe 8 m (die Schleussensohlen 8·8 m Tiefe) betragen. Am Ausgange des Canales sind auch Dock- anlagen projectirt. Der grosse Bau wurde im Jahre 1886 begonnen, und man hoffte in vier Jahren mit demselben zu Ende zu kommen. Doch konnte diese Bauzeit nicht eingehalten werden, was bei der Gross- artigkeit des Werkes nicht in Erstaunen setzen darf. Trotzdem ist Hoff- nung vorhanden, dass keine wesentliche Ueberschreitung des Termines stattfinden werde. Das Grossartige des Unternehmens erhellt aus der Thatsache, dass die Herstellung des Canals und der Docks eine Materialbewegurg von 38·5 Millionen Cubikmeter, worunter 8 Millionen

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 1036. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/1056>, abgerufen am 23.11.2024.