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Lehmann, Henni: Das Kunst-Studium der Frauen. Darmstadt, 1914.

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verschieden. Deshalb muß auch der Unterricht in ihnen wesens-
verschieden sein
, mag er sich auch in noch so viel Punkten berühren.
Ähnliches gilt für die Zeichenlehrerseminare. Sie müssen auf die Fähig-
keit, den Unterricht in den Schulen zu erteilen, Wert legen, nicht so sehr
auf das eigene künstlerische Können. Die Vorbildung für den Unter-
richt ist aber doch etwas anderes als die Ausbildung eines Künstlers,
der etwa große Kompositionen und Wandgemälde fertigen will. Es
gibt auch unter den Zeichenlehrern gute Maler, ich möchte das besonders
sagen, denn ich kenne solche, aber sie sind doch wohl zumeist Zeichen-
lehrer geworden, weil sie den festen Boden des Broterwerbs unter den
Füßen haben wollten, nicht weil sie den Bildungsweg des Seminars
als den für den freien Künstler zweckmäßigsten erkannten.

Auch in München in der Zweiten Kammer ist die Frage der Zu-
lassung von Frauen zu der dortigen Akademie behandelt worden. Nach
der "München-Augsburger Zeitung" vom 4. September 1912 äußerte
sich der Direktor der Akademie der bildenden Künste dazu wie folgt:
"Es war davon die Rede, die Damenakademie anzugliedern an die
Akademie der bildenden Künste. Das ist unmöglich, schon mit Rücksicht
auf die Raumverhältnisse, ganz abgesehen davon, daß die Bestrebungen
der Künstler, die sich speziell der Kunst widmen, in der Regel andere
sind als die der Damen. Vor hundert Jahren mußten die jungen
Fräuleins nähen und stricken lernen; jetzt tun das die Maschinen; aber
die Damen waren damals beschäftigt. Selbstverständlich wollen sie auch
jetzt eine Tätigkeit haben und werfen sich deshalb sehr häufig auf die
Kunst. Wenn auch vielleicht 10 Prozent von ihnen wirklich ein ernstes
Streben haben, 90 Prozent ist es doch nur darum zu tun, die Zeit
herumzubringen, bis ein glücklicher Gatte kommt, der sie von der Kunst
wegholt" usw ... Jch weiß nicht, wie sich die deutschen Künstlerinnen
zu der Auffassung stellen, nach der jetzt die künstlerische Arbeit anstelle
solcher Tätigkeit getreten ist, die früher von Frauen geübt wurde, jetzt
durch Maschinen besorgt wird - und ich stelle Jhnen selbst das Urteil

verschieden. Deshalb muß auch der Unterricht in ihnen wesens-
verschieden sein
, mag er sich auch in noch so viel Punkten berühren.
Ähnliches gilt für die Zeichenlehrerseminare. Sie müssen auf die Fähig-
keit, den Unterricht in den Schulen zu erteilen, Wert legen, nicht so sehr
auf das eigene künstlerische Können. Die Vorbildung für den Unter-
richt ist aber doch etwas anderes als die Ausbildung eines Künstlers,
der etwa große Kompositionen und Wandgemälde fertigen will. Es
gibt auch unter den Zeichenlehrern gute Maler, ich möchte das besonders
sagen, denn ich kenne solche, aber sie sind doch wohl zumeist Zeichen-
lehrer geworden, weil sie den festen Boden des Broterwerbs unter den
Füßen haben wollten, nicht weil sie den Bildungsweg des Seminars
als den für den freien Künstler zweckmäßigsten erkannten.

Auch in München in der Zweiten Kammer ist die Frage der Zu-
lassung von Frauen zu der dortigen Akademie behandelt worden. Nach
der „München-Augsburger Zeitung“ vom 4. September 1912 äußerte
sich der Direktor der Akademie der bildenden Künste dazu wie folgt:
„Es war davon die Rede, die Damenakademie anzugliedern an die
Akademie der bildenden Künste. Das ist unmöglich, schon mit Rücksicht
auf die Raumverhältnisse, ganz abgesehen davon, daß die Bestrebungen
der Künstler, die sich speziell der Kunst widmen, in der Regel andere
sind als die der Damen. Vor hundert Jahren mußten die jungen
Fräuleins nähen und stricken lernen; jetzt tun das die Maschinen; aber
die Damen waren damals beschäftigt. Selbstverständlich wollen sie auch
jetzt eine Tätigkeit haben und werfen sich deshalb sehr häufig auf die
Kunst. Wenn auch vielleicht 10 Prozent von ihnen wirklich ein ernstes
Streben haben, 90 Prozent ist es doch nur darum zu tun, die Zeit
herumzubringen, bis ein glücklicher Gatte kommt, der sie von der Kunst
wegholt“ usw … Jch weiß nicht, wie sich die deutschen Künstlerinnen
zu der Auffassung stellen, nach der jetzt die künstlerische Arbeit anstelle
solcher Tätigkeit getreten ist, die früher von Frauen geübt wurde, jetzt
durch Maschinen besorgt wird – und ich stelle Jhnen selbst das Urteil

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[23/0029] verschieden. Deshalb muß auch der Unterricht in ihnen wesens- verschieden sein, mag er sich auch in noch so viel Punkten berühren. Ähnliches gilt für die Zeichenlehrerseminare. Sie müssen auf die Fähig- keit, den Unterricht in den Schulen zu erteilen, Wert legen, nicht so sehr auf das eigene künstlerische Können. Die Vorbildung für den Unter- richt ist aber doch etwas anderes als die Ausbildung eines Künstlers, der etwa große Kompositionen und Wandgemälde fertigen will. Es gibt auch unter den Zeichenlehrern gute Maler, ich möchte das besonders sagen, denn ich kenne solche, aber sie sind doch wohl zumeist Zeichen- lehrer geworden, weil sie den festen Boden des Broterwerbs unter den Füßen haben wollten, nicht weil sie den Bildungsweg des Seminars als den für den freien Künstler zweckmäßigsten erkannten. Auch in München in der Zweiten Kammer ist die Frage der Zu- lassung von Frauen zu der dortigen Akademie behandelt worden. Nach der „München-Augsburger Zeitung“ vom 4. September 1912 äußerte sich der Direktor der Akademie der bildenden Künste dazu wie folgt: „Es war davon die Rede, die Damenakademie anzugliedern an die Akademie der bildenden Künste. Das ist unmöglich, schon mit Rücksicht auf die Raumverhältnisse, ganz abgesehen davon, daß die Bestrebungen der Künstler, die sich speziell der Kunst widmen, in der Regel andere sind als die der Damen. Vor hundert Jahren mußten die jungen Fräuleins nähen und stricken lernen; jetzt tun das die Maschinen; aber die Damen waren damals beschäftigt. Selbstverständlich wollen sie auch jetzt eine Tätigkeit haben und werfen sich deshalb sehr häufig auf die Kunst. Wenn auch vielleicht 10 Prozent von ihnen wirklich ein ernstes Streben haben, 90 Prozent ist es doch nur darum zu tun, die Zeit herumzubringen, bis ein glücklicher Gatte kommt, der sie von der Kunst wegholt“ usw … Jch weiß nicht, wie sich die deutschen Künstlerinnen zu der Auffassung stellen, nach der jetzt die künstlerische Arbeit anstelle solcher Tätigkeit getreten ist, die früher von Frauen geübt wurde, jetzt durch Maschinen besorgt wird – und ich stelle Jhnen selbst das Urteil

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Zitationshilfe: Lehmann, Henni: Das Kunst-Studium der Frauen. Darmstadt, 1914, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehmann_kunststudium_1913/29>, abgerufen am 23.11.2024.