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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Der Martinprocess.
herzustellen, damit es durch die äussere Luft entsprechend kühl er-
halten werde.

Eine grössere Dauerhaftigkeit des Gewölbes wird zweifellos erreicht,
wenn man, wie es zuerst bei den Martinöfen des Schienenwalzwerkes
zu Graz, später auch bei den Oefen einiger anderer Eisenwerke bewirkt
worden ist, dasselbe nach der Mitte des Ofens nicht niedergehen, sondern
ansteigen lässt, wenn auch zu vermuthen ist, dass die Wärmeabgabe
dadurch etwas erschwert werde. Die örtlichen Verhältnisse, insbesondere
auch die Dauerhaftigkeit der zur Verwendung stehenden feuerfesten
Materialien, werden entscheiden müssen, welcher Anordnung der Vor-
zug zu geben ist.

Die Abbildungen Fig. 254 und 255 zeigen die Einrichtung eines
solchen Martinofens zu Graz. 1) Die tiefste Stelle des Gewölbes liegt,
wie in Fig. 254 zu sehen ist, an der Stelle, wo Gas und Luft zusam-
mentreffen; von da an steigt dasselbe nach beiden Seiten hin an.

Die Construction des abgebildeten Ofens ist noch in mehrfacher
anderer Hinsicht beachtenswerth. Statt der sonst üblichen hohen Rege-
neratoren unter den Oefen sind hier liegende Regeneratoren vor den
Oefen angebracht (Fig. 255), wodurch die Zugänglichkeit derselben erhöht
wird, eine Einrichtung, der man ziemlich häufig in den Alpenländern
begegnet; Gas und Luft gelangen durch nur je einen Kanal in den
Ofen (Fig. 255), und die Construction ist dadurch sehr einfach. Die
Oefen in Graz halten durchschnittlich 500 Einsätze, mitunter darüber
aus, ohne einer Reparatur des Gewölbes zu bedürfen, während bei
Oefen mit tief niedergezogener Decke oft nicht die Hälfte jener Einsätze
verarbeitet werden kann, ohne dass die Decke erneuert werden muss.


Verschiedentlich hat man versucht, an Stelle der in ihrer Anlage
und Unterhaltung kostspieligen Siemensöfen einfachere Feuerungs-
systeme (Bicherouxfeuerung, Ponsardfeuerung u. a.) für den Betrieb der
Martinöfen anzuwenden. Die erlangten Erfolge haben jedoch dargethan,
dass den Siemensöfen zweifellos in allen jenen Fällen der Vorrang
gebührt, wo, wie beim Martinschmelzen, die Erzielung einer sehr hohen,
den Schmelzpunkt auch des kohlenstoffarmen schmiedbaren Eisens über-
steigenden und dabei gleichmässigen Temperatur die Hauptaufgabe ist.
Wenn jene anderen Feuerungssysteme sich zwar als brauchbar erwiesen,
wenn wirklicher Stahl mit verhältnissmässig niedrigem Schmelzpunkte
erzeugt werden sollte, so verloren sie um so mehr an Benutzungs-
fähigkeit, je kohlenstoffärmer das Eisen war, welches man darzustellen
beabsichtigte.

Eine andere erwähnenswerthe Abweichung ist die Anwendung
von Drehöfen nach Pernot's System (S. 128). Dieselben haben in
St. Chamond, dem Wohnorte des Erfinders, sowie auf einigen anderen
französischen und nordamerikanischen Eisenwerken Eingang gefunden.
Dass die Mischung des Metalles auf einem drehbaren Herde leichter
als auf einem feststehenden zu bewirken sein wird, lässt sich nicht

1) Construction von J. Prochaska, Hüttendirector in Graz.

Der Martinprocess.
herzustellen, damit es durch die äussere Luft entsprechend kühl er-
halten werde.

Eine grössere Dauerhaftigkeit des Gewölbes wird zweifellos erreicht,
wenn man, wie es zuerst bei den Martinöfen des Schienenwalzwerkes
zu Graz, später auch bei den Oefen einiger anderer Eisenwerke bewirkt
worden ist, dasselbe nach der Mitte des Ofens nicht niedergehen, sondern
ansteigen lässt, wenn auch zu vermuthen ist, dass die Wärmeabgabe
dadurch etwas erschwert werde. Die örtlichen Verhältnisse, insbesondere
auch die Dauerhaftigkeit der zur Verwendung stehenden feuerfesten
Materialien, werden entscheiden müssen, welcher Anordnung der Vor-
zug zu geben ist.

Die Abbildungen Fig. 254 und 255 zeigen die Einrichtung eines
solchen Martinofens zu Graz. 1) Die tiefste Stelle des Gewölbes liegt,
wie in Fig. 254 zu sehen ist, an der Stelle, wo Gas und Luft zusam-
mentreffen; von da an steigt dasselbe nach beiden Seiten hin an.

Die Construction des abgebildeten Ofens ist noch in mehrfacher
anderer Hinsicht beachtenswerth. Statt der sonst üblichen hohen Rege-
neratoren unter den Oefen sind hier liegende Regeneratoren vor den
Oefen angebracht (Fig. 255), wodurch die Zugänglichkeit derselben erhöht
wird, eine Einrichtung, der man ziemlich häufig in den Alpenländern
begegnet; Gas und Luft gelangen durch nur je einen Kanal in den
Ofen (Fig. 255), und die Construction ist dadurch sehr einfach. Die
Oefen in Graz halten durchschnittlich 500 Einsätze, mitunter darüber
aus, ohne einer Reparatur des Gewölbes zu bedürfen, während bei
Oefen mit tief niedergezogener Decke oft nicht die Hälfte jener Einsätze
verarbeitet werden kann, ohne dass die Decke erneuert werden muss.


Verschiedentlich hat man versucht, an Stelle der in ihrer Anlage
und Unterhaltung kostspieligen Siemensöfen einfachere Feuerungs-
systeme (Bicherouxfeuerung, Ponsardfeuerung u. a.) für den Betrieb der
Martinöfen anzuwenden. Die erlangten Erfolge haben jedoch dargethan,
dass den Siemensöfen zweifellos in allen jenen Fällen der Vorrang
gebührt, wo, wie beim Martinschmelzen, die Erzielung einer sehr hohen,
den Schmelzpunkt auch des kohlenstoffarmen schmiedbaren Eisens über-
steigenden und dabei gleichmässigen Temperatur die Hauptaufgabe ist.
Wenn jene anderen Feuerungssysteme sich zwar als brauchbar erwiesen,
wenn wirklicher Stahl mit verhältnissmässig niedrigem Schmelzpunkte
erzeugt werden sollte, so verloren sie um so mehr an Benutzungs-
fähigkeit, je kohlenstoffärmer das Eisen war, welches man darzustellen
beabsichtigte.

Eine andere erwähnenswerthe Abweichung ist die Anwendung
von Drehöfen nach Pernot’s System (S. 128). Dieselben haben in
St. Chamond, dem Wohnorte des Erfinders, sowie auf einigen anderen
französischen und nordamerikanischen Eisenwerken Eingang gefunden.
Dass die Mischung des Metalles auf einem drehbaren Herde leichter
als auf einem feststehenden zu bewirken sein wird, lässt sich nicht

1) Construction von J. Prochaska, Hüttendirector in Graz.
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[863/0947] Der Martinprocess. herzustellen, damit es durch die äussere Luft entsprechend kühl er- halten werde. Eine grössere Dauerhaftigkeit des Gewölbes wird zweifellos erreicht, wenn man, wie es zuerst bei den Martinöfen des Schienenwalzwerkes zu Graz, später auch bei den Oefen einiger anderer Eisenwerke bewirkt worden ist, dasselbe nach der Mitte des Ofens nicht niedergehen, sondern ansteigen lässt, wenn auch zu vermuthen ist, dass die Wärmeabgabe dadurch etwas erschwert werde. Die örtlichen Verhältnisse, insbesondere auch die Dauerhaftigkeit der zur Verwendung stehenden feuerfesten Materialien, werden entscheiden müssen, welcher Anordnung der Vor- zug zu geben ist. Die Abbildungen Fig. 254 und 255 zeigen die Einrichtung eines solchen Martinofens zu Graz. 1) Die tiefste Stelle des Gewölbes liegt, wie in Fig. 254 zu sehen ist, an der Stelle, wo Gas und Luft zusam- mentreffen; von da an steigt dasselbe nach beiden Seiten hin an. Die Construction des abgebildeten Ofens ist noch in mehrfacher anderer Hinsicht beachtenswerth. Statt der sonst üblichen hohen Rege- neratoren unter den Oefen sind hier liegende Regeneratoren vor den Oefen angebracht (Fig. 255), wodurch die Zugänglichkeit derselben erhöht wird, eine Einrichtung, der man ziemlich häufig in den Alpenländern begegnet; Gas und Luft gelangen durch nur je einen Kanal in den Ofen (Fig. 255), und die Construction ist dadurch sehr einfach. Die Oefen in Graz halten durchschnittlich 500 Einsätze, mitunter darüber aus, ohne einer Reparatur des Gewölbes zu bedürfen, während bei Oefen mit tief niedergezogener Decke oft nicht die Hälfte jener Einsätze verarbeitet werden kann, ohne dass die Decke erneuert werden muss. Verschiedentlich hat man versucht, an Stelle der in ihrer Anlage und Unterhaltung kostspieligen Siemensöfen einfachere Feuerungs- systeme (Bicherouxfeuerung, Ponsardfeuerung u. a.) für den Betrieb der Martinöfen anzuwenden. Die erlangten Erfolge haben jedoch dargethan, dass den Siemensöfen zweifellos in allen jenen Fällen der Vorrang gebührt, wo, wie beim Martinschmelzen, die Erzielung einer sehr hohen, den Schmelzpunkt auch des kohlenstoffarmen schmiedbaren Eisens über- steigenden und dabei gleichmässigen Temperatur die Hauptaufgabe ist. Wenn jene anderen Feuerungssysteme sich zwar als brauchbar erwiesen, wenn wirklicher Stahl mit verhältnissmässig niedrigem Schmelzpunkte erzeugt werden sollte, so verloren sie um so mehr an Benutzungs- fähigkeit, je kohlenstoffärmer das Eisen war, welches man darzustellen beabsichtigte. Eine andere erwähnenswerthe Abweichung ist die Anwendung von Drehöfen nach Pernot’s System (S. 128). Dieselben haben in St. Chamond, dem Wohnorte des Erfinders, sowie auf einigen anderen französischen und nordamerikanischen Eisenwerken Eingang gefunden. Dass die Mischung des Metalles auf einem drehbaren Herde leichter als auf einem feststehenden zu bewirken sein wird, lässt sich nicht 1) Construction von J. Prochaska, Hüttendirector in Graz.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 863. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/947>, abgerufen am 20.12.2024.