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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Walzwerke. Die Kalibrirung der Walzen.
abrundet. Sollen zwei oder mehr Spitzbogenkaliber auf einander folgen,
so erhält das folgende die Höhe des vorausgangenen zur Breite, also
E K = E F. Die Höhe E L
wird, sofern der frühere Ab-
nahmecoefficient beibehalten
wird, = 7/8 E K; die Bogen
werden wie vorhin gezeichnet.

Aehnlich wie Spitzbogen-
kaliber, d. h. mit senkrecht
stehender Diagonale, wer-
den Quadrateisenkaliber con-
struirt. Die Höhe derselben
ist aus den erörterten Grün-
den etwas geringer als die
Breite; in Wirklichkeit be-
sitzen sie also die Form
eines Trapezes, dessen oberer
und unterer Winkel 92 bis
921/2 Grad (statt 90 Grad)
beträgt.

Bei weniger symmetri-
schen Formen, deren Breite

[Abbildung] Fig. 205.
grösser ist als die Dicke, ist ein solches Drehen des Walzstückes um
90 Grad nach jedem Durchgange natürlicherweise nicht erforderlich;
wohl aber schaltet man, wenn nach dem Hindurchgange durch mehrere
Kaliber die Ausbreitung allzu beträchtlich geworden sein sollte, ein
sogenanntes Stauchkaliber ein, dessen Zweck es ist, eine Zusammen-
drückung jener zu gross gewordenen Abmessung zu bewirken, nach-
dem das Walzstück um 90 Grad gedreht wurde. Dieser Fall tritt z. B.
bei Eisenbahnschienenwalzen ein, deren Kalibrirung bei Besprechung
der Anfertigung der Schienen ausführlicher erörtert werden wird, in
ihrer allgemeinen Anordnung bei Duowalzwerken jedoch durch die
Abbildungen Fig. 206 und 207 1) veranschaulicht werden kann. Fig. 206
sind die Vorwalzen, Fig. 207 die Fertigwalzen. Die Kaliber 3, 5 und 8
sind Stauchkaliber.

Die Kalibrirung der Walzen für Profile, welche an verschiedenen
Stellen sehr verschieden starke Querschnittsabmessungen besitzen, wird
durch den Umstand erschwert, dass die schwächeren Theile rascher
abkühlen als die stärkeren, dadurch härter werden und dem Zerreissen
leichter unterworfen sind. Man sucht diese Schwierigkeit dadurch zu
umgehen, dass man die stärkeren Querschnitte zuerst, die schwächeren,
rascher erkaltenden zuletzt ausbildet.

Eine andere, mitunter noch grössere Schwierigkeit gewähren solche
Profile, deren Kaliber an einzelnen Stellen des Querschnittes erheblich
tiefer als an anderen eingeschnitten sind, an den ersten also der
Walzenachse auch näher liegen als an den letzteren. Bei dem Kaliber

1) Aus J. Thime, Indicatorversuche beim Walzen von Rohschienen auf Pouti-
loffhütte. St. Petersburg 1883.
Ledebur, Handbuch. 47

Walzwerke. Die Kalibrirung der Walzen.
abrundet. Sollen zwei oder mehr Spitzbogenkaliber auf einander folgen,
so erhält das folgende die Höhe des vorausgangenen zur Breite, also
E K = E F. Die Höhe E L
wird, sofern der frühere Ab-
nahmecoëfficient beibehalten
wird, = 7/8 E K; die Bogen
werden wie vorhin gezeichnet.

Aehnlich wie Spitzbogen-
kaliber, d. h. mit senkrecht
stehender Diagonale, wer-
den Quadrateisenkaliber con-
struirt. Die Höhe derselben
ist aus den erörterten Grün-
den etwas geringer als die
Breite; in Wirklichkeit be-
sitzen sie also die Form
eines Trapezes, dessen oberer
und unterer Winkel 92 bis
92½ Grad (statt 90 Grad)
beträgt.

Bei weniger symmetri-
schen Formen, deren Breite

[Abbildung] Fig. 205.
grösser ist als die Dicke, ist ein solches Drehen des Walzstückes um
90 Grad nach jedem Durchgange natürlicherweise nicht erforderlich;
wohl aber schaltet man, wenn nach dem Hindurchgange durch mehrere
Kaliber die Ausbreitung allzu beträchtlich geworden sein sollte, ein
sogenanntes Stauchkaliber ein, dessen Zweck es ist, eine Zusammen-
drückung jener zu gross gewordenen Abmessung zu bewirken, nach-
dem das Walzstück um 90 Grad gedreht wurde. Dieser Fall tritt z. B.
bei Eisenbahnschienenwalzen ein, deren Kalibrirung bei Besprechung
der Anfertigung der Schienen ausführlicher erörtert werden wird, in
ihrer allgemeinen Anordnung bei Duowalzwerken jedoch durch die
Abbildungen Fig. 206 und 207 1) veranschaulicht werden kann. Fig. 206
sind die Vorwalzen, Fig. 207 die Fertigwalzen. Die Kaliber 3, 5 und 8
sind Stauchkaliber.

Die Kalibrirung der Walzen für Profile, welche an verschiedenen
Stellen sehr verschieden starke Querschnittsabmessungen besitzen, wird
durch den Umstand erschwert, dass die schwächeren Theile rascher
abkühlen als die stärkeren, dadurch härter werden und dem Zerreissen
leichter unterworfen sind. Man sucht diese Schwierigkeit dadurch zu
umgehen, dass man die stärkeren Querschnitte zuerst, die schwächeren,
rascher erkaltenden zuletzt ausbildet.

Eine andere, mitunter noch grössere Schwierigkeit gewähren solche
Profile, deren Kaliber an einzelnen Stellen des Querschnittes erheblich
tiefer als an anderen eingeschnitten sind, an den ersten also der
Walzenachse auch näher liegen als an den letzteren. Bei dem Kaliber

1) Aus J. Thime, Indicatorversuche beim Walzen von Rohschienen auf Pouti-
loffhütte. St. Petersburg 1883.
Ledebur, Handbuch. 47
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[729/0801] Walzwerke. Die Kalibrirung der Walzen. abrundet. Sollen zwei oder mehr Spitzbogenkaliber auf einander folgen, so erhält das folgende die Höhe des vorausgangenen zur Breite, also E K = E F. Die Höhe E L wird, sofern der frühere Ab- nahmecoëfficient beibehalten wird, = 7/8 E K; die Bogen werden wie vorhin gezeichnet. Aehnlich wie Spitzbogen- kaliber, d. h. mit senkrecht stehender Diagonale, wer- den Quadrateisenkaliber con- struirt. Die Höhe derselben ist aus den erörterten Grün- den etwas geringer als die Breite; in Wirklichkeit be- sitzen sie also die Form eines Trapezes, dessen oberer und unterer Winkel 92 bis 92½ Grad (statt 90 Grad) beträgt. Bei weniger symmetri- schen Formen, deren Breite [Abbildung Fig. 205.] grösser ist als die Dicke, ist ein solches Drehen des Walzstückes um 90 Grad nach jedem Durchgange natürlicherweise nicht erforderlich; wohl aber schaltet man, wenn nach dem Hindurchgange durch mehrere Kaliber die Ausbreitung allzu beträchtlich geworden sein sollte, ein sogenanntes Stauchkaliber ein, dessen Zweck es ist, eine Zusammen- drückung jener zu gross gewordenen Abmessung zu bewirken, nach- dem das Walzstück um 90 Grad gedreht wurde. Dieser Fall tritt z. B. bei Eisenbahnschienenwalzen ein, deren Kalibrirung bei Besprechung der Anfertigung der Schienen ausführlicher erörtert werden wird, in ihrer allgemeinen Anordnung bei Duowalzwerken jedoch durch die Abbildungen Fig. 206 und 207 1) veranschaulicht werden kann. Fig. 206 sind die Vorwalzen, Fig. 207 die Fertigwalzen. Die Kaliber 3, 5 und 8 sind Stauchkaliber. Die Kalibrirung der Walzen für Profile, welche an verschiedenen Stellen sehr verschieden starke Querschnittsabmessungen besitzen, wird durch den Umstand erschwert, dass die schwächeren Theile rascher abkühlen als die stärkeren, dadurch härter werden und dem Zerreissen leichter unterworfen sind. Man sucht diese Schwierigkeit dadurch zu umgehen, dass man die stärkeren Querschnitte zuerst, die schwächeren, rascher erkaltenden zuletzt ausbildet. Eine andere, mitunter noch grössere Schwierigkeit gewähren solche Profile, deren Kaliber an einzelnen Stellen des Querschnittes erheblich tiefer als an anderen eingeschnitten sind, an den ersten also der Walzenachse auch näher liegen als an den letzteren. Bei dem Kaliber 1) Aus J. Thime, Indicatorversuche beim Walzen von Rohschienen auf Pouti- loffhütte. St. Petersburg 1883. Ledebur, Handbuch. 47

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 729. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/801>, abgerufen am 25.11.2024.