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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.
der Schweissstahl enthält weit geringere Mengen eingeschlossener Schlacke
als jenes leicht schweissbare sehnige Schweisseisen; hier also müssen
besondere, leicht schmelzbare und die Oxyde leicht auflösende Schweiss-
pulver zur Anwendung kommen. Häufig setzt man diesen, die
Schmelzung der Schlacke bewirkenden Bestandtheilen auch solche zu,
welche dem Stahle Kohlenstoff zuführen und hierdurch einen Ausgleich
für den Verlust an Kohlenstoff herbeizuführen bestimmt sind, welchen
der Stahl beim Glühen erleiden könnte. Das üblichste Mittel hierfür
ist Blutlaugensalz.

Die besondere Zusammensetzung der verschiedenen zum Stahl-
schweissen vorgeschlagenen Schweisspulver aber ist ausserordentlich
mannigfaltig. Gewöhnlich enthalten sie Alkalien, da diese stärker als
die meisten anderen Basen die Schmelztemperatur der Schlacken ab-
mindern; nicht selten Baryt (Schwerspath), welcher ebenfalls dünn-
flüssige Schlacken bildet; Borax oder Borsäure in Rücksicht auf die
auflösende Wirkung der letzteren; u. a. m. Beispiele altbewährter
Schweisspulver für Stahl sind z. B.:

Borsäure     41.5 Gewichtsthl.
Kochsalz     35.0 "
Blutlaugensalz     15.5 "
Gebranntes kohlensaures Natron     8.5 "

oder

Borax     8 "
Blutlaugensalz     1 "
Salmiak     1 "

u. a. m.


Die Schweissbarkeit des Eisens gewährt ein vortreffliches Mittel
ebensowohl, um bei der Herstellung von Gebrauchs-Gegenständen
getrennte Stücke oder (bei ringförmigen Körpern) Enden zu einem
Ganzen zu vereinigen, als auch, um bei der Herstellung des gewöhn-
lichen Handelseisens aus Schweisseisen eine weitergehende Reinigung
desselben von Schlacke herbeizuführen. Letzterer Vorgang beruht auf
dem Umstande, dass bei der mechanischen Bearbeitung -- Streckung
-- des Eisens die Reinigung von Schlacke um so vollständiger sein
wird, auf je dünnere Querschnitte das Eisen gestreckt wurde; indem
man also zunächst Stäbe oder Platten von dünneren Querschnitten
erzeugt, diese zerschneidet, zusammenschweisst, abermals ausstreckt
und nach Befinden dieses Verfahren nochmals wiederholt, wird man
ein reineres, besseres Enderzeugniss erhalten, als wenn man das frisch
dargestellte Schweisseisen ohne Weiteres zu der vorgeschriebenen Form
ausarbeiten wollte. Auch Abfälle, Ausschussstücke oder Alteisen werden
vermöge ihrer Schweissbarkeit wieder verwerthet, indem man sie zu-
sammenschweisst und aufs Neue ausstreckt, hierbei zugleich eine fernere
Verfeinerung derselben bewirkend.

Dennoch darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass man nach
stattgehabter Schweissung zweier Eisenstücke nicht im Stande ist, ohne
Anstellung einer mechanischen Prüfung der Schweissstelle mit Sicher-
heit zu erkennen, ob auch die Schweissung gelungen ist; und es muss

Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.
der Schweissstahl enthält weit geringere Mengen eingeschlossener Schlacke
als jenes leicht schweissbare sehnige Schweisseisen; hier also müssen
besondere, leicht schmelzbare und die Oxyde leicht auflösende Schweiss-
pulver zur Anwendung kommen. Häufig setzt man diesen, die
Schmelzung der Schlacke bewirkenden Bestandtheilen auch solche zu,
welche dem Stahle Kohlenstoff zuführen und hierdurch einen Ausgleich
für den Verlust an Kohlenstoff herbeizuführen bestimmt sind, welchen
der Stahl beim Glühen erleiden könnte. Das üblichste Mittel hierfür
ist Blutlaugensalz.

Die besondere Zusammensetzung der verschiedenen zum Stahl-
schweissen vorgeschlagenen Schweisspulver aber ist ausserordentlich
mannigfaltig. Gewöhnlich enthalten sie Alkalien, da diese stärker als
die meisten anderen Basen die Schmelztemperatur der Schlacken ab-
mindern; nicht selten Baryt (Schwerspath), welcher ebenfalls dünn-
flüssige Schlacken bildet; Borax oder Borsäure in Rücksicht auf die
auflösende Wirkung der letzteren; u. a. m. Beispiele altbewährter
Schweisspulver für Stahl sind z. B.:

Borsäure     41.5 Gewichtsthl.
Kochsalz     35.0 „
Blutlaugensalz     15.5 „
Gebranntes kohlensaures Natron     8.5 „

oder

Borax     8 „
Blutlaugensalz     1 „
Salmiak     1 „

u. a. m.


Die Schweissbarkeit des Eisens gewährt ein vortreffliches Mittel
ebensowohl, um bei der Herstellung von Gebrauchs-Gegenständen
getrennte Stücke oder (bei ringförmigen Körpern) Enden zu einem
Ganzen zu vereinigen, als auch, um bei der Herstellung des gewöhn-
lichen Handelseisens aus Schweisseisen eine weitergehende Reinigung
desselben von Schlacke herbeizuführen. Letzterer Vorgang beruht auf
dem Umstande, dass bei der mechanischen Bearbeitung — Streckung
— des Eisens die Reinigung von Schlacke um so vollständiger sein
wird, auf je dünnere Querschnitte das Eisen gestreckt wurde; indem
man also zunächst Stäbe oder Platten von dünneren Querschnitten
erzeugt, diese zerschneidet, zusammenschweisst, abermals ausstreckt
und nach Befinden dieses Verfahren nochmals wiederholt, wird man
ein reineres, besseres Enderzeugniss erhalten, als wenn man das frisch
dargestellte Schweisseisen ohne Weiteres zu der vorgeschriebenen Form
ausarbeiten wollte. Auch Abfälle, Ausschussstücke oder Alteisen werden
vermöge ihrer Schweissbarkeit wieder verwerthet, indem man sie zu-
sammenschweisst und aufs Neue ausstreckt, hierbei zugleich eine fernere
Verfeinerung derselben bewirkend.

Dennoch darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass man nach
stattgehabter Schweissung zweier Eisenstücke nicht im Stande ist, ohne
Anstellung einer mechanischen Prüfung der Schweissstelle mit Sicher-
heit zu erkennen, ob auch die Schweissung gelungen ist; und es muss

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[640/0708] Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens. der Schweissstahl enthält weit geringere Mengen eingeschlossener Schlacke als jenes leicht schweissbare sehnige Schweisseisen; hier also müssen besondere, leicht schmelzbare und die Oxyde leicht auflösende Schweiss- pulver zur Anwendung kommen. Häufig setzt man diesen, die Schmelzung der Schlacke bewirkenden Bestandtheilen auch solche zu, welche dem Stahle Kohlenstoff zuführen und hierdurch einen Ausgleich für den Verlust an Kohlenstoff herbeizuführen bestimmt sind, welchen der Stahl beim Glühen erleiden könnte. Das üblichste Mittel hierfür ist Blutlaugensalz. Die besondere Zusammensetzung der verschiedenen zum Stahl- schweissen vorgeschlagenen Schweisspulver aber ist ausserordentlich mannigfaltig. Gewöhnlich enthalten sie Alkalien, da diese stärker als die meisten anderen Basen die Schmelztemperatur der Schlacken ab- mindern; nicht selten Baryt (Schwerspath), welcher ebenfalls dünn- flüssige Schlacken bildet; Borax oder Borsäure in Rücksicht auf die auflösende Wirkung der letzteren; u. a. m. Beispiele altbewährter Schweisspulver für Stahl sind z. B.: Borsäure 41.5 Gewichtsthl. Kochsalz 35.0 „ Blutlaugensalz 15.5 „ Gebranntes kohlensaures Natron 8.5 „ oder Borax 8 „ Blutlaugensalz 1 „ Salmiak 1 „ u. a. m. Die Schweissbarkeit des Eisens gewährt ein vortreffliches Mittel ebensowohl, um bei der Herstellung von Gebrauchs-Gegenständen getrennte Stücke oder (bei ringförmigen Körpern) Enden zu einem Ganzen zu vereinigen, als auch, um bei der Herstellung des gewöhn- lichen Handelseisens aus Schweisseisen eine weitergehende Reinigung desselben von Schlacke herbeizuführen. Letzterer Vorgang beruht auf dem Umstande, dass bei der mechanischen Bearbeitung — Streckung — des Eisens die Reinigung von Schlacke um so vollständiger sein wird, auf je dünnere Querschnitte das Eisen gestreckt wurde; indem man also zunächst Stäbe oder Platten von dünneren Querschnitten erzeugt, diese zerschneidet, zusammenschweisst, abermals ausstreckt und nach Befinden dieses Verfahren nochmals wiederholt, wird man ein reineres, besseres Enderzeugniss erhalten, als wenn man das frisch dargestellte Schweisseisen ohne Weiteres zu der vorgeschriebenen Form ausarbeiten wollte. Auch Abfälle, Ausschussstücke oder Alteisen werden vermöge ihrer Schweissbarkeit wieder verwerthet, indem man sie zu- sammenschweisst und aufs Neue ausstreckt, hierbei zugleich eine fernere Verfeinerung derselben bewirkend. Dennoch darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass man nach stattgehabter Schweissung zweier Eisenstücke nicht im Stande ist, ohne Anstellung einer mechanischen Prüfung der Schweissstelle mit Sicher- heit zu erkennen, ob auch die Schweissung gelungen ist; und es muss

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 640. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/708>, abgerufen am 18.06.2024.