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Ledermann, Frieda: Zur Geschichte der Frauenstimmrechtsbewegung. Berlin, 1918.

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recht ausgeschlossen. Australien hat seinen Stimm-
rechtsbund aufgelöst und besitzt nur noch eine Or-
ganisation weiblicher Wähler, die sich untereinander
verständigen und ihre Erfahrungen bei der politischen
Arbeit zum Besten der Stimmrechtsvereine des Welt-
bundes registrieren. Vor einigen Jahren bestätigte
das Bundesparlament in einer Resolution die günsti-
gen Erfahrungen mit der weiblichen Wählerschaft
unter besonderer Hervorhebung, daß die Frauen nicht
nur ihre Spezialinteressen fördern, sondern sich in
allen Reichsangelegenheiten, auch bezüglich der Lan-
desverteidigung, als weitsichtig gezeigt haben. In
einigen Staaten Afrikas und Asiens besitzen
die Frauen kommunales Wahlrecht. In China haben
anläßlich der Revolution einige Frauen an den Wah-
len, sowie an der provisorischen Nationalversamm-
lung teilgenommen, eine dauernde Anerkennung des
politischen Frauenwahlrechts hat sich in China,
daraus nicht ergeben, ln Europa war Finn-
land
bahnbrechend für das Frauenstimmrecht. Dort
besitzen die Frauen das aktive und passive Wahlrecht
zum Landtag seit 1907. Schon lange vorher hatten sie
ihre Forderungen vorbereitet, aber aus Besorgnis,
daß sie durch deren Verkündung die nationale Unab-
hängigkeit Finnlands gefährden können, ihre Wünsche
noch so lange zurückgehalten. Erst nachdem die
Verfassung von Rußland aufgehoben, und die Knech-
tung des Landes eine allgemeine Opposition her-
vorrief, traten die Frauen in das politische Leben
ein und warben für das Frauenstimmrecht. Es wurde
ihnen dann unter Zustimmung aller Parteien bei Um-
wandlung des Parlaments gelegentlich der Einfüh-
rung des Einkammer- statt Vierkammersystems ver-
liehen. Schon im ersten Jahre wurden 19, bei den
letzten Wahlen 24 weibliche Abgeordnete gewählt,
und auch eine große Zahl von ihnen zu Mitgliedern

recht ausgeschlossen. Australien hat seinen Stimm-
rechtsbund aufgelöst und besitzt nur noch eine Or-
ganisation weiblicher Wähler, die sich untereinander
verständigen und ihre Erfahrungen bei der politischen
Arbeit zum Besten der Stimmrechtsvereine des Welt-
bundes registrieren. Vor einigen Jahren bestätigte
das Bundesparlament in einer Resolution die günsti-
gen Erfahrungen mit der weiblichen Wählerschaft
unter besonderer Hervorhebung, daß die Frauen nicht
nur ihre Spezialinteressen fördern, sondern sich in
allen Reichsangelegenheiten, auch bezüglich der Lan-
desverteidigung, als weitsichtig gezeigt haben. In
einigen Staaten Afrikas und Asiens besitzen
die Frauen kommunales Wahlrecht. In China haben
anläßlich der Revolution einige Frauen an den Wah-
len, sowie an der provisorischen Nationalversamm-
lung teilgenommen, eine dauernde Anerkennung des
politischen Frauenwahlrechts hat sich in China,
daraus nicht ergeben, ln Europa war Finn-
land
bahnbrechend für das Frauenstimmrecht. Dort
besitzen die Frauen das aktive und passive Wahlrecht
zum Landtag seit 1907. Schon lange vorher hatten sie
ihre Forderungen vorbereitet, aber aus Besorgnis,
daß sie durch deren Verkündung die nationale Unab-
hängigkeit Finnlands gefährden können, ihre Wünsche
noch so lange zurückgehalten. Erst nachdem die
Verfassung von Rußland aufgehoben, und die Knech-
tung des Landes eine allgemeine Opposition her-
vorrief, traten die Frauen in das politische Leben
ein und warben für das Frauenstimmrecht. Es wurde
ihnen dann unter Zustimmung aller Parteien bei Um-
wandlung des Parlaments gelegentlich der Einfüh-
rung des Einkammer- statt Vierkammersystems ver-
liehen. Schon im ersten Jahre wurden 19, bei den
letzten Wahlen 24 weibliche Abgeordnete gewählt,
und auch eine große Zahl von ihnen zu Mitgliedern

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[30/0030] recht ausgeschlossen. Australien hat seinen Stimm- rechtsbund aufgelöst und besitzt nur noch eine Or- ganisation weiblicher Wähler, die sich untereinander verständigen und ihre Erfahrungen bei der politischen Arbeit zum Besten der Stimmrechtsvereine des Welt- bundes registrieren. Vor einigen Jahren bestätigte das Bundesparlament in einer Resolution die günsti- gen Erfahrungen mit der weiblichen Wählerschaft unter besonderer Hervorhebung, daß die Frauen nicht nur ihre Spezialinteressen fördern, sondern sich in allen Reichsangelegenheiten, auch bezüglich der Lan- desverteidigung, als weitsichtig gezeigt haben. In einigen Staaten Afrikas und Asiens besitzen die Frauen kommunales Wahlrecht. In China haben anläßlich der Revolution einige Frauen an den Wah- len, sowie an der provisorischen Nationalversamm- lung teilgenommen, eine dauernde Anerkennung des politischen Frauenwahlrechts hat sich in China, daraus nicht ergeben, ln Europa war Finn- land bahnbrechend für das Frauenstimmrecht. Dort besitzen die Frauen das aktive und passive Wahlrecht zum Landtag seit 1907. Schon lange vorher hatten sie ihre Forderungen vorbereitet, aber aus Besorgnis, daß sie durch deren Verkündung die nationale Unab- hängigkeit Finnlands gefährden können, ihre Wünsche noch so lange zurückgehalten. Erst nachdem die Verfassung von Rußland aufgehoben, und die Knech- tung des Landes eine allgemeine Opposition her- vorrief, traten die Frauen in das politische Leben ein und warben für das Frauenstimmrecht. Es wurde ihnen dann unter Zustimmung aller Parteien bei Um- wandlung des Parlaments gelegentlich der Einfüh- rung des Einkammer- statt Vierkammersystems ver- liehen. Schon im ersten Jahre wurden 19, bei den letzten Wahlen 24 weibliche Abgeordnete gewählt, und auch eine große Zahl von ihnen zu Mitgliedern  

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2015-06-26T14:08:50Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Ledermann, Frieda: Zur Geschichte der Frauenstimmrechtsbewegung. Berlin, 1918, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledermann_frauenstimmrechtsbewegung_1918/30>, abgerufen am 19.04.2024.