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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Der Martinprocess.
2 : 3 zu sein. Bei zu geringer Herdlänge kann es geschehen, dass die
Verbrennung erst jenseits des Herdes beendet ist und die Regenera-
toren übermässig erhitzt werden. Im Ganzen giebt man, wenn man
ohne Erzzusatz zu arbeiten beabsichtigt, dem Herde einen um etwa
12 Proc., bei Erzzusatz um 30 Proc. grösseren Fassungsraum, als dem
Rauminhalte des einzusetzenden Metalles entsprechen würde.

Durch die reichliche Schlackenmenge bei der Arbeit mit Erzen
wird der Herd stark angegriffen. Durch eingelegte, rings herum laufende
Kühlröhren in der Höhe der Schlackenschicht lässt sich derselbe schützen;
eine ausgedehntere Verwendung hat jedoch diese von W. Siemens
vorgeschlagene Einrichtung 1) bislang nicht gefunden, vermuthlich des-
halb nicht, weil die Kühlung des Herdes auch leicht Gelegenheit zur
Bildung erstarrter Ansätze geben wird.

Auch die Feuerbrücken hat man mitunter mit Wasserkühlung
versehen (Wittener Waffenfabrik), doch zeigte sich auch hierbei eine
empfindliche Abkühlung des Metalles in der Nähe derselben. Dagegen
baut man sie, wie bei dem abgebildeten Ofen, fast regelmässig hohl,
so dass sie von unten her durch Luft gekühlt werden, und lässt sie
von einer Eisenplatte tragen, welche sich an die eiserne Herdplatte
anlegt. Die Breite der Feuerbrücken, in der Richtung des Gasstromes
gemessen, darf nicht zu gering sein, damit Schlacken und Eisenkörn-
chen, welche beim Spratzen des Metalles von den Gasen mit fortgerissen
werden, nicht in die Regeneratoren gelangen, sondern auf der Brücke
niederfallen und von hier nach dem Herde zurückfliessen. Aus dem-
selben Grunde muss auch die Oberfläche der Feuerbrücken eine Neigung
nach dem Herde zu erhalten.

An den Seitenwänden sind mehrere, mit senkrecht aufgehenden
Schiebethüren versehene Oeffnungen angebracht, durch welche das Ein-
setzen, Rühren u. s. w. bewirkt wird. Bei kleinen Oefen beschränkt
man sich mitunter auf eine einzige Thür, grösseren giebt man gewöhn-
lich zwei bis drei; bei englischen und französischen Martinöfen (wie
auch bei dem abgebildeten Ofen) ordnet man nicht selten auch an der
Rückseite des Ofens Thüren an, welche jedoch fast nur bei Repara-
turen des Bodens benutzt werden. Auch von den drei an der Vorder-
seite grösserer Oefen befindlichen Thüren pflegt für die gewöhnlichen
Arbeiten fast nur die mittlere, etwas kleinere Thür benutzt zu werden,
während die beiden anderen vorwiegend für die Ermöglichung von
Reparaturen der Feuerbrücken und des Bodens, daneben freilich auch
zum Einbringen ausnahmsweise grosser Eisenstücke bestimmt sind.

Unterhalb der Einsatzthür befindet sich gewöhnlich das Stichloch,
etwa 150--200 mm breit und hoch und aussen in eine mit feuer-
fester Masse ausgekleidete Eisenrinne endigend, durch welche das Eisen
in die davor gestellte Giesspfanne (S. 823) oder auch wohl unmittelbar
in die auf einem Wagen aufgestellten Gussformen abfliesst. Der Herd-
boden muss natürlicherweise nach dem Stichloche hin abfallen, so dass
beim Oeffnen desselben alles flüssige Metall ausfliessen kann. Mitunter
findet man auch die Einsatzthür an der einen, das Stichloch an der

1) D. R. P. Nr. 19 289.

Der Martinprocess.
2 : 3 zu sein. Bei zu geringer Herdlänge kann es geschehen, dass die
Verbrennung erst jenseits des Herdes beendet ist und die Regenera-
toren übermässig erhitzt werden. Im Ganzen giebt man, wenn man
ohne Erzzusatz zu arbeiten beabsichtigt, dem Herde einen um etwa
12 Proc., bei Erzzusatz um 30 Proc. grösseren Fassungsraum, als dem
Rauminhalte des einzusetzenden Metalles entsprechen würde.

Durch die reichliche Schlackenmenge bei der Arbeit mit Erzen
wird der Herd stark angegriffen. Durch eingelegte, rings herum laufende
Kühlröhren in der Höhe der Schlackenschicht lässt sich derselbe schützen;
eine ausgedehntere Verwendung hat jedoch diese von W. Siemens
vorgeschlagene Einrichtung 1) bislang nicht gefunden, vermuthlich des-
halb nicht, weil die Kühlung des Herdes auch leicht Gelegenheit zur
Bildung erstarrter Ansätze geben wird.

Auch die Feuerbrücken hat man mitunter mit Wasserkühlung
versehen (Wittener Waffenfabrik), doch zeigte sich auch hierbei eine
empfindliche Abkühlung des Metalles in der Nähe derselben. Dagegen
baut man sie, wie bei dem abgebildeten Ofen, fast regelmässig hohl,
so dass sie von unten her durch Luft gekühlt werden, und lässt sie
von einer Eisenplatte tragen, welche sich an die eiserne Herdplatte
anlegt. Die Breite der Feuerbrücken, in der Richtung des Gasstromes
gemessen, darf nicht zu gering sein, damit Schlacken und Eisenkörn-
chen, welche beim Spratzen des Metalles von den Gasen mit fortgerissen
werden, nicht in die Regeneratoren gelangen, sondern auf der Brücke
niederfallen und von hier nach dem Herde zurückfliessen. Aus dem-
selben Grunde muss auch die Oberfläche der Feuerbrücken eine Neigung
nach dem Herde zu erhalten.

An den Seitenwänden sind mehrere, mit senkrecht aufgehenden
Schiebethüren versehene Oeffnungen angebracht, durch welche das Ein-
setzen, Rühren u. s. w. bewirkt wird. Bei kleinen Oefen beschränkt
man sich mitunter auf eine einzige Thür, grösseren giebt man gewöhn-
lich zwei bis drei; bei englischen und französischen Martinöfen (wie
auch bei dem abgebildeten Ofen) ordnet man nicht selten auch an der
Rückseite des Ofens Thüren an, welche jedoch fast nur bei Repara-
turen des Bodens benutzt werden. Auch von den drei an der Vorder-
seite grösserer Oefen befindlichen Thüren pflegt für die gewöhnlichen
Arbeiten fast nur die mittlere, etwas kleinere Thür benutzt zu werden,
während die beiden anderen vorwiegend für die Ermöglichung von
Reparaturen der Feuerbrücken und des Bodens, daneben freilich auch
zum Einbringen ausnahmsweise grosser Eisenstücke bestimmt sind.

Unterhalb der Einsatzthür befindet sich gewöhnlich das Stichloch,
etwa 150—200 mm breit und hoch und aussen in eine mit feuer-
fester Masse ausgekleidete Eisenrinne endigend, durch welche das Eisen
in die davor gestellte Giesspfanne (S. 823) oder auch wohl unmittelbar
in die auf einem Wagen aufgestellten Gussformen abfliesst. Der Herd-
boden muss natürlicherweise nach dem Stichloche hin abfallen, so dass
beim Oeffnen desselben alles flüssige Metall ausfliessen kann. Mitunter
findet man auch die Einsatzthür an der einen, das Stichloch an der

1) D. R. P. Nr. 19 289.
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[861/0945] Der Martinprocess. 2 : 3 zu sein. Bei zu geringer Herdlänge kann es geschehen, dass die Verbrennung erst jenseits des Herdes beendet ist und die Regenera- toren übermässig erhitzt werden. Im Ganzen giebt man, wenn man ohne Erzzusatz zu arbeiten beabsichtigt, dem Herde einen um etwa 12 Proc., bei Erzzusatz um 30 Proc. grösseren Fassungsraum, als dem Rauminhalte des einzusetzenden Metalles entsprechen würde. Durch die reichliche Schlackenmenge bei der Arbeit mit Erzen wird der Herd stark angegriffen. Durch eingelegte, rings herum laufende Kühlröhren in der Höhe der Schlackenschicht lässt sich derselbe schützen; eine ausgedehntere Verwendung hat jedoch diese von W. Siemens vorgeschlagene Einrichtung 1) bislang nicht gefunden, vermuthlich des- halb nicht, weil die Kühlung des Herdes auch leicht Gelegenheit zur Bildung erstarrter Ansätze geben wird. Auch die Feuerbrücken hat man mitunter mit Wasserkühlung versehen (Wittener Waffenfabrik), doch zeigte sich auch hierbei eine empfindliche Abkühlung des Metalles in der Nähe derselben. Dagegen baut man sie, wie bei dem abgebildeten Ofen, fast regelmässig hohl, so dass sie von unten her durch Luft gekühlt werden, und lässt sie von einer Eisenplatte tragen, welche sich an die eiserne Herdplatte anlegt. Die Breite der Feuerbrücken, in der Richtung des Gasstromes gemessen, darf nicht zu gering sein, damit Schlacken und Eisenkörn- chen, welche beim Spratzen des Metalles von den Gasen mit fortgerissen werden, nicht in die Regeneratoren gelangen, sondern auf der Brücke niederfallen und von hier nach dem Herde zurückfliessen. Aus dem- selben Grunde muss auch die Oberfläche der Feuerbrücken eine Neigung nach dem Herde zu erhalten. An den Seitenwänden sind mehrere, mit senkrecht aufgehenden Schiebethüren versehene Oeffnungen angebracht, durch welche das Ein- setzen, Rühren u. s. w. bewirkt wird. Bei kleinen Oefen beschränkt man sich mitunter auf eine einzige Thür, grösseren giebt man gewöhn- lich zwei bis drei; bei englischen und französischen Martinöfen (wie auch bei dem abgebildeten Ofen) ordnet man nicht selten auch an der Rückseite des Ofens Thüren an, welche jedoch fast nur bei Repara- turen des Bodens benutzt werden. Auch von den drei an der Vorder- seite grösserer Oefen befindlichen Thüren pflegt für die gewöhnlichen Arbeiten fast nur die mittlere, etwas kleinere Thür benutzt zu werden, während die beiden anderen vorwiegend für die Ermöglichung von Reparaturen der Feuerbrücken und des Bodens, daneben freilich auch zum Einbringen ausnahmsweise grosser Eisenstücke bestimmt sind. Unterhalb der Einsatzthür befindet sich gewöhnlich das Stichloch, etwa 150—200 mm breit und hoch und aussen in eine mit feuer- fester Masse ausgekleidete Eisenrinne endigend, durch welche das Eisen in die davor gestellte Giesspfanne (S. 823) oder auch wohl unmittelbar in die auf einem Wagen aufgestellten Gussformen abfliesst. Der Herd- boden muss natürlicherweise nach dem Stichloche hin abfallen, so dass beim Oeffnen desselben alles flüssige Metall ausfliessen kann. Mitunter findet man auch die Einsatzthür an der einen, das Stichloch an der 1) D. R. P. Nr. 19 289.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 861. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/945>, abgerufen am 24.05.2024.