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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Darstellung des Schweisseisens.

Graues Roheisen dagegen findet aus nahe liegenden Gründen
weniger häufig als weisses Verwendung beim Puddeln. Allzu gaar-
frischendem Weisseisen setzt man wohl zur Verzögerung der Ent-
kohlung gewisse Mengen Graueisen zu. Stark halbirtes Graueisen da-
gegen (Nr. IV), jene Uebergangsstufe vom grauen zum weissen Roh-
eisen, welches für andere Zwecke schlecht verwendbar zu sein pflegt,
wird in manchen Gegenden in ziemlich bedeutenden Mengen ver-
puddelt.

Da eine Phosphorabscheidung im Puddelofen zwar möglich ist, das
Enderzeugniss aber immerhin von dem ursprünglichen Phosphorgehalte
um so reichlichere Mengen zurückhalten wird, je höher derselbe war,
so ist die Anwendung eines phosphorarmen Roheisens nothwendig, wenn
das erfolgende schmiedbare Eisen frei von Kaltbruch sein soll. Ins-
besondere können deshalb auch für Feinkorneisen- und Stahldarstellung
nur phosphorarme Roheisensorten Verwendung finden.

Die Höhe des jedesmaligen Einsatzes pflegt beim Arbeiten in ein-
fachen Oefen 220--250 kg zu betragen; in Doppelpuddelöfen, besonders
solchen mit Gasfeuerung, 450--600 kg, mitunter noch etwas mehr. Auch
beim Stahlpuddeln in einfachen Oefen ist die Grösse des Einsatzes
selten weniger als 220 kg.

Das Roheisen wird auf einer breiten Schaufel durch die Einsatz-
thür in den Ofen geschoben und hier in der Mitte des Herdes in
solcher Weise ausgebreitet, dass es der Flamme möglichst preisgegeben
ist. Gewöhnlich ist noch von der Verarbeitung des vorausgegangenen
Einsatzes Schlacke im Herde zurückgeblieben; häufig setzt man auch
schon beim Einschmelzen des Roheisens Gaarschlacke oder Hammer-
schlag zu; in anderen Fällen giebt man den Zusatz erst, wenn das
Schmelzen beendet ist. Oertliche Gewohnheiten wie die Beschaffenheit
des zu verarbeitenden Roheisens sind hierfür maassgebend. Es kommt
hierbei in Betracht, dass durch den Schlackenzusatz der Ofen abgekühlt
wird. Nun schmilzt graues Roheisen, dessen Schmelztemperatur höher
liegt, nicht nur langsamer ein als weisses, sondern es wird auch ebendes-
halb, ehe es zum Schmelzen gelangt, stärker oxydirt. Ein rasches Ein-
schmelzen in hoher Temperatur ist also wünschenswerth; wird aber aus
dem geschmolzenen Roheisen das Silicium oxydirt, so tritt dabei wegen
der bedeutenden Verbrennungswärme desselben (vergl. S. 19) eine fernere
Temperatursteigerung ein und eine Abkühlung des Ofens ist noth-
wendig. In diesem Falle also pflegt man den Schlackenzusatz erst zu
geben, wenn das Einschmelzen beendet ist. Anders bei siliciumärmerem
Weisseisen, welches ohnehin rascher einschmilzt und während des
Glühens weniger stark oxydirt wird. Hier setzt man die Schlacke ge-
wöhnlich schon mit dem Roheisen oder vor demselben ein und zwar
die Schlacke zu unterst, das Eisen darauf.

Auch die Menge der zugesetzten Schlacke ist verschieden und
sowohl von der Zusammensetzung des Einsatzes als der Beschaffenheit,
welche das Enderzeugniss erhalten soll, abhängig. Beim Sehnepuddeln
aus weissem phosphorarmem Roheisen reicht mitunter die im Herde
zurückbleibende Schlacke des vorigen Einsatzes allein aus, und nur
von Zeit zu Zeit, d. h. nach Verarbeitung mehrerer Einsätze, lässt man
sie ab, um sie durch frische, möglichst phosphorfreie Schlacke (Schweiss-

Die Darstellung des Schweisseisens.

Graues Roheisen dagegen findet aus nahe liegenden Gründen
weniger häufig als weisses Verwendung beim Puddeln. Allzu gaar-
frischendem Weisseisen setzt man wohl zur Verzögerung der Ent-
kohlung gewisse Mengen Graueisen zu. Stark halbirtes Graueisen da-
gegen (Nr. IV), jene Uebergangsstufe vom grauen zum weissen Roh-
eisen, welches für andere Zwecke schlecht verwendbar zu sein pflegt,
wird in manchen Gegenden in ziemlich bedeutenden Mengen ver-
puddelt.

Da eine Phosphorabscheidung im Puddelofen zwar möglich ist, das
Enderzeugniss aber immerhin von dem ursprünglichen Phosphorgehalte
um so reichlichere Mengen zurückhalten wird, je höher derselbe war,
so ist die Anwendung eines phosphorarmen Roheisens nothwendig, wenn
das erfolgende schmiedbare Eisen frei von Kaltbruch sein soll. Ins-
besondere können deshalb auch für Feinkorneisen- und Stahldarstellung
nur phosphorarme Roheisensorten Verwendung finden.

Die Höhe des jedesmaligen Einsatzes pflegt beim Arbeiten in ein-
fachen Oefen 220—250 kg zu betragen; in Doppelpuddelöfen, besonders
solchen mit Gasfeuerung, 450—600 kg, mitunter noch etwas mehr. Auch
beim Stahlpuddeln in einfachen Oefen ist die Grösse des Einsatzes
selten weniger als 220 kg.

Das Roheisen wird auf einer breiten Schaufel durch die Einsatz-
thür in den Ofen geschoben und hier in der Mitte des Herdes in
solcher Weise ausgebreitet, dass es der Flamme möglichst preisgegeben
ist. Gewöhnlich ist noch von der Verarbeitung des vorausgegangenen
Einsatzes Schlacke im Herde zurückgeblieben; häufig setzt man auch
schon beim Einschmelzen des Roheisens Gaarschlacke oder Hammer-
schlag zu; in anderen Fällen giebt man den Zusatz erst, wenn das
Schmelzen beendet ist. Oertliche Gewohnheiten wie die Beschaffenheit
des zu verarbeitenden Roheisens sind hierfür maassgebend. Es kommt
hierbei in Betracht, dass durch den Schlackenzusatz der Ofen abgekühlt
wird. Nun schmilzt graues Roheisen, dessen Schmelztemperatur höher
liegt, nicht nur langsamer ein als weisses, sondern es wird auch ebendes-
halb, ehe es zum Schmelzen gelangt, stärker oxydirt. Ein rasches Ein-
schmelzen in hoher Temperatur ist also wünschenswerth; wird aber aus
dem geschmolzenen Roheisen das Silicium oxydirt, so tritt dabei wegen
der bedeutenden Verbrennungswärme desselben (vergl. S. 19) eine fernere
Temperatursteigerung ein und eine Abkühlung des Ofens ist noth-
wendig. In diesem Falle also pflegt man den Schlackenzusatz erst zu
geben, wenn das Einschmelzen beendet ist. Anders bei siliciumärmerem
Weisseisen, welches ohnehin rascher einschmilzt und während des
Glühens weniger stark oxydirt wird. Hier setzt man die Schlacke ge-
wöhnlich schon mit dem Roheisen oder vor demselben ein und zwar
die Schlacke zu unterst, das Eisen darauf.

Auch die Menge der zugesetzten Schlacke ist verschieden und
sowohl von der Zusammensetzung des Einsatzes als der Beschaffenheit,
welche das Enderzeugniss erhalten soll, abhängig. Beim Sehnepuddeln
aus weissem phosphorarmem Roheisen reicht mitunter die im Herde
zurückbleibende Schlacke des vorigen Einsatzes allein aus, und nur
von Zeit zu Zeit, d. h. nach Verarbeitung mehrerer Einsätze, lässt man
sie ab, um sie durch frische, möglichst phosphorfreie Schlacke (Schweiss-

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[786/0862] Die Darstellung des Schweisseisens. Graues Roheisen dagegen findet aus nahe liegenden Gründen weniger häufig als weisses Verwendung beim Puddeln. Allzu gaar- frischendem Weisseisen setzt man wohl zur Verzögerung der Ent- kohlung gewisse Mengen Graueisen zu. Stark halbirtes Graueisen da- gegen (Nr. IV), jene Uebergangsstufe vom grauen zum weissen Roh- eisen, welches für andere Zwecke schlecht verwendbar zu sein pflegt, wird in manchen Gegenden in ziemlich bedeutenden Mengen ver- puddelt. Da eine Phosphorabscheidung im Puddelofen zwar möglich ist, das Enderzeugniss aber immerhin von dem ursprünglichen Phosphorgehalte um so reichlichere Mengen zurückhalten wird, je höher derselbe war, so ist die Anwendung eines phosphorarmen Roheisens nothwendig, wenn das erfolgende schmiedbare Eisen frei von Kaltbruch sein soll. Ins- besondere können deshalb auch für Feinkorneisen- und Stahldarstellung nur phosphorarme Roheisensorten Verwendung finden. Die Höhe des jedesmaligen Einsatzes pflegt beim Arbeiten in ein- fachen Oefen 220—250 kg zu betragen; in Doppelpuddelöfen, besonders solchen mit Gasfeuerung, 450—600 kg, mitunter noch etwas mehr. Auch beim Stahlpuddeln in einfachen Oefen ist die Grösse des Einsatzes selten weniger als 220 kg. Das Roheisen wird auf einer breiten Schaufel durch die Einsatz- thür in den Ofen geschoben und hier in der Mitte des Herdes in solcher Weise ausgebreitet, dass es der Flamme möglichst preisgegeben ist. Gewöhnlich ist noch von der Verarbeitung des vorausgegangenen Einsatzes Schlacke im Herde zurückgeblieben; häufig setzt man auch schon beim Einschmelzen des Roheisens Gaarschlacke oder Hammer- schlag zu; in anderen Fällen giebt man den Zusatz erst, wenn das Schmelzen beendet ist. Oertliche Gewohnheiten wie die Beschaffenheit des zu verarbeitenden Roheisens sind hierfür maassgebend. Es kommt hierbei in Betracht, dass durch den Schlackenzusatz der Ofen abgekühlt wird. Nun schmilzt graues Roheisen, dessen Schmelztemperatur höher liegt, nicht nur langsamer ein als weisses, sondern es wird auch ebendes- halb, ehe es zum Schmelzen gelangt, stärker oxydirt. Ein rasches Ein- schmelzen in hoher Temperatur ist also wünschenswerth; wird aber aus dem geschmolzenen Roheisen das Silicium oxydirt, so tritt dabei wegen der bedeutenden Verbrennungswärme desselben (vergl. S. 19) eine fernere Temperatursteigerung ein und eine Abkühlung des Ofens ist noth- wendig. In diesem Falle also pflegt man den Schlackenzusatz erst zu geben, wenn das Einschmelzen beendet ist. Anders bei siliciumärmerem Weisseisen, welches ohnehin rascher einschmilzt und während des Glühens weniger stark oxydirt wird. Hier setzt man die Schlacke ge- wöhnlich schon mit dem Roheisen oder vor demselben ein und zwar die Schlacke zu unterst, das Eisen darauf. Auch die Menge der zugesetzten Schlacke ist verschieden und sowohl von der Zusammensetzung des Einsatzes als der Beschaffenheit, welche das Enderzeugniss erhalten soll, abhängig. Beim Sehnepuddeln aus weissem phosphorarmem Roheisen reicht mitunter die im Herde zurückbleibende Schlacke des vorigen Einsatzes allein aus, und nur von Zeit zu Zeit, d. h. nach Verarbeitung mehrerer Einsätze, lässt man sie ab, um sie durch frische, möglichst phosphorfreie Schlacke (Schweiss-

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 786. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/862>, abgerufen am 21.11.2024.