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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Glasgow.
Green die bedeutendste ist und einen Flächenraum von 44·5 ha
einnimmt. Dort erhebt sich das schöne Nelson-Monument.

In Glasgow Green betreten wir das Flussufer in seinem oberen
Laufe und am östlichen Ende der Stadt. Der Fluss wird von fünf
Pfeiler-, zwei Hänge- und drei Eisenbahnbrücken übersetzt. Die be-
deutendste ist die Glasgow-Brücke. Von derselben stromabwärts
beginnt der Hafen, innerhalb welchem der Fluss keine weiteren
Brücken aufweist, sondern der Verkehr zwischen beiden Ufern nur
durch Fährboote vermittelt wird. Knapp an der letzten Brücke be-
ginnt der etwa 640 m lange Broomielaw-Quai an der Nordseite des
Clyde, wo der Hauptverkehr der Dampfer stattfindet.

Den Hafen von Glasgow bildet, wie schon erwähnt, der Clydefluss
welcher mit grosser technischer Geschicklichkeit regulirt worden ist,
so dass derselbe in der ganzen, 29 km langen Strecke von Glasgow
bis Port Glasgow etwas oberhalb von Greenock den Eindruck eines
grossartigen Canales macht. Vor 50 Jahren hatte der Clyde bei
Glasgow nur 60 m Breite und 1 m Tiefe, gegenwärtig ist er aber
durch die Benützung der lebendigen Kraft der Gezeitenströmung bei
den Regulirungsarbeiten zu einer 140 m breiten und bei Hochwasser
7·5 m tiefen Wasserstrasse geworden. Die Flut erhebt hier das
Wasserniveau um 2·7 m über den Ebbestand.

Längs des ganzen Flusses bis hinab zu der am rechten Ufer
im Westend erfolgenden Einmündung des Kelvin-Flüsschens dehnen
sich stattliche Quais aus, welche mit Eisenbahngeleisen versehen
und mit Speichern und Schuppen ausgerüstet sind. 58 Krahne be-
sorgen längs dieser Quais die erforderlichen Manipulationen. Ge-
schlossene Dockbassins sind, wie unser Plan zeigt, nur zwei vorhan-
den, das Queen-Dock am rechten Ufer nahe der Kelvin-Mündung, und
das kleine Kingston-Dock am linken Ufer, 600 m unterhalb der
Glasgow-Brücke. Ersteres ist durch einen Molo (Centre Quay) in zwei
Bassins getheilt und wurde erst in jüngster Zeit erbaut. Dieses Dock
hat nur Hangars. Aelter, aber weit kleiner ist das andere erwähnte
Dock. Die bedeutende Quaientwicklung von beiläufig 9·65 km Länge,
zum anderen Theil auch die Art des Glasgower Verkehres macht
die Anlage von Docks weniger erforderlich. Wie sehr man aber
in Glasgow den Interessen des Verkehres grosse Opfer zu bringen
versteht, zeigt sich aus dem einzigen Umstande, dass die Regulirung
des Clyde, durch welche erst die grossartige Entwicklung des Handels
und namentlich der Schiffbauindustrie wegen der gewonnenen Tiefen
möglich ward, über 41/2 Millionen L kostete. Neuester Zeit besteht

Glasgow.
Green die bedeutendste ist und einen Flächenraum von 44·5 ha
einnimmt. Dort erhebt sich das schöne Nelson-Monument.

In Glasgow Green betreten wir das Flussufer in seinem oberen
Laufe und am östlichen Ende der Stadt. Der Fluss wird von fünf
Pfeiler-, zwei Hänge- und drei Eisenbahnbrücken übersetzt. Die be-
deutendste ist die Glasgow-Brücke. Von derselben stromabwärts
beginnt der Hafen, innerhalb welchem der Fluss keine weiteren
Brücken aufweist, sondern der Verkehr zwischen beiden Ufern nur
durch Fährboote vermittelt wird. Knapp an der letzten Brücke be-
ginnt der etwa 640 m lange Broomielaw-Quai an der Nordseite des
Clyde, wo der Hauptverkehr der Dampfer stattfindet.

Den Hafen von Glasgow bildet, wie schon erwähnt, der Clydefluss
welcher mit grosser technischer Geschicklichkeit regulirt worden ist,
so dass derselbe in der ganzen, 29 km langen Strecke von Glasgow
bis Port Glasgow etwas oberhalb von Greenock den Eindruck eines
grossartigen Canales macht. Vor 50 Jahren hatte der Clyde bei
Glasgow nur 60 m Breite und 1 m Tiefe, gegenwärtig ist er aber
durch die Benützung der lebendigen Kraft der Gezeitenströmung bei
den Regulirungsarbeiten zu einer 140 m breiten und bei Hochwasser
7·5 m tiefen Wasserstrasse geworden. Die Flut erhebt hier das
Wasserniveau um 2·7 m über den Ebbestand.

Längs des ganzen Flusses bis hinab zu der am rechten Ufer
im Westend erfolgenden Einmündung des Kelvin-Flüsschens dehnen
sich stattliche Quais aus, welche mit Eisenbahngeleisen versehen
und mit Speichern und Schuppen ausgerüstet sind. 58 Krahne be-
sorgen längs dieser Quais die erforderlichen Manipulationen. Ge-
schlossene Dockbassins sind, wie unser Plan zeigt, nur zwei vorhan-
den, das Queen-Dock am rechten Ufer nahe der Kelvin-Mündung, und
das kleine Kingston-Dock am linken Ufer, 600 m unterhalb der
Glasgow-Brücke. Ersteres ist durch einen Molo (Centre Quay) in zwei
Bassins getheilt und wurde erst in jüngster Zeit erbaut. Dieses Dock
hat nur Hangars. Aelter, aber weit kleiner ist das andere erwähnte
Dock. Die bedeutende Quaientwicklung von beiläufig 9·65 km Länge,
zum anderen Theil auch die Art des Glasgower Verkehres macht
die Anlage von Docks weniger erforderlich. Wie sehr man aber
in Glasgow den Interessen des Verkehres grosse Opfer zu bringen
versteht, zeigt sich aus dem einzigen Umstande, dass die Regulirung
des Clyde, durch welche erst die grossartige Entwicklung des Handels
und namentlich der Schiffbauindustrie wegen der gewonnenen Tiefen
möglich ward, über 4½ Millionen ₤ kostete. Neuester Zeit besteht

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[1015/1035] Glasgow. Green die bedeutendste ist und einen Flächenraum von 44·5 ha einnimmt. Dort erhebt sich das schöne Nelson-Monument. In Glasgow Green betreten wir das Flussufer in seinem oberen Laufe und am östlichen Ende der Stadt. Der Fluss wird von fünf Pfeiler-, zwei Hänge- und drei Eisenbahnbrücken übersetzt. Die be- deutendste ist die Glasgow-Brücke. Von derselben stromabwärts beginnt der Hafen, innerhalb welchem der Fluss keine weiteren Brücken aufweist, sondern der Verkehr zwischen beiden Ufern nur durch Fährboote vermittelt wird. Knapp an der letzten Brücke be- ginnt der etwa 640 m lange Broomielaw-Quai an der Nordseite des Clyde, wo der Hauptverkehr der Dampfer stattfindet. Den Hafen von Glasgow bildet, wie schon erwähnt, der Clydefluss welcher mit grosser technischer Geschicklichkeit regulirt worden ist, so dass derselbe in der ganzen, 29 km langen Strecke von Glasgow bis Port Glasgow etwas oberhalb von Greenock den Eindruck eines grossartigen Canales macht. Vor 50 Jahren hatte der Clyde bei Glasgow nur 60 m Breite und 1 m Tiefe, gegenwärtig ist er aber durch die Benützung der lebendigen Kraft der Gezeitenströmung bei den Regulirungsarbeiten zu einer 140 m breiten und bei Hochwasser 7·5 m tiefen Wasserstrasse geworden. Die Flut erhebt hier das Wasserniveau um 2·7 m über den Ebbestand. Längs des ganzen Flusses bis hinab zu der am rechten Ufer im Westend erfolgenden Einmündung des Kelvin-Flüsschens dehnen sich stattliche Quais aus, welche mit Eisenbahngeleisen versehen und mit Speichern und Schuppen ausgerüstet sind. 58 Krahne be- sorgen längs dieser Quais die erforderlichen Manipulationen. Ge- schlossene Dockbassins sind, wie unser Plan zeigt, nur zwei vorhan- den, das Queen-Dock am rechten Ufer nahe der Kelvin-Mündung, und das kleine Kingston-Dock am linken Ufer, 600 m unterhalb der Glasgow-Brücke. Ersteres ist durch einen Molo (Centre Quay) in zwei Bassins getheilt und wurde erst in jüngster Zeit erbaut. Dieses Dock hat nur Hangars. Aelter, aber weit kleiner ist das andere erwähnte Dock. Die bedeutende Quaientwicklung von beiläufig 9·65 km Länge, zum anderen Theil auch die Art des Glasgower Verkehres macht die Anlage von Docks weniger erforderlich. Wie sehr man aber in Glasgow den Interessen des Verkehres grosse Opfer zu bringen versteht, zeigt sich aus dem einzigen Umstande, dass die Regulirung des Clyde, durch welche erst die grossartige Entwicklung des Handels und namentlich der Schiffbauindustrie wegen der gewonnenen Tiefen möglich ward, über 4½ Millionen ₤ kostete. Neuester Zeit besteht

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 1015. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/1035>, abgerufen am 18.05.2024.